Kaum ein anderes Medium der Unterhaltungselektronik konnte sich ähnlich schnell durchsetzen wie die DVD, deren Trägermedien inzwischen über einen höheren Umsatz als herkömmliche VHS Kassetten in Deutschland verfügen. Von diesem Boom möchte die am Neuen Markt notierte e-m-s new media AG profitieren, welche ihr Geschäft fast ausschließlich mit der Verwertung von zugekauften Filmrechten bestreitet.
Während die Gesellschaft seit ihrem Börsengang im Sommer 2000 beim Umsatz stark zulegen konnte, ist das operative Ergebnis in den roten Zahlen geblieben. Durch den Einstieg bei der – wie sich im Nachhinein erwies – Skandalfirma Advanced Medien, die inzwischen unter einem neuen Management saniert wird (siehe auch aktuelles Interview) hat die Gesellschaft darüber hinaus große Teile ihrer beim Börsengang eingeworbenen Liquidität verloren.
Philipp Steinhauer erkundigte sich für GSC Research beim Alleinvorstand Herr Werner Wirsing-Lüke sowie bei der Investor Relations-Managerin Frau Sonja Norden über die Lage der e-m-s AG.
Wirsing: „Unsere Erfolge werden sicherlich schon bald vom Kapitalmarkt honoriert werden“
GSC Research: Innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes sind bei der e-m-s AG zwei Kapitalerhöhungen durchgeführt worden. Eine im Dezember 2001 zu einem Kurs von 1,10 Euro pro Aktie, die von einem unbekannten Investor gezeichnet wurde, und eine vor wenigen Wochen zu einer Bewertung von 1,05 Euro je Aktie vom Aufsichtsratsmitglied Frau Lüke. Warum wird der Investor der ersten Kapitalerhöhung nicht genannt?
Norden: Das war ein Finanzinvestor, der den Wunsch geäußert hatte, nicht genannt zu werden. Dies müssen wir respektieren, auch wenn sich das im Zeitablauf ändern könnte.
GSC Research: Hat dies mit der e-m-s AG an sich zu tun?
Norden: Nein, so ist das normale Vorgehen dieses Investors.
GSC Research: Warum hat Frau Lüke die zweite Kapitalerhöhung gezeichnet?
Norden: Es ist so, dass Frau Lüke die 1,5 Millionen Stücke erst einmal übernommen hat. Diese werden nun verschiedenen Investoren angeboten. Hier laufen auch schon Gespräche. Frau Lüke wird die Aktien übrigens keinesfalls über den freien Markt verkaufen.
GSC Research: Beide Kapitalerhöhungen sind ohne Bezugsrecht geschehen. Sind hierdurch nicht die freien Aktionäre verwässert worden?
Norden: Das hat dem Unternehmen Kapital gebracht, und das war wohl das wichtigste. Zumal man bedenken muss, dass bei beiden Kapitalerhöhungen der Kurs niedriger lag. Unsere Aktionäre wurden daher keinesfalls benachteiligt.
GSC Research: Wie wichtig waren die beiden Kapitalerhöhungen für die e-m-s AG?
Norden: Es ist kein Geheimnis, dass zum 30. September die Liquiditätssituation angespannt war. Die Liquidität sollte gestärkt werden. Dem Kapitalmarkt sollte gezeigt werden, dass wir einen neuen Großinvestor gewonnen haben und die Familie Wirsing-Lüke Vertrauen in die Zukunft der e-m-s new media AG hat.
GSC Research: Herr Wirsing, Sie hatten 2001 der Gesellschaft Darlehen von insgesamt gut 8 Mio. DM gewährt. Ist es geplant, dass diese Darlehen in Eigenkapital, somit also Aktien, gewandelt werden?
Wirsing: Dies ist aus steuerlichen und rechtlichen Gründen nicht ganz einfach, wird jedoch im Hause e-m-s in Betracht gezogen.
GSC Research: Wie steht es um die Fremdverbindlichkeiten bei den Banken?
Norden: Bei unseren Hausbanken habe wir eine Kontokorrentkreditlinie von 3,75 Mio. Euro.
GSC Research: Gibt es von Seiten der Banken Druck?
Norden: Nein.
GSC Research: Ist der Bedarf an Liquidität nun gedeckt?
Norden: Die Situation ist im Vergleich zum 30. September wesentlich entspannter. Wenn wir stärkere Investitionen tätigen wollen, so bräuchten wir natürlich schon weiteres Kapital.
GSC Research: Im Frühjahr 2001 hat die Advanced Medien AG eine Kapitalerhöhung um 1,33 Millionen Aktien durchgeführt. Damals hatte sich e-m-s verpflichtet, diese Aktien zu drei Euro pro Aktie bis zum Anfang nächsten Jahres zu übernehmen. Wird diese Option ausgeübt?
Norden: Hierzu sind wir zunächst verpflichtet. Entsprechende Rückstellungen wurden bereits gebildet.
GSC Research: Wer war der Investor?
Wirsing: Die Baader Wertpapierhandelsbank AG.
GSC Research: Wie schätzen Sie die derzeitige Situation bei Advanced ein?
Wirsing: Als Mitglied des Aufsichtsrates darf ich mich zum jetzigen Zeitpunkt hierzu nicht ausführlich äußern. Herr Dauer arbeitet hart an der Realisierung seiner Pläne. Vielleicht wird er sein neues Konzept ja schon auf der auf den August verschobenen Hauptversammlung bekannt geben können.
GSC Research: Werden Sie auch künftig noch im Aufsichtsrat von Advanced vertreten sein?
Wirsing: Ja, aber dies hängt auch von der zukünftigen Aktionärsstruktur ab.
GSC Research: Wie viele Advanced-Aktien halten Sie derzeit?
Norden: 70.000 Stück.
GSC Research: An wen wurde das große Paket verkauft?
Norden: An einen Finanzinvestor, mit dem Stillschweigen vereinbart wurde.
GSC Research: Der Verkauf ist zu 35 Cents pro Aktie geschehen, der Kaufpreis lag somit höher als der damalige Börsenkurs. Gleichzeitig war der Verkauf mit einem Besserungsschein verbunden. Wie lange läuft er und wie sehen hier die Konditionen aus?
Wirsing: Bis Ende diesen Jahres wird e-m-s mit mehr als 50 Prozent am Mehrerlös beteiligt.
GSC Research: e-m-s hatte damals die Advanced-Aktien von der Familie Jovy erworben, welche derzeit von Herrn Dauer in einem Prozess verwickelt sind. Werden Sie in dieser Sache rechtlich aktiv werden?
Wirsing: Die Advanced Medien AG hat einen Rechtstreit mit der Maxx Film GmbH, die mehrheitlich der Familie Jovy gehören soll. Daneben läuft ein Ermittlungsverfahren gegen Herrn Dr. Herbert Jovy wegen Insiderhandel. Hier unterstützen wir die Staatsanwaltschaft.
GSC Research: Kommen wir auf die e-m-s-Aktie zu sprechen, die nun schon seit einiger Zeit unter einem Euro notiert. Sehen Sie die Aktie damit als unterbewertet an?
Wirsing: Ich denke, man darf nicht nur auf den Kurs einer Aktie schauen, wenn man die Frage nach einer richtigen Bewertung stellt, sondern muss sich auch die Marktkapitalisierung des Unternehmens anschauen. Im Vergleich mit anderen Medienunternehmen sehe ich uns zur Zeit nicht unterbewertet. Wir haben unsere Hausaufgaben noch nicht vollständig erledigt. Ich denke jedoch, dass wir unsere Anleger mit einem deutlich verbesserten Ergebnis für das geschäftsjahr 2002 überzeugen können. Wir haben gute Chancen, unsere Umsätze stetig und in hohem Maße zu steigern und unsere Marktposition zu verbessern. Dies wird sicherlich schon bald vom Kapitalmarkt honoriert werden.
