Im August 2001 führte GSC Research mit den beiden Vorständen der Jeserich AG, Herrn Blum und Herrn Dr. Dix, sowie dem IR-Manager Herrn Dr. Cao-Van-Hoa, ein ausführliches Interview. Eine Kernaussage dieses Interviews war, dass die Gesellschaft in Zusammenhang mit dem Ziel eine strategische Unternehmensallianz aufzubauen eine größere Kapitalerhöhung durchführe. Doch dazu kam es nicht, stattdessen führt die Jeserich AG nun eine kleinere Kapitalerhöhung im Verhältnis 3:1 bei einem Bezugskurs von 2 Euro durch.
Philipp Steinhauer erkundigte sich für GSC Research bei Herrn Blum und Herrn Dr. Dix nach den Hintergründen dieses für viele Aktionäre unerwarteten Vorgehens.
Blum: "Kapitalerhöhung ist das Weihnachtsgeschenk an unsere Aktionäre"
GSC Research: Herr Blum, Sie stellten Ihren Aktionären in einem Interview mit GSC Research im August eine größere Kapitalerhöhung im September dieses Jahres in Aussicht. Dazu kam es nicht, stattdessen wird nun eine doch recht kleine Kapitalerhöhung durchgeführt. Liegt dies daran, dass die immer wieder ins Spiel gebrachte TAG Tegernsee (siehe auch HV-Bericht TAG) als Investor abgesprungen ist?
Blum: Hier haben verschiedene Faktoren zusammengewirkt. In dem Interview stellte ich tatsächlich eine Kapitalerhöhung zu einem konkreten Termin Mitte September in Aussicht. Gleichzeitig sprach ich im Interview an, dass ein Investor für eine größere Beteiligung im Gespräch war. Dies war in der Tat die TAG. Hierzu haben wir uns einem umfassenden Prüfungsprozess unterzogen haben, welcher unter anderem auch eine ausführliche Due Dilligence beinhaltete. Aufgrund dieses doch sehr umfassenden Prüfungsprozesses war dann der angedachte Zeitrahmen einfach nicht einzuhalten, da wir auch die nötige Sorgfaltspflicht walten lassen wollten. Hinzu kamen dann die Ereignisse des 11. Septembers, welche eine Kapitalerhöhung für uns erst einmal undurchführbar erschienen ließen.
Dr. Dix: Als wir dann jedoch die Entscheidung getroffen hatten, den Aufbau einer Allianz mit der TAG nicht weiter zu verfolgen, machte auch eine Beteiligung der TAG keinen Sinn mehr. Wir haben dann vor dem Hintergrund des wieder etwas verbesserten Klimas an den Kapitalmärkten entschieden, das Entscheidungsfenster zu schließen und die Kapitalerhöhung noch in diesem Jahr durchzuführen.
GSC Research: Wieso kam es nicht zu der Beteiligung der TAG Tegernsee an der Jeserich AG?
Blum: Erst einmal möchte ich sagen, dass wir nicht nur am Neuen Jungfernstieg (dem damaligen Sitz der hanseatischen Repräsentanz der TAG Tegernsee) Gespräche geführt haben. Unsere Reisen haben uns beispielsweise auch ins europäische Ausland geführt. Für uns war die zukünftige Rolle der Jeserich unter dem TAG-Dach eine ganz zentrale Frage.
Eine 25,1prozentige Beteiligung, wie sie zur Unterlegung einer Allianz im Gespräch war, wäre jedenfalls zunächst einmal nur ein statisches Finanzinvestment für die TAG gewesen und hätte keinen besonderen Mehrwert gebracht. Die TAG hatte zudem konkrete Vorstellungen zu einer Beteiligung, deren gegenseitigem Nutzen und Beiträgen zu Wertvorstellungen, genauso wie auch wir unsere konkreten Vorstellungen hatten. Und hier kam es zu keiner Einigung. In diesem Zusammenhang möchte ich klarstellen, dass das Verhältnis zwischen uns nach wie vor bestens ist, wir schätzen und achten die TAG sehr. Immerhin ist ja auch meine Frau nach wie vor glückliche TAG-Aktionärin, und sie hat bislang keine Aktie verkauft.
