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HV-Bericht PSI Software SE - Veränderungen beim Softwarekonzern – Führungswechsel und Umwandlung in SE beschlossen

Zu ihrer diesjährigen Hauptversammlung hatte die PSI Software AG ihre Anteilseigner am 23. Mai 2023 in das Panorama Congress Center (PCC) im Wernerwerk in Berlin eingeladen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Karsten Trippel begrüßte über 100 Aktionäre, Gäste und Vertreter der Presse, darunter Alexander Langhorst von GSC Research. Nach Erläuterung der üblichen einleitenden Hinweise und Formalien informierte er über die jüngst bekanntgegebenen personellen Änderungen im Vorstand.

Wie in der ad-hoc-Meldung vom 15. Mai 2023 bekanntgegeben, wurde Dipl.-Ing. Robert Klaffus zum weiteren Mitglied des Vorstands der Gesellschaft bestellt und soll seine Tätigkeit in der zweiten Jahreshälfte 2023 aufnehmen. Nach einer entsprechenden Einarbeitungs- und Übergangszeit bis voraussichtlich zum Jahresende 2023 soll Herr Klaffus den Vorstandsvorsitz von Dr. Harald Schrimpf übernehmen, der dann sein Amt nach einer Dauer von über 20 Jahren an der Unternehmensspitze vorzeitig niederlegen wird.

Herr Trippel danke Dr. Schrimpf für dessen Wirken bei der PSI Software AG, in seiner Amtszeit habe dieser sehr wichtige Weichen für die Zukunft und das Wachstum des Unternehmens gestellt. Die Leistung wird laut Trippel unter anderem daran sichtbar, dass sich etwa die Marktkapitalisierung der PSI Software AG während seiner Amtszeit von 10 auf inzwischen rund 450 Mio. Euro vervielfacht hat. Ferner dankte der Versammlungsleiter dem scheidenden Vorstandschef für dessen Unterstützung bei der Umsetzung des Nachfolgeprozesses, was ebenso wie die Nennung seiner Leistungen vom Aktionariat mit Applaus bedacht wurde.

Vor Eintritt in die Tagesordnung gab der Aufsichtsvorsitzende dem künftigen Vorstandsvorsitzenden noch die Gelegenheit, sich den Aktionären kurz persönlich vorzustellen. Herr Klaffus ist 43 Jahre als, stammt aus Berlin und war in seinem bisherigen Berufsleben überwiegend im Siemens-Konzern in verschiedenen Funktionen tätig. Aktuell befindet er sich nach einer Angabe im „Stand-by-Modus“ und freut sich, bereits im Laufe der zweiten Jahreshälfte seine Tätigkeit bei PSI aufnehmen zu können. Zudem werde er die Hauptversammlung komplett verfolgen und bot den Anteilseignern an, gerne mit Fragen direkt auf ihn zuzukommen.

Nach Abhandlung weiterer Formalien zum Versammlungsablauf erteilte Herr Trippel dann dem Vorstandsvorsitzenden das Wort.


Bericht des Vorstands

Nach Begrüßung der Teilnehmer gab PSI-Chef Dr. Schrimpf einleitend einen kleinen Überblick über die Geschäftsfelder und die verfolgte Geschäftsstrategie des Unternehmens. PSI entwickelt seit nunmehr über 50 Jahren Softwareprodukte und Lösungen für die Bereiche Energie und Materialströme in der Industrie und bei Infrastrukturbetreibern. Besonders stark ausgeprägt ist die Marktstellung im Bereich der Energie- und Wärmenetze. Zudem verfügen die Softwarelösungen von PSI seit über zehn Jahren über industrietaugliche KI-Komponenten. Der Markt wird dabei von 13 inländischen und 16 internationalen Standorten betreut und damit ist PSI in allen relevanten Märkten durch Vertriebs- und Serviceenter präsent.

