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Friedrich-Ebert-Damm 129,
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HV-Bericht Jungheinrich AG - Auf dem Weg nach Übersee

Am 13. Juni 2006 fand um 10 Uhr im Congress Centrum Hamburg (CCH) die diesjährige ordentliche Hauptversammlung der Jungheinrich AG statt. Das im SDAX vertretene Unternehmen ist in den Bereichen Flurförderzeug-, Lager- und Materialflusstechnik tätig. Zur Hauptversammlung hatten sich etwa 1.000 Aktionäre, Aktionärsvertreter sowie Gäste und Pressevertreter zusammengefunden, unter ihnen Thomas Nitzbon von GSC Research.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Dr. Rohkamm eröffnete in seinem letzten Amtsjahr in dieser Funktion wenige Minuten nach 10 Uhr die Hauptversammlung. Er hieß alle anwesenden Aktionäre, Aktionärsvertreter und Gäste herzlich willkommen. Vorstand und Aufsichtsrat waren vollzählig vertreten. Nach der Erledigung der weiteren Formalitäten übergab der Aufsichtsratsvorsitzende das Wort an den Vorstandsvorsitzenden Dr. Cletus von Pichler.


Bericht des Vorstands

"Jungheinrich hat ein erfolgreiches Jahr 2005 hinter sich", begann Dr. von Pichler seine Rede. Nach den Jahren der Konsolidierung tritt jetzt wieder das Ziel eines profitablen Wachstums in den Vordergrund. Dabei wird das Unternehmen aktuell durch die Marktentwicklung unterstützt. Das Weltmarktvolumen für Flurförderzeuge erreichte mit fast 750.000 Einheiten in 2005 eine Steigerung um 6 Prozent, Wachstumsmotor war der asiatische Markt, und hier insbesondere China. Damit hat der asiatische Markt den nordamerikanischen erstmals überholt. Im Markt hält die Tendenz, Elektroflurförderzeuge statt Dieselgeräte einzusetzen, aus ökologischen und ökonomischen Gründen weiter an. Mit dem Wachstum im Jahr 2005 konnte Jungheinrich nach Umsatz gemessen den vierten Platz nach Toyota, Linde und Nacco halten. Nach Ergebnis gemessen, liegt die Gesellschaft jedoch an erster Stelle, führte der Vorstandvorsitzende seine Rede fort.

Um sich in dem umkämpften Markt weiter behaupten zu können, soll die Internationalisierung bei Jungheinrich vorangetrieben werden. Zur Unterstützung der Aktivitäten in China wurde entschieden, dort ein Montagewerk für Fahrzeuge der Lagertechnik zu errichten und in diesem Jahr in Betrieb zu nehmen. Die 25-prozentige Beteiligung an der Ningbo Ruyi Joint Stock Ltd. in Ninghai, China, hat sich bereits ausgesprochen positiv entwickelt und die gesetzten Ziele hinsichtlich der Anzahl produzierter Handgabelhubwagen und des Unternehmensergebnisses übertroffen. Der Direktvertrieb, der von Jungheinrich bevorzugt wird, soll international weiter ausgebaut werden. In 2005 wurde bereits eine Vertriebsgesellschaft in Thailand gegründet.

In den vergangenen Jahren wurden außer in Deutschland auch in Italien und Frankreich erste Finanzdienstleistungsgesellschaften gegründet. Dieses Jahr ist in Großbritannien der nächste Standort geplant, erläuterte der Vorstandsvorsitzende mit der Erklärung, dass jeder dritte produzierte Stapler von Jungheinrich inzwischen geleast wird.

Einer stetigen Verbesserung der Produktion mit innovativen Neuentwicklungen maß Dr. von Pichler eine besondere Bedeutung bei. Mit dem Bau eines neuen Entwicklungs- und Testzentrums am Standort Norderstedt werden Entwicklungs- und Testaktivitäten des Konzerns zusammengeführt und damit die Effizienz in der Umsetzung der Entwicklungsprojekte erhöht sowie zusätzliches Synergiepotenzial ausgeschöpft. Besonders stolz zeigte sich der Konzernchef über den VDI-Innovationspreis für den neu entwickelten Elektrogegengewichtsstapler mit Drehkabine. Um den steigenden Ansprüchen der Kunden weiter gerecht werden zu können, wurden im Jahr 2005 etwa 40 Mio. EUR investiert. Im laufenden Geschäftsjahr soll eine ähnliche Größenordnung, insbesondere für die deutschen Standorte Norderstedt und Moosburg, eingesetzt werden.

Anschließend erläuterte der Vorstandsvorsitzende die Kennzahlen des Konzerns im Jahr 2005, wobei diese erstmals nach IFRS erstellt wurden. Zur Vergleichbarkeit sind die Zahlen des Vorjahres entsprechend angepasst worden. Änderungen ergaben sich dadurch bei den Entwicklungskosten, die jetzt teilweise zu aktivieren sind, und bei den Pensionsrückstellungen.

So konnte Jungheinrich im abgelaufenen Geschäftsjahr den Auftragseingangswert um 5 Prozent steigern, der Konzernumsatz nahm um 7 Prozent auf 1,645 Mrd. EUR zu. Diese Leistung konnte mit einer fast unveränderten Mitarbeiteranzahl erzielt werden. Der Jahresüberschuss stieg von 49 auf 62 Mio. EUR. Dr. von Pichler betonte dabei die hohe EBIT-Umsatzrendite von 6,5 Prozent und die hohe EBIT-Kapitalrendite in Höhe von über 25 Prozent trotz gestiegener Rohstoffkosten. Das Eigenkapital stieg von 384 auf 437 Mio. EUR, die Eigenkapitalquote konnte damit zum Bilanzstichtag auf fast 26 Prozent gesteigert werden. Besonders unterstrich Dr. von Pichler die Tatsache, dass der Konzern ohne die Verbindlichkeiten aus Finanzdienstleistungen keine Nettoverschuldung ausweist.

Mit dem Verlauf des Aktienkurses zeigte sich der Vorstandschef zufrieden. Mit 42 Prozent Kurssteigerung in 2005 lag Jungheinrich besser als S-DAX, M-DAX oder DAX. Die positive Entwicklung der Gesellschaft spiegelt sich somit auch für die Aktionäre wider, die darüber hinaus mit einer um jeweils 3 Cent auf 0,51 EUR je Vorzugsaktie und auf 0,45 EUR je Stammaktie erhöhten Dividende profitieren.

Danach ging Dr. von Pichler auf die ersten fünf Monate des laufenden Geschäftsjahres ein, die ihn hinsichtlich des Marktwachstums selbst positiv überrascht haben. Der Auftragseingang erhöhte sich um 12 Prozent auf 766 Mio. EUR, und der Umsatz stieg um 2 Prozent auf 648 Mio. EUR. Für das Gesamtjahr wird mit einer Umsatzsteigerung von 6 Prozent gerechnet.

Die Konzentration des Konzerns soll sich zukünftig verstärkt auf die Wachstumsmärkte richten. So werden in Russland sieben neue Servicestützpunkte aufgebaut. Aber auch das Geschäftsfeld der Planung und Implementierung von kompletten Lager- und Logistiksystemen soll weiter etabliert werden. Als zusätzliche Herausforderung nannte der Vorstandsvorsitzende den bevorstehenden Umzug der Hauptverwaltung in die Hafencity Hamburg.


Allgemeine Diskussion

Nach dem Bericht von Dr. von Pichler eröffnete der Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Rohkamm die Generaldebatte. Zunächst wurde den beiden Aktionärsvertretern Joachim Siemers von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) und Dr. Springmann von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW), die beide die erzielten Ergebnisse und die umfassende Berichterstattung lobten, das Wort erteilt.

Herr Siemers von der SdK konzentrierte sich in seinen Fragen ausschließlich auf die außereuropäische Expansion der Gesellschaft. Die geplanten Kosten für diese Expansion und die konkrete Vorgehensweise stieß dabei ebenso auf sein Interesse wie die Frage nach möglichen Akquisitionen von Wettbewerbern. Ferner bat er um Angaben, wann im Markt USA der Break-even erreicht wird und in welcher Form Erträge aus der 25-prozentigen chinesischen Beteiligung an der Ningbo Ruyi fließen. Abschließend bat er um eine Aussage zum indischen Markt.

Laut Angabe von Dr. von Pichler will man bei Jungheinrich ein kontrolliertes Wachstum mit einem jährlichen Investitionsvolumen in Höhe von ungefähr 10 Mio. EUR betreiben. Der indische Markt wurde aktuell noch nicht bearbeitet, da es hier hoher Investitionen bedarf. Allerdings schätzte der Vorstandsvorsitzende diesen Markt langfristig als nicht verzichtbar ein. Akquisitionen anderer Gesellschaften in Übersee wollte er nicht grundsätzlich ausschließen, betonte jedoch, dass man "gut alleine leben kann". Beim Aufbau von Auslandstöchtern steht ein deutsches Gründungsteam für die Startphase zur Verfügung, das die ausländischen Mitarbeiter in die Tätigkeiten einweist. Während in den USA nicht vor zwei bis drei Jahren mit dem Break-even gerechnet wird, war Jungheinrich mit der chinesischen Beteiligung schnell rentabel. Diese Finanzbeteiligung brachte bereits eine "stattliche Dividende".

Der DSW-Sprecher Dr. Springmann kritisierte die  Tagesordnungspunkte 6 und 7, die eine Beschränkung des Frage- und Rederechts der Aktionäre ermöglichen und einen individualisierten Ausweis der Vorstandsbezüge verhindern sollen. Zusätzliche Angaben forderte er zum variablen Teil der Vorstandsvergütung. Wie der Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Rohkamm in seiner Antwort darlegte, fließt eine variable Gehaltskomponente in Höhe von 70 Prozent des Fixums durch eine individuelle und jährlich angepasste Zielvereinbarung in das Gehalt der Vorstandsmitglieder ein. Eine Unter- oder Überschreitung des Ziels wird proportional ohne weitere Begrenzungen entsprechend finanziell berücksichtigt.

Darüber hinaus interessierten Dr. Springmann das mittelfristige Umsatzziel der Gesellschaft außerhalb Europas und die Frage, wie hoch der Auftragsbestand insgesamt zum 31. Dezember 2005 war. Hierauf erwiderte Dr. von Pichler, dass die Stückzahl verkaufter Einheiten in Übersee verdoppelt werden soll. Der Weltmarktanteil konnte in den letzten fünf Monaten bereits von 8,7 auf 9 Prozent erhöht werden, der Auftragsbestand lag zum letzten Bilanzstichtag weltweit bei 169 Mio. EUR.

Weitere Nachfragen von Dr. Springmann bezogen sich auf die Kosten für die Umstellung der Rechnungslegung auf IFRS, die der Vorstandschef mit relativ vernachlässigbar angab, und auf den Einfluss der Rohstoffpreise. Diese verursachten laut Dr. von Pichler Mehrkosten in Höhe von etwa 10 Mio. EUR, die jedoch zum Teil durch Preiserhöhungen wieder aufgefangen werden konnten. Insbesondere der Einfluss der Preise für Öl, Kupfer und Blei ist für den Konzern spürbar. Abschließend bat Dr. Springmann noch um Aussagen zur weiteren Entwicklung des Finanzdienstleistungsgeschäfts. Der Vorstandschef erklärte daraufhin, dass aktuell vier Gesellschaften aktiv sind. Mittelfristig will man neue Gründungen in Westeuropa vornehmen, da in Osteuropa ein Leasing seitens der Kunden in der Regel direkt über die dort ansässigen Banken geregelt wird.

Ein Aktionär fragte als dritter Redner nach Mitarbeiterbeteiligungen in Form eines Aktienoptionsprogramms. Darüber hinaus machte er den Vorschlag, eine Wertschöpfungsrechnung im Geschäftsbericht abzubilden. Nach seinen Berechnungen liegt die Wertschöpfung bei der Jungheinrich AG bei 38,5 Prozent des Umsatzes und stellt damit einen relativ hohen Wert im Vergleich zu anderen produzierenden Unternehmen dar. Als Anschauungsmaterial übergab er dem Vorstandsvorsitzenden den aktuellen Geschäftsbericht der KWS AG, die die Wertschöpfungsrechnung inzwischen im eigenen Geschäftsbericht berücksichtigt hat.

Dr. von Pichler erwiderte, dass er ein Beteiligungsprogramm für Mitarbeiter nicht als adäquates Mittel betrachtet. Eine Erfolgsprämie für die Mitarbeiter wird im Hause Jungheinrich in Form einer Direktversicherung gewährt. Die Idee der Darstellung einer Wertschöpfungsrechnung im Geschäftsbericht soll aufgegriffen werden.
Zwei weitere Aktionäre beklagten eine zu niedrige Steigerung der Dividende - insbesondere im Hinblick auf die Gehaltssteigerung der Vorstandsmitglieder. Dr. von Pichler wies in seiner Antwort darauf hin, dass die Dividende zum dritten Mal in Folge erhöht wurde. Bei Jungheinrich gehe man in der Tat vorsichtig, dafür aber auch nachhaltig mit Dividendenerhöhungen um. Aktionäre der Gesellschaft sollen sich auch zukünftig mindestens auf eine stabile Ausschüttung verlassen können.

Mit einer abschließenden Frage nach den im Geschäftsbericht ausgewiesenen Haftungsverhältnissen durch Wechselobligo, die nach Angaben von Dr. von Pichler ausschließlich durch Kunden in Frankreich und Spanien entstehen, da hier die Bezahlung mit Wechseln noch üblich ist, endete die allgemeine Aussprache.


Abstimmungen

Der Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Rohkamm leitete nach der Debatte und der Vorführung eines Films über das Unternehmen zu den Abstimmungen über. Die Präsenz auf der Hauptversammlung gab er mit 18 Millionen Aktien oder 100 Prozent der Stammaktien, die von den Familien Lange und Wolf gehalten werden, und mit 1.632.304 Aktien oder 10,2 Prozent der Vorzugsaktien an. Alle Tagesordnungspunkte wurden dann ohne Gegenstimmen oder Enthaltungen angenommen.

Im Einzelnen waren dies die Zahlung einer Dividende in Höhe von 0,45 EUR je Stamm- und von 0,51 EUR je Vorzugsaktie (TOP 2), die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), Wahlen zum Aufsichtsrat (TOP 5), die Änderung der Satzung im Hinblick auf das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) (TOP 6), die Nichtveröffentlichung individualisierter Vorstandsbezüge (TOP 7) sowie die Wahl der Deloitte & Touche GmbH zum Abschlussprüfer (TOP 8).

Die Hauptversammlung war nach etwa zweieinviertel Stunden mit der Einladung zum Büfett beendet.


Fazit

Die Hauptversammlung der Jungheinrich AG verlief sehr gut organisiert in einem angenehmen Rahmen ab. Die Berichterstattung des Vorstands und die ausführliche Darstellung der Lage im Geschäftsbericht lassen kaum Wünsche für die Aktionäre offen. Darüber hinaus konnte Jungheinrich im abgelaufenen Geschäftsjahr beeindruckende Zahlen vorweisen, und die Tendenz scheint weiter in die richtige Richtung zu gehen. Mit einem konservativen und besonnenen Vorgehen wollen die Hamburger sich weitere Anteile in einem wachsenden Markt sichern.

Die Aktionäre der Gesellschaft können von einer zumindest stabilen Dividende ausgehen, eine Erhöhung der Ausschüttung bereits im nächsten Jahr wäre jedoch auch keine Überraschung. Eine erhöhte Volatilität der in der Vergangenheit eher "ruhigen" Aktie ist in letzter Zeit festzustellen, und die Entwicklung der Rohstoffpreise sollte von interessierten Anlegern dabei nicht außer Acht gelassen werden, da Preiserhöhungen in einem umkämpften Markt nicht jederzeit an Kunden weitergegeben werden können. Darunter hätten dann auch die beachtlichen Renditekennziffern des Konzerns zu leiden.


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Veröffentlichungsdatum: 17.06.2006 - 16:50
Redakteur: tni
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