Dr. Dix: Die beiden möglichen Partner TAG Tegernsee und Jeserich haben sich nicht füreinander entschieden, wie es doch bei so vielen Beziehungen der Fall ist. Das ist ein ganz und gar normaler Vorgang. Man kann da jetzt natürlich viel hinein interpretieren und herumdeuten, genauso wie man auch in der "Bunten" nachlesen kann, warum so manche Beziehungen auseinander gehen. Aber bringt uns dies weiter? Wir als Jeserich AG sollten uns an diesem abgeschlossenen Kapitel nicht allzu lange aufhalten und schauen stattdessen in die Zukunft.
Blum: Insgesamt ist zu sagen, dass wir aus dieser Geschichte sehr viel gelernt haben, wir konnten wertvolle Erfahrungen sammeln. Die Due Dilligence zum Beispiel ist keineswegs vergebliche Mühe gewesen, diese dient uns jetzt als Basis für den Verkaufsprospekt der Kapitalerhöhung und wird uns auch noch in Zukunft gute Dienste leisten können.
GSC Research: Warum wird die Kapitalerhöhung nun mit solch einem kleinen Volumen durchgeführt?
Dr. Dix: Diese Kapitalerhöhung ist vor allem eine handwerkliche Maßnahme. Mit der Platzierung der neuen Aktien zu 2 Euro - und somit weit unter dem inneren Wert der Aktien - ist es uns möglich, ohne großen Kapitaleinsatz unser Grundkapital zielgerichtet zu verbreitern, so dass uns in langfristiger Perspektive eine Reihe von Strukturfragen offen bleiben. Gleichzeitig schaffen wir damit, wie in der diesjährigen HV (siehe auch HV-Bericht Jeserich) beschlossen, ein neues genehmigtes Kapital von 3,5 Mio. Euro, das uns dann als Basis zu Verfügung steht.
GSC Research: Wie ist die Kapitalerhöhung bisher bei den Aktionären aufgenommen worden? Aufgrund des niedrigen Bezugskurses sind diese doch nun zum Bezug gezwungen, ansonsten würde ihnen aufgrund der nicht unerheblichen Verwässerung ein Vermögensschaden entstehen. Lässt dies nicht den Schluss zu, dass Sie zwar dringend Geld brauchen, aber keins bekommen und so den Bezugskurs bewusst niedrig wählen mussten?
Blum: Nein, ganz und gar nicht. Auf die uns durch die Kapitalerhöhung zufließenden Mittel sind wir nicht angewiesen. Wie Herr Dr. Dix schon richtig sagte, handelt es sich bei der Kapitalerhöhung vor allem um eine technische Maßnahme, um unser Grundkapital auf eine breitere Basis zu stellen. Wir werden 1,75 Millionen Aktien zu 2 Euro platzieren, die aus dem Besitz von drei Aktien resultierenden Bezugsrechte berechtigen zum Bezug einer neuen Aktie. Die Kapitalerhöhung ist gut aufgenommen worden, gerade unsere treuen Aktionäre wollen sie voll mitmachen.
GSC Research: Haben Sie der die Kapitalerhöhung begleitenden HypoVereinsbank eine Übernahmegarantie gegeben?
Blum: Damit wir sichergehen können, dass auch alle Aktien gezeichnet werden, hat sich um meine Person eine Art privater Investorenclub zusammengefunden, welcher die Kapitalerhöhung garantiert und nicht ausgeübte Bezugsrechte übernimmt. Hier wird sozusagen der "Schutzwall Blum" wieder aktiv, auch wenn ich fest davon überzeugt bin, dass der dieses Mal gar nicht benötigt wird.
Dr. Dix: Das Ganze ist eine runde Sache, die Kapitalerhöhung ist auch als eine Art Weihnachtsgeschenk an unsere Aktionäre zu verstehen. Dies drückt sich auch dadurch aus, dass der Kurs der Jeserich-Aktie nach Ausgabe der Bezugsrechte anders als rein rechnerisch erwartet kaum gefallen ist. Die Vermutung, unsere Aktionäre seien nicht bereit, eine Kapitalerhöhung größeren Umfangs mitzumachen, kann somit klar widerlegt werden.
Blum: In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, dass wir selber kein Market Making in Jeserich-Aktien oder den Bezugsrechten betreiben, um so die Kapitalerhöhung zu erleichtern. Der Jeserich-Kurs entsteht vielmehr allein durch das Spiel der freien Marktkräfte. Insofern waren wir uns auch bewusst, dass sich der Aktienkurs theoretisch bei beispielsweise fünf Euro hätte einpendeln können. Der Markt scheint uns aber in unserer Werteinschätzung Recht zu geben und sieht die Kapitalerhöhung tatsächlich als Weihnachtsgeschenk an.