Norden: Wir haben momentan ein äußerst schwieriges Marktumfeld. Selbst auf gute Unternehmensnachrichten reagiert der Markt kaum. Wichtig ist jetzt, dass wir unseren Aktionären zeigen, dass es voran geht.
GSC Research: Sie hatten den Umsatz bereits vorab per Ad-Hoc-Mitteilung bekanntengegeben. Warum das? Hätte man nicht auf die gesamten Zahlen warten können?
Norden: Dies haben wir auch in der Vergangenheit schon so gemacht. Unsere Aktionäre wünschen eine zeitnahe und offensive Kommunikation. Da unsere Kosten stabil sind, führen steigende Umsätze somit direkt zu einer Verbesserung unseres Ergebnisses. Unsere Aktionäre können daher schon frühzeitig erkennen, dass es mit der e-m-s bergauf geht.
GSC Research: Die e-m-s-Aktie wird am Neuen Markt gehandelt. Wird dies sich künftig ändern?
Norden: Nein. Einen Segmentwechsel haben wir in unserem Hause ausführlich diskutiert. Es würde jetzt sicherlich den zeitlichen Rahmen sprengen, wenn wir an dieser Stelle über die einzelnen PROs und CONs sprechen würden.
GSC Research: Was machen Sie zur Aktionärspflege?
Norden: Wir setzen in einem hohen Maß auf die direkte Kommunikation mit unseren Aktionären. Mit unserem e-m-s letter, der in unregelmäßigen Abständen erscheint, wollen wir den Aktionären u.a. auch weiterführende Informationen zu Ad hoc- und Pressemitteilungen geben. Ferner haben wir Ende letzten Jahres einen Tag der offenen Tür veranstaltet. Hier sind sehr viele Aktionäre gekommen und haben die Mitarbeiter kennen gelernt oder ein Wort mit dem Vorstand gewechselt. Dieser Tag ist bei den Aktionären sehr gut angekommen, und wir werden so eine Veranstaltung sicherlich wiederholen.
GSC Research: Herr Wirsing, dem Büro von e-m-s gegenüber sitzt eine weitere zu Ihnen gehörende Gesellschaft. Ist Ihr Engagement für e-m-s nur ein Halbtagsjob?
Wirsing: Ich wäre glücklich, wenn ich bei der e-m-s nur einen Ganztagsjob (8-10 Stunden) hätte.
GSC Research: Warum wurde der Vorstand auf eine Person reduziert?
Wirsing: Die e-m-s in ihrer jetzigen Größe benötigt sicherlich keine drei Vorstände. Es ist jedoch geplant, mittelfristig und bei stark steigenden Umsätzen den Vorstand wieder auf drei mitglieder zu erweitern. Allerdings werden zukünftige Vorstandsmitglieder ihre Befähigung in unserem Hause erst beweisen müssen, bevor sie zum Vorstand ernannt werden.
GSC Research: Im letzten Jahr bekam der Vorstand ca. 800.000 DM an Bezügen, obwohl zwei Mitglieder nicht ganzjährig tätig waren. Wie sieht es hier nach der Restrukturierung aus?
Wirsing: Mein Jahresgehalt beträgt zur Zeit 214.000 Euro.
GSC Research: Unter welchen Gesichtspunkten geschah die Restrukturierung?
Norden: Inbesondere bei den Overheads haben wir unsere Kosten der Betriebsgröße angepasst. Die Kernkompetenz der e-m-s wurde dadurch jedoch nicht eingeschränkt, um das zukünftige Wachstum der e-m-s new media AG nicht zu gefährden. Unsere Vertriebsorganisation wurde schlanker, effizienter und kostengünstiger gestaltet.
GSC Research: Herr Wirsing, Frau Norden, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.