Auf das Energiesegment entfallen 53 Prozent des Geschäftsvolumens. Den Schwerpunkt bilden dabei Strom- und Verbundnetze mit einem Anteil von 37 Prozent. Auf Gasnetze und Pipelines entfallen 6 Prozent, wobei man hier auf dem deutschen Markt über einen Marktanteil von 100 Prozent verfügt. Weitere 3 Prozent der Erlöse stammen aus dem Bereich des Energiehandels und weitere 7 Prozent aus dem Bereich Personentransport. Auf das Segment Produktionsmanagement entfallen die übrigen 47 Prozent der Erlöse. Schwerpunkt bildet dabei mit 22 Prozent der Bereich Metallerzeugung, gefolgt vom Anlagen-und Maschinenbau mit 15 Prozent und Logistics mit 10 Prozent. Der größte Teil der angebotenen Lösungen basiert bereits auf der PSI-Softwareplattform, welche erhebliche Vorteile bei der Leistungsfähigkeit der genutzten Software und eine verbesserte und vereinfachte Implementierung beim Kunden bietet.

Im Berichtsjahr hat sich der Auftragseingang im Vorjahresvergleich um 4,9 Prozent auf 253 (Vorjahr: 266) Mio. Euro verringert. Entsprechend reduzierte sich der Auftragsbestand zum Jahresende auf 155 (160) Mio. Euro. Betrachtet man das Verhältnis von Auftragseingangsvolumen zum Umsatz, so kann nach Vorstandsangabe vereinfacht gesagt werden, dass dieser in etwa einem Jahresumsatz entspricht. 2022 kletterte der Umsatz leicht auf 247,9 (245,5) Mio. Euro. Regional betrachtet war in Deutschland ein deutlicher Rückgang auf 139,0 (151,5) Mio. Euro zu verzeichnen, während die Umsatzerlöse im Ausland auf 108,9 (94,1) Mio. Euro zulegen konnten. Diese gliederten sich im Wesentlichen auf in 51 (44) Mio. Euro in Europa und 23 (17) Mio. Euro in den USA sowie unverändert 16 Mio. Euro in Osteuropa. Zum US-Geschäft merkte der PSI-Chef erfreut an, dass hier das Volumen in den vergangenen zwei Jahren insgesamt verdoppelt werden konnte. Auch die weiteren Aussichten dort sind positiv zu bewerten. Nicht zuletzt durch den „Inflation Reduction Act“ ist dort eine regelrechte Renaissance in Bezug auf die Errichtung neuer Industrieanlagen und Stahlwerke zu beobachten, aus denen sich weitere Chancen auch für PSI ergeben.

Unschöne Entwicklungen waren jedoch in Bezug auf die Aktivitäten in Russland und auch China zu verzeichnen. Mit Blick auf die Entwicklungen in der Ukraine und den Angriff von Russland auf sein Nachbarland hat man das Geschäft dort eingestellt. In der Vergangenheit hatte PSI hier eine gute Marktposition und es standen auch für 2022 und die Folgejahre weitere Projekte mit Unternehmen wie etwa Gazprom im Raum. Aus dem Rückzug aus Russland ergibt sich eine Belastung nach Steuern auf der Ergebnisseite von PSI in Höhe von 7,1 Mio. Euro. Hierbei handelt es sich jedoch um einen rein buchhalterischen und nicht cashwirksamen Vorgang. In China macht sich ein für ausländische Anbieter immer unattraktiver werdendes Marktumfeld bemerkbar. Dies gilt laut Dr. Schrimpf leider auch für die Zahlungsmoral von dortigen Kunden. So wurde eine Forderung in Höhe von 2,5 Mio. Euro gegen die Hebai Steel Corp, einen Konzern mit sieben modernen Stahlwerken, vorsorglich wertberichtigt.