GSC Research: Dennoch fließen Ihnen nun weit weniger Mittel als geplant zu. Inwieweit tangiert dies Ihre Pläne?
Dr. Dix: Wir mussten da natürlich etwas umdenken, denn unsere kurzfristige Planung war durch eine mit einem größeren Wertvolumen ausgestatteten Kapitalerhöhung unterlegt. Nun haben wir unsere Einkaufspolitik etwas gebremst und den Objektverkauf stärker vorangetrieben. Bei dieser Verschiebung der Akzente gehen wir jedoch nach wie vor mit der nötigen Sorgfalt vor, so dass sich dies auch entsprechend positiv auf unseren Track-Record auswirken wird.
Blum: Durch eine Kapitalerhöhung zu acht Euro wären uns 27 Millionen DM zugeflossen, mit denen wir natürlich sofort hätten arbeiten können. Nun haben wir im Rahmen unserer Strategie zur Verwertung von entwickelte Objekten ein kurzfristiges Verkaufsprogramm von weit über 30 Mio. DM aufgelegt. Damit werden wir uns ein bequemes Polster beschaffen, um interessante Projekte realisieren zu können. Einige Projekte, welche wir bei einer großen Kapitalausstattung noch mitgenommen hätten, sind jetzt erst mal zurückgestellt.
GSC Research: Wie weit sind Sie aktuell mit dem Objektverkauf vorangeschritten?
Dr. Dix: Von dem Verkaufsprogramm ist schon einiges realisiert worden; wir wollen uns jedoch noch genug für das nächste Jahr aufheben. Dies hat unter anderem steuerliche Gründe; auch wollen wir im nächsten Jahr unseren Aktionären noch etwas bieten können. Nach wie vor aktuell ist auch noch das Thema Objektübernahme gegen Aktienausgabe. Hier sind wir momentan mit zwei möglichen Partnern im Gespräch. Und unser Markt ist nach wie vor hochinteressant, denn im Bereich der Logistikimmobilien hat sich in Deutschland trotz des großen Bedarfs noch nicht viel getan.
GSC Research: Stichwort Aktionärskommunikation. Aufgrund der TAG-Geschichte und der verspäteten Kapitalerhöhung scheinen einige freie Aktionäre enttäuscht zu sein. Haben Sie die Gespräche mit der TAG nicht zu stark nach außen hin kommuniziert?
Blum: Ich lege Wert darauf zu betonen, dass den Gesprächen mit der TAG von einigen Aktionären schon immer eine hohe Bedeutung zugemessen wurde, wir uns jedoch in dieser Hinsicht immer zurückhaltend geäußert haben. Wir wurden aber sozusagen auf Schritt und Tritt beobachtet, so wurde die Präsenz des TAG-Vorstands Olaf Borkers auf unserer Hauptversammlung als Zeichen einer baldigen Beteiligung gedeutet. Bei den Aktionären ist eine Erwartungshaltung entstanden, die zu einer Art Selbstläufer wurde. Eine andere Entscheidung wurde von einigen gar nicht mehr in Erwägung gezogen.
Die Jeserich AG war noch vor einem Jahr für die Öffentlichkeit praktisch nicht existent, und als wir uns entschlossen, dies zu ändern, mussten wir bei Null ansetzen. Wir haben in den letzten Monaten viel lernen müssen, so zum Beispiel, dass manche Anleger einem gerne Dinge in den Mund legen, die so eindeutig nicht gesagt worden sind. Wir mussten lernen, dass man an der Börse nicht einfach mit der Hand auf dem Herzen sprechen kann, wie es eher meinen Temperament entsprechen würde (lacht).
GSC Research: Welche Lehren ziehen Sie daraus?
