Seit dem letzten Interview von GSC Research mit Herrn Dr. Ristow und Herrn Borkers im Februar 2001 (siehe Interview TAG Februar) hat sich bei der TAG Tegernsee AG viel getan. Aufgrund der Übernahme des JUS AG hielt die Gesellschaft eine außerordentliche Hauptversammlung ab und gab Gratisaktien aus. Im Mai konnte schließlich der Einstieg mit 44 Prozent bei der Bau-Verein zu Hamburg AG mit dem Ziel, diese zur Führungsgesellschaft im Wohnimmobilien Bereich auszubauen, vermeldet werden und auf der Hauptversammlung im August wurde unter anderem die anstehende Akquisition der AGP AG vermeldet. Ebenfalls im Sommer verhinderte Herr Dr. Ristow zusammen mit dem Schweizer Financier Marc Rich das Zusammengehen der REG mit der Swiss Prime Site (siehe GV-Bericht Feldschlösschen/REG), inzwischen ist Dr. Ristow CEO der REG geworden.
Nachdem Herr Dr. Ristow auf der Konferenz der „Initiative Immobilien-Aktie“ (siehe Event-Bericht) sagte, dass sich die TAG auch auf der Suche nach einer Führungsgesellschaft im Bereich der Gewerbeimmobilien befinde, rankten sich Spekulationen über einen Einstieg bei der Jeserich AG. Dem wurde jedoch inzwischen eine klare Absage erteilt (vgl. Interview Dezember Jeserich). Im Dezember unterbreitete die Gesellschaft schließlich den freien Bau-Verein Aktionären ein Übernahmeangebot, für 4,5 Bau-Verein Aktien gibt es eine TAG-Aktie.
Philipp Steinhauer sprach mit dem Vorstand Herrn Olaf Borkers über das Übernahmeangebot an die Aktionäre des Bau-Verein und die Tätigkeit des TAG-Aufsichtsratsvorsitzenden Herrn Dr. Ristow bei der Schweizer REG.
Borkers: "Konditionen der Bau-Verein-Übernahme sind fair und angemessen"
GSC Research: Herr Borkers, ursprünglich bot die TAG den Bau-Verein Aktionären für fünf Aktien des Bau-Verein eine TAG-Aktie plus einer Zuzahlung von 20 Cents pro Bau-Verein Aktie. Warum ist das Umtauschangebot nachgebessert worden?
Borkers: Die TAG hat das Umtauschverhältnis mit 4,5 zu 1 in Abstimmung mit der Übernahmekommission der Deutschen Börse AG aktionärsfreundlicher gestaltet. Obwohl es sich um ein freiwilliges Umtauschangebot handelt, war der TAG die Zustimmung der Übernahmekommission wichtig. Es entspricht dem Übernahmekodex.
GSC Research: Was dies beim ursprünglichen Angebot nicht der Fall?
Borkers: Da konnte man unterschiedlicher Auffassung sein, denn der zugrundgelegte Zeitraum spielt hier eine wichtige Rolle. Die Übernahmekommission hat den Durchschnittskurs von einer Woche vor Bekanntgabe des Angebots genommen, wir hatten jedoch nur den Durchschnittskurs vom Tag vor der Bekanntgabe zugrundegelegt. Hierdurch resultierte die unterschiedliche Auffassung.
Wir haben aber auch gemerkt, dass der überwiegende Teil der kleineren Bau-Verein Aktionäre mit dem Angebot nicht zufrieden war; beispielsweise kam von den Aktionären die Kritik, dass sie die Barkomponente voll versteuern müssten. Obwohl es sich um ein freiwilliges Angebot handelt, haben wir das Angebot nun aktionärsfreundlicher gestaltet. Wir haben auf die Barkomponente verzichtet, dies wirkt bei uns liquiditätsschonend und ist für die Aktionäre steueroptimal.
Hinzu kommt noch, dass die TAG-Aktionäre für dieses Jahr eine Gewinnbeteiligung bekommen werden, dies ist beim Bau-Verein aufgrund des Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogramms voraussichtlich nicht der Fall. Ob diese Gewinnbeteiligung jetzt in Form von Gratisaktien oder als Bardividende ausgeschüttet wird, ist noch nicht klar, es lässt sich jedoch sagen, dass der neue TAG-Aktionär hierdurch einen zusätzlichen Vorteil in Höhe von etwa 23 Cents pro Aktie bekommen wird. Legt man nun einen TAG-Kurs von 48,50 Euro zugrunde, wie es wohl auch die Übernahmekommission getan hat, so ergibt dies insgesamt 11 Euro pro Bau-Verein Aktie. Dies bedeutet einen Aufschlag von etwa 30 Prozent vom Kurs des Bau-Vereins im November vor Bekanntwerden der Übernahmeabsichten.
GSC Research: Warum ist der TAG-Kurs nach Bekanntgabe des zweiten Angebots gefallen?
Borkers: Nach der genauen Bekanntgabe der Konditionen haben sich einige Investoren überlegt, dass die TAG-Aktie 50 Euro kostet, der Bau-Verein kostet 9,2 Euro, also nach durchgerechnetem Umtauschverhältnis 41 Euro. Also haben sie TAG-Aktien verkauft und dafür Bau-Verein-Aktien gekauft, also ein Arbitragegeschäft getätigt. Uns ist an Arbitragegeschäften nicht gelegen. Wer hier das Umtauschanbot nutzt, um Zockergeschäfte zu tätigen, der kann das gerne versuchen, aber auf eigenes Risiko. Wir haben zwar den Rückkauf eigener Aktien verkündet, eine Kurspflege ist hierdurch jedoch nicht beabsichtigt.
GSC Research: Es scheint jedoch so, dass einige Aktionäre immer noch nicht mit dem Angebot zufrieden sind.
Borkers: Wer der Ansicht ist, dass das Angebot für ihn unattraktiv und der Meinung ist, dass die TAG den Bau-Verein zu einem Schnäppchen Preis erhält, müsste eigentlich erst recht tauschen, denn dies würde sich ja positiv in der TAG-Aktie niederschlagen. Aber im Ernst, wir hatten einige Anrufe von Aktionären, die mit unseren ursprünglichen Konditionen nicht einverstanden waren und mit einem höheren Angebot gerechnet hattten. Wir haben natürlich auch eine Fairness Opinion zum Umtauschverhältnis bekommen, und dieses Gutachten kommt zu dem Schluss, dass die Konditionen fair und angemessen sind.
Die Kritik kam von den Aktionären, welche ihre Erwartung zum Teil auf unvollständigen und veralteten Informationen aufgebaut hatten. Es war in der Vergangenheit immer die Rede davon, dass der Net Asset Value der Bau-Verein Aktie bei 19 oder 20 Euro liegt, was jedoch aktuell nicht mehr der Fall ist.
GSC Research: Wieso das?
Borkers: Seit Beginn des Umstrukturierungsprozesses hat sich beim Bau-Verein einiges getan. Dieser Prozess wird dazu führen, dass das Ergebnis des Bau-Vereins in diesem Jahr deutlich negativ ausfällt. Inzwischen gibt der Vorstand des Bau-Vereins den NAV pro Aktie mit 15 bis 16 Euro an, die niederländische Kempen Bank taxiert den Wert auf 14,69 Euro, und Herr Dr. Kanders von West LB Panmure setzt ihn bei 15 bis 16 Euro pro Aktie an.
GSC Research: Warum diese Wertvernichtung?
Borkers: Der Bau-Verein durchlebt gerade einen Kostenreduzierungs- und Umstrukturierungsprozess, der nach einer Ad-hoc-Mitteilung der Bau-Verein AG voraussichtlich zu einem einmaligen Jahresfehlbetrag von rund 36 Millionen DM führt. Dieses hat die Abwertung des NAVs bewirkt.
GSC Research: Hat der Vorstand des Bau-Vereins in der Vergangenheit nicht mit der notwendigen Sorgfaltspflicht bilanziert?
Borkers: Nein, das kann man so nicht sagen. Nehmen wir die Beteiligung Property Gate als Beispiel. Diese Beteiligung hat der Bau-Verein an den Axel Springer Verlag verkauft, woraus ein Verlust von 3,5 Millionen DM resultiert. Auch gibt es beim Bau-Verein Rückstellungsthemen, die der neue Vorstand wesentlich konservativer sieht. Das ist aber ein ganz normaler Prozess. Ein neuer Vorstand räumt erst mal auf.
