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HV-Bericht mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG - Ergebnis gegenüber dem vorjährigen Rekordwert erwartungsgemäß deutlich rückläufig – achte Dividendenzahlung in Folge

Die Hauptversammlung der mwb fairtrade AG fand am 21. Juli 2023 im Haus der Bayerischen Wirtschaft in München statt. Etwa 50 Aktionäre und Gäste hatten sich dort eingefunden, darunter Matthias Wahler für GSC Research, um sich über den Geschäftsverlauf der Wertpapierhandelsbank in dem mittlerweile nicht mehr so positiven Marktumfeld zu informieren.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Thomas Mühlbauer eröffnete die Versammlung um 10:30 Uhr und teilte mit, dass sich die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat komplett eingefunden haben. Das Protokoll führte Notar Sebastian Herrler.

Nach Abhandlung der Formalien und einigen ergänzenden Informationen zum Aufsichtsratsbericht übergab Herr Mühlbauer das Wort an den Vorstand.


Bericht des Vorstands

Im erstmals zweigeteilten Vorstandsbericht startete Kai Jordan, der in dem Führungsgremium die Marktseite mit dem Geschäftsbereich Corporates & Markets sowie die Produktentwicklung und den Handelsbereich verantwortet. Er bildet zusammen mit Carsten Bokelmann, der im zweiten Teil auf das Zahlenwerk einging, das neue Vorstands-Tandem. Der langjährige Vorstandssprecher Franz Christian Kalischer ist nach Auslaufen seines Vertrages zum 1. Juli 2023 in den Ruhestand gewechselt.

Herr Jordan stellte klar, dass das neue Vorstandsteam keineswegs alles umkrempeln will. Zwar sind Flexibilität und Anpassungsfähigkeit nötig, um in dem herausfordernden Umfeld dauerhaft bestehen zu können. Grundsätzlich soll aber weiterhin auf das solide Fundament gebaut werden, das sich über die Jahre als Erfolgsgarant bewährt hat. Nur deshalb kann die mwb in diesem Jahr ihr 30-jähriges Firmenjubiläum feiern.

Das Marktumfeld ist allerdings, wie Herr Jordan ausführte, unsicherer denn je. Die Unternehmen ächzen unter einer toxischen Mischung aus hohen Energie- und Materialkosten sowie einer sich abschwächenden Konjunktur. Hinzu kommen hohe Inflationsraten und ein massiv steigendes Zinsniveau. Damit einhergehend gibt es immer öfter wackelige Finanzierungen und in den Geschäftsbanken Angst vor Kreditausfällen.

Dennoch herrscht an den Börsen gute Stimmung vor. Davon profitieren laut Herrn Jordan aber in erster Linie die großen Werte. Im Small- und Mid-Cap-Bereich, mit denen mittelständische Wertpapierhändler eher Erträge generieren, sind die Umsätze hingegen stark zurückgegangen, was sich auch bei mwb im Handelsergebnis niederschlägt. Positiv ist hingegen zu werten, dass im Anleihehandel mit den steigenden Zinsen wieder steigende Umsätze zu verzeichnen sind.

Insgesamt gehen die Umsätze an den Börsen aber seit Anfang 2022 massiv zurück. Um das Geschäft breiter aufzustellen, wurde bei mwb deshalb schon Ende 2016 mit dem Aufbau des Segments Corporates & Markets der Weg der Ergebnisdiversifikation eingeschlagen, was sich als richtig erwiesen hat. Zwar waren zuletzt keine größeren Transaktionen zu verzeichnen. Jedoch fragen auch kleinere Unternehmen regelmäßig Dienstleistungen wie Kapitalerhöhungen, Aktienrückkäufe sowie Erwerbs- und Übernahmeangebote an.

Im vergangenen Jahr wurde das Angebot um eine neue Dienstleistung, das sogenannte Integrated Orderflow Management (IOM), ergänzt. Hierbei geht es Herrn Jordan zufolge um die Betreuung von Banken, Direktbanken und Neobrokern bei der reibungslosen Abwicklung ihrer Orderflows an in- und ausländischen Handelsplätzen. Erste Kunden konnten bereits angebunden werden und mit weiteren Interessenten steht der Vorstand im Austausch.

