Die mühlich messesysteme AG ist durch die Fusion mit den Messebaufirmen Hospes und Zeissig vom Umsatz her die Nummer 3 in der Branche in Deutschland geworden. Doch dabei soll es nicht bleiben. Die mühlich messesysteme AG - bald unter dem neuen Namen „bluepool" - will zukünftig kein reinrassiger Messebauer mehr sein, sondern zum Full-Service-Anbieter rund um das Thema räumliche Markenkommunikation werden.
Stephan Kraemer sprach für GSC Research mit dem Vorstand Herrn Crispin A. Mühlich über die weiteren Pläne und den Börsengang der mühlich messesysteme AG.
Mühlich: „Mehr als die Summe der Teile"
GSC Research: Die meisten Fusionen gelten im Nachhinein als gescheitert. mühlich will mit Hospes und Zeissig gleich mit zwei Unternehmen fusionieren. Was macht Sie so zuversichtlich, dass Ihre Fusion gelingt?
Mühlich: Die Unternehmen und die Unternehmer kennen sich seit vielen Jahren. Wir kooperieren seit langem und realisieren seit mehreren Jahren große Projekte, die jeweils für einen zu viel sind. Die drei Firmen ergänzen sich auch hinsichtlich ihrer Tätigkeitsschwerpunkte. Ressourcen, die in einem Unternehmen nicht vorhanden waren, mussten von außen zugekauft werden. Das können wir zukünftig aus einer Hand und damit günstiger anbieten. Hospes, Zeissig und mühlich messesysteme sind also bereits aufeinander eingespielt und beginnen daher nicht bei Null.
GSC Research: Was war die Triebfeder, das ausschlaggebende Moment für die Absicht zu fusionieren?
Mühlich: Die Fusion war erforderlich, weil es im Bereich Veranstaltungen und Events notwendig geworden ist, dem Markt eine solche Größe anzubieten. Unsere Kunden werden durch Fusionen zunehmend größer, d.h. wir haben morgen entweder keinen Kunden mehr, weil wir nicht das Unternehmen sind, bei dem dieser Teil des Marketings hängen bleibt, oder wir haben einen Kunden, der plötzlich doppelt oder drei Mal so groß für bluepool ist.
Stellen Sie sich vor, Sie haben bis gestern für Daimler gearbeitet. Ab morgen heißt es plötzlich DaimlerChrysler. Vielleicht hatte Daimler für Sie bereits eine kritische Größe. Ein Wegfall hätte enorme Konsequenzen. Die fusionierte DaimlerChrysler als Kunde würde allerdings ihre Kapazitäten überfordern. Durch bluepool können wir die Risiken einzelner Kunden besser abfedern und andererseits viel größere Aufträge als bislang abwickeln. Wir werden vom Markt bereits für Auftragsgrößen angefragt, auf die früher die einzelnen Unternehmen nicht angesprochen wurden.
GSC Research: Wie vollzieht sich im Messebau die Auftragsvergabe?
Mühlich: Wir erleben in den letzten Jahren einen Wandel: der Aussteller geht nicht mehr zum Messebauer, um einen Stand bauen zu lassen, sondern bedient sich einer Kommunikationsagentur, einem „Event-Partner". Von dem lässt er sich ein unabhängiges Konzept für seinen Auftritt machen. Diese Agentur realisiert aber den Auftritt nicht, das geschieht weiterhin über uns. Wir verlieren aber den direkten Kontakt zum Aussteller, sind in der Wertschöpfungskette eins weiter nach hinten gerutscht. Wenn wir den direkten Kontakt wieder haben wollen, müssen wir es schaffen, in unserem Unternehmen wieder Kreativpotenzial zu haben. Der Kunde möchte einen Ansprechpartner.
GSC Research: Das haben Sie durch die Fusion aber noch nicht im Haus?
Mühlich: Nein, aber Sinn und Zweck der Fusion ist, sich an den Kreativen zu beteiligen bzw. nach weiteren Verflechtungen zu suchen. Dazu bedarf es einer bestimmten Größe. Einerseits um interessant zu sein für die Kreativen, andererseits um in der Lage zu sein, die Mengen, die von dort kommen, vernünftig mit einem breiten Leistungsspektrum bedienen zu können.