Betrachtet man die Entwicklung der beiden Segmente, so ist im Energiemanagement ein Rückgang der Segmenterlöse um 5,6 Prozent auf 130,4 (138,1) Mio. Euro zu verzeichnen. Dies ist vor allem auf den Bereich Elektrische Energie zurückzuführen. Im Geschäft mit den Stadtwerken kam es zu erheblichen Kostenüberschreitungen infolge der Redispatch 2.0 Regulierung, die zu einem erheblichen Mehraufwand bei PSI geführt hat. Das Segment-EBIT verringerte sich entsprechend auf 1,4 (9,7) Mio. Euro.

Deutlich zulegen konnte indes der Umsatz im Segment Produktionsmanagement. Der Anstieg erreichte hier 9,4 Prozent auf 117,5 (107,4) Mio. Euro. Wesentliche Wachstumstreiber waren hier die Metallerzeugung, die polnische Tochtergesellschaft mit ihren inzwischen über 400 Mitarbeitern und das KI-Softwaregeschäft. Das Segment EBIT verbesserte sich auf 20,2 (16,4) Mio. Euro.

Auf Ebene des Konzerns erreichte das EBITDA einen Wert von 34,0 (37,9) Mio. Euro, das EBIT verringerte sich auf 20,2 (25,1) Mio. Euro und das Jahresergebnis auf 9,7 nach zuvor 15,9 Mio. Euro. Beim Rückgang gegenüber dem Vorjahresniveau sind jedoch die beschriebenen einmaligen Belastungen aus Russland und China entsprechend mit zu beachten. Das Ergebnis je PSI-Aktie erreichte 0,62 (1,01) Euro.

Bilanziell sieht Dr. Schrimpf die Gesellschaft weiterhin solide aufgestellt. Die Eigenkapitalquote liegt bei 43,7 (40,4) Prozent, die im Berichtsjahr erzielte Eigenkapitalrendite erreichte einen Wert von 8,2 nach zuvor 13,8 Prozent. Angesichts dieser Ausgangslage schlagen Vorstand und Aufsichtsrat der Hauptversammlung die Ausschüttung einer unveränderten Dividende von 0,40 Euro je Aktie vor.

Neben den bereits beschriebenen Megatrends, von denen PSI profitieren will, ergibt sich laut Vorstandschef auch aus der weitgehenden Umsetzung der Plattformstrategie bei der Software und den Lösungen erhebliches Potenzial für die Zukunft. Gehoben wird dieses auch durch den 2022 gestarteten App-Store von PSI. Hier können Kunden die Lösungen einfach erwerben und entsprechend ihren eigenen Bedarf recht einfach und ohne aufwändige Implementierungsberatung oder Implementierungsleistung von PSI in ihre Abläufe integrieren. Dieser Ansatz ist sowohl für die Endnutzer selber als auch für deren Implementierungspartner attraktiv. Aus Sicht von PSI ergeben sich hierdurch ebenfalls erstmals ganz erhebliche Skalierungsmöglichkeiten, die im bisherigen klassischen Geschäftsansatz ohne die plattformbasierten Lösungen nicht darstellbar gewesen wären. Mit dem Start dieses neuen Vertriebsansatzes, der das bestehende Geschäft ergänzt, zeigte sich Dr. Schrimpf bereits recht zufrieden. 2022 konnten auf diese Weise bereits Umsatzerlöse von 7,5 Mio. Euro realisiert werden.

Für die kommenden Jahre erwartet er hier ein signifikantes weiteres Wachstum. So wird für 2023 eine Umsatzgrößenordnung von rund 10 Mio. Euro erwartet. Diese soll sich 2024 auf 19 Mio. Euro, 2025 auf 37 Mio. Euro und 2026 auf 70 Mio. Euro erhöhen. Dank des sehr geringen eigenen Aufwands und der sehr hohen Skalierbarkeit dieses Modells sind hier zudem sehr hohe EBIT-Beiträge realisierbar.

