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IPO-Portrait GMX - Wird exorbitante Bewertung kaum halten können
Aktuell sieht es fast so aus, als würde man bei United Internet die Beteiligungen im Wochenrhythmus an die Börse bringen. Nach Jobs & Adverts und AdLINK wird der Neue Markt diesmal mit GMX um einen weiteren Internettitel bereichert. Der hinlänglich bekannte Email-Dienst, der zweifellos über einen sehr gut eingeführten Markennamen verfügt, will Marktführer in Europa werden. Wie die Chancen hierfür stehen, soll diese IPO-Analyse klären.


Das Unternehmen

Im Bereich der internetbasierenden E-Mail-Dienste hat sich GMX eine gute Marktposition gesichert. Die United Internet-Tochter ist seit drei Jahren im operativen Geschäft und verfügt somit auch über umfassende Erfahrungen im Internet-Kommunikationsmarkt. Man besitzt nach eigenen Angaben die meistbesuchte deutsche Website mit ca. 219 Millionen Seitenabrufen im April 2000 (alle Zahlen laut IVW).

Aktuell verzeichnet man täglich bis zu 17.000 Neuanmeldungen. Mit einer Kundenzahl von 4,6 Millionen liegt GMX weit vor der Konkurrenz, Wettbewerber werden große Marketingausgaben tätigen müssen, um diesen Vorsprung aufzuholen. Zukünftig will man sich vermehrt als "Unified Messaging"-Komplettanbieter im Privat- und Geschäftskundenbereich etablieren.

Allgemein ist dieses Marktsegment vor allem dank der niedrigen Markteintrittsbarrieren von sehr großem Wettbewerb geprägt. Die großen internationalen Anbieter wie Hotmail, Yahoo oder Lycosmail sind hier zu nennen, genauso wie nationale Konkurrenten wie Web.de.

Und genau in dieser Konkurrenz sehen wir ein erstes Problem bei GMX. Das kostenlose Angebot von Web.de ist wesentlich umfangreicher und bietet dem Nutzer deutlich mehr als GMX. Hier kann nur das kostenpflichtige ProMail-Angebot von GMX mithalten, doch es erscheint nicht allzu wahrscheinlich, dass man hier sonderlich viele Kunden finden wird, die bereit sind ,für Features, die es anderswo kostenlos gibt, zu bezahlen, auch wenn die jährliche Gebühr für den ProMail-Service mit 60 DM recht moderat ausfällt.

Interessant wird daher insbesondere der Kampf um den Markt der Business-Kunden, in dem allerdings diverse "Unified Messaging"-Anbieter von Topcall bis jfax.de um Marktanteile kämpfen werden, was für die Margen naturgemäß sehr schädlich ist. Bei diesen Kritikpunkten muss allerdings auch angemerkt werden, dass es sich hier um einen riesigen Markt handeln wird, der durchaus einiges an Wettbewerb verträgt, schließlich wird in diesem Bereich eine gewaltige Outsourcing-Welle erwartet.

Neben der großen Mitgliederzahl hat GMX einen weiteren Trumpf im Ärmel: man bietet den Werbekunden im One-to-One Marketingbereich eine besonders ausgereifte Werbeplattform. Jeder, der das GMX Angebot im Internet besucht, wird automatisch Mitglied eines geschlossenen Benutzerkreises, wenn er sich durch Benutzerkennung und Passwort identifiziert. GMX kann dabei in Echtzeit erkennen, wer bzw. welches Nutzerprofil gerade online ist und dementsprechend zielgruppengerecht passende Werbebanner einblenden. Umgekehrt kann diese One-to-One Marketingplattform über den GMX Profiler auch zur Marktforschung genutzt werden, indem der Werbekunde erkennen kann, welche Zielgruppe durch Anklicken eines Werbebanners am besten auf sein Angebot reagiert hat.

Die internationale Expansion schreitet recht zügig voran, nach Österreich, der Schweiz und Liechtenstein ist man nun auch bereits mit englischen, französischen, schwedischen und türkischen Angebot am Markt vertreten. Ende 2000 rechnet man bereits mit bis zu 6 Mio. Mitgliedern.


Zahlen und Fakten

5,25 Mio. Aktien plus einem Greenshoe von 0,75 Mio. Stückaktien emittiert das Unternehmen unter Konsortialführung der Westdeutschen Landesbank. Für alle GMX ProMail-Mitglieder, die sich bis zum 31. März 2000 bei GMX registriert haben, gibt es ein Affinity-Programm. Zudem wird Aktionären der United Internet AG ein Vorzeichnungsrecht eingeräumt, allerdings mit einem wenig attraktiven Verhältnis von eins zu vier.

Die Bookbuilding-Spanne, die ursprünglich bis 30 Euro gehen sollte, wurde der Marktlage angepasst und reicht nun von 18 bis 22 Euro. Bei 22 Euro würde das Unternehmen eine Marktkapitalisierung von 555 Mio. Euro aufweisen, im letzten Geschäftsjahr wurden dabei jedoch gerade einmal 3,32 Mio. Euro umgesetzt. 2000 soll sich der Umsatz dann auf 10 Mio. Euro verdreifachen, 2002 rechnet man bereits mit einem Umsatz in Höhe von 50 Mio. Euro und einem kleinen Gewinn von 0,18 Euro je Anteilsschein.

Selbst das 02er KUV erscheint mit 11 immer noch sehr gewagt, vor allem darf man auch bezweifeln, dass das Unternehmen wirklich schon innerhalb von zwei Jahren die Gewinnzone erreicht. Das Geld soll dann mittels Business-Angeboten im "Unified Messaging" verdient werden, bereits in den nächsten Jahren will man den Anteil der Einnahmen aus diesen Mehrwertdiensten am Gesamtumsatz deutlich erhöhen, aktuell erlöst man allerdings noch 95 Prozent der Einnahmen aus dem Verkauf von Werbeplätzen.


Fazit

Die großen Zeichnungsgewinne gibt es, wie immer öfters zu sehen ist, nur beim First Mover an der Börse. Die Aktionäre von buch.de können hiervon ein Lied singen. Wir befürchten, dass, wie bei buecher.de der „zweite Sieger“ buch.de, auch GMX im Vergleich zu Web.de deutlich schlechter starten wird.

Die Bewertung ist auch im Rahmen der herabgesetzten Bookbuilding-Spanne immer noch so hoch, dass kaum Zeichnungsgewinne zu erwarten sind. Auch die aktuelle Graumarkttaxe lässt nichts Gutes befürchten, mit 17 zu 19 Euro notiert man nur am unteren Ende der Bookbuiding-Spanne. Auch konnte man selten bei den diversen Börsenmedien eine derartige Einigkeit feststellen: von Kulmbach bis Berlin heißt es "nicht zeichnen".

Und da alles auf Börsenkurse unterhalb des Ausgabepreises hindeutet, gibt es in der Tat auch unserer Meinung nach keinen Grund für eine Zeichnung. Auf Basis der oben genannten Zahlen und der Tatsache, wie kritisch der Markt derzeit solchen Werten gegenüber steht, drängt sich ein Investment in GMX auch nach der Börsennotiz nicht auf.



Veröffentlichungsdatum: 19.05.2000 - 17:39
Redakteur: mba
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