Blum: Wir werden auf keinen Fall unsere Öffentlichkeitsarbeit reduzieren. Im Gegenteil, wir wollen die Präsenz der Jeserich AG in den Medien weiter steigern. Wir wollen unsere Öffentlichkeitsarbeit weiter professionalisieren, denn wir sind nach wie vor der Meinung, dass dies ein ganz wichtiger Punkt für den Erfolg einer Immobilien-AG ist. Mit Herrn Dr. Cao-Van-Hoa verfügen wir ja auch schon über einen absoluten Vollprofi, und Sie können sicher sein, um ihn beneidet uns so manche Gesellschaft. Wir waren auf der Expo Real in München erstmalig mit einem Stand vertreten, dies wurde weitaus besser als Erwartet aufgenommen. Wir wurden jetzt gebeten, auf der nächsten Konferenz der "Initiative Immobilien Aktie" (siehe detaillierter Event-Bericht von GSC Research) einen aktiven Part zu übernehmen.
Insgesamt ist jedoch zu sagen, dass zwar für die Publizität der Immobilienaktien immer mehr getan wird, die Öffentlichkeit dies aber nur sehr verzögert zur Kenntnis nimmt. Deutschland ist in Sachen Immobilienaktie einfach noch ein Entwicklungsland. Hier wollen wir gemeinsam mit anderen die Rolle eines Entwicklungshelfers übernehmen, jedoch ohne uns zu verausgaben, denn unser Budget ist begrenzt. Für eine kleine Freiverkehrsgesellschaft tun wir jedenfalls einiges. Ich erwarte übrigens den schon oft in Aussicht gestellten Durchbruch der Immobilienaktie erst in drei bis vier Jahren, und auf dieses Ziel arbeiten wir auch hin. Es liegt an uns, bis zu diesem Zeitpunkt das nötige Volumen aufzuweisen.
Dr. Dix: Dies soll jedoch behutsam angegangen werden; wir möchten solide wachsen. Es wäre falsch, die Jeserich AG volumenmäßig aufzublasen, ohne einen wirtschaftlich starken langfristigen Partner dafür zu haben. Die Größe einer Gesellschaft muss in einer Phase starken Wachstums, vor der wir stehen, auch zur Größe und Kapitalkraft ihrer Aktionäre passen. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die geplante weitere Kapitalausstattung unserer Gesellschaft zu sehen. Dabei sind Barkapitalerhöhungen nur ein Weg.
GSC Research: Im Interview im August kündigten Sie eine weitere Kapitalerhöhung für 2002 an. Ist dies noch aktuell?
Blum: Wir möchten weiterhin wachsen, und ich bin auch nicht als Vorstand angetreten, um die Jeserich AG mit 35 (Anmerkung: Herr Blum ist Ende 20) zu verlassen. Die Art und Weise der weiteren Kapitalisierung der Gesellschaft wird auch eines der Themen des im nächsten Jahr neu zu formierenden Aufsichtsrats sein. Hier haben wir mehrere Optionen, über die in Kürze entschieden wird. Ich möchte aber in diesem Zusammenhang betonen, dass dies der aktuelle Stand der Dinge ist. Das letzte halbe Jahr hat uns gezeigt, wie schnell es hier zu Veränderungen kommen kann. Unsere Lehre hieraus ist, dass wir solche Dinge in Zukunft etwas weniger verbindlich kommunizieren werden.
Wir laden gerade unsere kleineren Aktionäre persönlich dazu ein, bis zum Ende der Bezugsfrist am 14. Dezember einmal bei uns hier in Köln vorbeizuschauen um persönliche Fragen zu stellen. Und wer im Norden wohnt, der kann auch mal den Cao in Hamburg besuchen. Er hat jetzt mit Bohn im Schanzenviertel ein neues Büro am neuen Pferdemarkt Nummer 23 bezogen, ein Revitalisierungsprojekt, welches einmal ein Pferdestall war. Und auch hier in Köln sitzen wir nicht grade in einer Nobelresidenz, sondern, wie Sie sehen, in einem Umstrukturierungsprojekt hautnah am Geschehen.
Sie können Herrn Dr. Cao-Van-Hoa unter 040 / 306840 - 20 und Herrn Bohn unter 040 / 306840 - 30 erreichen. Diese "Tage der offenen Tür" sind sozusagen eine persönliche Einladung an unsere Aktionäre im vorweihnachtlichen Rahmen. Ansonsten wünschen wir unseren Aktionären und Partnern sowie allen Immobilien-Aktiengesellschaften, ihren Vorständen, Aufsichtsräten und Mitarbeitern und natürlich auch ihren Aktionären ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
GSC Research: Dem schließen wir uns natürlich an. Herr Blum, Herr Dr. Dix, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und wünschen auch Ihnen ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.