Wenn wir jetzt 10,77 Euro bieten, dann bedeutet das einen Abschlag von etwa 25 Prozent auf den NAV, und nicht von bis zu 50 Prozent, wie einige Aktionäre vermuteten. Und diese 25 Prozent sind auch der Abschlag, den der Bau-Verein Kurs gegenüber dem NAV in den letzten zwei Jahren zumeist aufwies. Ich denke, die Erwartung, dass die TAG einen Preis in Höhe des NAV bezahlt, war unrealistisch, zumal auch keiner der Bau-Verein-Aktionäre jemals einen Net Asset Value Preis an der Börse bezahlt hat. Und die Kempen Bank, die den Bau-Verein regelmäßig analysiert, hat auch ein Angebot ähnlich wie unseres jetzt erwartet.
GSC Research: Wann ist der Umstrukturierungsprozess beim Bau-Verein abgeschlossen?
Borkers: Dieser Prozess wird nach unserer Kenntnis in diesem Jahr im Wesentlichen abgeschlossen sein. Der Vorstand wurde umstrukturiert und mit Führungspersonen aus der Kernmannschaft des RSE-Teams besetzt, nur Herr Schellenberg ist noch dabei. Er ist ein erfahrener Mann in Sachen Wohnimmobilien beim Bau-Verein.
GSC Research: Ist die TAG selber vom wahren Wert des Bau-Vereins enttäuscht worden?
Borkers: Nein. Wir hatten zum Jahrsanfang eine Due Dilligence durchführt, so weit dies für einen außenstehenden Aktionär möglich ist. Wir hatten natürlich den Vorteil, dass wir über die langjährige Aufsichtsratstätigkeit von Herrn Dr. Ristow eine gute Basis hatten und daher wussten, dass beim Bau-Verein ein gewisser Restrukturierungsbedarf vorhanden ist. Wir haben gesehen, dass die Substanz sehr gut ist, man aber gewisse Verbesserungen herbeiführen muss.
GSC Research: War der Bau-Verein für die TAG wirklich so interessant, oder ging es eher darum, möglichst schnell eine Führungsgesellschaft für den Wohnimmobilienbereich zu finden?
Borkers: Im Vordergrund stand der Bau-Verein an sich. Der Bau-Verein besitzt bereits 6.000 Wohnungen, dies stellt eine solide Ausgangsbasis dar. Auch hat der Bau-Verein 130 Mitarbeiter, und die verstehen etwas vom Wohnimmobiliengeschäft. Hier in der TAG beschäftigen wir nach unserem Umzug vom Neuen Jungfernstieg gerade einmal fünf Mitarbeiter, das hätte alleine keine ausreichende Ausgangsbasis für das von uns gewünschte Expansionstempo geboten.
GSC Research: Es ging also auch um das personelle Know-how?
Borkers: Ja. Mit dem Bau-Verein konnten wir eine gewachsene Struktur erwerben, die dann die Kapazitäten hat, um dieses Kerngeschäftsfeld zu bearbeiten.
GSC Research: Mit was für einem Ergebnis des Umtauschangebots rechnen Sie?
Borkers: Beim Bau-Verein sind einige größere Institutionelle Investoren engagiert, und wir rechnen fest damit, dass diese das Angebot annehmen werden. Wir werden auch die Aktien der drei Großaktionäre erhalten, welche uns ihre Aktien im Mai angedient hatten. Nach dem Umtauschangebot wird die Handelbarkeit der Aktie stark eingeschränkt sein; zudem wird der Bau-Verein voraussichtlich auch ohne unsere Übernahme im Juni 2002 aus dem SDAX herausfallen. Dies dürfte dazu führen, dass sich die Aufmerksamkeit für die Aktie deutlich reduziert. Der Wert wird also aus vielen Gründen sehr eng, und da es einen großen Aktionär gibt, der die Politik in der Gesellschaft bestimmt, besteht für andere institutionelle Anleger kein Interesse.
GSC Research: Wie war bisher die Reaktion der Privatanleger auf das verbesserte Angebot?
Borkers: Wir haben einige Anrufe von positiv gestimmten Aktionären erhalten, diese loben unter anderem die Handelbarkeit der zum Umtausch angemeldeten Stücke als aktionärsfreundlich. Wir haben jedoch auch negative Kommentare erhalten. Diese Aktionäre hatten meist auch einen Net Asset Value von 20 Euro in Erinnerung und waren deswegen über die Konditionen enttäuscht. Andere Aktionäre sehen jedoch die langfristig positive Entwicklung der TAG-Aktie und nutzen das Angebot zum möglichen Ausstieg aus dem Bau-Verein zu einem guten Kurs. Und dies vollkommen kostenlos, während er bei einer Bank Transaktionskosten bezahlen müsste.
