Die CeWe Color Holding AG mit Sitz in Oldenburg ist der größte konzernunabhängige europäische Fotofinisher. An 24 Produktionsstandorten in 14 europäischen Ländern entwickelt CeWe Color über 3,2 Milliarden Farbbilder im Jahr. Zur besseren Vorstellung: aneinandergelegt würden diese Fotos 8,5mal um die Erde reichen.
Sehr frühzeitig ist die CeWe Color in die digitalen Technologien eingestiegen. Zum Angebotsspektrum in diesem Segment zählen unter anderem Produkte und Dienstleistungen wie die Image CD und die selbstentwickelte Internet Plattform www.photoworld.de, an der über 2.000 Handelspartner in Deutschland teilnehmen. In Mittelosteuropa sowie in Skandinavien ist das Unternehmen darüber hinaus mit über 250 eigenen Einzelhandelsgeschäften vertreten.
Vor wenigen Tagen veröffentlichte CeWe Color die Zahlen für die ersten neun Monate 2003. Im dritten Quartal 2003 erzielte die Gesellschaft Umsatzerlöse von 134,9 (Vj. 143,5) Mio. Euro. Bezogen auf die ersten neun Monate des laufenden Jahres lag der konsolidierte Umsatz bei 327,3 (Vj. 342,5) Mio. Euro. Beim Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) war ein Rückgang auf Quartalsbasis von 21 auf 20 Mio. Euro im Zeitraum von Juli bis September 2003 zu verzeichnen. Bezogen auf die ersten neun Monate 2003 entspricht dies einem Rückgang um 3,5 auf 21,2 Mio. Euro.
Für GSC Research sprach Alexander Langhorst mit dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Rolf Hollander über den Geschäftsverlauf in 2003, die weiteren Aussichten sowie die Potentiale aus dem Geschäft mit der digitalen Fotografie.
GSC Research: Für das dritte Quartal vermelden Sie sowohl einen Mengen- wie auch einen Umsatzrückgang. Steht dies nicht im Gegensatz zum hervorragenden Sommerwetter in diesem Jahr?
Dr. Hollander: Für den Umsatzrückgang sind eine Reihe verschiedener Faktoren verantwortlich. Sie müssen wissen, dass das dritte Quartal eines Geschäftsjahres nicht nur unser wichtigstes Quartal im Jahr ist, es ist auch zu etwa 60 Prozent von der Urlaubssaison abhängig. In diesem Jahr sind jedoch viele Leute zu Hause geblieben - sei es aus Angst vor der unsicheren wirtschaftlichen Lage und damit um den eigenen Arbeitsplatz, nicht zuletzt aber auch aus Angst vor möglichen kriegerischen Auseinandersetzungen oder Anschlägen.
Der Jahrhundertsommer in diesem Jahr hat uns ebenfalls belastet, da es nicht nur in den südlichen Gefilden über Tag so heiß war, dass die Leute in deutlich geringerem Umfang an Sightseeing-Ausflügen oder anderen Aktivitäten teilgenommen haben und somit die Fotografieranlässe entfallen sind. Zusätzlich belastend war, dass eine Reihe von Urlaubern auch gar nicht verreist sind, wodurch ebenfalls Anlässe, Fotos zu machen, entfallen sind.
GSC Research: Verfügen Sie auch aus anderen Ländern über Erfahrungswerte hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen Temperatur und Auswirkung auf die Fotografier-Freudigkeit der Verbraucher?
Dr. Hollander: Das beschriebene Phänomen ist in den südeuropäischen Ländern, die ja eigentlich eher für derart subtropische Temperaturen bekannt sind, seit langen Jahren zu beobachten. In Deutschland war es bislang angesichts zumeist deutlich kürzerer Hitzeperioden in den vergangenen Jahrzehnten nicht zu erkennen.
GSC Research: Insgesamt betrachtet hatten Sie es also im laufenden Geschäftsjahr sozusagen mit der Verkettung einer Reihe ungünstiger Umstände zu kämpfen.
Dr. Hollander: So kann man es sicherlich bezeichnen.
GSC Research: Wie sieht Ihr aktueller Geschäftsverlauf im vierten Quartal und die Planung für das Gesamtjahr 2003 aus?
Dr. Hollander: Eine Aussage zum laufenden Quartal ist momentan nur sehr schwer zu treffen. Erwähnenswert sind in jedem Fall die weiter anhaltenden Zuwächse im Segment der digitalen Fotografie. Für das Gesamtjahr erwarten wir angesichts der eingangs geschilderten belastenden Faktoren einen Umsatzrückgang um 4 bis 5 Prozent sowie eine Ergebnisdifferenz auf EBIT-Ebene von 4 bis 6 Mio. Euro.
GSC Research: Für den Aktionär am wichtigsten dürfte natürlich die Fragestellung nach der zu erwartenden Dividende für das Geschäftsjahr 2003 sein.
Dr. Hollander: Das ist natürlich ein sehr wichtiges Investmentargument für die CeWe Color-Aktie, aber haben Sie bitte Verständnis dafür, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt und vor Vorliegen des Jahresergebnisses hierzu nichts Konkretes sagen kann.
Grundsätzlich betrachtet zeichnet sich die Aktie der CeWe Color AG seit ihrer erstmaligen Börsennotierung im Jahre 1993 durch ihre im Marktvergleich überdurchschnittliche Dividendenrendite aus, die in den letzten Jahren immer bei deutlich über 5 Prozent lag. Unsere Aktionäre können sich darauf verlassen, dass wir auch für das Geschäftsjahr 2003 an unserer grundsätzlichen Politik, der Ausschüttung einer überproportionalen Dividende festhalten werden.
GSC Research: Überproportional rückläufig haben sich im dritten Quartal die Filmentwicklungen entwickelt. Diese sanken gegenüber dem Vorjahr um 6,6 Prozent und damit stärker als der Umsatz, der um 6 Prozent nachgegeben hat.
Dr. Hollander: Dieser Effekt beruht auf der stürmischen Entwicklung im Bereich der Digitalfotos. Gegenüber dem dritten Quartal des vergangenen Jahres hat sich die Anzahl um 46,4 Mio. Stück oder 342 Prozent auf 59,9 Mio. Fotos erhöht, gegenüber den ersten neun Monaten des Vorjahres betrug der Zuwachs sogar 353 Prozent. Dies bedeutet, dass allein im dritten Quartal diesen Jahres über 11 Prozent der Fotofinishing-Umsätze mit digitalen Produkten erzielt wurden.
Ebenfalls erwähnenswert ist der Umstand, dass die Anzahl der Fotos pro Auftrag zwischen der herkömmlichen und der digitalen Fotografie deutlich unterschiedlich ausfällt. Bei der herkömmlichen Fotografie ist diese im Wesentlichen vorgegeben von der Anzahl der Bilder pro Film. Aus dem üblichen Größen von 24 und 36 Fotos ergibt sich ein Mittelwert je Auftrag von 28 Fotos. Bei den digitalen Aufträgen liegt die Anzahl im Schnitt bei über 50 mit weiter ansteigender Tendenz.
GSC Research: Wie sehen Sie die weitere Entwicklung im Digital-Bereich?
Dr. Hollander: Um die weitere Entwicklung zu beurteilen muss man sich anschauen, wie es mit der Verbreitung von Digitalkameras in der Bevölkerung aussieht. Laut aktuellen Erhebungen von GfK und anderen befinden wir uns in puncto Digitalfotografie seit diesem Jahr in einem frühen Stadium des Massenmarktes.
Das heißt, während in den vergangenen Jahren hauptsächlich Technologiefreaks und Trendsetter unter den Käufern waren, haben die Digitalkameras im laufenden Jahr den Durchbruch geschafft und breite Käuferschichten erreicht. Schätzungen zu den Verkäufen von Digitalkameras für 2003 belegen dies. So wird die Prognose von 5,8 Mio. verkauften Stück in 2003 mit voraussichtlich 6 Mio. übertroffen werden, einen zusätzlichen Schub dürfte sicherlich das bevorstehende Weihnachtsfest in diesem Bereich bringen.
GSC Research: Eine Entwicklung, wie wir sie ja beispielsweise auch von der Verbreitung des CD-Players oder des Mobiltelefons kennen. Doch zurück zu Ihrer Aussage, dass wir uns in einer frühen Phase des Massenmarktes befinden: Geht mit der Ausweitung der Anwenderzahl auch eine Veränderung des Fotografierverhaltens einher?
Dr. Hollander: Das ist in der Tat der Fall. In der Anfangsphase bestand bei der Mehrzahl der vor allem technisch orientierten Anwender nur geringes Interesse daran, von ihren Digitalfotos klassische Papierabzüge erstellen zu lassen bzw. sie haben sich ihre Abzüge selbst ausgedruckt. Mit der Ausweitung der Digitalfotografie auf den normalen Anwender - wir befinden uns gegenwärtig noch am Beginn des Massenmarktes, in der Phase der sogenannten frühen Nachfolger - sind auch hier in zunehmenden Maße Parallelen zur konventionellen Fotografie, ihren Anlässen und ihrer Ausprägung zu beobachten.
GSC Research: Ergeben sich aus der bereits eingetretenen Dynamik in diesem Segment für die CeWe Color zusätzliche Investitionsnotwendigkeiten?
Dr. Hollander: Im laufenden Jahr haben wir ein Volumen von 30 bis 35 Mio. Euro bei den Investitionen eingeplant und werden vermutlich am oberen Ende des Zielkorridors abschließen. Schwerpunktmäßig fließt das Geld in die Anschaffung neuer Digitalprinter. Bereits jetzt sind wir in der Lage, an jedem unserer 24 Produktionsstandorte Digitalfotos zu verarbeiten. Auch für das nächste Jahr haben wir ein vergleichbares Investitionsvolumen budgetiert.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch ergänzen, dass unsere Anlagen im Bereich der herkömmlichen Fotografie ebenfalls dem letzen Stand der Technik entsprechen und hier keine nennenswerten Folgeinvestitionen zu erwarten sind.
GSC Research: Apropos Digitaltechnik. Die CeWe Color ist ja bereits im Jahre 1996 in dieses Segment eingestiegen, mit dem bekannten Fotoindex. Hat sich Ihr frühes Engagement, welches ja auch nicht immer unkritisch begleitet wurde, aus heutiger Sicht gelohnt?
Dr. Hollander: Diese Frage möchte ich mit einem ganz klaren Ja beantworten. Durch unsere frühe Beschäftigung mit dem Thema haben wir nicht nur einen Vorsprung vor dem Wettbewerb, sondern arbeiten auch eng mit den Zulieferern und den Herstellern der Digitalprinter wie AGFA und imaging solution (ehemals Gretag) zusammen. Hierdurch können wir nicht nur frühzeitig unsere Erfahrungen einbringen, sondern erkennen ebenso frühzeitig die aktuellen Trends.
Auch unter dem Strich werden sich unsere Bemühungen auszahlen. So werden wir nicht nur unsere Zielsetzung, bis 2005 mindestens 20 Prozent des Umsatzes aus dem Digitalbereich zu erzielen, nach oben korrigieren müssen. Auch die anerkannt hohe Qualität unserer Produkte und die daraus resultierende Kundenzufriedenheit werden eine wichtige Voraussetzung für eine weiterhin erfolg- und ertragreiche Unternehmensentwicklung sein.
GSC Research: Können Sie zum jetzigen Zeitpunkt bereits abschätzen, wie stark sich Ihr Geschäft im Bereich der herkömmlichen Fotografie durch die Digitalfotografie verringern wird?
Dr. Hollander: Einen ersten Eindruck vermitteln sicherlich unsere vorgelegten Zahlen, für eine belastbare Prognose ist es meiner Sicht zum jetzigen Zeitpunkt aber noch zu früh. Wenngleich auf der einen Seite klar ist, dass sich das herkömmliche Geschäft rückläufig entwickeln wird, sollte nicht übersehen werden, dass sich in den deutschen Haushalten rund 40 Mio. herkömmliche Kameras befinden, von denen ein Gutteil noch jüngeren Datums ist und in den nächsten 5 bis 10 Jahren sicherlich auch weiter zum Einsatz kommt.
Auch auf lange Sicht wird das Geschäft sicherlich nicht komplett wegfallen. Als Beleg hierfür kann man die Schwarz-Weiß-Fotografie anführen, die es immer noch gibt und in bestimmten Anwendungsgebieten auch Jahrzehnte nach Einführung der Color-Fotos noch ohne wirkliche Alternative ist.
GSC Research: Stark im Kommen sind ja auch die sogenannten "Foto-Handys". Wie wirkt sich dieser Trend bei Ihnen aus?
Dr. Hollander: Bilder, die mit einem Foto-Handy aufgenommen wurden, können Sie ebenso wie Ihre Digitalfotos bei uns zum Finishing abgeben. Erkennbar sind diese Fotos für uns lediglich an der zumeist deutlich geringeren Pixel-Anzahl, eine eigenständige statistische Erhebung haben wir hierzu aber noch nicht angestellt. Impulse werden sich jedoch sicherlich durch leistungsstärkere und qualitativ bessere Kameras in den Mobiltelefonen sowie die Vergrößerung der Speicherfunktionen für Bilder ergeben.
Unabhängig von der zahlenmäßigen Auswirkung ist aber ein anderer Trend noch wichtiger für uns: Bislang war es ja üblich, mit der Fotografie in dauerhafter Weise zu beginnen, um Erinnerungen festzuhalten wie beispielsweise die Hochzeit, der Geburt der eigenen Kinder usw. Insbesondere durch die Foto-Handys gewinnt die Fotografie nun in der sehr interessanten Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen wieder an Bedeutung und eröffnet bislang noch nicht vorhandene Potentiale.
GSC Research: Herr Dr. Hollander, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg.