Die TRIA IT-solutions AG hat nach einem furiosen ersten Börsenjahr die Krise der New Economy, speziell in den Bereichen IT, Telekommunikation und Internet, insbesondere im Bereich TRIA i-products deutlich zu spüren bekommen. Nun will TRIA mit einer klaren Fokussierung auf die beiden Kerngeschäftsfelder IT-Consulting und IT-Training den Turnaround schaffen und befreit von den Belastungen der letzten Monate im TRIA i-products Umfeld in ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2002 starten.
Mario-David Balda sprach für GSC Research mit den beiden Vorständen Richard Hofbauer und Bernhard Schmid über die neuen Perspektiven des Unternehmens in den alten Kernbereichen, nach der Endkonsolidierung des Internetlastigen Geschäftsfelds i-products.
Hofbauer: „In schwierigem Marktumfeld gut behauptet“
GSC Research: Im vergangenen Jahr hat die TRIA IT-solutions AG mit der Gründung des 18. Standortes und einer Mitarbeiterzahl von aktuell rund 320 die Flächendeckung in Deutschland erzielt. Wie sieht nun in den Bereichen IT-Consulting und IT-Training die weitere Wachstumsstrategie Ihres Hauses aus?
Schmid: Wir haben jetzt die Grundlage für einen weiteren Ausbau geschaffen, wenn sich die Konjunktur-, Markt- und Branchenlage entsprechend positiv ändert; gerade für unsere Ziel-Kundenstruktur mit Unternehmen, deren IT-Budget jenseits der 100 Mio. Euro liegt, ist es wichtig, dass wir flächendeckend präsent sind. Insbesondere im Trainingsbereich sind große Rahmenverträge für diese Unternehmen interessanter, wenn wir nicht nur im Süden und der Mitte Deutschlands vertreten sind, sondern auch in Mittel- und Norddeutschland. Hier liegt eine Menge an Potenzial bei Großunternehmen, das wir noch nutzen wollen.
Hofbauer: Namhafte Banken, Erst- und Rückversicherer und die großen Telekoms sind beispielsweise unsere Kunden und wir sind hier mit langlaufenden Projektaktivitäten gut platziert. Dies zeigt sich auch bei der aktuellen Umsatzentwicklung, wir haben in 2001 in den Kernbereichen Training und Consulting ein Wachstum von 41 Prozent erreicht und gehen in diesem Jahr davon aus, dass wir bei positiven wirtschaftlichen und branchenspezifischen Rahmenparametern weiter zulegen können.
GSC Research: Im Bereich Wachstum ist sicherlich das Thema Übernahmen von ehemaligen Wettbewerbern anzusprechen, wie am Beispiel von Prodacta zu sehen war. Wie hat hier die Übernahme des Kundenpotenzials in der Praxis funktioniert, bei einem Unternehmen, bei dem die Kundenbeziehungen wohl nicht mehr so intakt waren?
Schmid: Prodacta war ein Fall, bei dem wir versucht haben, den Kunden wieder eine neue Heimat zu geben. Das Schöne hierbei war, dass Prodacta zehn Jahre lang erfolgreich Trainingsprogramme durchgeführt hat und das Unternehmen nach unserer Ansicht nicht am eingespielten Trainingsbereich gescheitert ist. Mit der Insolvenz hat der scheidende Prodacta-Vorstandsvorsitzende dann noch versucht, für die Kunden, die dem Unternehmen zehn Jahre lang die Treue gehalten haben, eine gute Lösung zu finden, und diesen empfohlen, zukünftig mit TRIA zusammenzuarbeiten.
Wir haben in erster Linie Unternehmen übernommen, die eine gute Marktstellung hatten, wie im letzten November die Firma Infotel, die bei den herstellerunabhängigen High-End-Trainingscentern in Stuttgart zu den führenden Anbietern zählten. Hier bieten wir nun den Kunden die Möglichkeit, das gute Potenzial einer Infotel mit den hohen Qualitätsansprüchen auch überregional zu nutzen. Das ist gerade für den im Raum Stuttgart sehr stark vertretenen Automobilbereich ein besonders wichtiges Thema.
GSC Research: Wer sind nach der harten Bereinigung am Neuen Markt im Vorjahr denn nun noch ernstzunehmende Wettbewerber?
Schmid: Wir wollen uns bewusst nicht über Mitbewerber äußern, aber wir haben im vergangenen Jahr z. B. im IT-Trainingsbereich stark expandiert und zählen damit zu den wachstumsstärksten herstellerunabhängigen IT-Trainings-Anbietern in Deutschland.
GSC Research: Kommen wir zu den Zahlen. Wie hat sich das Umsatzwachstum im abgelaufenen Geschäftsjahr 2001 entwickelt?
Hofbauer: Im gesamten Konzern, das heißt inklusive i-products, sind wir mit 11 Prozent gewachsen. Trotz des schwierigen Marktumfeldes konnten wir im Kernbereich IT-Consulting und Training ein Wachstum von 41 Prozent erreichen. Dabei war das Wachstum sehr stark organisch geprägt, ergänzt durch Akquisitionen.
Wir haben es auch in schwierigem Umfeld geschafft, neue Projekte und Kunden zu akquirieren, so haben wir im November bzw. Dezember einen großen deutschen Erstversicherer sowie eine regionale Börse als Neukunden gewinnen können. Auch im nächsten Jahr rechnen wir bei positiver Konjunktur-, Markt- und Branchenentwicklung mit einem weiteren positiven Ausbau.
GSC Research: Könnten Sie an einem Beispiel erläutern, wie die anvisierten Cross-Selling-Potenziale zwischen Consulting und Training konkret umgesetzt werden sollen?
Hofbauer: Man kann sicherlich gut nachvollziehen, dass wir bei einem Consulting-Projekt auch unser Training mit anbieten, aber natürlich genauso in umgekehrter Richtung. Da wir sehr hochwertige Programme anbieten, nehmen in der Regel Entscheider oder Entscheidungsvorbereiter an unseren Trainings teil, was uns zahlreiche gute Kontakte mit der Chance auf Folgegeschäft bringt. Beispielsweise war ein Projektleiter einer großen deutschen Bank in Luxemburg hier in einem Training und hat uns ein Jahr später beauftragt, ein Projekt im Bereich „papierloses Büro“ durchzuführen, das dann sogar von Microsoft ausgezeichnet wurde und für beide Seiten ein sehr erfreuliches Ergebnis geliefert hat.
GSC Research: Wie sehen Sie sich im Markt IT-Training allgemein positioniert und welche Maßnahmen sollen die Erfolge des letzten Jahres sicherstellen?
Schmid: Wir glauben, dass der Trainingsbereich, wenn die Konjunktur wieder anspringt, dann auch tendenziell wieder schneller zulegen wird, weil Qualifizierungsmaßnahmen ja eigentlich nicht beliebig zurückgestellt werden können. „Wissen“ ist einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren in einem Unternehmen, hier wollen wir durch unsere Positionierung zukünftig entsprechend profitieren, wenn dies so eintrifft. Von der Kostenseite sind prinzipiell Skaleneffekte möglich: Anbieter, die nur lokal tätig sind, haben die gleichen Ausbildungs-, Marketing- und Zertifizierungs-, und Katalogkosten wie wir, oft aber ohne über ein ähnliches Kundenpotenzial wie wir zu verfügen.
GSC Research: Für die Rummelsberger-Anstalten haben Sie das Produkt QBA entwickelt, ein Programm zur Bedarfsanalyse von Mitarbeiterqualifizierungen. Was muss man sich hierunter vorstellen?
Schmid: Wir haben die QBA-Methodik aus der Projektpraxis heraus entwickelt und einer der Kunden sind die Rummelsberger-Anstalten. Mit QBA soll erreicht werden, dass man den Wissensbedarf in einem Unternehmen möglichst gut ermittelt und somit kein Training mehr mit der Gießkanne durchgeführt wird, sondern genau nach dem persönlichen Anforderungsprofil des jeweiligen Mitarbeiters.
Wir gehören zu den wenigen Anbietern, die dieses Thema dann auch neben den klassischen Trainingsprogramm mit neueren Entwicklungen kombinieren können, beispielsweise mit E-Learning, ein Bereich, in dem wir schon Erfolge verzeichnen. Gerade für Großunternehmen erscheint dies eine gute Möglichkeit, den eigenen Trainingsbedarf besser handeln zu können.
GSC Research: Nun zu den Ergebnissen. An ein Unternehmen wie TRIA, das seit der ersten Stunde profitabel arbeitet und in der Vergangenheit mit Umsatzrenditen von über 10 Prozent glänzen konnte, stellt der Anleger natürlich besondere Ansprüche. Wie wollen Sie nach den „Abschreibungsquartalen“ im zweiten Halbjahr 2001 wieder an alte Zeiten anknüpfen?
Hofbauer: Im ersten Halbjahr 2001 waren wir profitabel, mit einem Konzerngewinn vor Steuern und Abschreibung Firmenwert aus Konsolidierung von 1,9 Millionen DM. Das dritte Quartal war dann geprägt durch die Restrukturierung der i-products-Aktivitäten, die sich in einem geringeren Umfang auch noch im vierten Quartal auswirkten. Vorausgesetzt, die genannten wirtschaftlichen Rahmenparameter treffen ein, gehen wir davon aus, dass wir im Jahr 2001 wieder entsprechende positive operative Renditen ausweisen.
