Im Jahr 1998 eine der erfolgreichsten Emissionen überhaupt, erreichte GUB im Hoch Anfang letzten Jahres in der Spitze Kurse von über 100 Euro; das war, gemessen am ersten öffentlichen Angebot zu damals 8,60 DM, eine Steigerung von in der Spitze um mehr als 2.000 Prozent. Auch die größere Zahl von Anlegern, die erst kurz vor Börsengang bei der Privatplatzierung zu 23,20 DM oder nach dem Börsengang bei den ersten Kursen um 40 DM zugriffen, konnten enorme Gewinne verzeichnen.
Fast auf den Tag vor zwölf Monaten, anlässlich der Hauptversammlung Ende Januar 1999, sah es auch danach aus, als hätte die Erfolgsstory gerade erst begonnen: für das laufende Jahr sollten die ersten Emissionen anstehen, bei denen die Aktionäre ebenfalls bevorzugt zeichnen können, darüber hinaus wurde ein Segmentwechsel in Aussicht gestellt und die zuvor kritisierte IR-Arbeit sollte gleichfalls verbessert werden. Mit dem boomenden VC-Markt im Rücken stand GUB ganz offensichtlich vor dem Sprung in ganz neue Dimensionen.
In der Folgezeit geriet die Aktie dennoch unter Druck; hohe Erwartungen, die schwache Performance von Beteiligungsunternehmen und Finanzdienstleistern, auch bedingt durch Gewinnmitnahmen früher Käufer oder die teilweise Umschichtung in die neu aufgelegte Glasauer Wagniskapital KGaA, eine Tochter der GUB, und nicht zuletzt weiterhin mangelhafte Investor Relations ließen den Kurs abbröckeln, der in einem Sellout gar bis auf 40 Euro im Tief zurückfiel.
Erst die gigantische vorbörsliche Kursentwicklung der November AG, mit Abstand die größte GUB-Beteiligung und Kandidat für den Gang an den Neuen Markt innerhalb weniger Monate, vielleicht auch die Gewinnphantasie durch das angekündigte Steuergeschenk beim Verkauf von Unternehmensbeteiligungen und die mitreißende Wirkung der Kursexplosionen von Konkurrenten wie TFG oder U.C.A., ließen die Aktie zuletzt wieder in die Nähe ihrer Rekordstände klettern. Der Kurs erreichte am Mittwoch bei 88 Euro und enormen Umsätzen beinahe wieder das Hoch von vor einem Jahr, bevor eine Konsolidierung einsetzte. Charttechnisch ist der Weg aber zunächst frei bis zu den alten Hochs, erst für deren Überwinden dürften entscheidende neue Impulse nötig sein.
Soweit so gut, mit dieser Ausgangsbasis, dem enorm Gewinnpotential durch erste Exits wie etwa den Börsengang der November AG und in Anbetracht der noch immer sehr günstigen Bewertung der Aktie - für 00/01 dürfte das KGV auf Basis unserer eigenen Schätzung bei weniger als 9 liegen - kann sich der Investor eigentlich getrost zurücklehnen und die Augen zumachen.
Leider stellte sich zuletzt heraus, dass er dies in der Tat tun sollte - wenn er nicht eine Reihe von Unstimmigkeiten bemerken soll, die im Zusammenhang mit der Glasauer Wagniskapital KGaA auftauchten. Diese neuen Erkenntnisse bewogen uns, unsere bisher äußerst positive Meinung zur GUB-Gruppe, die sich für Anleger bisher auch massiv ausgezahlt hat (damals rieten wir, zum Erstkurs einzusteigen, per heute ein steuerfreier Gewinn von mehr als 300 Prozent). Kurzfristig könnte sich die Erfolgsstory sogar noch fortsetzen und neue Hochs erreicht werden, die Langfristperspektive hat sich aus unserer Sicht jedoch merklich eingetrübt.
Die von uns skeptisch betrachteten Punkte fassen wir im folgenden kurz zusammen. Es dürfte sich empfehlen, zu diesen Themen im Rahmen der anstehenden Hauptversammlung kritisch nachzufragen und detaillierte Aufklärung zu verlangen. Sollten alle diese Fragen offen und ehrlich beantwortet werden, so würden sich diese Fakten eventuell in einem neuen Licht zeigen. Da uns gegenüber jedoch bereits angekündigt wurde, dass bestimmte Auskünfte auch auf der HV nicht gegeben würden, haben wir uns schon vorab zur Veröffentlichung dieser Analyse entschlossen.
1.) Informationspolitik
Oftmals kritisiert, doch leider nicht verbessert wurde die IR-Arbeit in den letzten Monaten, obwohl dies schon auf der letzten HV einer der wesentlichen Kritikpunkte war und Besserung versprochen wurde, um die sich neben dem Autor auch weitere Aktionäre mit konkreten und mühelos umsetzbaren Vorschlägen bemüht hatten.
Zwar glänzte GUB wie schon im Jahr zuvor mit sehr informativen Veranstaltungen, namentlich vor allem der HV Ende Januar sowie der Hausmesse im September, auf denen sich Aktionäre und Investoren über die Beteiligungen informieren und direkt mit den Geschäftsführern und Vorständen der beteiligten Unternehmen sprechen konnten, eine vorbildliche Maßnahme, an der sich auch die Konkurrenz ein Beispiel nehmen könnte. Ebenfalls sehr lobenswert ist die regelmäßige Veröffentlichung des „GUB Einblick“, in dem wichtige Entwicklungen der vergangenen Wochen und Monate aufgeführt und herausragende Portfolio-Unternehmen vorgestellt werden.
Allerdings fehlt nach wie vor die kontinuierliche, zeitnahe Information über wichtige Ereignisse in der Gruppe. Beispielhaft zu nennen sind die regelmäßig eingegangenen neuen Beteiligungen, um dem Investor zu zeigen, was eigentlich mit seinem Geld geschieht. Obwohl diese Informationen über die VCM, die bis vor kurzem exklusive Vertriebsgesellschaft der GUB-Funds, ohnehin stets übersichtlich auf einer DIN A4-Seite vorgestellt und an die im Infoverteiler eingetragenen Finanzdienstleister verteilt werden, die diese Informationen dann wiederum meist über Emailverteiler oder Börsenforen weiterreichen, scheint GUB die Veröffentlichung solcher Neuigkeiten als Pressemeldung oder wenigstens über den eigenen Email-Verteiler nicht als nötig zu empfinden.
Dabei hinaus ist es gerade für ein mittlerweile weit mehr als 10.000 Investoren in der Gruppe zählendes Publikumsunternehmen wichtig, diese kontinuierlich zu informieren, zumal aus dem Kreis der Aktionäre auch regelmäßig KG-Anteile gezeichnet und umgekehrt auch Aktionäre aus Fundzeichnern gewonnen werden. Zudem sorgt jede Meldung für zusätzliche Öffentlichkeitswirkung, wodurch auch neue Interessenten aufmerksam gemacht werden könnten, was so jedoch entfällt.
Stattdessen wurden zum Leidwesen vieler Internet-Nutzer immer wieder Informationen aus „zweiter Hand“ in die Boards getragen, die sich auf Telefonate mit GUB-Mitarbeitern oder Gespräche am Rande von Veranstaltungen bezogen und teils für Verwirrung sorgten, teils für noch mehr Verärgerung, wenn sie sich als korrekt herausstellten und dadurch Aktionäre „bevorzugt“ wurden.
Ebenfalls schon lange beanstandet wurden die Internetseiten der Gruppe, auf denen oft sogar essentielle Informationen wie der aktuelle Beteiligungsstand oder wichtige Nachrichten zu finden waren; gerade für ein Unternehmen in dieser Branche ist ein guter Internetauftritt aber insbesondere für das Image nicht zu unterschätzen, wie dies auch die gelungenen Seiten von TFG oder BMP belegen.
Trotz monatelanger wiederholter Hinweis hat sich an diesen Missständen kaum etwas geändert, auch von der Einstellung eines eigenen IR-Mitarbeiter war noch nichts zu merken. Zwar ist sicherlich einzuräumen, dass eine Neugestaltung der Seite nicht in einer Woche zu schaffen ist, die Aktualisierung mit Meldung sollte aber kein Problem darstellen und auch das Beschicken des Emailverteilers mit ohnehin bereits vorhandenen Nachrichten stellt gewiss keine besondere Anforderung dar.
Da GUB mittlerweile in immer schärferem Wettbewerb um Anlegergelder steht, insbesondere durch die Notwendigkeit, für die neuen Funds stets Kapitalgeber zu gewinnen, stellt dieser Mangel inzwischen einen nicht zu unterschätzenden Wettbewerbsnachteil dar, der offensichtlich nicht ernst genug genommen wird.
