Die Aktie der 1969 gegründeten und 1998 an die Börse gegangen PSI Software SE ist im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse (Prime Standard) notiert. Das in Berlin ansässige Unternehmen entwickelt und integriert auf Basis eigener Softwareprodukte Lösungen zur Optimierung des Energie- und Materialflusses bei Versorgern und Industrie. Dabei ist das Geschäft in die vier Segmente Grid & Energy Management, Process Industries & Metals, Discrete Manufacturing und Logistics gegliedert. Insgesamt ist der Konzern mit rund 2.350 Beschäftigten an 13 deutschen und 17 internationalen Standorten präsent.
Für das massiv durch einen Cyberangriff belastete Geschäftsjahr 2024 musste PSI bei Umsatzerlösen von 260,8 (Vj. 269,9) Mio. Euro ein EBIT von minus 15,2 (+5,6) Mio. Euro und ein Nachsteuerergebnis von minus 21,0 (+0,3) Mio. Euro bzw. minus 1,35 (+0,02) Euro je Aktie ausweisen. Im ersten Halbjahr 2025 erzielte der Konzern bei einem um mehr als ein Drittel gesteigerten Auftragseingang ein kräftiges Umsatzwachstum um 18,3 Prozent auf 132,9 (112,3) Mio. Euro sowie wieder erhebliche Verbesserungen beim EBIT auf 2,1 (-19,4) Mio. Euro und beim Nachsteuerergebnis auf minus 1,4 (-22,6) Mio. Euro bzw. minus 0,09 (-1,46) Euro je Aktie. Für das Gesamtjahr wird bei einem Wachstum des Auftragseingangs und Umsatzes von etwa 10 Prozent eine bereinigte EBIT-Marge von etwa 4 Prozent erwartet.
Über das 2024 gestartete Strategieprogramm „PSI reloaded“, die kurz- und mittelfristigen Zielsetzungen sowie die weiteren Aussichten des Unternehmens sprach die Effecten-Spiegel-Redaktion Anfang Oktober auch für GSC Research mit dem Leiter IR und Konzernkommunikation Karsten Pierschke.
Am 13. Oktober 2025 vermeldete PSI den Abschluss eines Investment Agreement für eine strategische Partnerschaft mit Warburg Pincus. In diesem Zusammenhang hat Warburg Pincus ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot zu einem Preis von 45,00 Euro je PSI-Aktie mit einer Mindestannahmeschwelle von 50 Prozent plus eine Aktie angekündigt, das vom PSI-Management unterstützt wird. Dabei hat sich Warburg Pincus bereits einen Anteil von 28,5 Prozent des PSI-Grundkapitals von Ankeraktionären gesichert. E.ON wird die bestehende Beteiligung von 17,77 Prozent behalten und ist Partei des Investment Agreement, wobei die von E.ON gehaltenen Anteile bei der Ermittlung der Annahmequote berücksichtigt werden. Nach Vollzug des Angebots beabsichtigt Warburg Pincus ein Delisting der PSI-Aktien. PSI beabsichtigt, dieses zu unterstützen.
GSC Research: Im vergangenen Jahr erfolgte die strategische Neupositionierung bei PSI. Was waren die zentralen Beweggründe dafür, und welche Ziele verfolgen Sie mit dieser Neuausrichtung?
Karsten Pierschke: Bei unserer neuen Strategie „PSI reloaded“ geht es vor allem um internationales Wachstum und die Veränderung des Geschäftsmodells in Richtung wiederkehrender Umsätze mit hohen Margen. Dafür werden wir uns immer mehr zu einem Anbieter für cloudbasierte Lösungen und Software-as-a-Service (SaaS) wandeln. Dafür haben wir unsere Strukturen vereinfacht, zentrale Funktionen harmonisiert und alle Aktivitäten in vier Geschäftsbereichen gebündelt. Gleichzeitig investieren wir in Produkte, Cloud-Kapazitäten, Technologie, Partnerschaften und Know-how.
GSC Research: Befinden Sie sich aktuell noch in einer Transformationsphase?
Karsten Pierschke: Auch wenn wir schon viel geschafft haben, dauert die Transformation noch an. Neben der organisatorischen Vereinfachung waren die Entscheidung für den Partner Google Cloud und der Aufbau unserer neuen, automatisierten Entwicklungsumgebung wichtige Meilensteine auf diesem Weg. Wir investieren aber weiterhin in die Straffung unserer Strukturen, die Erneuerung wichtiger interner Systeme und unsere vier internationalen Wachstumszentren (Hubs).
GSC Research: Plant PSI, seine Präsenz in internationalen Märkten auszubauen, und wenn ja, welche Regionen bieten aus Ihrer Sicht die größten Chancen für weiteres Wachstum?
Karsten Pierschke: An unseren bestehenden Standorten in Nord- und Südamerika, Zentral- und Osteuropa, Südostasien und zunehmend Indien haben wir uns in den vergangenen Jahren mit Teilen unseres Portfolios relevante Marktpositionen erarbeitet. Diese wollen wir nun als internationale Hubs nutzen, um mit weiteren Teilen unseres Produktportfolios weiter zu wachsen.
GSC Research: Aufwendungen im Rahmen der Cloud-Transformation dürften in diesem Jahr zu hohen Belastungen führen. Planen Sie dennoch mit einem Nettogewinn für das Geschäftsjahr 2025?
Karsten Pierschke: In unserer Prognose für das Jahr 2025 haben wir erstmals nur eine Zielmarge für das bereinigte EBIT, also das um M&A- und Restrukturierungskosten bereinigte operative Ergebnis angegeben. Im 2. Quartal haben wir im Segment Grid & Energy Management ein Kostensenkungsprogramm initiiert, für das 2025 einmalige Aufwendungen entstehen, die wir derzeit noch nicht beziffern können, die ab 2026 aber zu deutlichen Einsparungen führen sollen.
GSC Research: Wie sehen Ihre mittelfristigen Ziele aus?
Karsten Pierschke: Mittelfristig, also in den kommenden vier bis fünf Jahren, wollen wir um gut 10 Prozent pro Jahr wachsen und einen Umsatz von 400 bis 440 Mio. Euro erzielen. Die EBIT-Marge wollen wir im gleichen Zeitraum auf 14 bis 16 Prozent steigern. Erreichen wollen wir dies vor allem durch die Steigerung des Anteils der internationalen und der wiederkehrenden Umsätze auf jeweils über 50 Prozent.
GSC Research: Ist eine Wiederaufnahme der Dividendenausschüttung in absehbarer Zeit geplant? Falls ja, welche Kriterien müssen erfüllt sein, um dies zu ermöglichen?
Karsten Pierschke: Derzeit ist eine Dividendenzahlung aus bilanziellen Gründen nicht möglich und wäre angesichts der Belastungen der vergangenen Jahre und der laufenden Investitionen auch nicht sinnvoll. Mittelfristig ist aber eine Rückkehr zur langjährig umgesetzten Dividendenpolitik geplant.
GSC Research: Der PSI-Aktienkurs hat bewegte Zeiten hinter sich. Wie möchten Sie das Vertrauen der Investoren in die PSI-Aktie langfristig festigen?
Karsten Pierschke: Nach drei schwierigen Jahren haben wir im 1. Halbjahr gezeigt, dass wir nach der Bewältigung der Krisen und mit der neuen Strategie wieder auf Kurs sind. Das spiegelt sich bereits in einer guten Aktienkursentwicklung seit Jahresanfang wider. Darauf wollen wir aufbauen, indem wir die neue Strategie konsequent umsetzen und das liefern, was wir ankündigen. Wir sind überzeugt, dass PSI damit das Potenzial für deutliche Wertsteigerungen hat.
GSC Research: Sehr geehrter Herr Pierschke, vielen Dank für das Interview.