GSC Research: Stichwort i-products. Hier wurden kurz vor der letzten Hauptversammlung 32 Prozent an eine vermögensverwaltende Kapitalgesellschaft abgegeben. Somit beträgt Ihr Anteil unter 50 Prozent und muss nicht mehr konsolidiert werden, was der Bilanz natürlich sehr zu gute kommt. Wie kam es zu dem Verkauf und wie wurden eventuelle Rückflüsse geregelt, gibt es beispielsweise einen Besserungsschein?
Schmid: Wie in unserer Mitteilung vom Juni 2001 kommuniziert, gibt es in der Tat eine Art Besserungsschein. Die Endkonsolidierung war eine der Strukturierungsmaßnahmen, die wir im letzten Jahr umgesetzt haben. Unser Bestreben war, die Fokussierung auf den Kernbereich deutlich zu dokumentieren.
GSC Research: Die Beteiligung an „Precise!“ ist wohl anders zu sehen als die übrigen, es handelt sich um kein Start-Up, sondern um ein etabliertes börsennotiertes Unternehmen. Wäre es nicht eine strategische Möglichkeit, diese Beteiligung aus dem i-products-Portfolio herauszubrechen und bei der TRIA zu belassen? Vor allem, da dieses Unternehmen für TRIA offensichtlich auch strategisch ein sehr wichtiger Partner ist.
Hofbauer: Die Diskussionen zu diesem Thema laufen derzeit noch; es besteht die Absicht, diese Beteiligung im Kernbereich anzusiedeln. Die Synergien und der strategische Aspekt überwiegen hier eindeutig.
Schmid: Die Strukturierung soll auch das Ziel haben, dass Beteiligungen, die nahe am TRIA-Kerngeschäft sind, auch entsprechend eng mit der TRIA weiterhin zusammenarbeiten sollen. Dies gilt z. B. für „Precise!“, ein Nasdaq-notiertes Unternehmen mit einer nach wie vor ordentlichen Marktkapitalisierung, mit dem wir gemeinsam vor einiger Zeit bei einem großen Pharmazieunternehmen in Teilbereichen die SAP-Performance innerhalb weniger Tage durch den Einsatz der Precise-Optimierungs-Software deutlich erhöhen konnten. Und gerade in diesen Fällen sind dann auch weitergehende Cross-Selling-Aktivitäten mit dem Consultingbereich möglich.
GSC Research: Sind jetzt noch weitere Reduzierungen beim i-products-Portfolio geplant?
Hofbauer: Derzeit ist dies nicht geplant, allerdings werden wir wie angekündigt bei Einzelbeteiligungen, die nicht so nah am Kerngeschäft der TRIA angesiedelt sind, über Veräußerungen im Rahmen eines Trade Sales verhandeln. Andere Beteiligungen, die besonders nah an unserem Kerngeschäft liegen, wie etwa „Precise!“ oder „X-cellent“, wollen wir im Gegenzug weiterhin besonders eng an TRIA binden.
GSC Research: Wie sieht es mit Abschreibungen aus, ist dieses Thema in der 2001er-Bilanz bereits vollständig abgehandelt oder sind für das laufende Jahr noch Restrisiken vorhanden?
Hofbauer: Die wesentlichen Abschreibungen und Rückstellungen, die aus Buchwertabschreibungen im bereich i-products resultieren, sind bereits in der 2001er-Bilanz enthalten. Im Neunmonatsbericht waren ja bereits über 90 Prozent dieser genannten Effekte für das Jahr 2001 berücksichtigt.
GSC Research: Zum Abschluss die Frage nach der Vision für TRIA für die kommenden Jahre: in welchen Bereichen sehen Sie die größten Potenziale für Ihr Unternehmen?
Hofbauer: Wir sehen sowohl im IT-Training als auch im IT-Consulting großes Wachstumspotenzial und gehen davon aus, dass wir aus dieser schwierigen Marktphase gestärkt herausgehen werden. Viele Mitbewerber sind weggebrochen oder haben große Schwierigkeiten, auch davon wollen wir profitieren.
Schmid: Mit unserem breiten Kundenstamm, über 70 Rahmenverträgen mit namhaften Blue-Chip-Kunden aus den Bereichen Banken, Versicherungen, Telekom, IT, Medien und Industrie, sowie interessanten Optionen im E-Learning-Bereich sehen wir uns als Anbieter innovativer IT-Services im One-Stop-Supply. Unser Ziel ist es, bei wirtschaftlichem Aufschwung unser Geschäft weiter auszubauen.
GSC Research: Herr Hofbauer und Herr Schmid, wir bedanken uns für dieses Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung Ihrer Ziele.