Die bmp AG ist eine Venture Capital Gesellschaft mit der Ausrichtung auf Beteiligungen an Unternehmen im eBusiness und Life Sciences Bereich. Angesichts der Entwicklung dieser Bereiche brachten die im SDAX enthaltenen Aktien ihren Aktionären nach einem Höhenflug zum Jahresanfang 2000 keine Freude, nicht einmal der Einstieg von Roland Berger konnte den Kursverfall nicht stoppen.
Philipp Steinhauer sprach für GSC Research mit dem Gründer und Vorstandsvorsitzenden der bmp AG, Herrn Oliver Borrmann.
GSC Research: bmp wurde 1992 als Consulting-Unternehmen gegründet. Wie kam es zu der Gründung?
Borrmann: Nach meinem Studium der Wirtschaftwissenschaften an der Universität St. Gallen in der Schweiz habe ich bei einer Unternehmensberatung in München angefangen zu arbeiten, im Juni 1992 kam dann die Entscheidung, dass ich mich selbstständig mache.
GSC Research: Haben Sie die Firma alleine gegründet?
Borrmann: Die Firma wurde alleine von mir gegründet, aber ich habe ein paar Angestellte von meinem ehemaligen Arbeitgeber mitgenommen. Einen davon habe ich auch zum Mitpartner gemacht, er ist das "m" in bmp, allerdings 1994 ausgeschieden. Wir haben damals vor allem Strategieberatung und das M&A Geschäft betrieben. Unternehmenskäufe, Unternehmensintegration, Sanierung und Restrukturierung, das waren unsere Hauptthemen.
GSC Research: Was für Kunden hatten Sie damals?
Borrmann: Vor allem große Industrieunternehmen wie Bertelsmann, Mannesmann, Vaillant, auch große internationale Player, aber auch ein paar kleine. Das Problem ist, dass sich viele kleine Unternehmen Consulting oft nicht leisten können. Wir haben dann so ab 94/95 einen leichten Schwenk gemacht und verstärkt für kleine innovative Unternehmen gearbeitet. Das hat uns auch inhaltlich mehr Spaß gemacht, denn da konnte man einfach mehr bewegen als bei den großen Konzernen.
Im März 1995 haben wir das erste Consulting for Equity Projekt angenommen, also Beratung angeboten und dafür Anteile an einem Unternehmen bekommen. Dort bin ich auch in den Aufsichtsrat gegangen. 1996 kam die zweite Consulting for Equity Beteiligung hinzu. Wir hätten uns damals aufgrund von Kapitalmangel anders auch keine Beteiligung leisten können. Ende 1996 haben wir uns schließlich entschieden, eine VC-Gesellschaft zu gründen.
GSC Research: Wer ist „wir“?
Borrmann: Ich habe das mit meinen Kollegen in der Firma entschieden, und wir haben anschließend Partner gesucht, die auch zusätzliches Geld mitbringen. Einer davon war Volker Walter, der noch heute bei uns im Aufsichtsrat sitzt. Seine Firma Walter Glas war ein guter Kunde von uns, und er hatte Lust, beim Aufbau einer bmp AG mitzumachen. Im Juni 1997 erfolgte dann die Gründung, und wir haben nach und nach gesehen, dass der Markt eine große Sogwirkung hat, so dass wir hierfür mehr Kapazitäten bereitgestellt haben. Als wir angefangen haben, hatte die bmp AG keinen Mitarbeiter und mit mir als Vorstand wurde ausgemacht, dass ich vier Tage im Monat zur Verfügung stehe.
GSC Research: Das war also unabhängig von Ihrer Consulting Firma?
Borrmann: Die bmp AG war die Schwestergesellschaft, ich wurde sozusagen ausgeliehen. Wir dachten, dass das so reichen müsste. Anfang 1998 haben wir einige Mitarbeiter aus dem Consulting in die bmp AG integriert, ab dann sind wir kontinuierlich gewachsen.
GSC Research: Wie kam es danach zum Börsengang?
Borrmann: Der war von Anfang an geplant. Wir wollten Venture Capital auch für den Kapitalmarkt zur Verfügung stellen, damals gab es ja keine VC-Gesellschaft an der Börse. TFG und Knorr gingen dann kurz vor uns an der Börse. Über die Börse wurde die weitere Finanzierung der Gesellschaft bereitgestellt.
