Am 22. April 2004 lud die Flughafen Wien AG zu ihrer 13. ordentlichen Hauptversammlung, die erstmals nicht im VIP & Business-Center, sondern im World Trade Center am Flughafen abgehalten wurde, wo sich auch Mario-David Balda von GSC Research Austria einfand. Der neue Versammlungsort hatte ein deutlich verbessertes Platzangebot aufzuweisen, was dankbar zur Kenntnis genommen wurde.
Kurz nach 10 Uhr eröffnete der Aufsichtsratsvorsitzende Johannes Coreth auch in diesem Jahr mit einem Imagefilm über das Unternehmen die Hauptversammlung. Nach der Bekanntgabe der Tagesordnung und diverser Formalien übergab er das Wort an den Vorstandsvorsitzen für dessen Lagebericht. Sein besonderer Dank galt dem zum 30.9.2004 als CFO ausscheidenden Dr. Waniek und den Aufsichtsräten Staribacher, Fazekas und Domany, die zum 19.4.2004 ihren Rücktritt erklärt hatten.
Bericht des Vorstands
CEO Herbert Kaufmann konnte über ein "sehr, sehr erfreuliches Jahr 2003" berichten, in dem der Umsatz um rund 10 Prozent auf 350 Mio. EUR gesteigert werden konnte. Der Jahresgewinn konnte dabei trotz des im Vorjahr angefallenen Einmaleffekts aus der Auflösung von Pensionsrückstellungen mit 70,8 Mio. EUR auf dem Niveau von 2002 gehalten werden. Somit sieht sich die Verwaltung in der Lage, erneut eine Dividende von 2,00 EUR auszuschütten, was eine sehr hohe Dividendenrendite bedeutet. Ausgeschüttet werden somit einmal mehr 60 Prozent des Net Profit.
Bei der Passagierentwicklung lag der Flughafen Wien mit einem Plus von 6,8 Prozent deutlich über dem europäischen Durchschnitt von 2,1 Prozent. Der Anteil der Low Cost Carrier an der Gesamtzahl der Passagiere stieg dabei von Null auf 6 Prozent. Nach einem enorm starken ersten Quartal 2004, das ein Passagierwachstum von 15,2 Prozent brachte, wurden bei der Flughafen Wien AG die Erwartungen für das Gesamtjahr auf plus 8 Prozent hochgeschraubt. Nach den jüngsten Kurssteigerungen der Aktie liegt die Marktkapitalisierung des Unternehmens mittlerweile bei über 1 Mrd. EUR.
Dann nannte CEO Kaufmann detaillierte Zahlen des abgelaufenen Geschäftsjahres. So legte der Umsatz um 9,4 Prozent auf 348,4 Mio. EUR zu und das EBIT um 0,3 Prozent auf 97,3 Mio. EUR. Das Geschäftsfeld "Airport" verzeichnete 162,7 Mio. EUR Umsatz, was 46,7 Prozent am Gesamtumsatz und einem Zuwachs von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Im Segment Handling wurden 106,0 Mio. EUR an Umsatz erwirtschaftet, ein Plus von 0,6 Prozent, was einem Umsatzanteil von 30,4 Prozent gleichkommt. Auch im Bereich "Non Aviation" verlief die Entwicklung positiv, und der Umsatz stieg auf 79,4 Mio. EUR. Somit lag der Anteil hier durch den Zuwachs in Höhe von 5,4 Prozent bei 22,8 Prozent.
Der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit konnte von 120,9 auf 150,4 Mio. EUR gesteigert werden, während sich die liquiden Mittel investitionsbedingt um 8,1 auf 131,1 Mio. EUR reduzierten. Die Bilanzsumme legte von 779,2 auf 835,3 Mio. EUR zu, und mit einer Eigenkapitalquote von 70,7 Prozent verfügt die Flughafen Wien nach den Worten ihres Vorstandsvorsitzenden über eine "solideste Kapitalbasis". Als weitere Kennzahlen nannte er eine EBIT-Marge von 26,7 Prozent, ein ROE von 12,3, ein ROCE von 13,8 und ein WACC bei 7,2.
Die Zahl der Passagiere erhöhte sich um 6,8 Prozent auf 12,8 Millionen, wobei die Zahl der Transferpassagiere 4,3 Millionen betrug, ebenfalls ein Plus von 3,2 Prozent. Der Westeuropaverkehr war, bedingt durch die Low Cost Carrier, mit einem Zuwachs von 10,1 Prozent am stärksten gestiegen, aber auch die Netzwerkcarrier trugen zum Wachstum bei. Air Berlin ist mit einem Anstieg von Null auf 439.125 Passagieren oder einem Anteil von 3,4 Prozent mittlerweile bereits der drittgrößte Carrier in Wien, und aus der Allianz von Air Berlin und der neuen Lauda-Airline NIKI erwartet man einen "guten Drive" für die Zukunft.
Mit fast 240.000 Passagieren und einem Anteil von 1,9 Prozent legte auch German Wings einen tollen Start hin, während der Anteil der AUA-Gruppe bedingt durch die neuen Wettbewerber auf 60,2 Prozent zurückging. Insgesamt steuerten in 2003 fünf neue Airlines die Destination Wien an, womit die Gesamtzahl auf 60 stieg. Die Zahl der Zielflughäfen erhöhte sich von 128 auf 142, wobei insbesondere Ziele in Osteuropa hinzukamen.
Im ersten Quartal 2004 erhöhte sich die Zahl der Transferpassagiere um beeindruckende 15,8 Prozent. Unter den neuen Airlines, die in 2004 Wien anfliegen, befinden sich die Emirates mit Dubai, Malaysian mit Kuala Lumpur und Korean Air mit Seoul. Hinzu kommen zahlreiche neue Destinationen der AUA sowie von Air Berlin und NIKI. Deshalb kann die "immer noch sehr konservative" Prognose bei den Passagieren auf plus 8 Prozent und bei den Flugbewegungen auf plus 9 Prozent erhöht werden.
Die langfristige Steigerung des Unternehmenswerts soll auch zukünftig die Strategie der Flughafen Wien AG prägen, Wachstumspotenziale ergeben sich durch die neuen EU-Grenzen und die angrenzenden CEE-Länder. Somit wächst zum einen die "Catchment Area" des Wiener Flughafens, und nur der Flughafen Frankfurt bietet so viele Osteuropadestinationen wie Wien.
Laut CEO Kaufmann ergab eine Erhebung, dass der Flughafen Wien mit seinen Tarifen und Incentives im Durchschnitt der umliegenden Airports liegt. Am teuersten ist demnach München, gefolgt von Frankfurt und Zürich. Bei der Langstrecke liegt Wien sogar um 37 Prozent unter dem Durchschnitt, bei Osteuropadestinationen um 5 Prozent und bei Westeuropa um 10 Prozent darüber. Bis 2007 will die Flughafen Wien um 15 Prozent günstiger als die Konkurrenzairports Frankfurt, München, Prag, Budapest, Zürich und Mailand sein, um die Attraktivität für die Carrier weiter zu steigern.
Mit großem Interesse beobachtet die Verwaltung die für 2005 geplante Privatisierung des Flughafens in Bratislava, und sie will sich an der Ausschreibung mit einem umfassenden Konzept für ein gemeinsames Airportsystem Wien-Bratislava beteiligen.
Bis 2010 wird mit einem durchschnittlichen Passagierwachstum von 4,6 Prozent im Jahr gerechnet. Ein Ausbau ist daher unumgänglich, da bereits jetzt die Kapazitätsgrenze erreicht ist, betonte CEO Kaufmann. Für den Zeitraum von 2004 bis 2008 ist daher eine Investitionssumme von 722 Mio. EUR eingeplant. Mit der Aussicht auf weiterhin starkes Wachstum in den nächsten Jahren und sehr positive Ergebnisse beendete der Vorstand seinen Lagebericht.
Allgemeine Aussprache
Anders als im Vorjahr kam es dieses Mal zu einer lebhaften Debatte, die der Aktionär Friedreich eröffnete. Dieser erkundigte sich nach den Beweggründen, weshalb der Vertrag von Vorstand Dr. Waniek nicht verlängert worden ist, und er vermutete eine in den Medien kolportierte Intervention des Aktionärs Land Niederösterreich. Vom Aufsichtsrat forderte Herr Friedreich mehr Rückgrat gegenüber der Politik, wie dies der wegen "ständiger politischer Einflussnahme ausgeschiedene Aufsichtsrat Staribacher gezeigt habe. Daraufhin teilte Aufsichtsratschef Coreth mit, Dr. Waniek werde nicht mehr zur Verfügung stehen, und dieser selbst ergänzte, er sei einer möglichen Nichtverlängerung seines Mandats mit der Information zuvorgekommen, dass er für eine weitere Periode nicht zur Verfügung stehen werde.
Anteilseigner Holzer wollte wissen, wieso Ryanair wegen zu hoher Landegebühren kein Interesse am Flughafen Wien hat, obwohl doch die Tarife angeblich im internationalen Vergleich nicht überdurchschnittlich hoch seien. Diesbezüglich entgegnete CEO Kaufmann, man führe ständige Gespräche mit Ryanair, dort sei man jedoch nicht bereit, diese Tarife zu bezahlen. Ein fairer Wettbewerb bedeutet nach den Worten von CEO Kaufmann, dass alle Kunden gleich behandelt werden, und mit einem Gesamtanteil von 8 Prozent im ersten Quartal 2004 weise der Flughafen Wien auch ohne Ryanair eine ausgezeichnete Entwicklung im Low Cost-Sektor auf.
Dr. Knap, der für sich selbst und auch für den IVA sprach, fragte nach den Verträgen der beiden Vorstände Kaufmann und Schmid und nach dem Stand bei der Neubesetzung des CFO. Bezüglich des City Airport Train (CAT) wollte er wissen, ob dort immer noch technische Probleme vorliegen, ob der hohe Fahrpreis durchgesetzt werden kann und ob eine Verlängerung bis Bratislava angedacht ist. Weitere Fragen von Dr. Knap betrafen etwaige Schäden aus der Insolvenz der Aero Llyod und das Interesse am Flughafen Graz.
Bezüglich des neuen CFO erklärte Aufsichtsratschef Coreth, dass für die Neubesetzung ein Headhunter beauftragt wurde. Ferner teilte er mit, die Verträge der beiden anderen Vorstände seien bereits um fünf Jahre verlängert worden.
Vorstandskollege Schmid führte bezüglich des CAT aus, dass seit dem 24.2.2004 kein Ausfall aus technischen Gründen mehr zu verzeichnen war und dass dieses Transportmittel von Januar bis März fast 30 Prozent mehr Passagiere benutzt haben. Im Benchmarkvergleich liege der Preis nicht außerordentlich hoch, zu bedenken sei aber auch, dass der CAT ohne jegliche Subventionen auskommen muss. Nach Einschätzung von Herrn Schmid könnte der CAT beim Konzept im Zusammenhang mit Bratislava in der Tat eine wichtige Rolle spielen. Wegen der Insolvenz bei Aero Lloyd mussten Forderungen in Höhe von 193 TEUR wertberichtigt werden. Die 75 Prozent des Landes Steiermark am Flughafen Graz haben die Grazer Verkehrsbetriebe erworben, eine Wiederaufnahme der Gespräche sei aber denkbar, fügte CEO Kaufmann hinzu.
Zum Abschluss der Diskussion bedauerten die Aktionäre Berger und Schärf noch den Weggang von Dr. Waniek und hoben dessen Leistungen für das Unternehmen und seine Investor Relations-Politik hervor.
Abstimmungen
Nach Beendigung der Aussprache konnte der Versammlungsleiter zu den Abstimmungsvorgängen übergehen. 222 Aktionäre vertraten exakt 14.984.093 Aktien bzw. Stimmen. Alle Tagesordnungspunkten wurden einstimmig oder mit Gegenstimmen im Promillebereich im Sinne der Verwaltung beschlossen. Im Einzelnen waren dies die Ausschüttung einer Dividende von 2 EUR je Aktie (einstimmig) (TOP 2), die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat (TOP 3), die erneut sehr moderate Aufsichtsratsvergütung (TOP 4), die Wahlen zum Aufsichtsrat (TOP 5) und die Wahl des Abschlussprüfers (TOP 6).
Somit konnte der Versammlungsleiter die diesjährige Hauptversammlung um 13:10 Uhr offiziell beenden und zum Mittagessen laden. Letzteres erreichte zwar nicht ganz die Qualität der Vorjahre im Business Center, mundete den Aktionären aber sicherlich nicht nur wegen der zuvor beschlossenen Dividende.
Fazit
Wie schon beim letztjährigen HV-Bericht angekündigt, konnte die Flughafen Wien AG auch in diesem Geschäftsjahr wieder überdurchschnittlich bei Umsatz und bereinigtem Ergebnis wachsen. Und das, obwohl auch 2003 bei weitem kein krisenfreies Jahr für die Luftverkehrsbranche war. Eines hat sich im Gegensatz zu den vorangegangenen Jahren allerdings deutlich geändert, denn der Markt hat endlich diesen überzeugenden Ergebnissen Rechnung getragen, und so verwundert uns der rasante Kursanstieg der Aktie bis auf 50 EUR nicht.
Die Weichen für die Zukunft sind gestellt, zum einen durch den bedarfsgerechten Ausbau, den das Unternehmen sogar selbst finanzieren kann, und zum anderen durch die wichtige strategische Entscheidung, sich auch für die Low-Cost-Carrier zu öffnen. Diese sollten bereits in naher Zukunft einen Passagieranteil von bis zu 10 Prozent erreichen können und so auch die Abhängigkeit vom Hauscarrier AUA reduzieren.
Unverständlich erscheint uns, dass ein offensichtlich schwarzes Schaf unter den Aktionären, das Land Niederösterreich mit einem Anteil von ohnehin nur 20 Prozent, ein offenbar politisch motiviertes Absägen des höchst erfolgreichen CFO betrieben hat. Dr. Waniek stand dabei nicht nur für das gute Zahlenwerk der Flughafen Wien AG, sondern auch für eine ausgezeichnete Unternehmenskommunikation und Investor Relations-Arbeit. So ist der Geschäftsbericht auch in diesem Jahr zum x-ten Mal in Folge als Standardwerk zu loben, und auch hinsichtlich des Corporate Governance-Kodex steht die AG in der vordersten Reihe der aktionärsfreundlichen Unternehmen.
Man kann dem beauftragten Headhunter also nur viel Glück bei der Auswahl des Nachfolgers wünschen, denn dieser wird in große Fußstapfen treten müssen. Angesichts der positiven Aussichten und der wohl auch zukünftig üppigen Dividenden raten wir trotz des jüngsten Kursausbruchs nach oben und der unschönen Intervention aus dem Aufsichtsrat in Sachen Dr. Waniek, die Aktien weiterhin zu halten.
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