Der Start ins laufende Geschäftsjahr ist insbesondere beim Auftragseingang bereits sehr erfreulich verlaufen. Dieser verbesserte sich gegenüber dem Vorjahr um deutliche 19,2 Prozent auf 118 (99) Mio. Euro. Der Auftragsbestand kletterte in der Folge entsprechend um 5 Prozent auf 212 (202) Mio. Euro. Der Umsatz im ersten Quartal verbesserte sich leicht auf 58,2 (58,0) Mio. Euro. Im Segment Energiemanagement war ein Rückgang der Erlöse auf 29,4 (31,9) Mio. Euro zu verzeichnen, der Bereich Produktionsmanagement konnte indes auf 28,8 (26,1) Mio. Euro zulegen. Erfreulicherweise hat sich der Anteil der Festpreisgeschäfte im ersten Quartal 2023 deutlich reduziert. Das EBIT im ersten Quartal 2023 liegt bei 4,0 (4,5) Mio. Euro. Neben Belastungen aus langlaufenden Festpreisgeschäften mit Stadtwerken hatten sich hier auch einmalige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Umwandlung in eine SE belastend ausgewirkt. Unter dem Strich ergibt sich ein Periodenergebnis von 3,28 (2,57) Mio. Euro oder 0,21 (0,16) Euro je Aktie.

Für das Gesamtjahr 2023 zeigte sich Dr. Schrimpf zuversichtlich, die ausgegebene Guidance auch zu erreichen. Konkret wird mit einem Konzernumsatz von mindestens 273 Mio. Euro gerechnet. Das geplante EBIT gab Dr. Schrimpf mit 25 Mio. Euro an.


Allgemeine Aussprache

Als erster Redner meldete sich Michael Kunert als Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) zu Wort und zeigte sich einleitend erfreut darüber, dass die PSI Software AG in diesem Jahr wieder zum Format der Präsenzhauptversammlung zurückgekehrt ist. Mit Blick auf die in der Tagesordnung erbetene Ermächtigung zur Abhaltung von virtuellen Hauptversammlungen zeigte sich der Aktionärsschützer wenig begeistert und kündigte an, hier mit „nein“ zu votieren. Zudem interessierte ihn, unter welchen Umständen die Verwaltung von dieser Ermächtigung Gebrauch machen will. Nach Auskunft von Aufsichtsratschef Trippel möchte man hier von den vom Gesetzgeber geschaffenen Möglichkeiten Gebrauch machen, um flexibel reagieren zu können. In seiner Antwort machte er jedoch kein Hehl daraus, dass er selbst kein Freund virtueller Hauptversammlungen ist.

Nachfragen hatte Herr Kunert wie auch weitere Redner im Zusammenhang mit dem Ausscheiden von Dr. Schrimpf per Jahresende 2023 und der Bestellung seines Nachfolgers. Dabei interessierte den Aktionärsschützer besonders, warum der Vertrag mit dem derzeitigen Vorstandsvorsitzenden noch 2022 bis ins Jahr 2026 verlängert worden ist. Der Aufsichtsratsvorsitzende führte hierzu aus, dass der Prozess zur Nachfolge von Dr. Schrimpf 2022 in die Wege geleitet worden ist und man davon ausgegangen ist, dass hierfür mit einem längeren Zeitraum bei der Suche nach einer geeigneten Persönlichkeit zu rechnen sei. Um weiterhin Planungssicherheit zu haben und eine reibungslose Übergabe nebst möglicher Einarbeitung sicherzustellen, wurde der Vertrag mit Dr. Schrimpf entsprechend für einen längeren Zeitraum verlängert. Dass mit Robert Klaffus nun doch vergleichsweise zügig ein geeigneter Kandidat für die Übernahme des Vorstandsvorsitzes gefunden werden konnte, war nach seiner Angabe im Vorfeld so nicht zu erwarten gewesen. Aufgrund bestehender Verpflichtungen aus einem vorherigen Dienstverhältnis ist allerdings derzeit noch nicht ganz klar, zu welchem Zeitpunkt Herr Klaffus seine Tätigkeit für PSI aufnehmen darf.

Angesprochen auf die künftige Struktur des Vorstands mit dauerhaft drei Vorstandsmitgliedern führte Herr Trippel aus, dass auch nach dem perspektivischen Ausscheiden von Dr. Schrimpf ein insgesamt drei Personen umfassender Vorstand beibehalten werden soll. Darin sollen die Funktionen Vorstandsvorsitzender (CEO), Finanzvorstand (CFO) und ein weiterer Vorstand mit besonderem Fokus auf das Thema Technik (CTO) abgebildet werden. Entsprechende Überlegungen für in Frage kommende Kandidaten laufen bereits.

Mit Blick auf die vorgeschlagene unveränderte Dividende von 0,40 Euro merkte der SdK-Sprecher an, dass er dies begrüßt und sich die Gesellschaft dies auch trotz des Ergebnisses aus 2022 durchaus leisten kann. Nach Aussage von Dr. Schrimpf trifft dies zu. Etwaige Überlegungen, eine Rücknahme auf z.B. 0,30 Euro vorzunehmen, hat man verworfen und sich bewusst für die Kontinuität bei der Ausschüttungshöhe entschieden.

Nähere Details interessierten Herrn Kunert auch zur vorgesehenen Wahl des Wirtschaftsprüfers. Hier interessierten ihn die Hintergründe, da der letzte Wechsel erst wenige Jahre zurückliegt. Finanzvorstand Glöckner antwortete hierzu, dass ein turnusmäßiger Wechsel nach drei Jahren noch nicht erforderlich ist und man gemäß Empfehlungen hier noch weitere Jahre hätte zusammenarbeiten können. Wesentlicher Grund ist, dass man festgestellt hat, dass die Strukturen eines Big-Four-Abschlussprüfers nicht so richtig zur mittelständisch geprägten Struktur von PSI passen. Diese Unternehmen prüfen die großen DAX-Konzerne und sind dabei andere Prozesse und Strukturen bei den geprüften Unternehmen und deren Organisation gewohnt, als dies bei Mittelständlern üblich ist. Zudem besteht auch das Risiko einer nicht so gut kalkulierbaren zeitlichen Verfügbarkeit der Prüfer angesichts bestehender anderer, noch weitaus größerer Prüfmandate. Der Finanzchef betonte, dass der Wechsel auch nicht mit irgendwelchen Dissonanzen zusammenhängt. Mit Ebner Stolz, zeigte er sich überzeugt, liegt ein guter und überzeugender Wahlvorschlag an die Hauptversammlung auf dem Tisch und er bat die Aktionäre, diesem zuzustimmen.

Weitere Fragen befassten sich mit dem ebenfalls vorgeschlagenen Formwechsel der PSI Software AG in die Rechtsform einer SE. Hierzu antwortete Dr. Schrimpf, dass man mit dem Wechsel der Rechtsform unterstreichen möchte, dass insbesondere die Einheiten außerhalb des deutschen Heimatmarktes immer mehr Bedeutung im Konzern gewinnen. Explizit hob er hier die polnische Tochtergesellschaft hervor. Ein weiterer Vorteil ist, dass man sich auf die Weise auch in Zukunft die mittelständischen Arbeitsprozesse im Entscheidungsprozess in der Kapitalgesellschaft sichert. Zudem betonte er, dass über die gesetzlichen Vorgaben die Mitbestimmungsrechte der Mitarbeiter in der EU und dem EWR gewahrt bleiben, was etwa 90 Prozent der gesamten Belegschaft entspricht.

In Bezug auf weitere Chancen und Risiken im Chinageschäft wollte der Aktionärsschützer wissen, wie hier die geopolitischen Risiken gesehen werden und wie künftige Abschreibungen auf Forderungen hier vermieden werden können. Dr. Schrimpf wies in seiner Antwort darauf hin, dass sich das Chinageschäft bis vor einigen Jahren recht erfreulich gestaltete, in den letzten Jahren aber ein zunehmend restriktiverer Umgang mit ausländischen Lieferanten gepflegt wird. Dies macht sich leider auch bei der Zahlungsmoral bemerkbar, die mutmaßlich gegenüber inländischen Marktbegleitern von PSI besser ausfällt.