GSC Research: Auf Ihrer HV haben Sie gesagt, dass man im VC-Bereich in sehr langfristigen Dimensionen von fünf oder zehn Jahren planen soll. Ist dies mit dem hektischen Geschäft an der Börse vereinbar? Der bmp-Aktienkurs wird vielleicht minütlich festgestellt, jede Minute wird abgerechnet.
Borrmann: Es macht es sicherlich nicht ganz einfach, vor allem weil die Venture Capital Kultur in Deutschland noch gar nicht so stark ausgeprägt ist. So bewegt sich ja auch die bmp-Aktie parallel zum Neuen Markt. Wenn es der Börse schlecht geht, dann geht es auch den VCs an der Börse schlecht, egal was sie machen und ob sie lebensfähig sind.
GSC Research: Aufgrund der Abhängigkeit zum Exitkanal Börse ist aber diese Abhängigkeit auch fundamental begründbar. Zudem sind börsennotierte VC-Firmen in den USA, dem Mutterland des Venture Capital, ebenfalls stark mit der Marktentwicklung verwurzelt.
Borrmann: Das ist tatsächlich so. Wir können auch nicht von Quartal zu Quartal konstante Geschäftszahlen bringen. Wir können unsere Ausgaben zwar gut planen, die Erlösseite ist aber unsicher. Wir können in einem Quartal 5 Millionen Verluste machen und im nächsten Quartal dann 20 Millionen Gewinn machen. Daran müssen sich die Aktionäre gewöhnen.
Unser Ziel ist jetzt, die Bewertung mehr in Richtung NAV (Net Asset Value) zu bewegen. Wir werden den NAV quartalsweise oder möglicherweise monatlich ausweisen, damit die Aktionäre wissen, was wir als Unternehmen wert sind. Daran sollten sich dann die Aktionäre orientieren und nicht an der wilden Börsenbewegung oder den Quartalszahlen. Ob das gelingt, können wir natürlich nicht sagen.
Bei den aktuellen Kursen weit unter dem NAV können wir unseren Aktionären beispielweise wegen der starken Verwässerung auch keine Kapitalerhöhung zumuten. Roland Berger hat noch den vierfachen Preis vor einem Jahr bezahlt. Und wir sind nicht so schlecht geworden, dass man jetzt sagen könnte, der Wert unserer Firma hat sich geviertelt. Wir schauen jetzt nach Möglichkeiten, anders zu wachsen, eines davon ist das Fondsthema.
GSC Research: Also wieder zurück von der Börse?
Borrmann: Nein, wir als bmp wollen mehr Fonds verwalten, und es ist auch ein Vorteil für die Aktionäre, da wir dadurch eine Management Fee bekommen, welche einen gewissen Teil der Kosten deckt. So wird das Geschäft stabiler und wir können allein so vielleicht schon die Fixkosten decken.
GSC Research: Was für Beteiligungen wollen Sie mit den Fonds eingehen? Wird es da keine Überschneidungen mit den bmp-Investments geben?
Borrmann: Es wird das selbe Thema sein, aber eingeschränkter. Es werden dann beispielsweise nur Biotech-Firmen oder nur Investments im Bereich Wireless Applications sein. Auch von den Investmentphasen wird es Unterschiede geben.
GSC Research: Wie wollen Sie denn durch die Fonds unabhängig von der Marktentwicklung werden? Diese werden doch genauso von der Marktentwicklung abhängig sein wie bmp.
Borrmann: Die Fonds belasten uns von der Liquidität her nicht und bringen uns zumindest die festen Managementgebühren. Wenn der Fonds schlecht läuft, weil der Markt schlecht läuft, dann bekommen wir keine Performance Fee. Er kann uns also nur verbessern.
GSC Research: Wie hoch sehen Sie denn die Chancen, neue Gelder einzusammeln?
Borrmann: Ein Fonds für Privatanleger ist heute sicherlich nicht platzierbar, aber für institutionelle Anleger ist das immer noch sehr interessant und es gibt auch genug Geld. Es war sicherlich vor einem Jahr einfacher, aber mit einem guten Produkt werden wir das auch schaffen.
GSC Research: Bei einem weiterhin schwierigen, wenn nicht gar verschärften Marktumfeld wird es wohl zunehmend schwieriger werden. Und desto froher ist man, wenn man noch möglichst viel Cash hat.
Borrmann: Sie müssen aber auch sehen, dass man jetzt bei der Auflage eines neuen Fonds die Möglichkeit hat, sehr viele gute Beteiligungen für wenig Geld zu bekommen. Und wer heute hohe Cash-Bestände hat, der muss irgendwann auch eine Performance vorzeigen.