Bildlich gesprochen bieten wir einen Baukasten mit Legosteinen an, der Kreative fragt aber Fischer-Technik nach, und ein Dritter interessiert sich nur für Märklin. Dann kommt ein Vierter, der sagt: „Für den Gerüstbau darfst Du mit Märklin bauen, aber von außen soll für niemanden erkennbar sein, ob mit Lego, Märklin oder Fischer-Technik gebaut wurde". Als kleines Unternehmen bin ich nicht in der Lage, dieses Spektrum vorzuhalten. Hospes, Zeissig und mühlich messesysteme halten unterschiedliche Leistungen und Systeme vor. Wenn man die addiert, ergibt das mehr als die Summe der Teile.
GSC Research: Können Sie kurz die Schwerpunkte der einzelnen Firmen erläutern, worin sich die drei Fusionspartner unterscheiden und in welchen Bereichen sie sich ergänzen?
Mühlich: Zeissig ist darauf spezialisiert, Entwürfe von Kreativen nach deren Vorgaben individuell umzusetzen. Hospes besitzt eine Reihe von raumbildenden Systemen, mit denen zu ganz wirtschaftlichen Konditionen entsprechende Ergebnisse realisiert werden können. Mühlich hat sich auf Tragwerke für mehrgeschossige Stände und individuelles Bauen spezialisiert. Bei Hospes ist neben der Spezialität der raumbildenden Systeme ebenfalls die Ausprägung vorhanden, individuelle Entwürfe aufgrund seiner Unternehmensgröße fast beliebiger Größenordnung umzusetzen.
GSC Research: In welchen Bereichen sollen die angepeilten Synergieeffekte erzielt werden?
Mühlich: Gemeinsame Logistik. Darunter verstehen wir nicht nur, Material mit einem Lkw von A nach B zu bringen, sondern den gesamten Materialfluss. Stellen Sie sich vor, in einem Messestand gibt es Möbel. Mühlich hat ein Möbellager mit 10 oder 11 verschiedenen Stuhlarten, Zeissig hat ein Möbellager und Hospes hat ebenfalls ein Möbellager. Jeder hat eine Anzahl x verschiedener Stühle in einer Menge y. Kommt der Kunde und bestellt Stuhltyp A und mühlich hat den nicht, müssen wir ihn zumieten. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass entweder Hospes oder Zeissig diesen Stuhltyp in ihrem Portfolio haben.
Dadurch verkürzen wir die Lieferzeit gegenüber dem Kunden, verbessern unsere Auslastung bei der Vermietung und vermindern die Standzeiten. Wenn wir in die Zukunft denken, wird es vermutlich keine 3 Möbellager mehr geben, sondern ein gemeinsames. Dann haben wir einen gemeinsamen Katalog der Dinge, die wir anbieten. Also gehe ich morgen zum Kunden und lege bei der Frage nach der Ausstattung einen Katalog auf den Tisch, der ein repräsentatives Maß an vermietbaren Gegenständen enthält. Bisher war der Katalog von mühlich nicht besonders repräsentativ, weil er zu klein war. Dies lässt sich beliebig skalieren und gilt nicht nur für den Bereich der Möblierung.
GSC Research: Wie sieht denn die Kundenstruktur von bluepool aus?
Mühlich: Wir forcieren in punkto Kundenstruktur unsere bewährte Doppelstrategie: zum einen bauen wir unsere historisch gefestigte Rolle als Zulieferbetrieb für kleinere und mittlere Messebauunternehmen aus. Auf der anderen Seite treten wir massiv als Komplettrealisierer für anspruchsvolle Design- und Kreativagenturen in den Markt. Die über diese Vertriebsstrategie erreichten Ausstellerunternehmen kommen daher aus den unterschiedlichsten Branchen.
bluepool-intern kann so ein optimaler Kapazitätsmix bedient werden: Zeissig ist mehr auf IT spezialisiert, mühlich im Maschinenbau und Hospes ist im Fahrzeug- und Fahrzeugzuliefererbereich tätig. Hospes hat beispielsweise Audi und DaimlerChrysler als Kunden, zu denen mühlich bisher keinen Zugang hatte. mühlich ist andererseits durch das Erstellen von mehrgeschossigen Tragwerken für 50 andere Messebauunternehmen branchenunabhängig, so dass sich in der Summe für bluepool eine gesunde und lukrative Kundenmatrix ergibt. Dies schlägt sich auch in der jahreszeitlichen Verteilung der Aufträge nieder. Wenn der eine seinen Schwerpunkt im Februar hatte, war es beim anderen eher März/April. Diese Auslastungsunterschiede nivellieren sich durch bluepool stark.