GSC Research: Erwarten Sie eine negative Entwicklung der Bau-Verein Aktie?
Borkers: Ja. Schauen Sie sich einmal die Kursentwicklung von anderen Aktien nach einem Umtauschangebot an. In dem Augenblick, wo die Öffentlichkeit nicht mehr auf eine Gesellschaft schaut, kauft auch keiner die Aktien. Wenn in einer Aktie nur 300 Stück umgehen, so ist da für größere Investoren kein Platz mehr, denn die brauchen Monate, um ihre Bestände zu verkaufen, während gleichzeitig der Aktienkurs immer weiter sinkt.
GSC Research: Wird sich der Kurs langfristig nicht an der fundamentalen Entwicklung des Bau-Vereins ausrichten?
Borkers: Das glaube ich aus den oben genannten Gründen nicht. Die Tendenz wird dahin gehen, dass die Aufmerksamkeit beim Bau-Verein ab- und bei der TAG zunimmt.
GSC Research: Wann wird es neues Research-Material zur TAG geben?
Borkers: Schon bald. Derzeit sind mehrere Studien über die deutschen Immobilienaktien in Arbeit, und hier wird die TAG ausführlich gewürdigt werden. Wir erwarten in den nächsten Tagen vier Studien - erwarten deshalb, da wir keine Studien in Auftrag geben. Von der Berenberg Bank wird es eine aktualisierte Studie geben und Herr Hartmann von der Dresdener Kleinwort Wasserstein, welcher unsere Aktie laut Handelblatt mit „Add“ bewertet, wird eine Studie fertig stellen. Die West LB wird eine Studie über den Immobilienmarkt bringen, und in der werden wir ausführlich beleuchtet, ebenfalls in der Studie der Hamburgischen Landesbank. Ich gehe davon aus, dass alle Studien einen Net Asset Value über dem aktuellen Börsenkurs sehen werden. All dies wird dazu führen, dass das Investment in die TAG noch attraktiver wird.
GSC Research: Warum haben die Großaktionäre des Bau-Vereins im Mai ein besseres Angebot erhalten?
Borkers: Erst einmal haben wir im Mai an einer Barkapitalerhöhung des Bau-Vereins zu 11 Euro pro Aktie teilgenommen. Diese 11 Euro sind also in die Kasse des Bau-Vereins geflossen und nicht in die Kasse der Großaktionäre, was einen großen Unterschied ausmacht. Dann haben wir von den Großaktionären Bau-Verein Aktien auf einer Basis von 14,09 Euro übernommen, während jedoch die TAG Aktie mit 60 Euro zugrundegelegt wurde. Dies entspricht einem Verhältnis von 4,3, was tatsächlich etwas besser als 4,5 ist. Allerdings wurde das zu einer Zeit ausgehandelt, als der Börsenkurs des Bau-Vereins auch höher war, und zwar betrug der Kurs damals etwa 12 Euro. Man darf in diesem Zusammenhang auch sagen, dass der Einstieg der TAG vielen Bau-Verein Aktionären die Möglichkeit gegeben hat, ihre Aktien zu einem Kurs von über 13 Euro zu verkaufen.
GSC Research: Einige Bau-Verein Aktionäre haben mit dem Ziel in den Bau-Verein investiert, dass sie ausschließlich in Wohnimmobilien investiert sind. Auch gibt es von den Analysten die Forderung, dass eine Immobilien AG sich klar zu fokussieren habe.
Borkers: Wir setzten ganz bewusst nicht auf einen Bereich. Das ist bei Banken oder Fonds anders. Wenn Wohnimmobilien en vogue sind, dann kaufen sie eine Wohnimmobilienaktie wie den Bau-Verein. Ein Jahr später ist Gewerbe interessant und sie werfen die Wohnimmobilienaktie aus dem Portfolio. Damit wird man zum Trendopfer, das erschwert langfristiges Handeln. Bei uns werden im Konzern mehrere Geschäftsfelder angegangen. Durch das mehrdimensionale Modell der Führungsgesellschaften geschieht dies jedoch unabhängig voneinander, ohne jedoch sich anbietende Synergiepotentiale ungenutzt zu lassen. Wir haben uns die Diversifikation bei gleichzeitiger klarer Fokussierung auf einen Bereich als Ziel gesetzt. Die TAG selber versteht sich als wertstabile Substanzaktie und ist national orientiert.
GSC Research: Legen Sie mit der TAG nun erst einmal einen starken Fokus auf den Wohnimmobilien-Bereich? Denn selbst wenn Sie heute den Einstieg in eine Gewerbeimmobiliengesellschaft bekannt geben würden, so hätte der Bereich Wohnimmobilien mindestens einen Vorsprung von einem halben Jahr.
Borkers: Ja, das ist richtig. Momentan liegt unser Augenmerk vor allem auf dem Wohnimmobilienbereich. Abnehmende Neubaumaßnahmen werden zwangsläufig zu einer Verknappung des Wohnraums und somit zu Mietpreissteigerungen führen. Und damit sind Bestandshalter wie der Bau-Verein in einer guten Position.
GSC Research: Warum diese Fokussierung auf den Wohnimmobilienbereich?
Borkers: Wir können nicht alles auf einmal angehen. Der Bau-Verein ist eine gute Basis für die weitere Expansion, welche auch durch Zukauf geschehen wird. Die TAG wird eine Wohnungsbaugesellschaft nicht mehr direkt kaufen, dies wird über den Bau-Verein geschehen.
GSC Research: Wie konkret sind diese Pläne?
Borkers: Unser Ziel ist es, in zwei bis drei Jahren bis zu 50.000 Wohneinheiten zu besitzen. Es finden immer Bieterverfahren statt, gerade haben wir am Bieterverfahren über die Frankfurter Siedlungsgesellschaft teilgenommen. Hier kam jedoch die Viterra AG mit ihrem höheren Gebot zum Zuge. Es gibt aber auch Industrieunternehmen, welche durchaus willens sind, ihre Wohnungsbestände zu verkaufen. Neueste Studien sagen, dass bis zu 4,5 Millionen Wohnungen von Kommunen, Bund und Ländern sowie Industrieunternehmen zum Verkauf stehen.
GSC Research: Wie ist die aktuelle Preisentwicklung dieses Marktes? So günstig wie früher sind diese Bestände ja nicht mehr zu haben.
Borkers: Die Preise sind tatsächlich andere als zu RSE-Zeiten, Sie bekommen heute keine Bestände mehr unter 1.000 DM/qm. Dennoch ist dieser Markt hochinteressant, und es kommt auch noch auf andere Komponenten als den Preis an, so den Zugeständnissen den man den Mietern gibt. Insgesamt ist dieser Bereich für uns zur Zeit interessanter als der Gewerbeimmobilienbereich, nicht zuletzt unter konjunkturellen Gesichtspunkten.
GSC Research: Dennoch sagte Herr Dr. Ristow auf der Konferenz der „Initiative Immobilien-Aktie“, dass man sich auf der Suche nach einer Führungsgesellschaft für den Gewerbeimmobilienbereich befinde. Wie weit ist diese Suche gediehen?
Borkers: Im Moment befinden wir uns noch im Sondierungsprozess. Wir schauen uns börsennotierte und nicht börsennotierte Gesellschaften an, auch die Übernahme einer GmbH ist denkbar. Entscheidend ist, dass eine gewachsene Struktur vorhanden ist. Das Volumen ist weniger wichtig, es darf ruhig eine Größe wie beim Bau-Verein sein. Wichtig ist, dass die Gesellschaft ein schlagkräftiges Team hat. In diesem Zusammenhang kann ich noch anmerken, dass wir uns nicht - wie von vielen Aktionären gemutmaßt - an der Jeserich AG beteiligen werden.
GSC Research: Warum nicht?
Borkers: Wir haben uns die Jeserich AG angeschaut, konnten aber einfach insgesamt keine Einigkeit über eine Beteiligung erzielen. Wir haben zur Jeserich AG und zu den uns dort bekannt gewordenen Personen aber weiterhin ein freundschaftliches Verhältnis.
GSC Research: Auch den Bereich der Spezialimmobilien wollen Sie ausbauen. Derzeit betreiben Sie in diesem Bereich ein Boarding House, dies geschieht über die Feuerbachstraße KG. Wird die Feuerbachstraße KG die Führungsgesellschaft für den Bereich der Spezialimmobilien werden?