GSC Research: Warum haben Sie sich von ihrem Consulting Geschäft inzwischen getrennt, hängt dies mit dem Einstieg von Roland Berger zusammen?
Borrmann: Nein. Wir hatten schon Ende 1999 unsere Management Consultants - die ursprüngliche Consulting-Einheit - vollständig mit der bmp AG verschmolzen. Diese arbeiten jetzt ausschließlich für die Beteiligungen. Jetzt haben wir noch zwei Consulting-Töchter, die im Telekommunikationsbereich mit der Spezialisierung auf Breitband und im IT-Consulting aktiv sind. Somit stehen sie auch nicht im Wettbewerb zu Roland Berger, die haben gar keine IT-Consultants.
GSC Research: Wäre nicht das Consulting-Geschäft die sichere Einnahmequelle gewesen, welche Sie sich jetzt mit den Fonds verschaffen wollen?
Borrmann: Man hat nur begrenzte Ressourcen, und wenn man in einem Bereich gut ist, dann sollte man dort auch seine ganze Kraft einsetzen. Und wir sehen im Venture Capital Markt nach wie vor extreme Chancen, und der Markt wird auch weiter wachsen.
Wir sind gut aufgestellt und wir haben uns einen ganz guten Namen in der Branche gemacht. Deswegen sollten wir auch alle Ressourcen auf diesen Bereich konzentrieren. Und wenn Sie es schaffen, durch das Fondsmanagement die Kosten zu decken, dann hat man auch keinen Stress. Mit Consulting kann man nur reich werden, wenn man ganz groß ist.
GSC Research: Sie haben acht Jahre durchgehalten. Immerhin waren Sie auch in den Top 50.
Borrmann: Alleine in Deutschland gibt es 13.000 Mitbewerber, der Consulting-Markt ist durchaus gesättigt. Und in die Top 20 zu gelangen wird sehr schwierig. Auch sind unsere Mitarbeiter wertsteigender eingesetzt, wenn sie sich bei den Beteiligungen engagieren.
GSC Research: Werden Sie für diese Dienste von den Beteiligungen entlohnt?
Borrmann: Bei einigen Beteiligungen gibt es eine Art Management Fee, wo wir monatlich vielleicht 2.000 Mark bekommen für die Basiskosten wie Reisen. Wir stellen unsere Leute aber nicht in Rechnung. Es kommt auch nicht gut an, wenn man investiert und dann über Beratungsleistungen das Geld wieder rauszieht.
GSC Research: Was haben Sie mit Roland Berger vor?
Borrmann: Wir sind nach wie vor sehr froh über die Kooperation. Derzeit versuchen wir unser Portfolio enger in die Berger-Struktur zu integrieren, unsere Investmentmanager haben direkte "Paten", Ansprechpartner aus dem Partnerbereich bei Berger in den einzelnen Kompetenzcentern. Dadurch lernt Berger auch unsere Beteiligungen wesentlich besser kennen. Weiterhin bringen auch Herr Berger selber und einige Partner sehr viele gute Ideen mit, so die Partnerschaft mit NIIT in Indien.
Bei Heliocentris haben wir zusammen mit Berger ein Consulting for Equity Projekt gestartet. Hier hat Berger die ganze Strategie für das Unternehmen aufgestellt, vor allem aus dem Wissen heraus, welcher Großkonzern sich im Bereich der Brennstoffzellen engagiert. Heliocentris, aber auch wir, würden da alleine nicht hinkommen. Wir kennen die Top-Manager der relevanten Unternehmen halt nicht so gut wie Herr Berger.
GSC Research: Jetzt wollen Sie Ihre Life Science und Ihre eBusiness Tochter mit der Mutter verschmelzen. Warum gab es überhaupt diese Töchter?
Borrmann: Wir dachten, dass es geschickt wäre, diese sehr unterschiedlichen Bereiche nach außen zu trennen. Auch hatten wir überlegt, strategischen Partnern die Möglichkeit zu geben, sich an einer der beiden Firmen zu beteiligen, auch der Börsengang wäre durchaus denkbar gewesen.
GSC Research: Strebten Sie eine Holding-Struktur an?
Borrmann: So ungefähr. Wir haben dann aber gemerkt, dass das keinen Sinn macht. Wir brauchen eine kritische Größe an der Börse, und diese haben wir schon fast nicht mehr. Es macht für die Aktionäre mehr Sinn, wenn alles in einer Gesellschaft liegt.