GSC Research: Bislang war mühlich hauptsächlich als Zulieferer anderer Messebauunternehmen tätig. Wird mühlich durch bluepool jetzt zum Konkurrenten anderer Messebauer?
Mühlich: Dies wird zumindest temporär als Konkurrenzsituation empfunden. Wir werden aber weiterhin unser Dienstleistungsangebot - mehrgeschossige Tragwerke - den bestehenden Kunden anbieten. Aber es gibt auf Kundenseite durchaus unterschiedliche Meinungen. Die einen sagen: „Ihr seid unser direkter Wettbewerber, bei euch wollen wir jetzt nicht mehr bestellen". Es gibt andere, die respektieren, dass wir uns im Markt fair verhalten, und die weitere Zusammenarbeit ist eher eine Frage von Preis und Leistung.
Wenn bluepool diese Leistung günstiger anbietet als das eigene Unternehmen und seine Marktmacht durch die Unternehmensgröße nicht missbraucht, sagen sich einige Kunden, dann soll mir das recht sein. Aber Sie haben Recht: wir sind für manche zum Mitbewerber geworden. Das waren wir früher auch schon, aber nur zu einem geringen Teil.
GSC Research: Ihre Kunden wachsen selbst durch Fusionen und sind international tätig. Bislang sind die an bluepool beteiligten Unternehmen schwerpunktmäßig in Deutschland aktiv. Ist Ihre Fusion nun der Zwischenschritt zu einem multinationalen Milliardenkonzern im Messebau?
Mühlich: Sowohl die Mühlich AG als auch Zeissig und Hospes bedienen bereits seit Jahren multinationale Konzerne. Es ist daher nur konsequent und letztendlich auch der Wunsch unserer Kunden, die Auftritte international zu realisieren. Darauf sind wir stolz und da wollen wir auch hin. Wir beginnen Kooperationen im Ausland und etablieren uns vor Ort im nordamerikanischen Markt.
GSC Research: Persönlich vor Ort heißt, Sie gründen dort eine Niederlassung und tätigen keine Übernahme?
Mühlich: Ja, eine Niederlassung. Wenn ich heute nach Amerika komme, fragt mich der Amerikaner: „Wer sind Sie, wo kommen Sie her, wie sind Sie ausgestattet, sind Sie irgendwo notiert, kann ich aktuelle Geschäftsberichte haben, haben Sie den statt in HGB nach IAS oder US-GAAP?". Dafür haben wir mit der AG die richtige Ausrichtung, auch mit unserem Berichtswesen, das zukünftig nach IAS oder US-GAAP erstellt wird. Wir werden in diesem Geschäftsjahr auch Quartalsberichte einführen, sind uns aber bewusst, dass die Aussagekraft dieser Berichte im Messebau durch seine ungleichmäßige Umsatzverteilung über das Jahr begrenzt ist.
Mit diesen Maßnahmen bieten wir in einer Niederlassung die Chance, sich in einem Markt zu etablieren, ohne die Schwierigkeiten einer Kooperation - schwierige Abstimmung, Missinterpretationen, unterschiedliche Kulturen - in Kauf nehmen zu müssen. Dies sollte uns die Chance geben, sowohl amerikanische Unternehmen auf ihrem Weg über den Teich zu begleiten als auch Kunden zu bedienen, die von hier aus nach Amerika gehen. Dies ist heute auf der Basis von Kooperationen bereits Praxis, aber deutlich schwieriger als mit einem eigenen Tochterunternehmen.
Trotz der Favorisierung einer eigenen Niederlassung werden wir die Frage bluepool-Dependance vs. Übernahme oder Kooperation letztendlich erst nach umfangreichen Analysen und Erhebungen vor Ort entscheiden.
GSC Research: Das heißt, dass der Umsatzanteil des internationalen Geschäfts von „bluepool" überproportional wachsen wird?
Mühlich: Ja, das tut er jetzt auch schon.
GSC Research: Hospes, Zeissig und mühlich haben sich nach jahrelangen Kooperationen zur Fusion entschlossen. Könnte dies ein Modell für das internationale Geschäft sein?
Mühlich: Ja.
GSC Research: bluepool hat bereits angekündigt, im Bereich der Event-/Marketingagenturen zuzukaufen, um das Angebot gegenüber den Kunden zu komplettieren und die Rendite zu steigern. Welche Neuigkeiten gibt es zu diesem Thema?.
Mühlich: Wir sind so weit, dass wir mit zwei strategischen Partnern einen LOI (Letter of Intent) haben. Das ist die Basis, um dieses Geschäft zu realisieren. Die beiden Partner, mit denen wir reden, sind unsere Wunschpartner. Die kennen wir schon seit längerem und sind seit geraumer Zeit in Gesprächen, die aus meiner Sicht in die richtige Richtung gehen. Wenn Sie an der Hauptversammlung am 5. Dezember da sind, werden Sie im informellen Teil einen Vortrag über die Entwicklung an dieser Ecke hören. Dem möchte ich nicht vorgreifen.
GSC Research: Wir können also in den nächsten Wochen mit Neuigkeiten rechnen. Glauben Sie an einen positiven Abschluss der Gespräche im laufenden Geschäftsjahr, also bis zum 30.06.02?
Mühlich: Möglich, aber muss nicht unbedingt sein, da der Inhalt einer derartigen Kooperation die Verlängerung der Wertschöpfungskette ist. Hier können wir bereits jetzt mit herausragenden Kooperationsergebnissen in punkto Auftragserteilung aufwarten. Wir müssen uns daher nicht sklavisch an einen Zeitplan halten, sondern können bis zu einem vertraglichen Abschluss die Kooperation entsprechend vertiefen.
GSC Research: Durch die Business-Angel-Beteiligungsgesellschaft und die SüdKB ist Ihnen stilles Kapital in Höhe von 9,5 Mio. DM zugeflossen. Sind diese 9,5 Mio. DM nur für Akquisitionen vorgesehen?
Mühlich: Ja.
GSC Research: Würden die aus heutiger Sicht bereits für den Kauf der Event-/Marketingagentur aufgebraucht sein?
Mühlich: Nein. Es sind weitere Akquisitionen geplant. Andererseits gibt uns eine höhere Liquidität bei der zu erwartenden wirtschaftlichen Entwicklung ein Polster, das uns nicht in Bedrängnis kommen lässt. Wenn die Mittel durch die anstehenden Akquisitionen nicht aufgebraucht sind, sind wir in der Lage, den zusätzlichen Umsatz, den bluepool bekommt, auch entsprechend vorzufinanzieren. Zusätzlich wird bluepool durch Basel II ein externes Rating benötigen, das darüber entscheidet, ob und zu welchen Konditionen bluepool von außen Geld bekommt. Deswegen ist eine gesunde Kapitalausstattung für uns extrem wichtig. Somit hat das stille Kapital, das bluepool aufgenommen hat, zwei Seiten. Zum einen kostet es Geld, ermöglicht andererseits aber den Zugang zu günstigeren liquiden Mitteln.
GSC Research: Wenn der Zukauf im Bereich der Event-/Marketingagentur getätigt ist: gibt es weitere Felder, auf denen Sie sich einen Zukauf vorstellen können?
Mühlich: Ja. Ein typisches Feld wären Hauptversammlungen. Hauptversammlungen sind von der Thematik vergleichbar mit Messen und Events. Hauptversammlungen haben zwar einen gesetzlich vorgeschriebenen Ablauf. Aber es gibt immer auch einen informellen Teil und der ist für bluepool interessant. Dieser informelle Teil wird zukünftig für die Unternehmen an Bedeutung gewinnen. Der Aktionär möchte neben der Abstimmung über Tagesordnungspunkte erfahren, was in seinem Unternehmen geplant ist.
Dazu ist es nötig, Visionen darzustellen, Emotionen auszulösen und Verständnis, Zufriedenheit oder besser noch Begeisterung zu erzeugen. Das gelingt nur, wenn der Aktionär die Chance bekommt, Informationen über das Unternehmen zu erhalten. Damit wird die Hauptversammlung künftig nicht mehr nur gesetzlich notwendiges Beschlussinstrument, sondern eine Event-Chance für das Unternehmen. Deswegen muss man eine Hauptversammlung nicht als reine Pflicht begreifen, sondern als Kür, in der Inhalte und Ausrichtung des Unternehmens den Aktionären nahegebracht wird.
Es kommt noch ein weiterer Punkt zum Tragen: Hauptversammlungen sind teure Angelegenheiten. Auch hier wird verstärkt Kostenmanagement greifen oder vielmehr greifen müssen. Die virtuelle Hauptversammlung wird die physische nicht ersetzen, aber ergänzen und die Möglichkeit bieten, von zu Hause am PC die Hauptversammlung zu verfolgen und mit der Maus abzustimmen. Vor diesem Hintergrund sehe ich für bluepool auf dem Weg zum Full Service-Anbieter in diesem Geschäftsfeld durchaus Chancen. Was spricht dagegen, einem Kunden, für den wir im Bereich Messen und Events tätig sind, auch die Unterstützung bei der Ausrichtung seiner Hauptversammlung anzubieten? Den Kundenkontakt und das Vertrauen haben wir bereits.
GSC Research: Das heißt, bluepool begreift sich eher als Kommunikationsschnittstelle mit einem breiten Leistungsangebot für die betreuten Unternehmen denn als reiner Messebauer. Wenn Sie den erreichten Stand auf diesem Weg zum Full Service-Anbieter einmal bewerten, wo steht bluepool heute auf einer Skala von 0 bis 100?
Mühlich: Ich denke, wir haben heute 20 bis 30% dieses Angebotes. Das soll aber nicht heißen, dass wir bislang wenig erreicht haben. Wenn Sie heute in den Markt gehen, werden Sie keinen finden, der besser aufgestellt ist als wir. Das ist das Schöne an unserer Branche. Es gibt heute noch so viele Felder, die nicht ausreichend besetzt sind. Das eröffnet bluepool riesige Chancen, trotz der sich eintrübenden wirtschaftlichen Aussichten. Wenn sich heute bereits einige Full Service-Anbieter nennen, gibt es doch keinen darunter, der diesen Service tatsächlich leisten kann. Der Kern der Fusion zu bluepool ist, diesen Dienstleisterpool Zug um Zug zu schaffen. Im Mittelpunkt der Bemühungen steht jedoch immer unsere Kernkompetenz, die räumliche Markenkommunikation.
GSC Research: Die Branche der Messebauer ist heute eher atomistisch geprägt, d.h. mit vielen kleinen Anbietern. Der größte Messebauer Uniplan setzt rund 150 Mio. DM um und bluepool ist mit etwas über 100 Mio. DM Umsatz bereits an dritter Stelle. Haben wir in Ihrer Branche eine starke Konsolidierung zu erwarten?
Mühlich: Ich glaube, es wird auch in Zukunft Platz für flexible, kleine Unternehmen geben. Es wird aber schwierig sein, im typischen Mittelfeld eine Nische zu finden. mühlich wäre in dieser Größe gewesen. Nehmen Sie als Beispiel die Kfz-Branche. Wenn Sie früher ein Fahrzeug gekauft haben, wurde es durch Zubehör wie Radio von anderen Anbietern komplettiert, sie haben es irgendwo versichert und über irgendeine Bank finanziert. Sie konnten mit diesem Fahrzeug zum Service gehen, wohin immer sie wollten.
Kaufen Sie heute ein Auto, ist es komplett ausgestattet, sie können es bevorzugt über den Hersteller finanzieren und schließen ein Servicepaket ab, das ihnen kalkulierbare, fixe Kosten für ihr Fuhrparkmanagement liefert. Dies geschieht zu Konditionen, die günstiger sind als das früher bunt zusammengewürfelte Paket rund ums Auto. Außerdem reduziert sich der interne Aufwand. Während früher 3 bis 4 Rechnungen ins Haus kamen, sind es heute maximal eine, wenn überhaupt, und man hat nur einen Ansprechpartner.
Übertragen auf unsere Branche bedeutet dies, dass wir unseren Kunden zukünftig one-face-to-the-customer anbieten, mit wenig Zwischenstationen und Abstimmungen auf unserer Seite. Da liegt in unserer Branche noch viel Entwicklungspotenzial.
GSC Research: Sie sprachen vorhin die wirtschaftliche Rezession an, die auch den Messebau nicht unberührt lassen wird. In Ihrem Business Plan erwarten Sie für bluepool Ergebnisse vor Steuern in Höhe von 7 bis 8 Prozent. Wie sollen diese Werte erreicht werden bzw. müssen sich die Aktionäre auf rückläufige Ergebnisse einstellen?
Mühlich: Das ist ebenfalls ein Punkt, wo ich auf die vorhin gemachten Aussagen bezüglich Leistungsangebot und finanzielle Ausstattung verweise. In dieser wirtschaftlich schwierigen Situation gereicht es bluepool zum Vorteil, ein breites Angebotspaket vorhalten zu können, und zwar deswegen, weil viele Aussteller genauer überlegen, ob sie diese oder jene Messe überhaupt besuchen sollen und falls ja, mit welchem Stand und welcher Größe.
Aufgrund unserer breiten Expertise können wir ihn in diesem Punkt und bei Kosten-Nutzen-Analysen beraten und davon überzeugen, warum es dennoch Sinn machen könnte, diese Ausstellung zu besuchen. Als Anbieter eines kleinen Puzzle-Teils tun Sie sich in diesem Punkt schwer. Da fehlt der Blick für das Ganze.
GSC Research: Der Börsengang von bluepool soll im Segment Geregelter Markt erfolgen. Können Sie Konkretes zu Zeitplan, Emissionsvolumen und geplanten Emissionserlösen sagen?
Mühlich: Wir begreifen die stille Beteiligung, die wir jetzt mit SüdKB und Business-Angel-Fonds eingegangen sind, als Möglichkeit, die Entwicklung an den Kapitalmärkten abzuwarten. Wir sind ausgestattet und haben keinen Zwang zu handeln. Es hat sich an der Aussage nichts geändert: wenn es die Verhältnisse zulassen, werden wir eine Notierung anstreben und auch realisieren. Dies ist unser erklärtes Ziel. Allein schon vor dem Hintergrund, dass eine Notierung die Grundlage für weiteres Kapital und Wachstum darstellt. Außerdem bietet es bluepool die Möglichkeit, einen irgendwann anstehenden Generationswechsel sauber durchführen zu können.
GSC Research: Wann wäre aus Ihrer Sicht der frühestmögliche Zeitpunkt für einen Börsengang?
Mühlich: Diese Frage kursiert jetzt seit 18 Monaten und es gibt vermutlich keine Frage, auf die mehr Antworten zulässig sind. Hätten Sie mich vor zwei Jahren gefragt, hätte ich Ihnen eine andere Antwort gegeben, hätten Sie mich vor einem Jahr gefragt, hätte ich Ihnen eine andere Antwort gegeben. Da will ich eigentlich keine Aussage mehr tätigen. Wir warten es ab, bis es passt. Aber wir wollen und müssen. Es ist die Basis für einen kontinuierlichen Bestand des Unternehmens.
GSC Research: Nach der Fusion ergeben sich folgende Beteiligungsverhältnisse: Hospes, Zeissig je 28,1%, Mühlich 20,7%, Mitarbeiter 13,5% und Streubesitz 9,6%. Die bisherigen Aktionäre der mühlich messesysteme werden mit einem Anteil von insgesamt 43,8% also das Schwergewicht in bluepool. Sind diese Beteiligungsverhältnisse in Anbetracht von Umsatz und Ertrag bei Hospes (2000: 65 Mio. DM Umsatz, EBIT 3,3 Mio. DM) und Zeissig (2000: Umsatz 40 Mio. DM, EBIT 4,2 Mio. DM) nicht eine Überbewertung von mühlich messesysteme?
Mühlich: Da gibt es harte und weiche Faktoren. Zum einen bin ich der Meinung, dass der Streubesitz und die Mitarbeiterbeteiligung nicht mir zugerechnet werden können. Zum anderen ist Umsatz nicht alles, Ertrag nicht alles und auch das Konzept nicht. Die bluepool setzt sich heute zusammen aus Managementqualitäten, Werte in der Führungsmannschaft, finanziellen Werten, wie sie beispielsweise bei Hospes bestehen; außerdem gibt es Spezialisierungen bei Zeissig oder mühlich.
mühlich hat mit seinen Aktivitäten hinsichtlich Formwandlung und Handelbarkeit der Aktien Vorleistungen erbracht, die schwierig zu bewerten sind, aber Zeit und Kosten für alle Beteiligten sparen. Also haben sich die Vorstände der Unternehmen an einen Tisch gesetzt und nach einer Lösung gesucht, die unter dem Motto stand: auf einer Augenhöhe zusammengehen. Die haben wir bei Hospes und Zeissig mit jeweils 1,9 Mio. Aktien angenommen. Auf mühlich entfällt der Rest - dies ist historisch bedingt, wird sich aber zusehendst nivellieren.
GSC Research: Aber mühlich als Firma wurde mit 43,8% bewertet. Andersherum kann ich mich als Aktionär von mühlich über den hohen Anteil am Gesamtunternehmen freuen.
Mühlich: Das sehe ich auch so. Mit Hospes und Zeissig kommt eine unglaubliche Substanz dazu. Der normale Weg wäre gewesen, Bewertungsgutachten zu erstellen, aus denen sich dann Anteile für jeden Einzelnen errechnen. Wir hätten dann drei Bewertungsansätze gehabt, für die viel Geld ausgegeben worden wäre, die uns drei unterschiedliche Bewertungen geliefert, viel Zeit gekostet und im Endeffekt dazu geführt hätten, dass wir auf keinen gemeinsamen Nenner gekommen wären.
Also haben wir etwas getan, was zugegebenermaßen sehr selten ist - nämlich uns an einen Tisch gesetzt und gemeinsam über die Beteiligungsverhältnisse verständigt. Das funktioniert nur, wenn das gegenseitige Vertrauen vorhanden ist. Dies ist ein weiterer Aspekt, der uns von anderen Fusionen unterscheidet. Es gab ja erst vor ein paar Monaten im Kreditgewerbe eine Fusion, die war minutiös geplant und mit Bewertungen versehen, um nachher festzustellen, dass man keinen gemeinsamen Nenner findet. Die Kosten sind aber bereits angefallen. Das wollten wir uns nicht antun. Wir haben uns einfach am Tisch geeinigt.
GSC Research: Auf der außerordentlichen Hauptversammlung im Mai 2001 wurde der Rückkauf eigener Aktien über die AHAG angekündigt. Wurde der Rückkauf bereits begonnen? Was sind die Hintergründe des Rückkaufs?
Mühlich: Wir wollten die Gelegenheit haben, anstehende Akquisitionen nicht allein über Kapitalerhöhungen, sondern auch durch Hingabe eigener Aktien zu bezahlen. Bis zum 30.06.01 wurden rund 14.000 Aktien für 125 TDM über den Handel bei der AHAG aufgenommen.
GSC Research: Auf der ordentlichen Hauptversammlung am 5. Dezember soll unter anderem beschlossen werden, die Vorzugsaktien ohne Zuzahlung in Stammaktien zu wandeln. Wenn ich also heute mühlich-Aktien kaufen wollte, müsste ich mir die Vorzüge kaufen.
Mühlich: Klar. Sie stellen ja auch fest, dass sich seit der Bekanntgabe der Einladung der Kurs der Vorzüge innerhalb des mehr als ruhigen Marktes nach oben bewegt hat, wohingegen die Stämme nach unten gegangen sind. Dies ist im Moment eine völlig normale Bewegung. Es kommt zu einer Angleichung, die für die Vorzugsaktionäre befriedigend und für die Stammaktionäre unbefriedigend ist, aber es sollte vor dem Hintergrund gemessen werden, was wir mit diesen Stammaktien tun und wo die Entwicklung hin geht.
GSC Research: Insgesamt war der Börsenkurs in den vergangenen 2 Jahren seit Notierung sehr stabil. Betätigen Sie sich zum Abschluss des Gesprächs doch einmal als Prognostiker: auch wenn der Zeitpunkt des Börsengangs noch nicht feststeht, was wäre für Sie eine angemessene Bewertung der Stammaktie zur Börseneinführung?
Mühlich: Aus heutiger Sicht in der Größenordnung 6 Euro.
GSC Research: Wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen für die bluepool AG weiterhin viel Erfolg.
Hinweis: Der Autor besitzt Aktien der mühlich messesysteme AG.