2.) Börsengänge, Segmentwechsel und andere Ziele
Konnte GUB auf der letzten HV noch stolz verkünden, alle Ziele nicht nur erreicht, sondern gar übertroffen zu haben, so hat sich das Bild mittlerweile etwas eingetrübt. Dass im abgelaufenen Jahr entgegen den Erwartungen kein Börsengang erfolgte, erscheint dabei zwar auf den ersten Blick als gravierendstes Defizit, aufgrund der schwachen Börsenphase sowie des damit verbundenen weiteren Aufbaus stiller Reserven sehen wir dies jedoch als unternehmerisch durchaus vorteilhaft an, da in den kommenden Monaten ein deutlich freundlicheres Emissionsklima bevorstehen dürfte und die Erfolge der IPOs dementsprechend sicherer scheinen.
Als wesentlich bedenklicher stufen wir dagegen die Thematik des Segmentwechsels ein. Schon bei der letzten HV angekündigt, wurde noch Mitte September anlässlich der Hausmesse verkündet, man werde diesen noch im laufenden Geschäftsjahr (30.9.) schaffen. Mittlerweile sind mehr als vier weitere Monate verstrichen, ohne dass der Wechsel vom Freiverkehr an den Geregelten Markt vollzogen wurde, Informationen dazu gab es jedoch in keinster Weise.
Vielmehr wurde gerüchteweise und unter Berufung auf Gespräche mit Mitarbeitern (die selbe Problematik wie oben) gemunkelt, der Wechsel sei vor Ende des Jahres noch nicht einmal beantragt worden, da man zu viel mit der sinnvollen Anlage des Kapitals zu tun gehabt habe. Auch wenn uns dies als äußerst unwahrscheinlich erscheint, selbst wenn diese Aussage korrekt wäre, hätten die Aktionäre für eine entsprechend begründete Aussage sicherlich mehr Verständnis als für die derzeitige Ungewissheit. Es muss damit gerechnet werden, dass auf der HV entsprechende Informationen verlangt und kritische Fragen hierzu gestellt werden.
Noch bedenklicher stimmt jedoch die Tatsache, dass das Ziel des 5. GUB-Funds, ein Investitionsvolumen in Höhe von 70 Mio. DM zu erreichen, mit tatsächlich „zwischen 50 und 60 Mio.“ recht klar verfehlt wurde, nachdem dieses Ziel noch auf der Hausmesse bestätigt und auch mitgeteilt wurde, es seien bereits rund 50 Mio. DM gezeichnet worden, eine Aussage, die in Anbetracht des tatsächlichen Endstandes und der üblicherweise zu großen Teilen im letzten Quartal erfolgenden Zeichnungen schwer erklärbar erscheint und vom Geschäftsbericht der GUB mit der Angabe von 35,4 Mio. DM zum 30.9. auch schriftlich widerlegt wird.
Zu bedenken ist fraglos, dass durch die spezielle Platzierung von rund 90 Mio. DM durch die Emission der Glasauer Wagniskapital KGaA das gesamte neue Eigenkapitalvolumen deutlich über dieser Schwelle liegt, allerdings war diese zu den Planungen der Funds auch explizit genannt worden und spricht außerdem zu guten Teilen eine andere Zielgruppe an, nicht zu vergessen durchgeführte Umschichtungen aus GUB in die KGaA, die ihrerseits den Kurs der GUB-Aktie belasteten.
Eine weitere Problematik in diesem Zusammenhang stellte die Konkurrenz zwischen GUB und VCM, der bis vor kurzem exklusiven Vertriebsgesellschaft der GUB-Funds, dar. Ging einerseits GUB in verstärktem Maße aktiv auf Anleger zu, was für die Aktionäre durch geringere Aufwendungen für Provisionen erfreulich ist, so stellt dies für die VCM eine Konkurrenz im eigenen Hause dar. Darüber hinaus will GUB künftig auch andere Vertriebskanäle nutzen, sicherlich ein richtiger Schritt zur Gewinnung einer breiteren Basis, der aber zum Verlust der Exklusivität der VCM führte und dieser nahe legte, auch Konkurrenzprodukte mit anzubieten, wie auf dem VC-Forum in Berlin verkündet wurde.
Diese Thematik wurde bislang wenig publiziert und lässt sich in ihren Auswirkungen noch kaum abschätzen; allerdings stellte sich der teilweise Verlust der enormen Platzierungskraft der VCM bereits gegen Jahresende offensichtlich als deutlicher Nachteil heraus, der sich im Fundergebnis widerspiegelt. Nun muss GUB möglichst rasch neue Vertriebspartner akquirieren, um die Liquiditätszuflüsse in die künftigen Funds weiter ausbauen zu können.
Speziell ist beim Jahresabschluss des 5. Funds jedoch auffällig, dass das zumindest einmal als nicht überragend zu bezeichnende Ergebnis bislang unserer Kenntnis nicht offiziell gemeldet wurde, zumindest nicht in der üblichen Form. Hier drängt sich der Verdacht auf, man wolle diese „schlechte Nachricht“ möglichst unauffällig loswerden, um von der eher enttäuschenden Realität abzulenken und nicht in Erklärungsnot zu kommen.
Fakt ist jedoch, dass sich durch geringere platzierte Volumina die künftigen Geschäftsbesorgungsentgelte der GUB AG reduzieren und somit auch die Gewinne weniger stark steigen werden. Ob sich diese Zielverfehlung als Einmaleffekt durch die Platzierung der KGaA herausstellt, wird wohl frühestens Mitte des Jahres abzuschätzen sein.
3.) Geschäftsbericht der KGaA
Einige ernsthafte Bedenken kamen uns bei Lektüre des Geschäftsberichtes der KGaA, in dem sich einige Ungereimtheiten befanden, die wenig bis gar nicht erläutert wurden. Da die Gesellschaft kaum gegründet ist, halten sich die bisherigen Aktivitäten doch sehr in Grenzen.
Schon die Platzierung stellte sich als enorm teuer dar; insgesamt wurden dabei sage und schreibe 10,5 Mio. DM aufgewendet, das entspricht über 11 Prozent des Platzierungsvolumens, die Quote bei der deutlich größeren zweiten Platzierung lag gar bei 15,3 Prozent. Davon flossen knapp 9,4 Mio. DM als „Provisionen“, also etwa an Finanzdienstleister oder ähnliche Vermittler. Diese Position stellte den bislang mit Abstand größten Kostenblock für die KGaA dar, eine nähere Erläuterung wäre darum sicherlich angebracht gewesen.
Insbesondere stellt sich bei dieser enormen Summe die Frage, wer diese Provisionen denn im Detail erhalten hat, denn ein guter Teil der Emissionskosten wurde sicherlich über Werbespots, Anzeigenschaltungen und Bannerwerbung von der KGaA bezahlt und direkt durch die GUB eingeworben, taucht allerdings in deren Bilanz nicht als Umsatz auf. Der GUB-Umsatz belief sich schließlich insgesamt gerade einmal auf etwa 5,2 Mio. DM, die sich zum größten Teil auf die Geschäftsbesorgung der Funds (3,8 Mio.) und für den Rest auf Portfolioberatung und weitere Dienstleistungen (1,4 Mio.) bezogen; in keiner der beiden Positionen können größere Teile aus den fraglichen 9,4 Mio. DM als „Provisionen“ enthalten sein.
Da alle von GUB oder der KGaA initiierten Maßnahmen über die „GUB-Infoline“ auf das Büro von Alexander Schmidt geleitet wurden, sollte hierüber ein nicht unerheblicher Anteil der Zeichnungen akquiriert worden sein und somit zumindest ein Teil der Provisionen logischerweise auch in der Bilanz von GUB auftauchen. Da dem nicht so ist, erscheint es, als fungiere der IR-Leiter der GUB parallel zu seiner Arbeit für GUB auch als Finanzdienstleister auf eigene Rechnung. Diese Frage wird sicherlich Anlass einiger Diskussion auf der HV der Glasauer Wagniskapital KGaA, aber auch der GUB AG sein.
Doch auch andere Ausgabenpunkte sind teilweise skeptisch zu betrachten; so dürfte dem Außenstehenden in Anbetracht des zum größten Teil aus liquiden Mitteln bestehenden Gesellschaftsvermögens schwer begreiflich zu machen sein, wofür die GUB AG als Geschäftsbesorgung und Gerald Glasauer zur Haftungsvergütung als persönlich haftender Gesellschafter im Jahr 98/99 zusammen deutlich mehr als 3,2 Mio. DM (=4 Prozent des Eigenkapitals) erhalten haben. Dem standen zum Stichtag gerade einmal 7,4 Mio. DM an Investitionen gegenüber.
