Für die WCM ist der Teilrückzug Ristows ein herber Verlust. Durch den im Umgang mit Finanz- und Politkreisen gewandten RSE-Initiator erhoffte sich die WCM ein besseres Standing in den Kreisen des Finanz-Establishments. Dort galt die Hamburger Beteiligungsgesellschaft trotz ihrer bemerkenswerten Substanz- und Ertragskraft bislang als unerwünschter Außenseiter. Es geht nun nicht nur der Wunsch nach mehr Anerkennung nicht in Erfüllung, sondern durch die Teiltrennung ist auch zusätzlich ein erheblicher Imageschaden entstanden. Hinsichtlich der Wertung der Teiltrennung spricht der starke Kursverlust der WCM-Aktie am Tage der Veröffentlichung des Streits für sich.
Wir hatten bezüglich der WCM-Aktie bereits am 21. Dezember 1999 zur Vorsicht gemahnt. Mit unserem Hinweis, daß Karl Ehlerding nach der Spendenaffäre weitere negative Pressemeldungen drohen, rieten wir kurzfristig agierenden Anlegern bei Kursen um 39,30 Euro zum Ausstieg. Diesen Kurs haben die WCM-Aktionäre seither nur noch von unten gesehen. Mittlerweile ist die Aktie auf 31 Euro zurückgefallen, zwischenzeitlich gab es sogar ein Tief bei 27 Euro. Eine Chance für einen günstigen Einstieg?
Obgleich wir vom Können der WCM-Crew unverändert überzeugt sind, halten wir doch zunächst Vorsicht weiterhin für angebracht. Ehlerding dürfte auch in den nächsten Monaten ein rauerer Wind ins Gesicht blasen. Die Aussagen von ihm und seiner Ehefrau vor dem Untersuchungsausschuß zur Spendenaffäre dürfte für weiteren Wirbel in der Presse sorgen, der Auftritt des sonst öffentlichkeitsscheuen Hanseaten wird von der Presse mit Sicherheit entsprechend ausgeschlachtet. Der Deal mit den Eisenbahn-Wohnungen kann mit großer Wahrscheinlichkeit als endgültig verloren angesehen werden, und durch den Weggang von Dr. Ristow gehen wichtige Verbindungen für neue Gebote im Wohnungssektor verloren. Auch charttechnisch erscheint die Aktie derzeit sehr ungünstig, der jahrelange Aufwärtstrend des Papiers dürfte vorerst gebrochen sein. Von einer Dax-Aufnahme der WCM ist mittlerweile nicht mehr zu reden, in diesem Jahr ist eine Aufnahme mehr als unwahrscheinlich. Selbst Dr. Ristow merkte in einer Agentur-Meldung vom 10.4. an, daß eine Dax-Aufnahme in diesem Jahr nicht sehr wahrscheinlich sei. Möglicherweise hat diese Anmerkung bei WCM das Faß zum Überlaufen gebracht und den Hausstreit angeheizt. Nachdem die WCM-Auguren bislang beharrlich auf der Dax-Aufnahme noch in diesem Jahr beharrten, ist dieses Urteil auch Eingeständnis einer großen Niederlage.
Natürlich darf auch das Überraschungspotenzial der WCM nicht unterschätzt werden. Bis zur Jahresmitte dürfte die Übernahme der restlichen Klöckner-Anteile gestartet werden und WCM bei dieser Beteiligung neuen Spielraum bringen. Auch bei der zuletzt strategielos erscheinenden IVG könnte WCM bald ein Machtwort sprechen und die Position als größter Anteilseigner für eine deutliche Kurskorrektur nutzen. Nicht zuletzt rechnen wir damit, daß sich die WCM in einen Übernahmekampf um die Commerzbank einschalten wird. Mit einem Deal dieser Größenordnung könnte die Hamburger Beteiligungsgesellschaft in eine neue Dimension vorstoßen, die potenziellen Erträge würden die bisherige Ertragskraft der WCM bei weitem in den Schatten stellen.
Per saldo überwiegen derzeit nach unserer Einschätzung jedoch eher die negativen Faktoren. Obgleich die WCM operativ weitere Erfolge erzielen dürfte, rechnen wir vorerst mit einem weiter sinkenden Kurs. Eine anhaltende Korrektur könnte die Aktie in die Region um von 22 bis 25 Euro zurückführen. Solange weiteres Korrekturpotenzial besteht, gehen wir bei diesem Wert vorerst nur in Beobachtungsstellung.
Interessanter erscheint es uns derzeit, sich mit Gesellschaften aus dem WCM-Umfeld zu befassen. Dort befassen wir uns bekanntlich mit den Titeln Maag Holding, Bremisch-Hannoversche Eisenbahn und Maternus Kliniken, zu denen Sie weitere Berichte auf dieser Seite finden können.