Zur Hauptversammlung über das Geschäftsjahr 2023 hatte die Gesellschaft ihre Anteilseigner für den 28. Juni 2024 in das Hotel Roshop in Barnstorf eingeladen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Veit Hamper begrüßte rund 15 Aktionäre und Gäste, darunter Alexander Langhorst für GSC Research, und zeigte sich erfreut darüber, dass auch in diesem Jahr wieder eine Präsenzhauptversammlung durchgeführt werden kann. Die notarielle Beurkundung erfolgt durch Notar Karsten Ebersberg. Nach Erledigung der weiteren einleitenden Hinweise und Formalien erteilte er dem Alleinvorstand Thomas Hoffmann das Wort.
Bericht des Vorstands
Bei Begrüßung der Teilnehmer zeigte sich der artec-Chef erfreut darüber, dass nunmehr bereits die zweite Hauptversammlung nach der Covid-19-Pandemie wieder in Präsenz abgehalten werden kann und damit der direkte Dialog mit den Anteilseigner ermöglicht wird. Das Umfeld im abgelaufenen Geschäftsjahr 2023 gestaltete sich dabei nach seiner Angabe schwierig und herausfordernd. Belastende Aspekte waren die drastische Inflation, die explodierenden Energiekosten sowie die verheerenden wirtschaftlichen und menschlichen Konsequenzen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Trotz dieser Rahmenbedingungen ist es der artec technologies AG gelungen, 2023 eine zufriedenstellende operative Entwicklung zu verzeichnen.
Nach Angabe von Herrn Hoffmann beschäftigte das Unternehmen im Berichtsjahr am Standort in Diepholz im Schnitt 22 Mitarbeiter, 4 Auszubildende sowie das Vorstandsmitglied. Sehr positiv hob er darüber hinaus hervor, dass es im Berichtszeitraum zu keinerlei Forderungsausfällen, Reklamationen oder rechtlichen Auseinandersetzungen gekommen ist. Positiv bewertete er mit Blick auf das abgelaufene Jahr, dass neue Kunden gewonnen werden konnten, Folgeaufträge mit Bestandskunden abgeschlossen und langfristige Wartungsverträge gesichert werden konnten. Als herausragende Beispiele nannte er dabei einen Auftrag im sechsstelligen Volumen mit einem katarischen Kunden sowie die Lieferung von mehreren Tower-Systemen an einen amerikanischen Kunden aus dem militärischen Umfeld.
Als Spezialist für die Übertragung, Aufzeichnung und Auswertung von audiovisuellen Daten aus offenen Informationsquellen (OSINT) profitiert artec von Megatrends wie Media Mining, Cloud und künstliche Intelligenz (KI) sowie dem weiter steigenden Bedarf an Lösungen zur Bewahrung der öffentlichen Sicherheit und Terrorabwehr.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnten die Umsatzerlöse um 20 Prozent auf 3,0 (Vorjahr: 2,5) Mio. Euro gesteigert werden. Dabei setzen sich die Erlöse nach Vorstandsangabe aus verschiedenen Geschäftsmodellen zusammen, darunter wiederkehrende Umsätze und Projektgeschäfte. Bei den wiederkehrenden Umsätzen handelt es sich um langfristige Verbindungen mit Endkunden, bei denen wiederkehrende Umsätze aus Mietzahlungen für Hard- und Software, die Nutzung der XentauriX Cloud Services sowie regelmäßigen Dienstleistungen wie Wartung und Upgrades resultieren.
Auch die weiteren Finanzkennzahlen konnten zur Freude des Vorstands im Berichtsjahr verbessert werden. So stieg das EBITDA auf 0,53 (0,15) Mio. Euro, das EBIT kletterte von minus 0,55 Mio. Euro auf minus 0,004 Mio. Euro. Nach Steuern konnte nach einem Verlust von 1,05 Mio. Euro im Vorjahr mit einem positiven Wert von 0,01 Mio. Euro die Gewinnzone erreicht werden. Herr Hoffmann wies darauf hin, dass gemäß § 248 Abs. 2 HGB eigene Entwicklungskosten im Volumen von 0,44 Mio. Euro als „Aktivierte Eigenleistungen“ in der GuV ausgewiesen werden. Die Gesamtleistung erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent auf 3,4 (2,9) Mio. Euro.
Die Materialeinsatzquote bewegte sich mit 31 (30) Prozent in etwa auf dem Niveau des Vorjahres, bei der Personalaufwandsquote konnte eine Verbesserung auf 41 (46) Prozent realisiert werden. Hier sieht Herr Hoffmann perspektivisch noch weiteren Verbesserungsbedarf, angestrebt wird eine Quote in der Bandbreite zwischen 30 und 40 Prozent. Bei den Abschreibungen ist eine Reduzierung im Vorjahresvergleich um 0,16 Mio. Euro auf 0,54 Mio. Euro zu verzeichnen gewesen, der Rückgang steht im Zusammenhang mit geringeren Abschreibungen auf aktivierte Eigenleistungen. Der sonstige betriebliche Aufwand konnte um 23 Prozent auf 0,47 (0,61) Mio. Euro verringert werden, die auf die Gesamtleistung bezogene Handelsspanne liegt mit 69 (70) Prozent nahezu unverändert auf dem Vorjahresniveau.
Zur Bilanz erläuterte Herr Hoffmann, dass diese durch die selbstgeschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände geprägt wird und diese ein Volumen von 1,89 (1,86) Mio. Euro ausmachen. Dies entspricht einem Anteil von unverändert 57 Prozent der gesamten Bilanzsumme. Hinzu kommen aktivierte latente Steuern in Größenordnung von 0,382 Mio. Euro oder 11,5 Prozent der Aktivseite der Bilanz. Die Eigenkapitalposition beträgt 2,7 (2,69) Mio. Euro, was einer Quote von unverändert 82 Prozent entspricht.
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten stammen laut Vorstand aus einem Darlehen bei der KfW, welches mit 1 Prozent verzinst wird und eine Laufzeit bis zum September 2026 aufweist. Mit 0,47 (0,23) Mio. Euro konnte der Cashflow 2023 im Vorjahresvergleich verdoppelt werden. Positiv hob der Vorstand hervor, dass sich auch die Bonität der artec technologies AG weiterhin sehr gut darstellt. Hierzu verwies er auf die aktuelle Bonitätsanalyse der Deutschen Bundesbank aus dem Juni 2024. Demnach wird die artec technologies weiterhin als „notenbankfähig“ eingestuft, was einem Rating von S&P von „BBB“ (Vorjahr: „BBB-„) entspricht.
Der Kursverlauf der Aktie gestaltete sich im Jahr 2023 und 2024 durchaus lebhaft und war durch verschiedene Peak-Kurse von 2,82 und 2,72 Euro 2023 und zuletzt bis zu 3,90 Euro im Jahr 2024 gekennzeichnet. Insbesondere beim letzten Peak war der Großteil des Handels über Tradegate zu verzeichnen und die Investoren stammten dabei zu über 50 Prozent aus dem Ausland. Die Aktie der artec technologies AG wird vom Research Haus SMC gecovert. Der Bestand an eigenen Aktien lag zum 31. Dezember 2023 bei 13.450 Stück. Künftig will der Vorstand die IR-Aktivitäten weiter steigern, geplant ist dazu ein regelmäßiger Webcast zu den Zwischenzahlen und zum Geschäftsbericht, den man in Eigenregie abhalten wird. Eine entsprechende Einladung an die Investoren ist dabei über einen entsprechenden Terminhinweis im System von EQS geplant.
Für ein innovatives Unternehmen wie artec ist der Bereich Forschung und Entwicklung naturgemäß von besonderer Bedeutung. Im Berichtsjahr 2023 lagen die Aufwendungen hierfür bei 0,437 Mio. Euro. Der Aufwand wurde entsprechend aktiviert. Besonderer Fokus der Aktivitäten lag dabei auf der Entwicklung neuer Hard- und Softwareprodukte sowie der Optimierung bestehender Produktgruppen. Für XentauriX wurden einige Entwicklungstätigkeiten auch extern vergeben.
Wichtig für den Bereich F&E ist laut Vorstand die zwischenzeitlich im Hause gewonnene Einschätzung, dass artec die Voraussetzungen für die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung nach dem Forschungszulagengesetz (FZuIG) vom 14.12.2019 erfüllt. Entsprechend hat man im Mai 2024 rückwirkend für den Zeitraum ab 01. Januar 2020 eine Erstattung von 25 Prozent der Personalaufwendungen im Bereich F&E bei der Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung beantragt.
Das aufgelaufene Volumen der Personalkosten für den genannten Zeitraum bewegt sich nach Vorstandsangabe bei rund 2,4 Mio. Euro. Die BSFZ bewertet dabei die Projekte anhand von Kriterien wie Neuartigkeit, Risiko/Unwägbarkeit und Planmäßigkeit. Dabei steht im Fokus entweder neues Wissen zu erlangen oder bestehendes Wissen neu zu nutzen. Entsprechende wissenschaftliche oder technische Herausforderungen und Risiken müssen gegeben sein und es müssen klar definierte wissenschaftliche oder technische Aufgaben mit festgelegten Zielen und detaillierter Planung enthalten sein. Angesichts der betriebenen F&E-Aktivitäten, etwa auch zur Erkennung von Fake News, sieht der Vorstand hier gute Chancen auf eine entsprechende Erstattung.
Zum Abschluss gab Herr Hoffmann noch einen Ausblick auf das Geschäftsjahr 2024. Das Umfeld wird sich nach seiner Einschätzung mit Blick auf den weiter anhaltenden Krieg in der Ukraine sowie die Spannungen im Nahen Osten und weiterhin spürbarer Effekte der Inflation nicht nachhaltig verändern. Da artec vorwiegend im Behördengeschäft aktiv ist, wirkt sich die Haushaltssperre in Deutschland direkt auf Vergabeentscheidungen aus. Der Start ins laufende Jahr im ersten Quartal 2024 ist sehr gut verlaufen, während das das zweite Quartal 2024 wohl hinter den Erwartungen liegen wird, da größere Auftragsvergaben, mit denen man kalkuliert hatte, weiter auf sich warten lassen.
Wesentliche Strategie für 2024 und darüber hinaus ist es, die Marktführerschaft bei OPEN SOURCE Intelligent Managementsystemen für Sicherheitsbehörden im Bereich der zivilen Sicherheit zu erreichen. Für 2024 wird zudem ein Umsatzziel im Bereich zwischen 3 und 4 Mio. Euro angestrebt. Im Bereich der Aufbereitung von audiovisuellen Informationsquellen ist artec bereits heute ein etablierter Spezialist im Markt. Durch die Verbindung der Plattformen XentauriX und MULTIEYE bietet artec ein führenden Quellenspektrum an, das TV, Radio, verschiedenste Kameras und Social Media Streams wie YouTube, Facebook und TikTok umfasst. Der BOS-Manager ist speziell auf die Behörden zugeschnitten. Das BOS-Produkt ist bei Landes- und Bundesbehörden sowie im Ausbildungsbereich der Polizei bereits heute als zentrale Plattform im Einsatz und etabliert. Zudem wird künftig noch mehr Fokus auf Data Mining und künstliche Intelligenz gelegt, entsprechende Lösungen sollen so ausgestaltet werden, dass diese für beide bearbeiteten Bereiche und die dort etablierten Systeme genutzt und eingebunden werden können.
Allgemeine Aussprache
Als erster Redner meldete sich Aktionär Wilm Müller zu Wort und forderte unter anderen die Nichtentlastung des Vorstands, da er mit der vorliegenden Tagesordnung unzufrieden ist und ihm insbesondere der fehlende Bilanzgewinn und die daher nicht mögliche Zahlung einer Dividende nicht gefallen hat. Auf die auch im weiteren Debattenverlauf gestellte Frage, wann mit einer Dividendenzahlung gerechnet werden kann, antwortete Herr Hoffmann, dass er dies wohl als Vorstand der Gesellschaft nicht mehr erleben wird. Dies begründete er zum einen mit den bestehenden Verlustvorträgen aber auch bestehenden Ausschüttungssperren, die sich aus der Aktivierung von programmierten Softwarelösungen ergeben.
Aktionär Markus Böker interessierte sich unter anderem für den Anteil von wiederkehrenden Umsätzen in den Umsatzerlösen des Unternehmens. Laut Vorstand ist es erklärtes Ziel, den Anteil der wiederkehrenden Umsatzerlöse stetig zu steigern. Aktuell liegt der Anteil bei rund 15 Prozent oder 460 Tsd. Euro und soll in den kommenden Jahren sukzessive erhöht werden. Perspektivisch wird angestrebt über die wiederkehrenden Umsatzerlöse den Personalkostenblock abzudecken. Die ebenfalls erfragte Höhe der F&E-Aufwendungen bezifferte er auf rund 400 bis 500 Tsd. Euro für neue Produkte und Lösungen.
Aktionär Hacker merkte an, dass er die artec-Aktien nicht wegen der Dividende, sondern wegen den Aussichten gekauft hat. Hierzu interessierte er sich insbesondere für das weitere Wachstumspotenzial. Hierzu führte der COO des Unternehmens aus, dass der Fokus hier weiter auf dem Behördengeschäft liegt. Bisher ist man z.B. in der Videographie vor allem in der verdeckten Videographie tätig, dies soll künftig auch auf die erweiterte Videographie ausgeweitet werden. Auch diese lässt sich über den B.O.S Monitor wie auch bei der verdeckten Videographie abdecken und von dem geschlossenen Softwaresystem weiterverarbeiten.
Hinsichtlich möglicher Chancen im Bereich der Rüstung verwies der COO auf die Lieferung einer Lösung für eine Korvette eines NATO-Landes. Grundsätzlich besteht hier noch weiteres Potenzial. Dennoch wird man sich zunächst weiterhin auf die Bereiche Polizei, LKAs und BKA, Zoll usw. fokussieren, da hier auch die erzielbaren Margen besser sind. Hierbei ist zu beachten, dass bei diesen Kunden artec der Vertragspartner der Behörden ist, während man im Rüstungsbereich maximal als Zulieferer des Generalunternehmers auftritt und dabei natürlich der Margendruck entsprechend höher ist.
Zur Strategie stellte Herr Hoffmann noch heraus, dass sich artec auf die Software und die Softwarelösungen fokussiert, Hardwarethemen werden über Partner wie Dechant abgedeckt. Der Ansatz, sich für eine Nische im Markt zu entscheiden und dabei vor allem auf Software zu setzen, wurde laut artec-Chef bewusst so gewählt und ermöglicht sehr schlanke Kostenstrukturen. Als Vergleich nannte er hier z.B. die MOBOTIX AG bei der auch das Hardware-Thema sehr stark im Fokus steht und man dort mit ca. 350 Mitarbeitern entsprechende Verluste schreibt.
Auf die ebenfalls gestellte Frage nach der personellen Zukunft im Vorstand erläuterte Herr Hoffmann, dass man hier sehr flexibel sei und auch für verschiedene Lösungen und Optionen offen ist. Dies gilt für den Fall von möglichen Partnerschaften mit anderen Unternehmen. Personell sieht er die Gesellschaft auch in der zweiten Managementebene gut aufgestellt, was mögliche Nachfolgethemen betrifft.
Abstimmungen
Nach Beendigung der allgemeinen Aussprache um 11:20 Uhr wurde die Präsenz mit 1.094.033 Aktien oder 38,23 Prozent des stimmberechtigten Grundkapitals festgestellt. Sämtliche Beschlussvorlagen der Verwaltung wurden mit überwältigender Mehrheit bei nur vereinzelten Gegenstimmen und/oder Enthaltungen verabschiedet.
Im Einzelnen beschlossen wurde die Entlastung von Vorstand (TOP 2) und Aufsichtsrat (TOP 3), die Wahl der Kohl & Zerhusen GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft, Steinfeld zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2024 (TOP 4) sowie die Aufhebung des bestehenden genehmigten Kapitals 2019 und die Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals 2024 mit der Möglichkeit zum Bezugsrechtsausschluss sowie über entsprechende Satzungsänderungen (TOP 5).
Der Versammlungsleiter konnte die Hauptversammlung nach einer Dauer von etwas über eineinhalb Stunden um 11:35 Uhr beenden.
Fazit
Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2023 konnte artec sowohl Umsatz als auch Ergebnis im Vergleich zum Vorjahr 2022 deutlich verbessern. Dabei ist insbesondere positiv zu bewerten, dass es gelungen ist, auch unter dem Strich nach einem Fehlbetrag von 1,05 Mio. Euro mit 0,01 Mio. Euro die schwarze Null zu erreichen. Auch für das laufende Jahr wird ausgehend von der Unternehmens-Guidance mit einem ähnlichen Umsatz- und Ergebnisbereich zu rechnen sein.
Für zusätzliche Fantasie beim Ergebnis könnte die im Mai 2024 rückwirkend für den Zeitraum ab 01. Januar 2020 beantragte Erstattung von 25 Prozent der Personalaufwendungen aus dem Forschungszulagengesetz (FZuIG) sorgen. Das relevante Volumen der Personalkosten für den Zeitraum bewegt sich bei 2,4 Mio. Euro. Im Bewilligungsfall dürfte mit einem einmaligen Ertrag von rund 600 Tsd. Euro zu rechnen sein, die angesichts bestehender Verlustvorträge ohne nennenswerte Abzüge direkt die Eigenmittelposition des Unternehmens stärken werden. Auch für die Zukunft würde sich eine Erstattung von 25 Prozent der F&E-relevanten Personalkosten positiv auf die Ergebnisentwicklung von artec technologies AG auswirken.
Kontaktadresse
artec technologies AG
Mühlenstraße 15-18
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Tel.: +49 (0)54 41 / 59 95-15
Internet: www.artec.de
Ansprechpartner Investor Relations
Thomas Hoffmann
E-Mail: [email protected]
Hinweis: Der Verfasser ist Aktionär der beschriebenen Gesellschaft.