GSC Research: Bei der Aufteilung in die beiden Bereiche wird es aber bleiben? Sie sind ja jetzt auch im Bereich der Brennstoffzellen aktiv.
Borrmann: Ja. Unter Life Sciences haben wir die Bereiche Biotechnologie, Medizintechnik und Systemtechnologie eingeordnet. Und hierzu gehören erneuerbare Energien und Brennstoffzellen.
GSC Research: Derzeit gibt es Stimmen, die glauben lassen, dass bmp nicht mehr bei der KfW für die Refinanzierung akkreditiert sei.
Borrmann: Wir gehören zu den akkreditierten Unternehmen der KfW, und wir sind einer der ganz wenigen, die einen Parallelfonds für die KfW managen. Unser Verhältnis zur KfW ist gut, und es waren auch zwei Mitarbeiter von der KfW auf der HV.
GSC Research: Ist denn ein genereller Rückgang der KfW-Refinanzierung zu sehen?
Borrmann: Man kann ganz klar sehen, dass sich die Konditionen verschlechtern. Die Zinsen werden höher, sie sind auch restriktiver geworden und schauen sich die Geschäftskonzepte deutlicher an. B2C oder Community-Projekte würden sie zum Beispiel direkt ablehnen. Dies betrifft aber jeden und nicht nur bmp. Beim Mediport-Fonds war die Bedingung der KfW, welche hier selber investiert ist, für eine weitere Kapitalaufstockung, dass bmp ebenfalls dabei ist. Dies war vor sechs Wochen.
GSC Research: Können Sie etwas zu diesem Fonds sagen?
Borrmann: Das ist ein unabhängiger Fonds, wir sind dort mit knapp 25 Prozent engagiert, im Aufsichtsrat vertreten und haben das Controlling installiert. Wir gehen auch gemeinsame Projekte ein und verweisen auf den jeweils anderen. Mediport investiert früher als wir, ist fast eine Art Inkubator. Sie haben jetzt zusammen mit der Universität in Göttingen und dem Land Niedersachsen eine Beteiligungstochter gegründet, die man als Inkubator ansehen kann. Es gibt also keinen direkten Wettbewerb mit unserem Life Sciences Bereich.
GSC Research: Können Sie etwas über Ihre Zusammenarbeit mit Durlacher sagen?
Borrmann: Wir haben das Joint Venture in London nun aufgebaut. Wir arbeiten derzeit an einem Research-Report über die Biotech-Industrie in Großbritannien. Bevor wir in neuen Ländern aktiv werden, machen wir eine Marktstudie. Es sind dann hunderte von Gesprächen mit den ganzen Forschungseinrichtungen, den Universitäten und den Unternehmen geführt worden. Damit kann man weitaus leichter eine Investitionsentscheidung treffen. Auch ist ein Nanotechnologie-Report in der Mache. Wir können nicht blind auf Trends springen, wir müssen sie auch verstehen.
GSC Research: Sie werden jetzt also neben Deutschland und Osteuropa in Großbritannien verstärkt investieren?
Borrmann: Ja. Wir werden dort aktiv sein, wo wir auch vor Ort sind.
GSC Research: Kommen wir zum Ausweis Ihres Net Asset Value (NAV). Was versprechen Sie sich davon?
Borrmann: Wir versprechen uns davon, dass wir irgendwann von der starken Kurskorrelation zum Neuen Markt loskommen.
GSC Research: Denken Sie, dass sich der Börsenkurs wirklich danach ausrichtet? Es gibt viele Beispiele, wo dies nicht der Fall ist.
Borrmann: Bei 3i geht es zum Beispiel ganz gut, sie werden immer mit einem gewissen Aufschlag zum NAV gehandelt. Von der institutionellen Seite war die Reaktion sehr positiv, vor allem wegen der konservativen Bilanzierung. In Großbritannien und den USA ist es sowieso ganz normal, zum Teil schauen die Anleger dort gar nicht auf die GuV. Wer heute in bmp investiert, denkt mittel- oder langfristig, da man weiß, dass die Erholung am Kapitalmarkt etwas dauern wird. Dies sind vor allem die institutionellen Investoren.
GSC Research: Können Sie etwas zu den institutionellen Investoren von bmp sagen?
Borrmann: Wir haben über 60 Prozent institutionelle Anleger in unserem Freefloat, und wir haben auch ausländische Anleger. Wir haben sogar einen der größten japanischen Fonds dabei. Mit einigen institutionellen Investoren gehen wir später auch Co-Investments ein, so etwa mit Capital Research.
GSC Research: Gab es solche Co-Investments schon?
Borrmann: Bisher gab es drei.
GSC Research: Was verbirgt sich hinter Ihrer Akquisitionsstrategie?
Borrmann: Wir schauen uns eine ganze Reihe von Firmen an. Vor allem kleinere VCs haben ihren Aktionären den Börsengang versprochen, die versuchen sich jetzt unter die großen zu stellen. Auch gibt es Gesellschaften mit einem guten Portfolio, die fast pleite sind, weiterhin gibt es Gesellschaften mit einer großen Kasse ohne das richtige Management.
GSC Research: Wie sieht es mit der IVC aus?
Borrmann: Die sind mir bekannt, konkrete Namen werde ich aber nicht nennen. IVC war übrigens auch auf unserer Hauptversammlung angemeldet, was mich erstaunt hat.
GSC Research: Wie wahrscheinlich sind denn hier überhaupt Abschlüsse?
Borrmann: Wir sind in einer Konsolidierung, und wenn man gute Chancen sieht, dann muss man diese auch nutzen. Da gibt es sehr verschiedene Konstellationen.
GSC Research: Sie haben für 2000 im Vorstand auf Tantieme verzichtet. Warum das?
Borrmann: Der Vorstand trägt auch eine Verantwortung für das Geschäftsergebnis. Im ersten Halbjahr 2001 hat der Vorstand auch auf einen Teil seines Gehalts verzichtet. Wenn wir schon Kosten sparen, dann beginnen wir damit als erstes bei uns selbst. Dies auch als Signalwirkung für die Mitarbeiter.
GSC Research: Die Signalwirkung Ihrer "Auffangtransaktionen" unter anderem bei Lobster ist für die Aktionäre etwas unklar.
Borrmann: Ich weiß nicht, ob man das so herausstellen muss. Lobster wäre pleite gewesen, hätten sie nicht die Tochter LXCO verkauft. Und die wollte nur der Gründer kaufen, der nur Lobster-Aktien hatte. Wir hatten gutes Geld mit Lobster verdient, und wir haben die Probleme gesehen und waren sportlich genug zu sehen, dass da eine Lösung erforderlich war. Das musste sehr schnell gehen und unsere Regularien ermöglichen es uns nicht, innerhalb von drei Tagen zu investieren. bmp hatte dann Interesse, die Aktie stand bei 8,5 und sie haben sie für 7,5 Euro bekommen.
GSC Research: Wie sieht die Situation bei Ihrer Beteiligung NetPaper.com aus?
Borrmann: Wir äußern uns über die Situation unserer Beteiligungen nicht.
GSC Research: Würden Sie dort noch eine weitere Finanzierungsrunde mitmachen?
Borrmann: Nein. Das liegt aber daran, dass wir nur noch dort investieren, wo wir auch vertreten sind. Wir haben unsere amerikanischen Investments auf Null gefahren. Wir können die Situation bei den Firmen nicht so schnell überblicken. Auch ist das ein eigenes Rechtssystem. Wir investieren nicht mehr in den USA.
GSC Research: Dafür aber im Steuerparadies Zug. Dort sitzt Ihre Beteiligung Red Cube. Denken Sie, dass es dort noch zu einem Börsengang kommt?
Borrmann: Schweiz und Österreich gehören zu den Ländern, wo wir einen guten Marktüberblick haben. Ich war 11 Jahre in der Schweiz und zwei Jahre in Österreich. Ich würde derzeit keiner Firma in dieser Branche zum Börsengang raten. Das bringt nichts. Vor zwei oder drei Monaten hat Red Cube auch eine weitere Finanzierungsrunde durchgeführt, und in diesem Jahr ist ein Gewinn geplant.
GSC Research: Können Sie etwas zu Ihren Engagements in Osteuropa sagen?
Borrmann: In Polen sind wir gut aufgestellt, wir haben eine exzellente Position. Für die DEG (Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, gehört zur KfW) managen wir einen Fonds in der osteuropäischen Region. Damit investieren wir auch in der Tschechischen Republik und in Ungarn. Das eigene Büro in der Tschechischen Republik haben wir geschlossen, wir betreuen jetzt die Region von Polen aus.
GSC Research: Wie sieht es mit der Marktentwicklung dort aus? In Polen war sogar ein Neuer Markt geplant.
Borrmann: Dieses Segment für kleine Technologie-Unternehmen gibt es seit Anfang diesen Jahres. Die leben nicht mehr hinter dem Zaun.
GSC Research: Gibt es eine Risikodiversifikation durch Ihre Investments in dieser Region?
Borrmann: Sie hinken der Marktentwicklung immer ein wenig hinterher. Man darf aber nicht vergessen, dass dort nie diese Mondpreise wie bei uns bezahlt worden sind. Da gab es auch im Jahr 2000 gute Beteiligungen zu niedrigen Preisen. So sind wir beim größten Portal in Ungarn zu einer Bewertung von unter einer Million Euro dabei. In Deutschland hätten Sie schon für die Nummer 10 voriges Jahr 100 Millionen Euro gezahlt. Auch sind die Großen wie Yahoo dort nicht aktiv, und die werden kommen und nicht alles neu aufbauen.
GSC Research: Mondia war eine Ihrer großen Hoffnungen im vorigen Jahr...
Borrmann: Das war eines unserer kalkulierten Ertragspotentiale im vorigen Jahr. Sicherlich nicht die große Hoffnung. Da gab es bessere Unternehmen.
GSC Research: Bei Mondia waren über eine Privatplatzierung auch Privatanleger mit dabei. Diese haben teilweise den Börsengang verzögert.
Borrmann: Es gab einen Privataktionär, der sich geweigert hat, eine Lock-Up Erklärung zu unterschreiben. Hätte er dies nicht gemacht, wäre Mondia im Winter 1999 an die Börse gegangen. Als sie dann dieses Sorgenkind los wurden, war es zu spät. Die Konsortialbank hat sich geweigert.
GSC Research: Würden Sie noch einmal mit "einfachen" Privatanlegern zusammen investieren?
Borrmann: Natürlich. Wichtig ist nur, dass es ganz klare Verträge gibt, etwa hinsichtlich Lock-Up.
GSC Research: Warum haben Sie bei DeWind ein Swap-Geschäft abgeschlossen?
Borrmann: DeWind sollte im Herbst 2000 zu einer schönen Bewertung an die Börse geführt werden. Wir waren dafür und wollten einen Teil-Exit realisieren. Mitten in den Vorbereitungen für den Börsengang kam ein strategischer Investor, der für die Gesellschaft sehr gut war.
Um uns vom Druck eines Exits zu lösen, haben wir die Anteile zu einem festen Betrag fixiert und ein Swap-Geschäft abgeschlossen, zu einem Preis weit unter dem Preis bei Börsengang. Damit war der Verkaufsdruck weg und wir haben vier weitere potentielle Investoren für die Anteile gefunden.
Der Markt ist uns jedoch nicht entgegen gegangen, ein Börsengang wäre wohl lukrativer gewesen. DeWind ist Nummer sieben im Weltmarkt der Windkraftanlagen und sie war die einzige Firma unter den Top 10, die zum Verkauf stand.
GSC Research: Wie sehen Sie die allgemeine derzeitige Marktsituation?
Borrmann: Wir hatten einen extremen Crash am Neuen Markt, und ich denke, dass wir die Tiefststände noch nicht gesehen haben. Dafür kenne ich zu viele Unternehmen am Neuen Markt, denen wir kein Geld geben wollten und deren Geschäftsmodell sich nicht als tragfähig erwiesen hat.
GSC Research: Wird es jetzt wie nach 1929 mehrere Jahrzehnte bis zur Markterholung dauern oder ist die Sache nach zwei oder drei Jahren ausgestanden?
Borrmann: Wenn Sie einen langfristigen Vergleich der Waren- und Finanzströme in der Welt anstellen, dann sehen Sie, wie extrem die Finanzströme angestiegen sind, auch durch die Derivatgeschäfte. Die ganze Industrie dahinter verhindert, dass die Markterholung 10 Jahre braucht. Aktien stehen bei der Geldanlage immer noch ganz oben. Das Internet ist nicht mehr wegzudenken, und die meisten Innovationen kommen von den kleinen Firmen.
Für die meisten börsennotierten VCs gibt es das Thema Insolvenzgefahr nicht. Die haben keine 1.000 Mitarbeiter auf der Pay Roll wie Pixelpark oder Kabel New Media. Da kann man sich auch einigeln, wenn der Markt komplett durchdreht. Eine Intershop kann das zum Beispiel nicht.
GSC Research: Wo sehen Sie bmp in fünf Jahren?
Borrmann: Gute Frage, nächste Frage. Das ist schwer zu sagen. Wir fühlen uns in unserem Geschäft jedenfalls sehr wohl.
GSC Research: Herr Borrmann, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und wünschen Ihnen und der bmp AG alles Gute.