Eine denkbare zwangsweise Abschaltung der Software bei Nichtbezahlung ist nach seiner Angabe aber leider nicht zulässig und wäre auch angesichts der sich in einem solchen Fall ergebenden massiven Folgen vermutlich nicht durchzuhalten. Zudem wäre in einem solchen Fall unklar, ob nicht mit Schadensersatzrisiken zu rechnen wäre. Zulässig ist es allerdings, etwa einen alle paar Sekunden erscheinenden Hinweis einzuspielen, dass für die Nutzung der Software noch nicht gezahlt wurde und dies nachzuholen ist – verbunden mit der Notwendigkeit, dass der Anwender diesen Hinweis stets manuell wegklicken muss. Besondere Chancen in den kommenden Jahren sieht der Vorstandschef im Reich der Mitte nicht. Vielmehr liegt der geschäftliche Fokus auf anderen, weitaus spannenderen Märkten.

Auf die Frage nach den Perspektiven etwa auf dem US-Markt betonte der Vorstandsvorsitzende, dass man von den Maßnahmen zur Steigerung der dortigen Standortattraktivität profitieren wird. Dies gilt nicht nur für die Errichtung von neuen Industrieanlagen wie etwa Stahlwerken, bei denen Softwarelösungen von PSI zum Einsatz kommen. Auch im Bereich der Software für Stromnetze sieht Dr. Schrimpf auf dem dortigen Markt erhebliche Chancen für PSI. Angesichts der Erfahrungen aus dem „Freilandlabor für Erneuerbare Energien“ in Deutschland ist man sehr gut darin, mit den hierdurch erzeugten Spannungsschwankungen umzugehen. In den Neuenglandstaaten ist man auch bereits involviert, dort ist die Errichtung einer Vielzahl von Offshore-Windkraftkapazitäten geplant, aus denen sich entsprechende Herausforderungen für das Management der Stromnetze und der Netzstabilität ergeben. Auf dem US-Markt sollte sich auch eine Zusammenarbeit mit Siemens Energy bei weiteren neuen Projekten positiv auswirken, Gespräche hierzu wurden aufgenommen.

In Bezug auf Fragen zu noch bestehenden Hausaufgaben bei der Anpassung der Software auf die spezifischen Bedürfnisse des US-Marktes wies Dr. Schrimpf darauf hin, dass man aktuell insbesondere noch keine ausreichenden Erfahrungen etwa aus Ereignissen wie Tornados usw. besitzt, die bekanntermaßen in den USA jedoch öfters vorkommen und ebenfalls zu erheblichen Netzbeeinträchtigungen führen können, die es zu managen gilt. Entsprechend sind hier die nötigen Anpassungen vorzunehmen.

Sowohl Herr Kunert als auch weitere Redner interessierten sich für weitere Informationen im Zusammenhang mit den im Berichtsjahr entstandenen Herausforderungen im Geschäft mit den Stadtwerken, welche letztlich zu Anpassungen der Prognose geführt haben. Hierzu erläuterte der PSI-Chef, das im Zuge des sog. „Redispatch 2“ seitens der Bundesnetzagentur eine Reihe von Änderungen bei der vorrangigen Einspeisung von Strom aus Erneuerbaren Energien und KWK-Anlagen verfügt worden sind. Hierbei geht es im Wesentlichen darum, dass Regelungen, die bisher nur auf Ebene der Höchstspannungsnetze zutrafen, nunmehr netzübergreifend zu erfolgen haben und damit erstmals auch die Niederspannungsnetze der regionalen Stromversorger und Stadtwerke hiervon betroffen gewesen sind.

Wesentlicher Grund für die aufgetretenen Probleme und Schwierigkeiten war dabei laut Dr. Schrimpf, dass bis kurz vor finaler Einführung noch insgesamt 110 Änderungen am ursprünglich vorgelegten Mechanismus erfolgten und diese umzusetzen waren. Damit hat sich der Aufwand bei der Abarbeitung der Projekte massiv erhöht. Um die Kunden bei der vorgeschriebenen Umsetzung bestmöglich zu unterstützen, ist man hier zunächst in Vorleistung gegangen, ohne sich den Mehraufwand bereits im Vorfeld von diesen absegnen zu lassen. Hierzu war nach seiner Angabe schlichtweg keine Zeit. Aufgrund der Verpflichtung zur Umsetzung von Redispatch 2.0 hätten die betreuten Kunden auch gar keine Wahlmöglichkeit gehabt, so dass man sich dafür entschieden hat, zunächst die Umsetzung bestmöglich zu gestalten und dann die Gespräche und Vereinbarungen über die Bezahlung der zusätzlich zum ursprünglich gedachten Leistungsumfang erbrachten Arbeiten im Nachgang mit den Kunden zu vereinbaren und zu verrechnen.

Auch mit Blick auf die Reputation von PSI wäre eine andere Vorgehensweise nicht realistisch gewesen. Für den Fall, dass etwas schiefgelaufen wäre oder sich die Umsetzung bei den Kunden verzögert hätte und es zu Ausfällen gekommen wäre, wäre zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung PSI als Anbieter der Steuerungssoftware dafür verantwortlich gemacht worden. Letztlich ist es auch gelungen, dies erfolgreich in den betreuten Projekten zu realisieren. Die Realisierung der erbrachten zusätzlichen Leistungen ist Gegenstand des aktuellen Jahres, die entsprechenden nachlaufenden Gespräche mit den Kunden finden statt und Dr. Schrimpf zeigt sich zuversichtlich, einen erheblichen Teil der erbrachten Vorleistungen auf der Umsatz- und damit auch der Ergebnisseite zu realisieren.

Der frühere langjährige Finanzvorstand Harald Fuchs bezeichnete den vorgeschlagenen Wechsel des Wirtschaftsprüfers aus seiner Sicht als sinnvoll und unterstützt diesen. Ferner interessierte er sich unter anderem dafür, in welchem Umfang noch margenschwache Projekte im Bestand sind und auf welchen Betrag sich der sog. „Overrun“ in etwa beziffern lässt. Das erfrage Volumen bezifferte der PSI-Chef auf rund 10 Mio. Euro. Auswirkungen aus margenschwachen Projekten verteilen sich dabei auf die Geschäftsjahre 2022 und 2023.

Befragt danach, wann alle Softwarelösungen aus dem Angebot von PSI auf der neuen Plattform laufen, antwortete Dr. Schrimpf, dass man hier einen sehr guten Schritt vorangekommen ist. Aktuell ist im Bereich der Software im Energiebereich aber noch Arbeit zu erledigen. Wie schnell diese abgeschlossen ist, hängt nach seiner Angabe davon ab, wie viele Ressourcen zur Verfügung stehen und eingesetzt werden können. Er selbst plädierte dafür, dies schnell voranzutreiben und abzuschließen. Dies ist auch wichtig, um mit wettbewerbsfähigen Lösungen auf dem US-Markt zu agieren. Angesichts des derzeitigen Erfahrungs- und Zeitvorsprungs gegenüber möglichen Marktbegleitern sollte man diesen nach seiner Meinung konsequent nutzen und daher hier weiterhin einen Schwerpunkt bei der Entwicklungsarbeit setzen.

Weitere Fragen im Rahmen der Generaldebatte befassten sich mit dem aktuellen Stand in Bezug auf mögliche Akquisitionen. Hierzu antwortete Dr. Schrimpf, dass anorganisches Wachstum durchaus wieder auf der Agenda steht. Man beobachtet den Markt stets sorgfältig und genau, aber „so ein richtiges spannendes Ding“ war bisher nicht dabei.


Abstimmungen

Nach Beendigung der allgemeinen Aussprache um 13:50 Uhr wurde die Präsenz mit 10.207.853 Aktien oder 65,03 Prozent des stimmberechtigten Grundkapitals festgestellt. Bis auf Tagesordnungspunkt (TOP)12.2 (Regelung der Teilnahme der Aufsichtsratsmitglieder bei virtueller Hauptversammlung) wurden alle Beschlussvorschläge der Verwaltung mit der erforderlichen Mehrheit angenommen. Die Zustimmungsquoten bei den angenommenen Beschlussvorschlägen bewegten sich dabei zwischen 73,1 Prozent bei den Wahlen zum Aufsichtsrat (TOP 7.1) und 99,99 Prozent beim Gewinnverwendungsbeschluss (TOP 2).

Im Einzelnen beschlossen wurde die Ausschüttung einer Dividende von 0,40 Euro je Aktie (TOP 2), die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), die Wahl der Ebner Stolz GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Stuttgart, zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2023 (TOP 5) und die Billigung des Vergütungsberichtes für das Geschäftsjahr 2022 (TOP 6). Ferner erfolgte die Wahl der Herren Karsten Trippel, Prof. Dr.-Ing. Ulrich Wilhelm Jaroni, Andreas Böwing und Prof. Dr. Uwe Hack in den Aufsichtsrat (TOP 7.1 bis TOP 7.4), die Aufhebung des genehmigten Kapitals 2019 nebst Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals und entsprechender Satzungsänderungen (TOP 8), die Aufhebung der bestehenden Ermächtigung des Vorstands zum Erwerb eigener Aktien nebst Erteilung einer neuen Ermächtigung (TOP 9), die formwechselnde Umwandlung der PSI Software AG in eine europäische Gesellschaft (Societas Europaea, SE) (TOP 10), die Wahlen der unter Punkt 7.1 bis 7.4 genannten Herren auch in den ersten Aufsichtsrat der SE sowie die Ergänzung der Satzung um einen neuen Paragraphen zur Ermöglichung virtueller Hauptversammlungen (TOP 12.1). Die ebenfalls vorgeschlagene Regelung zur Teilnahme der Aufsichtsratsmitglieder bei virtuellen Hauptversammlungen (TOP 12.2) wurde mit 60,69 Prozent der Stimmen abgelehnt.

Der Versammlungsleiter konnte die Hauptversammlung nach einer Dauer von etwas unter vier Stunden um 13:50 Uhr schließen.


Fazit

Auch wenn 2022 einige Belastungen etwa durch die Probleme im Bereich der Stadtwerke, bei niedrigmargigen Festpreisgeschäften und Effekte aus der Aufgabe des Russlandgeschäfts zu verzeichnen waren, ist das Unternehmen weiterhin sehr gut im Markt aufgestellt und positioniert. Bei einigen Produkten verfügt man zudem über Alleinstellungsmerkmale, welche zu weiterem Erfolg beitragen sollten. Wichtigste Wachstumstreiber bleiben weiterhin die weiter voranschreitende Digitalisierung sowie bedeutsame Themen wie Energie und Klimaschutz. Hier ist PSI sehr gut positioniert und sollte von der perspektivisch weiter steigenden Nachfrage auf diesen Gebieten profitieren.

Per 30. Juni 2023 ist der langjährige und sehr erfolgreich agierende Vorstandschef Dr. Harald Schrimpf aus dem Vorstand ausgeschieden und wird das Unternehmen bis Jahresende 2023 noch als Berater begleiten. Bis zum Amtsantritt seines Nachfolgers Robert Klaffus werden alle Vorstandsfunktionen vom Finanzvorstand Gunnar Glöckner allein verantwortet.

Für das Gesamtjahr 2023 geht der Verfasser daher – nach der zwischenzeitlichen Vorlage des Halbjahresberichtes – davon aus, dass mit einem Umsatzwachstum um knapp 10 Prozent auf knapp 272 Mio. Euro gerechnet werden kann. Beim EBIT dürfte mit einem Rückgang um etwa zwei Drittel auf 6,5 Mio. Euro zu rechnen sein, was unter dem Strich zu einem Ergebnis von 4,2 Mio. