Die vorwiegend im Beteiligungsgeschäft in Osteuropa und Russland tätige Stratega-Ost Beteiligungen AG sorgte im vergangenen Spätherbst durch einen massiven Kursverfall für ein gewisses Aufsehen, als der Kurs infolge von Verkäufen einer unbekannten Adresse von rund 30 EUR in der Jahresmitte auf unter 1 EUR im Tief einbrach. Aktuell schwankt die Kursnotiz der im Freiverkehr Stuttgart notierten Gesellschaft zwischen 3 und 5 EUR.
Zu ihrer diesjährigen Hauptversammlung lud die Gesellschaft ihre Aktionäre am 28. Juli 2003 in das NOVOTEL-SÜD nach Düsseldorf ein. Der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Geldmacher begrüßte die rund 25 Aktionäre, Gäste und Vertreter der Presse, darunter Alexander Langhorst von GSC Research, und erteilte nach Erledigung der üblichen einleitenden Formalien sowie der Entschuldigung des dienstlich verhinderten Aufsichtsratsmitglieds Wilfried Winzen dem Alleinvorstand Norbert M. Braun das Wort.
Bericht des Vorstands
Nach Angaben von Herrn Braun ist das abgelaufene Geschäftsjahr deutlich hinter den Erwartungen der Verwaltung zurückgeblieben. Die im dritten Jahr in Folge anhaltende Baisse an den Finanzmärkten hat dem Vorstand der Stratega-Ost das Leben schwer gemacht und dafür gesorgt, dass Teile des Geschäftsmodells noch nicht umgesetzt werden konnten, wie beispielsweise der Einstieg in das IPO Geschäft.
Laut Aussage von Herrn Braun leiden die Emerging Markets in einer Baisse überproportional, da dort die Gelder zumeist als erstes abgezogen werden und die Rückkehr der Investoren bei einem Aufschwung an den Finanzmärkten am längsten dauert. Lediglich der russische RTS Index konnte sich im abgelaufenen Geschäftsjahr vom teilweise desaströsen Verlauf der Aktienindizes abkoppeln und mit einem deutlichen Plus aus dem Jahr 2002 gehen. Diese sehr enttäuschende Kursentwicklung sowie der nicht vollzogene Einstieg in das IPO-Geschäft belasteten die Gesellschaft doppelt.
Während das Ergebnis in den ersten drei Monaten des vergangenen Geschäftsjahres noch nahezu ausgeglichen war, ist der Ertrag im vierten Quartal 2002 eingebrochen, und es wurde ein operativer Verlust von 150 TEUR erwirtschaftet. Ferner wurden zum Bilanzstichtag umfangreiche Wertberichtigungen auf den Wertpapierbestand der Gesellschaft fällig. Auf das Umlaufvermögen entfielen dabei 627 TEUR und weitere 48 TEUR auf das Anlagevermögen, in Summe also 675 TEUR.
Als positive Punkte des Berichtszeitraums führte der Vorstand insbesondere die 30prozentige Beteiligung an der Russia Total Return AG (RTR AG) an, die im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Gewinn von 156 TEUR erzielen konnte, sowie die konsequente Reduzierung der sonstigen betrieblichen Aufwendungen. Angesichts der strikt eigenkapitalbasierten Investitionspolitik verfügt die Stratega-Ost über keinerlei Bankverbindlichkeiten. Belastende Faktoren waren hingegen die schlechte Börsenentwicklung sowie der Vertrauensverlust der Anleger infolge der Bilanzskandale bei Enron und Co.
Die Bilanzsumme der Stratega-Ost reduzierte sich gegenüber dem Vorjahr um rund 950 TEUR auf nunmehr 1,47 Mio. EUR und besteht auf der Aktivseite im Wesentlichen aus Wertpapierpositionen und Beteiligungen, die je nach beabsichtigter Haltedauer im Umlauf- oder Anlagevermögen verbucht sind. Auf der Aktivseite weist die Bilanz ein von 2,28 Mio. EUR auf 1,4 Mio. EUR verringertes Eigenkapital aus, womit das gezeichnete Kapital von 2,4 Mio. EUR zu rund 40 Prozent aufgezehrt ist. Auswirkungen auf die Liquiditätslage hat es nach Aussage ovn Herrn Braun keine gegeben, die Zahlungsfähigkeit sei zu jedem Zeitpunkt gewährleistet gewesen.
Die Gewinn- und Verlustrechnung ist geprägt von den Abschreibungen des Berichtsjahres. Insgesamt wird ein negatives Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von 824 TEUR ausgewiesen, und zusammen mit dem Verlustvortrag des Vorjahres in Höhe von 411 TEUR ergibt sich der Bilanzverlust des Jahres 2002 in Höhe von 1,237 Mio. EUR. Wesentliche von Abwertungsbedarf betroffene Wertpapierpositionen waren: ROSNEFTEGAZSTROY (317 TEUR), Eurogas (37 TEUR), JDS Uniphase (108 TEUR), Softbank (26 TEUR), HIKARY TUSHIN (3 TEUR), SATYAM INFOWAY (45 TEUR), Senator Entertainment (46 TEUR) sowie weitere kleinere Positionen.
Zufrieden zeigte sich der Vorstand hingegen mit der Entwicklung der 30prozentigen Beteiligung an der RTR AG. Zielsetzung dieser Gesellschaft ist es, sich in der Anlagepolitik am RTS Index zu orientieren und diesen möglichst outzuperformen, wobei der Vorstand als Renditevorgabe 20 Prozent p.a. nannte. Er selbst ist Aufsichtsratsvorsitzender der Gesellschaft, neben der Stratega-Ost sind drei weitere Aktionäre beteiligt.
Mit Blick auf den weiteren Verlauf des laufenden Geschäftsjahres zeigte sich der Vorstand zuversichtlich, die im vergangenen Jahr entstandenen Buchverluste weitestgehend wieder aufholen zu können. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im ersten Halbjahr belief sich laut BWA auf minus 46,7 TEUR nach einem positiven Wert von 15,6 TEUR im Vorjahreszeitraum.
Alles andere als zufrieden zeigte sich der Vorstand mit dem Kursverlauf der Aktie der Stratega-Ost, die im Tief im vergangenen Jahr ein Niveau von 0,95 EUR erreichte. Wenngleich der Kursverlust gestoppt werden konnte und die Aktie in den vergangenen Wochen um die 5 EUR notierte, ist der Vorstand mit diesem Niveau bei weitem nicht zufrieden.
Allgemeine Aussprache
Aktionärin Riegel erkundigte sich nach den Positionen von Immobilienaktien im Portfolio der Stratega-Ost AG. Nach Vorstandsangabe besteht das Portfolio der Stratega-Ost zu rund 30 Prozent aus Immobilienaktien, die weitestgehend aus Aktien der IVG Holding bestehen. Der aktuelle Wert der IVG-Aktie spiegelt den tatsächlichen Wert nur zu 30 bis 40 Prozent wider und leidet unter der unklaren Zukunft des Großaktionärs WCM. Insgesamt zeigte sich der Vorstand aber zuversichtlich, dass sich der Börsenkurs über kurz oder lang dem tatsächlichen Wert annähert.
Aktionär Dr. Lee zeigte sich sehr unzufrieden mit dem vorliegenden Zahlenwerk der Gesellschaft und forderte den amtierenden Notar auf, die von ihm gestellten Fragen zu protokollieren, da er beabsichtige, juristische Schritte gegen die Stratega-Ost AG einzuleiten. Nach seiner Auffassung ist eine Verlustanzeige des hälftigen Grundkapitals erforderlich, so der sichtlich erregte Aktionär weiter, der sich zuerst nicht mit der Antwort des Vorstandes zufrieden gab und diesen als "Teilzeit-Geschäftsführer" titulierte.
Der Aufsichtsratsvorsitzende wies die Versammlung darauf hin, dass der Vorstand die Frage beantworten wird, und er rief das Auditorium zu einer sachbezogenen Diskussion über die vorliegende Tagesordnung auf. Nach Angabe von Herrn Braun ist zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit eine Anzeige des Verlusts der Hälfte des Grundkapitals erforderlich gewesen, zudem müsse man dabei die noch bestehenden Kapitalrücklagen in Höhe von 240 TEUR mit berücksichtigen.
Im Anschluss erkundigte sich Aktionär Pomiluek nach dem zwischenzeitlich bereits aufgeholten Wertberichtigungsvolumen im laufenden Jahr. Nach Vorstandsangabe lag das Volumen im ersten Halbjahr 2003 zwischen 200 und 500 TEUR, gegenwärtig schwankt es zwischen 350 und 400 TEUR.
Aktionär Kuchejda regte an, künftig die genaue Höhe der gehaltenen Aktienpositionen sowie die Einstands- und Jahresschlusskurse mit in den Geschäftsbericht aufzunehmen. Der Vorstand erklärte hierzu, man werde keine genauen Angaben zum gehaltenen Volumen einzelner Aktien machen, um dadurch nicht mögliche Transaktionen zu erschweren oder unmöglich zu machen. Angesichts der erheblichen Handelsaktivitäten ist die Angabe von Einstandskursen laut Herrn Braun ebenfalls problematisch.
Befragt nach Gründen für die Abschreibungen bei der Position ROSNEFTEGAZSTROY in Höhe von über 300 TEUR antwortete der Vorstand, dass es dabei lediglich um Buchverluste aus dieser Position handelt, mit der man in der Vergangenheit bereits ein mehrfaches der jetzigen Wertberichtigungen realisiert und auch vereinnahmt hat. Die weiteren Aussichten dieser Gesellschaft beurteilt Herr Braun ebenfalls sehr zuversichtlich, und er erwartet, dass der gegenwärtig bestehende Verlust mittelfristig in Gewinne umschlagen wird.
Ferner erkundigte sich Herr Kuchejda danach, ob das aktuell attraktive Kursniveau dazu genutzt werden soll, auch unter Nutzung von Fremdkapital die sich bietenden Chancen an den Kapitalmärkten zu nutzen. Die Gesellschaft hat laut Vorstand bislang eine klar auf Eigenkapitalfinazierung ausgerichtete Investitionspolitik verfolgt, die auch in der Zukunft weiter beibehalten werden soll.
Ergänzend wies der Vorstand darauf hin, dass es aktuell ohnehin kaum möglich ist, Lombardkredite zu vernünftigen Bedingungen zu erhalten. Eine grundsätzlich denkbare Einbeziehung von Fremdkapital ist nach Aussage von Herrn Braun bei der RTR AG vorgesehen, bei der in Kürze Wandelschuldverschreibungen begeben werden sollen. Eine mögliche Zuteilung von RTR-Aktien an die Aktionäre der Stratega-Ost bei einem späteren Börsengang der RTR bezeichnete Herr Braun als denkbare Variante.
Ein weiterer Aktionär erkundigte sich nach dem aktuellen Stand in Sachen HARVARD Holding i.L.. Laut Verwaltung liegt der Gesellschaft gegenwärtig ein Angebot einer Tochtergesellschaft der HARVARD Holding zum Rückkauf der Anteile vor. Derzeit befindet sich die Stratega-Ost in entsprechenden Verhandlungen, und nach Einschätzung von Herrn Braun könnte ein Verkauf dieser Anteile einen wesentlichen Beitrag zu einem ausgeglichen Ergebnis im laufenden Jahr beisteuern.
Der in der Stratega-Ost AG bestehende Verlustvortrag wurde seitens der Verwaltung auf etwa 5 bis 6 Mio. EUR beziffert, nach Einschätzung des Wirtschaftsprüfers wird die Gesellschaft jedoch ohnehin kaum mehr Steuern zu entrichten haben, da Erträge aus Veräußerungen und Dividenden nach den neuen steuerlichen Regelungen bei Kapitalgesellschaften steuerfrei vereinnahmt werden können.
Im weiteren Verlauf der Ausführungen erhob Dr. Lee schwere Vorwürfe in Richtung eines Herrn Peisert, den er als maßgeblichen Aktionär der Gesellschaft bezeichnete und der ihm die Stratega-Ost-Aktien völlig überteuert verkauft habe. Ebenso warf er der Verwaltung und insbesondere dem Aufsichtsrat vor, die Kleinaktionäre nicht ausreichend vor Verlusten geschützt zu haben.
Im Verlauf der sehr emotional geführten Diskussion ermahnte der Versammlungsleiter den Aktionär mehrfach, sich zu mäßigen und sich auf die bestehenden Punkte der Tagesordnung zu beschränken. Bezüglich der Person Peisert erklärte Aufsichtsratschef Geldmacher, dieser sei kein Organmitglied der Gesellschaft, und somit könnten dessen privaten Geschäfte mit einzelnen Aktionären der Stratega-Ost nicht Gegenstand der Versammlung sein. Auf Nachfrage bestätigte die Verwaltung, dass Herr Peisert als Berater der Stratega-Ost tätig ist, dass die hauptsächliche Beratung jedoch seitens der Partner in Russland erbracht wird.
Abstimmungen
Nach Beendigung der allgemeinen Aussprache gegen 13:00 Uhr wurde die Präsenz mit 111.071 Aktien oder 13,88 Prozent des stimmberechtigten Grundkapitals festgestellt. Die Tagesordnungspunkte wurden zumeist bei einer Zustimmung von 69.950 Aktien bei rund 40.000 Gegenstimmen und Enthaltungen verabschiedet.
Im Einzelnen waren dies die Entlastung von Vorstand (TOP 2) und Aufsichtsrat (TOP 3), die Wahl der Treuhand- und Revisions- Aktiengesellschaft Niederrhein, Wirtschafts-prüfungsgesellschaft, Krefeld, zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2003 (TOP 4) sowie die Wahl der Herren Reinhard Stünkel und Wilfried Winzen in den Aufsichtsrat der Gesellschaft (TOP 5). Die Kandidaten Dr. Lee und Frau Prof. Trunt, die aus dem Kreis der Aktionäre vorgeschlagen wurden, erreichten nicht die erforderliche Stimmenzahl zu ihrer Wahl in das Kontrollgremium der Gesellschaft.
Fazit
Im vergangenen Geschäftsjahr hatte die Gesellschaft deutlich unter dem anhaltend schwachen Börsenumfeld und den daraus resultierenden Auswirkungen auf die Emerging Markets sowie die dortige Handelsliquidität zu leiden. Ausgehend von immer schwächer tendierenden Kursen und sinkenden Umsatzvolumina war man seitens der Verwaltung zeitweise zur Inaktivität verurteilt, da in bestimmten Papieren keinerlei oder zumindest keine nennenswerten Umsätze stattfanden und somit die Dispositionsmöglichkeiten deutlich eingeengt waren. Auch die vergleichsweise positive Entwicklung des russischen Markts konnte den Jahresfehlbetrag von rund 825 TEUR nicht kompensieren.
Es bleibt nunmehr abzuwarten, ob es gelingt, die im Vorjahr erforderlichen Wertberichtigungen auf Wertpapiere in Höhe von 675 TEUR im Zuge der wieder freundlicher tendierenden Börsen aufzuholen und aus den operativen Handelsaktivitäten ein zumindest ausgeglichenes Ergebnis zu erwirtschaften. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang die etwa 40prozentige Aufzehrung des gezeichneten Kapitals, womit ein erneuter Verlust in Vorjahreshöhe wohl kaum mehr verkraftet werden könnte. Ausgehend von aktuellen Reserven im Wertpapierbestand von 350 bis 400 TEUR könnte sich jedoch bei gleich bleibendem Umfeld ein deutlich besseres Jahresergebnis ergeben.
Ebenfalls belastend auf die Gesellschaft wirkt sich der Umstand aus, dass offenbar von dritter Seite und ohne Kenntnis der Gesellschaft Aktien der Stratega-Ost Anlegern anempfohlen wurden bzw. im Zuge von Vermögensverwaltungsmandaten erworben wurden. Bei den so zur Gesellschaft gestoßenen Aktionären hat der Kursverfall des vergangenen Jahres zumeist tiefe Spuren im Depot und in den persönlichen Vermögensverhältnissen hinterlassen, und dies wirkt sich, wie auch die zum Teil sehr emotionale Diskussion zeigt, nicht zwingend imagefördernd auf die Stratega-Ost AG aus.
Es muss jedoch klar unterschieden werden zwischen der Aktiengesellschaft und ihrem operativen Geschäft auf der einen Seite und möglichen Vorkommnissen, an denen keine Organe der Gesellschaft beteiligt waren, auf der anderen Seite.
Kontaktadresse
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