Die CCR Logistics Systems AG ist ein Komplettanbieter im Bereich von Retrologistikkonzepten und in diesem Geschäftsfeld erfolgreich in verschiedenen Branchen wie Automotive, Facility und anderen Segmenten tätig. Einen genauen Überblick über das Leistungsspektrum, die adressierten Zielmärkte sowie Strategie der Gesellschaft liefert die unlängst von GSC Research veröffentlichte ausführliche Studie über die Gesellschaft.
GSC Research hat die aktuelle Entwicklung im Zusammenhang mit der Aufkündigung der Selbstverpflichtung von Handel, Abfüllungsbetrieben und den Verpackungsherstellern zur Einführung eines bundesweiten Rücknahmesystems für zwangsbepfandete Einwegprodukte sowie die in den vergangenen Tagen deutlich zunehmenden Umsätze in der CCR-Aktie zum Anlass genommen, den Vorstand der CCR Logistics Systems AG nach seiner Einschätzung der Lage und der aktuellen Entwicklung der CCR zu befragen. Für GSC Research sprach Alexander Langhorst mit dem Vorstandsvorsitzenden Achim Winter.
GSC Research: Herr Winter, aktuell wird viel über die Einführung eines bundesweit einheitlichen Rücknahmesystems für zwangsbepfandete Einwegverpackungen diskutiert. Wie stellt sich die aktuelle Lage aus ihrer Sicht dar?
Winter: Ursprünglich hatten sich Handel, Abfüllunternehmen sowie die Verpackungsindustrie gegenüber der Bundesregierung dazu verpflichtet, bis zum 1. Oktober 2003 ein bundesweit einheitliches Rücknahmesystem zu implementieren. Auf Grundlage dieser Selbstverpflichtung wurde seitens des Gesetzgebers eine Übergangsregelung für die ersten neun Monate nach Einführung des Zwangspfandes zum 1. Januar 2003 eingeräumt.
Wie den aktuellen öffentlichen Verlautbarungen zu entnehmen ist, wurde diese Selbstverpflichtung von einzelnen Handels- und Abfüllunternehmen aufgekündigt und scheint damit zumindest vorerst vom Tisch zu sein.
GSC Research: Sie haben in der Ausschreibung für das bundesweite Rücknahmesystem ja hinter dem Konsortium um Bertelsmann den zweiten Platz belegt. Ergeben sich durch die aktuellen Entwicklungen neue Chancen für CCR, doch noch ins Geschäft mit dem Zwangspfand einzusteigen?
Winter: Das ist richtig, wir sind Bertelsmann knapp unterlegen und haben nur den zweiten Platz belegt. Erlauben Sie mir an dieser Stelle, unserem Wettbewerber zu diesem Erfolg zu gratulieren, der das Ergebnis eines fairen Ausschreibungsprozesses ist.
In Bezug auf das einheitliche Rücknahmesystem hat nach unserer Information auch Bertelsmann vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse die weiteren Aktivitäten vorerst auf Eis gelegt. CCR hat im knapp verlorenen Ausschreibungsprozess unter Beweis gestellt, dass es die Gesamtkonzeption im Griff hat und die gesamte Palette der erforderlichen Dienstleistungen anbieten kann. Ich bin zuversichtlich, dass wir im weiteren Verlauf in Teilbereichen des Geschäftes reüssieren können. Mit einer kompletten Neuausschreibung im Falle einer Rückkehr aller Beteiligten zur ursprünglich bevorzugten Lösung ist nicht zu rechnen, die wesentlichen Ergebnisse der ersten Ausschreibung werden in diesem Falle wohl weiterhin Bestand habe.
GSC Research: Die ablehnende Front der Handelsunternehmen ist nicht einheitlich, offenbar planen einzelne Hard-Discounter wie beispielsweise ALDI oder LIDL die Einführung von „Insellösungen“ innerhalb des eigenen Unternehmensverbundes. Sehen Sie hier mögliches Potential für die CCR AG?
Winter: Wenngleich wir uns bei CCR als Komplettdienstleister und -anbieter verstehen, könnten wir selbstverständlich auch solche Insellösungen für einzelne Handelskonzerne realisieren. Bislang liegen uns aber noch keine derartigen Anfragen vor.
GSC Research: Glauben Sie, dass das Zwangspfand durch eine vorübergehende komplette Auslistung seitens mancher Handelsketten und den dadurch erfolgenden Anstieg der Mehrwegquote gekippt wird, oder soll dadurch nur weiterer Druck auf die Verpackungsindustrie ausgeübt werden?
Winter: Eine Einschätzung in dieser Sache ist angesichts der verschiedenartigen Gemengelage der Interessen nur schwer möglich. Zuerst muss man berücksichtigen, dass die großen Handelskonzerne der Republik unterschiedlich stark auf Einwegprodukte angewiesen sind. Je nach Abhängigkeitsgrad von dieser Verpackungsart ist bei dem einen die komplette Auslistung wahrscheinlich, bei einem anderen hingegen eher unwahrscheinlich.
Ob eine kurzfristige Anhebung der Mehrwegquote über den Schwellenwert von 72 Prozent jedoch ausreicht, um das Zwangspfand auszuhebeln, möchte ich bezweifeln. Auch die Einführung erfolgte auf der Grundlage über einen längeren Zeitraum erhobener Daten, die Marke zur Einführung des Zwangspfandes wurde bereits über viele Monate vor dem Inkrafttreten unterschritten.
GSC Research: Apropos Daten: Sie haben für das erste Quartal 2003 positive Zahlen ausgewiesen. Können Sie unseren Lesern auch eine Prognose für das Gesamtjahr geben?
Winter: Im ersten Quartal 2003 haben wir mit dem vorgelegten positiven EBIT den Turn-Around vollzogen. Das letzte positive Jahresergebnis wurde bei CCR im Jahre 1998 ausgewiesen. Mit dem in 1999 zugeflossenen Erlösen aus dem IPO im Prädikatsmarkt der Bayrischen Wertpapierbörse München haben wir gemäß den Weisungen der Aktionäre die internationale Expansion der Unternehmensgruppe vorangetrieben und diesen Prozess im vergangenen Geschäftsjahr für erste einmal abgeschlossen.
Der positive Trend des ersten Quartals dauert gegenwärtig an, so dass ich an der Prognose für insgesamt schwarze Zahlen für das Geschäftsjahr ausdrücklich festhalten möchte. Bei den der Planrechnungen zugrundeliegenden Annahmen handelt es sich um konservative Prognosen und es wird ein Fortbestand des aktuellen konjunkturellen Umfeldes im laufenden Geschäftsjahr unterstellt.
GSC Research: Das hört sich erfreulich an, insbesondere wenn man bedenkt, dass das zweite Quartal nicht zu den umsatzstärksten Zeiträumen in der bisherigen Unternehmenshistorie zählte.
Winter: Ihre Beobachtung ist mit Blick auf die vergangenen Jahre durchaus richtig; dies ist bedingt durch den Effekt, dass wir in der Vergangenheit einen Großteil des Ertrages aus Einmaleffekten wie beispielsweise den Lizenzgebühren neuer CCR-Lizenznehmer erzielten. Auf der Umsatzseite haben sich insbesondere große Auftragsvolumen im Bereich des Bauschuttes verzerrend ausgewirkt, da diese erst nach Abarbeitung und Eingang des Rechnungsbetrages im Zahlenwerk ihren Niederschlag gefunden haben.
Glücklicherweise sind wir inzwischen deutlich unabhängiger von diesen Effekten und können aus dem laufenden operativen Geschäft die Kosten abdecken und ausweislich der Entwicklung in den ersten drei Monaten des Jahres 2003 auch leichte Gewinne erzielen.
GSC Research: Sehr starkes Augenmerk legen Investoren immer auf die Liquiditätslage und Kapitalausstattung der Unternehmen. Im gegenwärtigen Kapitalmarktumfeld und vor dem Hintergrund der Kreditvergabepolitik der Banken ein sehr verständlicher Faktor. Wie stellt sich hier die aktuelle Lage bei CCR dar?
Winter: Wir haben im ersten Quartal 2003 erneut einen guten positiven Cash-Flow ausweisen können und arbeiten nach wie vor ohne Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten. Die Unabhängigkeit von Kreditinstituten besitzt bei uns auch weiterhin einen hohen Stellenwert und soll beibehalten werden.
GSC Research: Sind in der näheren Zukunft möglicherweise Kapitalmaßnahmen angedacht?
Winter: Nein, derartige Planungen bestehen nicht.
GSC Research: Mit der betriebswirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen Monate sind Sie, wie eben dargelegt zufrieden. Wie hat sich denn das Geschäft in Ihrem Hauptbereich Automotive entwickelt?
Winter: Erfreulich hat sich dieses Geschäftsfeld im europäischen Ausland entwickelt, dort konnten auch Kunden für die Lösungen von CCR gewonnen werden, die auf unserem Heimatmarkt in Deutschland noch nicht auf unsere Dienste zurückgreifen. Aus diesen Geschäftskontakten erwarten wir uns weiteres Potential für den Inlandsmarkt.
Ingesamt gesehen soll das Automotive-Geschäft im In- wie im Ausland weiter konsequent ausgebaut werden. Neue Impulse sollen sich durch eine neuartige und webbasierte Softwarelösung ergeben, die eine minutengenaue Verfolgung der Abfallfraktionen sowie des Zustandes der Altteile ermöglicht.
GSC Research: Im vergangenen Jahr sind Sie im Geschäftsbereich Facility-Management, in dem Sie die Entsorgung von Industriewerken, Flughäfen und Messen gebündelt haben, auch in das Geschäft mit der Hotelentsorgung eingestiegen. Welche Fortschritte gibt es hier zu vermelden?
Winter: Wir haben erste Rahmenverträge mit Hotelketten geschlossen, die unsere Dienstleistungen in Anspruch nehmen möchten. Das Geschäft im Hotelbereich wollen wir in der Zukunft deutlich ausbauen und sehen hier interessantes Wachstumspotential für unser Unternehmen.
Unsere Dienstleistungsstruktur eignet sich besonders für Unternehmen mit einer Vielzahl von Filialen oder Standorten, die an einer zentralen Entsorgungslösung aus einer Hand interessiert sind, die mit einem hochwertigen Auftragsverfolgungs-, Auswertungs- und Berichtswesen ausgestattet ist.
GSC Research: Welche künftigen interessanten Wachstumsfelder sehen Sie für die CCR Logistics Systems AG?
Winter: Erhebliches Potential erwarten wir von der Umsetzung der EU-Verordnung zur Rücknahme von Elektroaltgeräten durch die Hersteller. Das Volumen in diesem Bereich ist ohne Weiteres mit dem des Zwangspfandes auf Einwegverpackungen vergleichbar.
Im Gegensatz hierzu besteht seitens der Gesetzgeber in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie den Herstellern Einigkeit über die Notwendigkeit einer solchen Regelung, so dass Entwicklungen, wie sie aktuell beim Zwangspfand stattfinden, hier nicht zu erwarten sind. Inkrafttreten wird die Verpflichtung zur Rücknahme durch die Hersteller mit Wirkung zum 13. August 2005. In allen Mitgliedsstaaten der EU sind nach unserem Kenntnisstand bereits die notwendigen Verordnungen erarbeitet worden und warten auf ihre Umsetzung seitens der nationalen Regierungen.
GSC Research: Das Jahr 2005 liegt ja nicht in allzu weiter Ferne. Befinden Sie sich schon in Gesprächen mit betroffenen Unternehmen?
Winter: CCR bekommt hier erneut die Chance geboten, seine Fähigkeiten in den Bereichen logistischer Netzwerkaufbau, Clearing, Abfallentsorgung und Nachweisführung unter Beweis zu stellen und in operatives Geschäft umzusetzen. Aktuell beraten wir bereits eine Reihe von Unternehmen in diesem Punkt. Angesichts der europaweiten Gültigkeit der Richtlinie werden von Kundenseite auch europäische Lösungsansätze nachgefragt, die CCR dank der Internationalisierungsstrategie der vergangenen Jahre anbieten kann.
Besondere Chancen rechnen wir uns ferner bei außereuropäischen Anbietern aus, die nach eigenem Bekunden ein großes Interesse daran haben, eine europaweite Lösung aus einer Hand angeboten zu bekommen.
GSC Research: Die CCR-Aktie wurde in den vergangenen anderthalb Jahren von den Investoren größtenteils gemieden. Als Begründung für dieses Verhalten wurde immer wieder die mangelnde Liquidität im Handel angeführt. Wie erklären Sie sich den erfreulichen Volumen- und damit einhergehenden Kursanstieg der Aktie in den vergangenen Tagen?
Winter: Wir sind ein Unternehmen, dessen Historie bis in das Jahr 1991 zurückreicht und welches in den vergangenen Jahren ein tragfähiges Geschäftsmodell mit einem inzwischen auch profitablen Basisgeschäft aufgebaut hat. Die Börse vollzieht zum jetzigen Zeitpunkt nach meiner Einschätzung die positiven Entwicklungen der vergangenen Monate in unserem Unternehmen nach.
Mittel- bis langfristig sehe ich bei der CCR-Aktie noch weiteres Steigerungspotential. Dank der nun eingetretenen Entwicklung entwickelt sich unsere Aktie wieder zu einem ganz normalen Anlageobjekt, bei dem Käufe wie Verkäufe in normalen Volumina auch zeitnah vom Markt bewältigt werden können. Wir würden uns freuen, wenn uns viele der in den letzten Wochen auf CCR aufmerksam gewordenen Anleger langfristig als Aktionäre begleiteten.
GSC Research: Herr Winter, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg.