Die im Prime Standard der Deutschen Börse notierte EMPRISE Management Consulting AG ist in den drei Geschäftsfeldern IT-Consulting, Systemintegration sowie IT-Infrastruktur tätig. Wie aus dem unlängst veröffentlichten Bericht über das erste Halbjahr 2004 zu entnehmen war, beliefen sich die Umsatzerlöse in den ersten sechs Monaten 2004 auf 11,5 nach 14,4 Mio. EUR im vergleichbaren Vorjahreszeitraum, das EBIT lag bei 66 (212) TEUR.
Der Rückgang beim Ergebnis resultiert aus dem Verlust von 49 TEUR im ersten Quartal, das im Vorjahr noch deutlich besser ausgefallen war. Im zweiten Quartal hingegen konnte EMPRISE dank der zwischenzeitlich erreichten schlankeren Kostenstruktur das EBIT von 16 auf 115 TEUR deutlich verbessern. Dank einer konsequenten Fortsetzung der Entschuldung konnten die Zinsaufwendungen von zuletzt 307 auf nur mehr 130 TEUR im ersten Halbjahr 2004 verringert werden. Das Ergebnis verbesserte sich dadurch von -0,08 auf -0,04 Euro je Aktie.
Über die Hintergründe der Geschäftsentwicklung im ersten Halbjahr, die weitere Entwicklung in der Zukunft sowie die strategischen Perspektiven des Unternehmens sprach Alexander Langhorst von GSC Research mit dem Vorstandsvorsitzenden der EMPRISE Management Consulting AG, Herrn Joachim Regenbogen.
Regenbogen: "Wir wollen unseren Umsatz in den nächsten Jahren auf gut 50 Mio. Euro steigern"
GSC Research: Lassen Sie uns mit einem Blick auf die kürzlich vorgelegten Halbjahreszahlen beginnen. Welche Effekte sind für Rückgänge auf der Umsatz- und Ertragsseite verantwortlich?
Regenbogen: Verantwortlich für den Rückgang gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist die nach wie vor schwierige gesamtwirtschaftliche Situation, das schleppende SAP-Geschäft sowie die zurückhaltende Investitionspolitik in den Bereichen Banken und Versicherungen. Trotz der rückläufigen Entwicklung konnten wir insbesondere im zweiten Quartal 2004 das EBIT von 16 TEUR in 2003 auf nun 115 TEUR steigern. Verantwortlich hierfür ist neben einer verbesserten Kostenstruktur das margenstarke Lösungsgeschäft und das profitable Lizenzgeschäft.
GSC Research: Sie beziehen sich in Ihren Ausführungen auf die schwache konjunkturelle Lage und die Investitionszurückhaltung in einzelnen Sektoren. Inwieweit wirkt sich die hierdurch zu erwartenden Wettbewerbsverschärfung auf der Margenseite bei EMPRISE aus?
Regenbogen: Einen Druck auf unsere Margen spüren wir dank unseres zunehmenden Lösungsgeschäftes glücklicherweise nicht mehr. Problematisch sind jedoch die noch immer zu beobachtenden langen Entscheidungswege bei unseren Kunden, bei denen keine Beschleunigung erkennbar ist. Auch wenn sich herausgestellt hat, dass die Anlaufphase für unser Lösungsgeschäft länger dauerte als von uns ursprünglich erwartet, wird die Entwicklung im dritten Quartal diesen Jahres in die richtige Richtung weisen.
GSC Research: Apropos Lösungsgeschäft. Welches Umsatzvolumen erwarten Sie hieraus im laufenden Geschäftsjahr?
Regenbogen: Nach derzeitigem Stand haben wir bereits ein Volumen von gut 3 Mio. Euro erreicht, geplant für das Gesamtjahr sind etwa 5 Mio. Euro an Erlösen aus dem Lösungsgeschäft, das entspricht einem Umsatzanteil von bis zu 15 Prozent.
GSC Research: Welche mittelfristigen Effekte erwarten Sie durch die Ausweitung des Lösungsgeschäfts auf den Umsatzmix ihrer Unternehmensgruppe?
Regenbogen: Kurz- bis mittelfristig erwarten wie einen Drittel-Mix beim Umsatz, aufgeteilt auf die Segmente Lösungen, Projekt und Body Leasing. Auf längere Sicht, also ab dem Geschäftsjahr 2006 oder 2007, dürfte der Anteil der beiden Bereiche Lösungs- und Projektgeschäft auf bis zu 80 Prozent ansteigen. Seit dem Einstieg in das Lösungsgeschäft Ende 2003 sehen wir zudem, wie bereits einleitend beschrieben, eine deutliche Verbesserung der von uns vereinnahmten Stundensätze.
Positiv auf unsere Geschäftsaussichten im Lösungsgeschäft dürfte sich auch unsere Nischenstellung in einigen Bereichen auswirken. Eine solche besitzen wir unter anderem in Bereichen von mobilen Softwarelösungen für den Außendienst, welche auf den Lösungen von bekannten Anbietern wie SAP oder Software AG aufsetzen. Mit diesem und anderen Angeboten wollen wir in Zukunft Lösungen verkaufen und nicht mehr wie in der Vergangenheit Köpfe.
GSC Research: EMPRISE ist in den Bereichen Automotive, Finanzen, Gesundheit, Öffentlicher Dienst, Telekom und Energieversorger tätig. In jüngster Zeit ist in den Medien ja viel über die angespannte Kassenlage der öffentlichen Hand sowie im Gesundheitssektor zu lesen. Wirkt sich diese auch auf die Auftragsvergabe aus?
Regenbogen: Ja, aber eher positiv. Wir machen ungefähr 20 Prozent unseres Gesamtumsatzes im Gesundheitssektor und profitieren hier bei der Auftragsvergabe klar von den Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Insbesondere das so genannte Gesundheits-Modernisierungs-Gesetz (GMG) erfordert eine Reihe von Veränderungen in bestehenden Softwarearchitekturen sowie ganz neue Lösungen, zum Beispiel für die Abrechnung der Kassenärzte.
Insbesondere bei diesen Abrechnungssystemen, die bis spätestens 1. Januar 2005 implementiert sein müssen, erwarten wir noch im vierten Quartal diesen Jahres größere Aufträge. Auch in den kommenden Jahren gehen wir in diesem Segment von weiterem Wachstum aus. Als Stichwort sei hier auf die Überlegungen in Richtung der elektronischen Gesundheitsakte verwiesen. Diese Entwicklungen sind für uns besonders mit Blick auf die ärztliche Selbstverwaltung interessant.
GSC Research: Noch mal zurück zu Thema öffentliche Hand und Gesundheitssektor. Ist EMPRISE in dieser Kundengruppe auch von der immer wieder zu hörenden sehr schlechten Zahlungsmoral dieser Kundengruppen betroffen?
Regenbogen: Ich kann hierbei natürlich nur für die EMPRISE-Gruppe sprechen, aber wir sind mit der Zahlungsmoral unserer Kunden insgesamt und auch in den von Ihnen angesprochenen Segmente sehr zufrieden. Das durchschnittliche Zahlungsziel unserer Kunden beträgt 40 bis 45 Tage und ist Voraussetzung dafür, dass wir ein Geschäft überhaupt tätigen. Bisher konnten wir zudem Forderungsausfälle gegenüber Kunden sowie Projektabbrüche vermeiden.
GSC Research: Zusätzliches Potential für die Zukunft versprechen Sie sich durch die Schaffung neuer Wachstumskerne und so genannter "Unternehmer-Unternehmen". Könnten Sie unseren Lesern diesen strategischen Ansatz einmal näher erläutern?
Regenbogen: Sehr gerne. Ausgangspunkt für einen neuen Wachstumskern in unserem Unternehmen ist die Suche nach Prozessen mit hohem Re-Engineering-Potential, für den neuen Lösungen oder Ansätze im Rahmen der EMPRISE Gruppe entwickelt werden. Stellt sich heraus, dass dieser Ansatz entsprechend aussichtsreich am Markt platziert werden kann, wird dieses Geschäft in eine neue Gesellschaft ausgegliedert, an welcher unter Umständen auch die verantwortlichen Mitarbeiter direkt beteiligt werden.
Neben der Eigensuche und -entwicklung eines solchen Wachstumskerns ist jedoch auch der Zukauf einer kleinen und entsprechend aussichtsreichen Einheit bzw. eines Unternehmens denkbar. Sehr gutes Beispiel hierfür ist der kürzlich erworbene 60-prozentige Anteil an der Duisburger P&S Consulting GmbH.
EMPRISE bietet der P&S im Konzernverbund eine neue Heimat und erhält Zugriff auf das vorhandene Prozess-Know-how und die angebotenen Lösungen für das Instandhaltungsmanagement, insbesondere im Versorgungssektor. Hier verfügt P&S über eine hervorragende Referenzliste auf der unter anderem Namen wie die Energieversorger RWE, die BEWAG in Berlin sowie zahlreiche Stadtwerke zu finden. Darüber hinaus zählen aber auch international renommierte und tätige Unternehmen wie Böhringer Ingelheim, 3M und Philips neuerdings zu unseren Kunden.
GSC Research: Die Beteiligung an der P&S wirft die Frage nach ihrer künftigen Wachstumsstrategie auf. Besteht diese vorwiegend aus organischem oder eher aus anorganischem Wachstum? Und wo sehen Sie die mittelfristig nötige kritische Größe eines Unternehmens wie der EMPRISE?
Regenbogen: Unser künftiges Wachstum wird sowohl aus organischem wie auch aus anorganischem Wachstum resultieren. Wesentliche Entwicklungstreiber werden hier die Ausweitung unseres Lösungsgeschäftes sowie die Generierung neuer Wachstumskerne im Unternehmen sein. Im Rahmen dieser Strategie werden wir jedoch auch in der Zukunft sich bietende Gelegenheiten nutzen, in zu uns und unserem Leistungsportfolio passende Unternehmen einzusteigen oder diese vollständig zu erwerben.
Entscheidend bei möglichen Akquisitionsüberlegungen ist jedoch das daraus für uns resultierende EBIT-Potential. Angesichts des anhaltenden Konsolidierungsprozesses im Markt bieten sich insbesondere bei den kleinen Anbieter von Speziallösungen interessante Möglichkeiten, da diese verstärkt auf die Zusammenarbeit oder das Zusammengehen mit stabilen größeren Einheiten wie der EMPRISE AG angewiesen sind, um sich im Markt dauerhaft zu behaupten.
Wie bereits in unserem bestehenden Portfolio werden wir sowohl bei Zukäufen wie auch bei der Ausgründung von organisch erzeugten Wachstumskernen auf eine Diversifizierung unseres Portfolios achten um zu starke Abhängigkeiten von einzelnen Abnehmerbranchen so weit möglich zu minimieren.
GSC Research: Stichwort "Kritische Größe"?
Regenbogen: Derzeit können wir nicht feststellen, dass unsere Umsatzgröße von rund 30 Mio. Euro im Markt als zu gering wahrgenommen wird oder uns diese bei der Gewinnung von Projekten in spürbarer Weise behindert. Für einen Nischenanbieter wie EMPRISE ist die Unternehmensgröße nach meiner Ansicht nicht das entscheidende Kriterium.
Aber, und da liegen Sie mit Ihrem Frageansatz sicherlich richtig, wir beobachten den Markt sehr genau und können uns vorstellen, dass sich diese Einstellung auf Kundenseite in der Zukunft ändern könnte. Um auf eine solche Entwicklung frühzeitig zu reagieren, streben wir auf Sicht ein Umsatzvolumen von gut 50 Mio. Euro an, welches sowohl organisch wie auch anorganisch in der eben beschriebenen Weise erreicht werden soll. Die auf unserer Hauptversammlung abgesegneten Kapitalmaßnahmen verschaffen uns den nötigen Spielraum für mögliche Zukäufe.
GSC Research: Können Sie unseren Lesern zur besseren Einordnung der von Ihnen verfolgten Nischenstrategie einen Überblick über ihre wichtigsten Wettbewerber geben?
Regenbogen: Bei unseren großen Projekten stehen wir in direktem Wettbewerb zu Branchengrößen wie CSC Ploenzke, T-Systems oder auch Accenture gegen die wir auch schon eine Reihe von Erfolgen erzielen konnten. Bei den kleineren Projekten konkurrieren wir gegen die regional agierenden Anbietern. Hier ist der Markt jedoch so stark fragmentiert, das keine Hauptwettbewerber zu nennen sind.
Entscheidend für unseren Erfolg im Markt und die Erfolge auch im Wettbewerb mit den Branchengrößen ist unser erfolgreiches Projektmanagement, welches uns und dem Kunden die Sicherheit bietet, dass der Auftrag in der vorgegebenen Zeit und was noch wichtiger ist, im vorgegebenen Kostenrahmen erledigt wird.
GSC Research: Kommen wir zurück zum laufenden Geschäftsjahr. Wie sind Ihre Erwartungen für das Gesamtjahr 2004?
Regenbogen: Ich gehe nach wie vor davon aus, dass wir unsere Planung eines EBIT von 1,6 Mio. Euro erreichen werden. Sicherlich wecken die Halbjahreszahlen beim Betrachter nicht die zwingende Sicherheit, dass dieses Ziel erreicht werden kann, der Verlauf des dritten Quartals wird jedoch bereits in die richtige Richtung zeigen.
Ferner darf nicht übersehen werden, dass EMPRISE bereits in der Vergangenheit seinen geschäftlichen Schwerpunkt jeweils im vierten Quartal verzeichnen konnte und in diesem ein wesentlicher Teil der Gesamtergebnisses erwirtschaftet wurde. Darüber hinaus werden wir in diesem Jahr erstmals ganzjährig von der Reduktion der Verbindlichkeiten und den dadurch verringerten Finanzierungsaufwendungen profitieren.
GSC Research: Die aktuelle Eigenmittelausstattung ist mit einer Quote von 18 Prozent nicht sonderlich komfortabel. Wie soll diese erhöht werden und welche Zielquote ist aus Sicht des Vorstandes anstrebenswert?
Regenbogen: Grundsätzlich stimme ich Ihrer Einschätzung zu, dennoch besteht aus meiner Sicht aktuell kein akuter Bedarf zur Einwerbung neuen Kapitals im Wege einer Kapitalerhöhung. In diesem Zusammenhang sei an die Maßnahmen im vergangenen Geschäftsjahr erinnert, die nach Kapitalzufuhr wieder den Ausweis eines positiven Eigenkapitals ermöglicht haben und zudem zu einer Verringerung der verzinslichen Verbindlichkeiten um mehr als 5 Mio. Euro auf nur noch 1,6 Mio. Euro führten.
Jetzt wollen wir dem Kapitalmarkt beweisen, dass wir aus eigener Kraft dazu in der Lage sind, Überschüsse zu generieren. Diese Überschüsse sollen dann auch zur Stärkung der Eigenmittelposition im Unternehmen eingesetzt werden. Erstrebenswert ist nach unserer Einschätzung auf mittlere Sicht eine Eigenkapitalquote im Bereich von 50 Prozent.
GSC Research: Können Sie sich vorstellen, in Zukunft einmal eine Dividende an die Anteilseigner auszuschütten?
Regenbogen: Auf absehbare Zeit werden wir der Thesaurierung der Gewinne im Unternehmen den Vorzug vor einer etwaigen Ausschüttung an die Anteilseigner geben. Aber ich kann Ihnen natürlich nicht sagen, ob wir in drei oder vier Jahren vielleicht doch in der Lage sein werden, ausgehend von einer deutlich gestärkten Eigenmittelbasis eine Dividende zu zahlen.
GSC Research: Erlauben Sie mir abschließend noch eine Frage zum aktuell in der Fachöffentlichkeit verstärkt diskutierten so genannten "Offshoring", also die Verlagerung von Dienstleistungen rund um den IT-Bereich in Niedriglohnländer. Wie schätzen Sie hier die weitere Entwicklung ein und wie wirkt sich dies auf EMPRISE aus?
Regenbogen: Grundsätzlich sind die von Ihnen geschilderten Bestrebungen, die Pflege von IT-Systemen ins Ausland zu verlagern, tatsächlich vorhanden. Bei der Hauptzielgruppe von EMPRISE, den mittelständischen Kunden, sind diese jedoch noch kaum erkennbar. Auch wenn wir bislang nicht in verstärktem Maße von Kundenseite auf dieses Thema angesprochen wurden, ist davon auszugehen, dass der Auslagerungstrend in Zukunft an Dynamik gewinnen wird. Es gibt ja genügend Beispiele aus anderen Branchen, in denen sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten eine ähnliche Entwicklung vollzog.
Entscheidend für den Erfolg derartiger Offshoring-Projekte ist nach unserer Überzeugung jedoch, dass die Kulturen und Mentalitäten der beteiligten Partner zusammenpassen. EMPRISE verfügt bereits seit längerem über einen Partner in Rumänien, mit dem die Chemie stimmt und dessen Mitarbeiter sogar überwiegend auch deutschsprachig sind. Sollten also derartige Projekte von Kunden angefragt werden, sind wir darauf vorbereitet.
GSC Research: Herr Regenbogen, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen und Ihrem Unternehmen weiterhin viel Erfolg!