Möglich wurde diese Zusatzeinnahme für GUB und Herrn Glasauer durch den zeitlich geschickten Abschluss der Platzierung vor dem Stichtag 30.9.99, für das laufende Jahr wird dieselbe Summe aus der normalen Geschäftstätigkeit erneut fällig. Zwar ist diese Vergütungspraxis in der GUB-Gruppe ebenso üblich wie (mit Variationen) bei anderen Mitbewerbern, dass diese aber für die Verwaltung und Risikoabsicherung eines fast vollständig liquide vorhandenen Vermögen eingestrichen wird, zeugt nicht gerade von Bescheidenheit und hätte sicherlich investorenfreundlicher gelöst werden können.
Fraglich ist zudem übrigens auch, wo die fast 2 Mio. DM Geschäftsbesorgungsentgelt für die KGaA in der Bilanz der GUB zu finden sind. In den dort aufgeführten 3,8 Mio. DM an Erlösen aus dieser Tätigkeit können diese eigentlich kaum mit enthalten sein, da sonst ein deutlicher Rückgang aus der Geschäftsbesorgung der Funds verzeichnet werden müsste, deren Volumen jedoch im Gegenteil noch deutlich zugenommen hatte. Auch hierzu wird es sicherlich Fragen auf der HV geben.
Der heikelste Punkt jedoch ist die bislang größte Investition der KGaA: der Rückkauf von 438.758 eigenen Aktien zu Kursen zwischen 12,15 und 13 Euro für insgesamt 5.647.267,75 Euro oder 11,045 Mio. DM, durchschnittlich also zu einem Kaufkurs von 12,87 Euro. Der Kauf dieser knapp 4,6 Prozent eigener Aktien erfolgte bis zum 30. September 1999, vermutlich also während der öffentlichen Platzierung der Glasauer Wagniskapital KGaA zu 12,80 Euro. Grundlage dieser Tätigkeit war der Beschluss einer bereits vor der ersten Emission durchgeführten Hauptversammlung durch die Altgesellschafter.
Im ersten Moment dürfte dies jeden sprachlos machen, bei näherer Betrachtung wird jedoch klar, weshalb ein Rückkauf erklärbar ist und Sinn machte: wichtig war es, während der Kapitalerhöhung den Kurs auf oder über dem Bezugspreis der neuen Aktien zu halten, da sonst die Durchführung der Platzierung gefährdet gewesen wäre. Unter diesem Aspekt kann eine kurspflegende Maßnahme durch den Kauf eigener Aktien durchaus gebilligt werden, ungewöhnlich daran ist jedoch, dass dies durch die Gesellschaft selbst und nicht eine begleitende Bank geschah, ist hier aber durch die Eigenemission begründet.
So weit so gut? Leider nein, einige wichtige Details sollten in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden. Zum einen ist es natürlich in diesem Fall als Nachteil anzusehen, dass bereits ein Börsenhandel stattfand, schließlich bestand so die Gefahr eines Abrutschens unter den Bezugskurs. Zudem hatte es zuvor schon eine ganz enorme Stückzahl an Aktien gegeben, die zu deutlich niedrigeren Kursen erworben wurden und Gewinnmitnahmen geradezu herausforderten.
Neben der Gründung zu einem Euro (1,1 Mio. Aktien) sowie der ebenfalls zu 1 Euro erfolgten Kapitalerhöhung (um 4 Mio. Euro) waren bereits 1,9 Mio. Aktien zu 5,60 Euro herausgegeben worden, deren Besitzer ebenfalls schöne Gewinne hätten mitnehmen können. Offenbar dachte daran im Vorfeld niemand, Lockuperklärungen oder Sperrvermerke gab es nämlich weder auf die 1-Euro- noch auf die 5,60-Euro-Aktien. Ein Fehler, wie man bei GUB eingesteht, doch dass diese Problematik im Hause unbekannt sein soll, dürfte angesichts der laufenden Vorbereitung des NM-Ganges der November AG mit genau den gleichen Problemen und entsprechenden Maßnahmen kaum vermittelbar sein.
Schon dies stimmt also eher misstrauisch, doch bei genauerer Betrachtung muss auch überlegt werden, woher die zurückgekauften Stücke überhaupt stammten. Schließlich konnten viele Aktionäre der Zeichnung zu 5,60 Euro noch gar nicht über ihre Aktien verfügen, da diese noch nicht eingebucht waren. Auch wurden sicherlich von anderen Investoren ebenfalls Stücke gekauft, wobei die Börsenumsätze im fraglichen Zeitraum recht moderat waren und insgesamt lediglich rund 350.000 Stück erreicht haben dürften, die auch nicht alle in der Spanne zwischen 12,15 und 13 Euro gehandelt wurden.
Dagegen wurden aber Aktien im Umfang von 438.758 Stück oder über 17 Prozent (!) des Emissionsvolumens zurückgekauft, wobei nicht bekannt ist, von wem die Stücke denn genau stammen und wie sie erworben wurden. In Anbetracht der doch recht auffälligen Häufung von Zufällen darf man sich sicherlich die Frage stellen, ob hier nicht einige der zu einem Euro eingestiegenen Aktionäre innerhalb weniger Monate einen Gewinn von fast 1.200 Prozent realisiert haben und manche dieser Zufälle dadurch nicht doch vielleicht in einem etwas anderen Licht erscheinen.
4.) Gesellschafterstruktur der KGaA
Deutlich bestärkt werden die durch den Geschäftsbericht entstandenen Bedenken durch die uns vorliegenden Informationen zu den Zeichnern der Aktien zu einem Euro. Zwar ist es ein offenes Geheimnis, dass viele GUB-Mitarbeiter, Vertriebspartner, Aufsichtsratsmitglieder und auch Herr Glasauer selbst hierbei Anteile zeichneten, in Anbetracht der Gehaltsstrukturen und des hohen persönlichen Einsatzes sehen wir diese als „im Rahmen des Vertretbaren“ an, wenn auch sicherlich über die teilweise doch beachtlichen Größenordnungen im 7stelligen Bereich für Einzelpersonen trefflich gestritten werden kann.
„Strategische Partner“ lassen sich aus der Gesellschafterliste jedoch nicht ersehen, abgesehen von der GUB AG (205.549 Stück) entfallen gut ein Viertel der gezeichneten Aktien entfallen auf die oben genannten Personengruppe, wobei hiervon die weitaus größten Anteile durch die Familien Adler und Glasauer sowie den VCM-Chef Dudla, IR-Leiter Schmidt und Aufsichtsrat Dr. Haink übernommen wurden, die in gewisser Weise natürlich als strategische Partner der GUB-Gruppe verstanden werden können.
Rund zwei Drittel der Kapitalerhöhung zu einem Euro entfallen jedoch auf zwei Gesellschaften, namentlich die „Alex Invest & Finance aus Schwäbisch Hall“ sowie die „DAGOGEN AG aus Speicher“, die zusammen fast 2,7 Mio. der zu einem Euro ausgegebenen Aktien halten. Doch weder zur „Alex Invest & Finance“ noch zur „DAGOGEN AG“ lassen sich irgendwelche Spuren von Geschäftstätigkeit finden, weder im entsprechenden Handelsregister, noch durch Recherchen an den angegebenen Orten, noch über die Telefonauskunft oder durch Nachforschungen im Ausland konnten wir Hinweise auf die Besitzer und Hintergründe dieser Gesellschaften ausfindig machen.
Die Existenz einer Alex Invest & Finance konnten wir bislang noch nicht verifizieren, zur Schweizer Dagogen AG in Speicher/Kanton Appenzell Ausserroden ließen sich nur ein nicht näher erläuterter Bevollmächtigter namens Markus Diggelmann aus Fischenthal sowie das Grundkapital von 120.000 Schweizer Franken als Fakten eruieren, der Geschäftszweck (Übernahme und Beteiligungen aller Art) ist schon fast weniger als nichtssagend. Auf unsere Nachfrage bei GUB-Vorstand Glasauer wurden zu diesen Gesellschaften keinerlei Auskünfte gegeben, die dahinter stehenden Aktionäre hätten „ein Interesse daran, nicht genannt zu werden“. Er kündigte bereits an, auch Fragen auf der HV zu diesem Thema nicht zu beantworten.
Unter dem Aspekt dieser Unstimmigkeiten in der Gesellschafterstruktur der KGaA ergeben die Vorgänge hinsichtlich der Aktienrückkäufe durchaus Sinn, gesetzt dem Fall, man suchte eine Möglichkeit zur Erzielung schneller Gewinne auf Kosten der Anleger. Zwar sind hierfür lediglich Indizien vorhanden, die Häufung von Zufällen und Informationsverweigerung erscheint jedoch zumindest merkwürdig.
5.) Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss bei der GUB AG
Bereits reichlich diskutiert wurde die unter Punkt 8 vorgeschlagene Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechtes, insbesondere wohl auch aufgrund des für diese Vorgehensweise extremen Volumens von bis zu 50 Prozent des Grundkapitals. Begründet wurde diese Maßnahme mit der Möglichkeit der Aufnahme „künftiger strategischer Partner“, vorgesehen sei dies etwa für die Beteiligung des Managements im Falle der Expansion ins Ausland.
Im Zusammenhang mit der ebenfalls als „strategische Partner“ bezeichneten Beteiligung von Mitarbeitern, Management und nicht identifizierbaren Gesellschaften erscheint diese Begründung mehr als vage. Insbesondere das hohe Volumen von 50 Prozent der Aktien, die ohne Bezugsrecht und unter vom Vorstand zu bestimmenden Bedingungen begeben werden können, halten wir unter diesen Umständen für untragbar.
Wir würden deshalb allen Aktionären empfehlen, detaillierte und verpflichtende Zusicherungen über die Verwendung des Kapitals zu verlangen, wie etwa bestimmte Personenkreise oder Gesellschaften aus deren Einflussgebiet von der Teilnahme an einer solchen Kapitalerhöhung auszunehmen. Des weiteren ist der Umfang dieses Ausschlusses deutlich zu groß, eine Reduzierung sollte unbedingt erfolgen, sofern kein konkreter Bedarf besteht und entsprechende Pläne vorgestellt werden können.
Sollten keine zusätzlichen Verpflichtung und Erläuterungen dieser Art abgegeben sowie der Umfang der Kapitalmaßnahme beibehalten werden, empfehlen wir die Ablehnung des Antrages.
6.) Problematik der GUB-Gruppe
Schon von Beginn an gab es Vorwürfe gegen GUB, die Gruppe sei intransparent, es bestünden Interessenkonflikte und die Gefahr des Missbrauchs der Konstruktion könne nicht ausgeschlossen werden. Uns waren diese Probleme ebenfalls bewusst, bisher sahen wir jedoch keinen Handlungsbedarf für uns oder die Aktionäre der GUB, da keine Ausnutzung des Systems zugunsten oder ungunsten bestimmter Seiten erkennbar war.
Mit den Vorgängen um die Glasauer Wagniskapital KGaA hat sich dies jedoch geändert. Durch die unterschiedliche Beteiligung der GUB an den verschiedenen Fonds sowie der KGaA bestanden bereits in der Vergangenheit mögliche Interessenskonflikte, die bisher jedoch zum Besten beider Seiten gelöst wurden. Sollten die nicht zu identifizierenden Besitzer der großen Aktienpakete der KGaA jedoch unter der Kontrolle bestimmter Kreise stehen, so hat sich nicht nur der Interessenskonflikt zwischen Funds und KGaA extrem verschärft, es wurden vielmehr zugleich auch auf Kosten der freien Aktionäre verdient - der aktuelle Wert der strittigen Aktien beträgt über 70 Mio. DM, für die gerade einmal etwas mehr als 5 Mio. bezahlt wurden.
Durch die so unserer Befürchtung nach entstandene Interessensverschiebung stellt sich insbesondere beim Erwerb der Bezugsrechte an der November AG die Frage, in wessen Interesse dabei die Konditionen festgelegt wurden. Da die GUB am 2. Fund sehr viel stärker beteiligt ist als an der KGaA, könnte hierbei nicht nur für die Fundzeichner, sondern auch für die Aktionäre der GUB eine erhebliche Benachteiligung entstanden sein, indem eine bewusst niedrige Bewertung angelegt wurde. Ähnliches ist auch bei künftigen Engagements der KGaA nicht auszuschließen, da künftig versucht werden könnte, Gewinne möglichst zu großen Teilen in die KGaA fließen zu lassen, wenn interessierte Kreise an dieser höhere Beteiligungen halten.
7.) Konsequenzen für Aktionäre der GUB/GWG
Durch die aufgetretenen Unstimmigkeiten haben sich die Anlageaussichten für GUB und GWG klar verändert; differenziert werden muss hier wohl zunächst aufgrund der vermutlich stark verschobenen Interessenlage zugunsten der GWG, deren Gewinnentwicklung durch die mutmaßliche hohe Beteiligung interessierter Kreise sicherlich äußerst positiv ausfallen dürfte. Insbesondere durch den noch nicht offiziell vermeldeten November-Deal dürfte die KGaA enorme Summen verdienen, so dass zumindest auf Sicht einiger Monate eine positive Entwicklung vorgezeichnet scheint, vorausgesetzt, negative Einflüsse durch das Börsenumfeld oder kritische Pressestimmen bleiben aus.