Borkers: Die Feuerbachstraße KG ist erst einmal die einzige Gesellschaft, die wir in diesem Bereich haben. Wir wollen das erfolgreiche Geschäft der Boardinghäuser ausweiten, dies kann auch über geeignete Immobilien des Bau-Vereins geschehen. Diese werden dann in die bestehende Gesellschaft eingebracht, welche aber sicherlich einen anderen Namen tragen wird. Jetzt werden erst einmal in Leipzig weitere 30 Wohneinheiten in die Gesellschaft eingebracht. Unsere Idee ist, aus dem Boarding House Konzept eine Marke zu machen. Vielleicht eine Kette, welche überall den selben Standard hat.
GSC Research: Wie sieht die aktuelle Situation am Tegernsee aus?
Borkers: Wir haben jetzt am Tegernsee einen neuen Mitarbeiter gewinnen können. Er nimmt an Gemeinderatssitzungen teil und hat das Ohr am Markt. Mit unserer neuen Akquisition AGP AG sondieren wir die Lage vor Ort, erst letzte Woche war ich am See. Das Management der AGP AG verfügt über gute Kontakte im Tegernseer Tal, und diese Kontakte wollen wir für unsere Konzepte nutzen.
GSC Research: Die von Herrn Dr. Ristow im Jahr 2000 für den Start in die europäische Expansion angekündigte eine Milliarde DM Bilanzvolumen in fünf Jahren sind nun mit Übernahme des Bau-Vereins schon nach anderthalb Jahren erreicht worden. Nun sagte Herr Dr. Ristow auf der Analystenkonferenz, dass die Schallmauer bei drei Milliarden Euro liege. Warum der Sinneswandel?
Borkers: Wir haben erkannt, dass die Märkte eher schwieriger als leichter geworden sind. Die solide Basis für ein Auslandsengagement muss größer sein als vor zwölf Monaten genannt. Man kann auch nicht alles auf einmal machen.
GSC Research: Im Gegensatz zur TAG ist ihr Aufsichtsratsvorsitzender jedoch schon im Ausland aktiv. Was hat Herr Dr. Ristow als CEO mit der Real Estate Group (REG) in der Schweiz vor?
Borkers: Wir betrachten das auch nur von außen, denn es handelt sich hier um eine Gesellschaft, mit der wir keine Geschäftsbeziehungen haben. Herr Dr. Ristow hat in einer Schweizer Zeitschrift seine Vision geäußert bezüglich REG und TAG; er sagt dort, dass nach seiner Vorstellung REG und TAG unter ein Dach sollen. Die REG ist eine Schweizer Immobiliengesellschaft mit einer enormen Kasse, und sie möchte jetzt nach Europa gehen. Und Europa bedeutet für eine Schweizer Gesellschaft erst mal Deutschland. Wir begrüßen das!
GSC Research: Herr Dr. Ristow hat sehr stark das Gesicht der TAG geprägt, und viele TAG-Aktionäre haben vor allem in Herrn Dr. Ristow investiert. Kann das ein Problem werden?
Borkers: Die Bedeutung von Herrn Dr. Ristow für die TAG ist immer noch sehr groß, Herr Dr. Ristow ist ja auch dankenswerterweise jemand, der die Öffentlichkeit nicht scheut. Er ist jemand, der das sehr gerne und sehr gut macht, und deswegen auch oft im Rampenlicht steht. Es ist jedoch nicht so, dass unsere anderen Aufsichtsratsmitglieder wenig zum Erfolg unserer Gesellschaft beitragen. Denken Sie nur an Herrn Hausschild oder Herrn Frohne mit ihren vielen Kontakten. Auch der Vorstand ist nicht untätig. Herr Dr. Ristow ist ein sehr guter Leiter eines sehr effektiven Teams.
GSC Research: Wird Herr Dr. Ristows Engagement für die TAG zurückgehen?
Borkers: Nein. Die TAG ist sein Steckenpferd. Wer in Dr. Ristow investieren will, der soll es über die TAG machen.
GSC Research: Herr Borkers, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und wünschen der TAG AG weiterhin alles Gute für die Zukunft.
Hinweis: der Autor besitzt Aktien der Gesellschaft.