In diesem Zusammenhang griff Herr Jordan die Frage auf, inwieweit die mwb von dem Verbot des sogenannten Payment for Orderflow betroffen wäre, das im Jahr 2026 in Kraft treten soll. Nach seiner Einschätzung wäre das Geschäft vielleicht ein stückweit betroffen, aber nicht in großem Stil. Allerdings ist eine endgültige Aussage zu diesem Thema erst möglich, wenn die genaue Ausgestaltung der neuen Regelung bekannt ist, was bis heute nicht der Fall ist.

Insgesamt ist es zur Freude des Vorstands gelungen, das Geschäftsfeld Corporates & Markets gut im Markt zu etablieren und ein zweites Standbein zusätzlich zur Skontroführung aufzubauen. Im Geschäftsjahr 2022 steuerte das Segment mit einem siebenstelligen Ergebnis zwar weniger als im Vorjahr, aber doch ordentlich zum Gesamtergebnis bei.

Wesentliche Bedeutung hat für den Vorstand unverändert die Erschließung neuer Ertragsquellen, um die durch die stetig wachsenden regulatorischen Anforderungen steigenden Kosten auszugleichen. Während beim Personalaufwand mit einem stark leistungsbezogenen Vergütungsmodell gesteuert werden kann, ist dies bei den anderen Verwaltungsaufwendungen nicht möglich, da die Abwicklungs- und Bürokratiekosten seit Jahren überdimensional ansteigen. Auf dieses Thema ging sein Vorstandskollege später näher ein.

Des Weiteren teilte Herr Jordan mit, dass der Abwicklungspartner FlatexDegiro, vormals firmierend unter FinTechGroup AG, allen B2B-Kunden gekündigt hat. Es ist aber nicht so, dass die mwb jetzt eine neue Abwicklungsbank suchen müsste. Als vorteilhaft erweist sich nun, dass man vor eineinhalb Jahren noch einmal neue Verträge mit einer Laufzeit von fünf Jahren geschlossen und auf Managementebene besprochen hat, dass die Zusammenarbeit fortgeführt werden soll. Gleichwohl sollen in den kommenden Jahren dieses Thema betreffend neue Strukturen aufgebaut werden.

Aus der Tagesordnung griff Herr Jordan zum einen die anstehende Neuwahl des Aufsichtsrats heraus. Hier war vorgesehen, die bestehenden Mitglieder im Amt zu bestätigen. Als Grund für den vorgeschlagenen Wechsel des Abschlussprüfers von der BDO AG zur Dohm Schmidt Janka Revision und Treuhand AG nannte er, dass aus regulatorischen Gründen ein Partner benötigt wird, der noch besser auf das Geschäft von mwb fairtrade spezialisiert ist.

Weiterhin informierte der Vorstand, dass es sich bei der Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals um einen reinen Vorratsbeschluss handelt, nachdem die alte Ermächtigung ausgelaufen ist. Ebenso ist es bei der Ermöglichung virtueller Hauptversammlungen und der Teilnahme von Aufsichtsratsmitgliedern im Wege der Bild- und Tonübertragung. Herr Jordan versicherte, dass man von denen neuen Möglichkeiten, die das Aktiengesetz bietet, nur im Notfall Gebrauch machen werde. Das vorrangige Ziel wird immer sein, eine Präsenzveranstaltung anzubieten.

An dieser Stelle übernahm Carsten Bokelmann, der im Vorstand für die Bereiche Finanzen, Controlling und Wertpapierabwicklung sowie IT und Personal verantwortlich zeichnet. Wie er aufzeigte, konnte das Geschäftsjahr 2022 angesichts der deutlich schwierigeren Rahmenbedingungen erwartungsgemäß nicht an die beiden hervorragenden Vorperioden anschließen.

Das Provisionsergebnis ging um 40 Prozent auf 4,5 (Vorjahr: 7,5) Mio. Euro zurück. Beim Handelsergebnis, bei dem die Erträge zu 91 Prozent aus dem Wertpapierhandel stammen und zu 9 Prozent aus dem Geschäftsfeld Corporates & Markets, waren es sogar 49 Prozent auf 23,5 (45,8) Mio. Euro. Entsprechend reduzierte sich das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit vor Zuführung zum Fonds für allgemeine Bankrisiken auf 3,1 (22,4) Mio. Euro. Nach Dotierung des Fonds verbleibt ein Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit von 2,5 (19,0) Mio. Euro.

Herr Bokelmann konnte aber auch gute Nachrichten vermelden. So ist die Präsenz von mwb fairtrade im Markt mit knapp 46.000 Orderbüchern unverändert hoch. Zudem leisten die darin enthaltenen 25.000 Rentenskontren endlich wieder einen ordentlichen Beitrag zum Handelsergebnis. Im vergangenen Jahr haben sie immerhin rund 24 Prozent zum Handelsergebnis beigesteuert, womit die schwächeren Aktienmärkte zum Teil kompensiert werden konnte.

Grund zur Sorge sieht der Vorstand also nicht. Etwas Kopfzerbrechen macht ihm indes die Kostenseite. Zwar entwickelte sich der Personalaufwand dank der hohen variablen Vergütungskomponenten um 35 Prozent auf 8,8 (13,5) Mio. Euro rückläufig und damit in etwa wie das Provisionsergebnis. Die anderen Verwaltungsaufwendungen verringerten sich aber nur um 11 Prozent auf 15,1 (17,0) Mio. Euro. Insgesamt gingen die Allgemeinen Verwaltungsaufwendungen um 22 Prozent auf 23,9 (30,5) Mio. Euro zurück.

Nach Abzug der Steuern verbleibt ein Jahresüberschuss von 1,4 (12,4) Mio. Euro, was einen Rückgang von 89 Prozent bedeutet. Dies ist sicherlich eine enttäuschende Entwicklung. Wie Herr Bokelmann klarstellte, war es aber keineswegs selbstverständlich, dass die Berichtsperiode überhaupt mit einem positiven Jahresüberschuss abgeschlossen werden kann. Insofern dankte er dem gesamten Team für die geleistete Arbeit.

Wichtig war dem Vorstand zudem der Verweis auf die trotz der Ergebnisdelle unverändert hervorragenden finanziellen Rahmenbedingungen. Zwar ging das Eigenkapital auf 20,4 (29,4) Mio. Euro zurück, was aber allein der im vergangenen Jahr geleisteten Dividendenzahlung von in Summe 10,5 Mio. Euro geschuldet ist. Unter Hinzurechnung des Fonds für allgemeine Bankrisiken in Höhe von 14,7 (14,0) Mio. Euro errechnen sich die Eigenmittel mit sehr soliden 35 Mio. Euro. Der Fokus liegt darauf, dieses Polster zu erhalten und auszubauen.

Gleichwohl lautete der Vorschlag an die Hauptversammlung, den erwirtschafteten Gewinn nicht komplett zu thesaurieren, sondern bei einem Ergebnis je Aktie von 0,42 (2,99) Euro zumindest eine Dividende von 0,16 (1,40) Euro zur Ausschüttung vorzuschlagen, um die Aktionäre am Erfolg zu beteiligen. Dies bedeutet, wie Herr Bokelmann hervorhob, die achte Dividendenzahlung in Folge.

In diesem Zusammenhang merkte der Vorstand an, dass das Ergebnis noch besser ausgefallen wäre, wenn man nicht eine Abschreibung von 751 TEUR auf die Beteiligung von rund 1 Prozent am Neobroker nextmarkets AG vorgenommen hätte. Die mwb ist diese Beteiligung im Jahr 2021 eingegangen mit dem Ziel, eine operative Zusammenarbeit zu begründen und eventuell von einem IPO zu profitieren. Seither hat sich das Marktumfeld im Bereich der Neobroker aber dramatisch eingetrübt.

Unter diesen Bedingungen erwies sich die weitere Finanzierung als schwierig, weshalb Vorstand und Aufsichtsrat zunächst planten, die Gesellschaft zu liquidieren. Aus diesem Grund erschien es aus Sicht von mwb angezeigt, die Beteiligung abzuschreiben. Inzwischen haben sich die Pläne geändert und statt der Liquidation wird eine Fusion mit einem angelsächsischen Unternehmen angestrebt. Mit etwas Glück könnte nextmarkets damit doch noch erfolgreich und die Aktien werthaltiger werden. An der Abschreibung will der Vorstand dennoch festhalten.

Im Folgenden warf Herr Bokelmann einen Blick auf die mwb-Aktie, die sich in letzter Zeit enttäuschend entwickelt hat. Nachdem der Kurs bereits im vergangenen Jahr von rund 13 Euro auf 7 Euro deutlich nachgegeben hat, stehen aktuell nur noch knapp 4 Euro auf der Kurstafel, was nach Überzeugung des Finanzchefs schon mit Blick auf die regelmäßigen Dividendenzahlungen nichts mit der Realität zu tun hat. Er hält die Aktie auf diesem Niveau für unterbewertet.

Als eine Maßnahme, um das Papier attraktiver zu machen, sieht er die vorgeschlagene Umwandlung von Inhaber- in Namensaktien. Als wesentlichen Grund für dieses Vorgehen nannte er, dass es vor allem für ausländische Kunden mittlerweile unabdingbare Pflicht ist, zu wissen, wer bestimmenden Einfluss auf die mwb hat. Aus Aktionärssicht sind mit der Umstellung auf Namensaktien keine größeren Veränderungen verbunden.

Sodann kam Herr Bokelmann auf das laufende Jahr zu sprechen. In der ersten Jahreshälfte hat die mwb trotz eines anhaltend schwierigen Marktumfelds immerhin mit einem leicht positiven Ergebnis abgeschlossen. Es ist aber nicht gelungen, an die Vorjahreswerte anzuknüpfen.

Das Provisionsergebnis ging auf 1,7 (2,8) Mio. Euro weiter zurück, ebenso das Handelsergebnis auf 10,5 (13,8) Mio. Euro. Das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit vor Zuführung zum Fonds für allgemeine Bankrisiken errechnet sich mit 0,6 (3,7) Mio. Euro. Nach Abzug der aufwandswirksamen Zuführung und einer Steuerrückstellung ergibt sich ein Periodenüberschuss von 82 TEUR nach 1,8 Mio. Euro im entsprechenden Vorjahreszeitraum.

Herr Bokelmann stellte klar, dass Vorstand und Aufsichtsrat dieses Ergebnis keineswegs zufrieden stellt. Gleichwohl sieht er an dem immerhin noch positiven Ergebnis aufgezeigt, dass die mwb auch in einem anhaltend schwierigen Marktumfeld in der Lage ist, vernünftig zu wirtschaften. Positiv bewertet er ebenso die weiterhin hervorragende Eigenkapitalsituation mit Eigenmitteln von 35,4 Mio. Euro.

Wie es weitergeht, lässt sich nicht verlässlich prognostizieren. Herr Bokelmann sieht aber zumindest einige Tendenzen, die positiv stimmen. Er nannte an dieser Stelle die Inflation, die langsam unter Kontrolle zu sein scheint, sowie die jüngst veröffentlichten überraschend guten Unternehmensergebnisse in Deutschland und den USA. Wichtig ist außerdem, dass mit der Skontroführung für Rentenpapiere wieder Geld verdient wird. Damit gibt es in allen Geschäftsfeldern, in denen die mwb tätig ist, ein gewisses Potenzial, das noch gehoben werden kann.

Insgesamt ist der Vorstand überzeugt, dass das Unternehmen sehr gut aufgestellt ist, sowohl was die personelle Seite betrifft als auch die Organisation und die technische Infrastruktur. Damit sieht er die mwb auch vorbereitet dafür, dass nach einigen sehr guten Jahren jetzt wieder ein etwas rauerer Wind ins Gesicht weht. Und über die Jahre habe man auf jeden Wandel die richtige Antwort gefunden.


Allgemeine Aussprache

Sören Merkel von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) war sich etwas unschlüssig, wie er das Geschäftsjahr 2022 bewerten sollte. Allerdings war völlig klar gewesen, dass die fulminante Entwicklung der Vorjahre sich nicht ohne Weiteres fortschreiben lassen wird. Insofern könne man seiner Meinung nach unter dem Strich zufrieden sein.

Bedauerlich fand er jedoch, dass die Aktie so stark zurückgegangen ist. Seiner Auffassung nach handelt es sich inzwischen um eine Übertreibung nach unten. Allerdings kennen Aktionäre, die schon lange dabei sind, bereits die enormen Schwankungen, denen das Geschäft und der Aktienkurs unterliegen. Positiv bewertet er in diesem Kontext, dass der Vorstand über die Jahre gezeigt hat, dass er mit dem Markt umgehen und das Unternehmen stabil führen kann. Das gilt nach seiner Überzeugung auch für das neue Team. Insofern blickt der Aktionärsschützer durchaus zuversichtlich in die Zukunft.

Das Hauptthema von Herrn Merkel waren ebenso wie bei den beiden nachfolgenden Rednern die Situation bei den Kosten, die nicht so stark gesenkt werden konnten, wie dies angesichts des stark rückläufigen Geschäftsvolumens nötig gewesen wäre. Ursächlich sind, wie er den Ausführungen des Vorstands entnommen hatte, die stetig steigenden Bürokratiekosten. Er wollte wissen, wo der Vorstand noch Stellschrauben sieht, an denen man drehen könnte.

Wie Herr Jordan darlegte, ist die steigende Kostenquote logische Konsequenz aus den sinkenden Einnahmen. Es gibt nun einmal umfangreiche Fixkosten, die sich nicht parallel reduzieren lassen. Hinzu kommen in Zeiten hoher Inflation noch die absoluten Kostensteigerungen, die in dem wettbewerbsintensiven Markt nicht so einfach weitergegeben werden können. Die beste Möglichkeit, die Kostenquote wieder zu senken, wäre die Erschließung neuer Ertragsquellen.

Natürlich suche man auch nach weiteren Einsparmöglichkeiten. Ein wesentliches Thema sind laut Herrn Jordan die Kosten für Informationssysteme, die allerdings schon bedingt durch die Regulatorik nur begrenzt gesenkt werden können. Im Personalbereich bleibt der Vorstand ebenfalls zurückhaltend. Es wäre wenig sinnvoll, sich von guten Leuten zu trennen, nachdem die aktuelle Durststrecke irgendwann endet und es dann schwerfallen würde, wieder qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Es wäre eher ein Risiko, gute Leute zu verlieren.

Relativ hohe Kosten verursacht außerdem die auch historisch bedingte Mehrstandortstrategie, die sich nach Auffassung des Vorstands aber ausgezahlt hat. Denkbar wäre, dass es in Zukunft mehr in Richtung Homeoffice geht. Nach Einschätzung von Herrn Jordan ist es aber von Vorteil, wenn die Kollegen im gleichen Raum sitzen und sich austauschen können. Im Übrigen gilt es in diesem Zusammenhang die Vorgaben der BaFin zu beachten. Gleichwohl ist der Vorstand überzeugt, dass mit der Erschließung neuer Order-Flow-Quellen auch wieder ertragreichere Zeiten kommen werden.

Ein weiteres Thema der Debatte waren die hohen Abschreibungen auf die Beteiligung an der nextmarkets AG. Wie Herr Merkel den Ausführungen des Vorstands entnommen hatte, ist das Geld immerhin noch nicht ganz verloren. Ihn interessierte, wie mit dieser Beteiligung weiter verfahren werden soll. Er konnte sich vorstellen, dass ein Verkauf an den neuen Investor sinnvoll wäre. Nach Meinung von Aktionär Ekkehard Stauffenberg war es ein Fehler gewesen, dieses Investment überhaupt einzugehen.

In seiner Antwort versicherte Herr Bokelmann, dass man diese Beteiligung keineswegs blauäugig eingegangen sei. Dem Vorstand war bewusst gewesen, dass der Aufbau eines Neobrokers ein sehr kapitalintensives Unterfangen ist. Letztlich sind die Pläne nun leider nicht aufgegangen. Wenn es gut gelaufen, mwb fairtrade aber nicht dabei gewesen wäre, hätte man dies aber ebenso erklären müssen. Es gibt in diesem Bereich schließlich auch herausragende Erfolgsbeispiele wie Trade Republic.

Nach Einschätzung von Herrn Jordan hätte der Aufbau der nextmarkets AG vermutlich funktioniert, wenn nicht der Markt für Startups mit den steigenden Zinsen komplett zusammengebrochen wäre. Viele Unternehmen sind in die Insolvenz gegangen, weil es kaum noch möglich war, Kapital einzusammeln. Dass es nextmarkets noch gibt, ist wesentlich der Unterstützung durch die Großaktionäre zu verdanken.

Verkaufen wolle man die Beteiligung nicht. Herr Jordan sieht das Investment aktuell eher als Option. Vielleicht kommt es auch wieder zu einer Wertaufholung. Die Risiken sind nach der Komplettabschreibung weg. Der Vorstand will jetzt erst einmal abwarten.

Des Weiteren interessierte den DSW-Vertreter, inwieweit das Thema künstliche Intelligenz (KI) in der Branche eine Rolle spielt. Nach Auskunft von Herrn Bokelmann setzt sich der Vorstand mit diesem Thema durchaus auseinander. Stand heute sind bereits viele Handelspraktiken basierend auf Algorithmen automatisiert. Wie es weitergeht, ist auch abhängig von der Regulatorik. Es ist aber davon auszugehen, dass das Thema KI mittel- und langfristig Einfluss auf die Produkte haben wird. Wie genau, lässt sich noch nicht sagen.

Im Geschäftsbericht hatte Herr Merkel von Abwertungen von Einzelhandelspositionen in Rentenpapieren gelesen. Befragt nach ergänzenden Informationen erläuterte Herr Jordan, dass es sich um zwei Positionen handelt. Neben dem Handelsbestand, der sich naturgemäß immer in den Büchern findet, wurden auch Rentenpapiere als Sicherheit hinterlegt. Mit den massiv steigenden Zinsen kam es bei beiden Positionen zu Kursverlusten, die berücksichtigt werden mussten. Ausgehend vom aktuellen Stand sieht der Vorstand nun eher wieder Aufholpotenzial.

Zum Designated Sponsoring informierte Herr Jordan auf Nachfrage des Aktionärsschützers, dass die mwb in diesem Bereich aktuell rund 70 Werte betreut, woraus Einnahmen aus Gebühren in Höhe von etwa 1,3 Mio. Euro resultieren. Im Optimalfall kommt noch ein Handelsertrag dazu. Es handelt sich aber natürlich um ein risikobehaftetes Geschäft. Über die Jahre ist es indes recht gut gelungen, Verluste zu vermeiden. Interessant ist das Designated Sponsoring auch nicht unbedingt allein, sondern eher wegen der Cross-Selling-Möglichkeiten, die sich aus dem stetigen Dialog mit den Emittenten eröffnen.

Des Weiteren thematisierte Herr Merkel die vorgeschlagene Umwandlung von Inhaber- in Namensaktien. Er konnte sich vorstellen, dass sich der Vorstand daraus auch Aufschluss über Veränderungen in der Aktionärsstruktur erhofft. Nach Aussage von Herrn Bokelmann gibt es keine Pläne, irgendwelche Auswertungen vorzunehmen. Tatsächlich ist der einzige Grund, dass Namensaktien insbesondere im angelsächsischen Bereich aufgrund der strengen Geldwäschevorschriften praktisch eine Voraussetzung für die Gewinnung neuer Kunden sind.

Herr Stauffenberg bat um zusätzliche Erläuterungen zu den verbrieften Verbindlichkeiten von immerhin 12,8 Mio. Euro, die aus der Begebung einer börsennotierten Umtauschanleihe resultieren. Immerhin entspricht dies einem Viertel der Bilanzsumme, woraus seiner Meinung nach hohe Risiken entstehen könnten, zumal die Anleihe offenbar in bestimmten Aktien zurückgezahlt werden soll.

Wie Herr Jordan versicherte, ist dies nicht der Fall. Die Aktien, die am Ende der Laufzeit an den Anleiheinhaber ausgegeben werden, sind bereits eins zu eins abgebildet. Das Gesamtengagement führt aus Sicht von mwb lediglich zu einer vorübergehenden Bilanzverlängerung. Die Marge, die aus dieser Transaktion resultiert, wurde bereits in der Gewinn- und Verlustrechnung verarbeitet. Aus dem Engagement entstehen weder Risiken noch eröffnen sich zusätzliche Ertragspotenziale.

Aktionär Wolfgang Zuber hielt es für sinnvoll, über die Übernahme eines schwächelnden Mitbewerbers nachzudenken. Die wachsende Größe würde sich ebenfalls positiv auf die Kostenstruktur auswirken.

Wie die Vorstandsmitglieder ausführten, gibt es in dieser Hinsicht aktuell keine Pläne. Die Kostensynergien wären auch begrenzt, nachdem die mwb bereits gut aufgestellt ist. Wenn es sinnvolle Ansätze geben würde, würden Vorstand und Aufsichtsrat dies natürlich prüfen. Sinnvoll könnte eine Partnerschaft vielleicht sein, wenn es in Zukunft nötig wäre, das kapitalintensive Abwicklungsgeschäft in die eigene Hand zu nehmen. Aktuell gibt es aber keine Pläne. Nach Überzeugung von Herrn Jordan ist mwb fairtrade gut aufgestellt, um allein am Markt erfolgreich zu sein.


Abstimmungen

Herr Mühlbauer verkündete die Präsenz mit 5.116.088 Aktien. Bezogen auf das gesamte Grundkapital von 7.473.700 Euro, eingeteilt in ebenso viele Aktien, entsprach dies einer Quote von 68,45 Prozent. Alle Beschlüsse wurden mit Zustimmungsquoten über 99 Prozent gefasst.

Im Einzelnen waren dies die Dividende von 0,16 Euro (TOP 2), die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), die Bestellung der Dohm Schmidt Janka Revision und Treuhand AG zum Abschlussprüfer (TOP 5), die Wiederwahl von Thomas Mühlbauer, Hendrik Janssen und Dr. Erik Lüders in den Aufsichtsrat (TOP 6), die Umwandlung von Inhaber- in Namensaktien (TOP 7), die Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals (TOP 8) sowie die Änderung der Satzung zur Ermöglichung von virtuellen Hauptversammlungen (TOP 9) und der Teilnahme von Aufsichtsratsmitgliedern an der Hauptversammlung im Wege der Bild- und Tonübertragung (TOP 10).

Nach etwas mehr als drei Stunden war die Versammlung beendet.


Fazit

Erwartungsgemäß setzte sich die fulminante Entwicklung der mwb fairtrade AG in den beiden Vorperioden im Geschäftsjahr 2022 nicht fort. In dem spürbar eingetrübten Marktumfeld gingen das Provisions- und Handelsergebnis deutlich zurück. Das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit sackte gegenüber dem Rekordwert aus 2021 um mehr als 80 Prozent ab. Dennoch wird, obwohl zusätzlich noch eine Abschreibung auf die Beteiligung an der nextmarkets AG vorgenommen wurde, weiterhin ein positives Ergebnis ausgewiesen.

Wichtig ist in dem aktuell sehr unsicheren Umfeld, dass die finanziellen Rahmenbedingungen weiterhin sehr solide sind. Unter Hinzurechnung des Fonds für allgemeine Bankrisiken errechnen sich die Eigenmittel mit 35 Mio. Euro oder 4,68 Euro je Aktie. Dieses üppige Polster soll erhalten und möglichst noch ausgebaut werden. Gleichwohl beschloss die Hauptversammlung die Zahlung einer reduzierten Dividende von 0,16 Euro, um die Aktionäre am Erfolg zu beteiligen. Dies bedeutet die achte Dividendenzahlung in Folge.

Die mwb-Aktie hat parallel zu der deutlich rückläufigen Ergebnisentwicklung zuletzt massiv an Wert verloren. Aktuell wird nur noch ein Kurs von 3,60 Euro aufgerufen, was einer Marktkapitalisierung von 26 Mio. Euro entspricht. Damit notiert die Aktie weit unter dem Eigenkapital, was trotz der Ergebnisdelle stark übertrieben erscheint. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass früher oder später auch wieder mehr verdient werden kann. Die Aktie dürfte auf dem sehr niedrigen Niveau bald einen Boden finden und sollte dann wieder über Aufwärtspotenzial verfügen.


Kontaktadresse

mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG
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Ansprechpartnerin Investor Relations

Bettina Schmidt

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Hinweis: Der Verfasser ist Aktionär der beschriebenen Gesellschaft.
 



Veröffentlichungsdatum: 28.07.2023 - 08:25
Redakteur: mwa
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