Für GUB-Aktionäre hat sich die Situation zwar zum schlechteren eingetrübt, doch auch hier sieht die nahe Zukunft zunächst eher rosig aus, da neben dem November-Börsengang auch weitere Exits bevorzustehen scheinen. Allerdings muss aufgrund der stark verschobenen Interessenslage damit gerechnet werden, dass die auf die AG entfallenden Gewinne dauerhaft negativ beeinflusst bleiben. Hinzu kommt die Problematik des Bezugsrechtsausschlusses, durch den eine erhebliche Verwässerung des Anteils der freien Aktionäre stattfindet.
Sollte diese Maßnahme wie von uns befürchtet der Erhöhung des Aktienanteils interessierter Kreise dienen, so stünde danach jedoch (bei geringerem Anteil des Einzelaktionärs) auch der Abführung größerer Gewinne auch an die GUB nichts mehr entgegen, die Interessenslage würde dann vor allem die Fundzeichner benachteiligen, was wiederum langfristig den Mittelzufluss reduzieren dürfte.
Kurzfristig sollte durch die November AG und auch im Hinblick auf die positive charttechnische Situation der GUB-Aktie darum durchaus noch Kurspotential bestehen, was die Möglichkeit zum kontrollierten und vor allem limitierten Ausstieg bietet. In verstärktem Maße dürfte auch die GWG von November profitieren, zudem könnte das „Mitschwimmen“ aufgrund der entsprechenden Interessenslage sich durchaus auszahlen.
Langfristig ist jedoch in Frage zu stellen, wie Börse und Presse die Vorgänge im Hintergrund beurteilen und inwieweit auch das reale Geschäft der Gruppe davon betroffen sein werden. Zudem stellt sich die Frage, ob die zumindest zweifelhaften Vorgänge durch ein Engagement in diese Werte unterstützt werden sollten. Bedenklich stimmt vor allem, dass der Bezugsrechtsausschluss auf ein geplantes Fortsetzen der Interessensverschiebung hindeutet, so dass nicht mit einer mittelfristigen Beruhigung der Lage gerechnet werden sollte.
Eindeutiger ist das Fazit für die Zeichnung von Fund-Anteilen: aufgrund des problematischen Hintergrundes und der aufgetretenen Unstimmigkeiten, die ein Ausnutzen der Situation zugunsten interessierter Kreise nahe legen, erscheint eine Zeichnung als wenig attraktiv, da das Vertrauen ins Management unserer Ansicht nach die entscheidende Grundlage für eine Zeichnung ist, diese jedoch nunmehr erheblich erschüttert zu sein scheint.
8.) Unsere Empfehlung
Das zu erwartende günstige Umfeld der nächsten Wochen sollte zum Abbau von Positionen an beiden Gesellschaften genutzt werden; unklar sind aus heutiger Sicht die Auswirkungen der beiden Hauptversammlungen am kommenden Samstag, da einerseits harsche Kritik anstehen könnte, andererseits durch Erfolgsmeldungen wie etwa zur November AG, deren Anteil für die GUB-Gruppe alleine aktuell mehr als 200 Mio. DM wert ist, oder auch zum immer noch offenen Segmentwechsel eine äußerst optimistische Stimmung und damit auch positive Impulse mit sich bringen könnten.
Kurzfristig sehen wir darum durchaus Chancen auf steigende Kurse, die wir zum kontrollierten Ausstieg mit limitierten Orders nutzen würden, das Langfristpotential ist unserer Ansicht nach jedoch mit den Unklarheiten im Hintergrund eher als begrenzt anzusehen. Diese Auffassung könnte durch offene und stimmige Auskünfte zu den Ungereimtheiten jedoch auch wieder bereinigt werden.
Dringend warnen wir jedoch davor, in Panik unlimitiert zu verkaufen, insbesondere im Zusammenhang mit einer möglichen Reaktion auf diesen Artikel. Da sich an den prinzipiell guten Fundamentaldaten nichts geändert hat und bisher auch lediglich Indizien für unlauteres Geschäftsgebaren bestehen, empfiehlt es sich, ruhigen Kopf zu bewahren. Es sollte aufgrund der kurzfristig guten Aussichten möglich sein, die eigene Position im Laufe der nächsten Tage und Wochen bei Kursen von 80 Euro oder auch darüber problemlos glattstellen können.
Wir werden über die Entwicklung der GUB-Gruppe auch künftig berichten und hoffen, dass auf der Hauptversammlung einige unserer Bedenken durch die Offenlegung von eindeutigen und gegenteiligen Fakten ausgeräumt werden können. Nur in diesem Fall sähen wir uns veranlasst, unsere kritische Meinung dieser Analyse revidieren.
Hinweis: der Autor besitzt GUB-Aktien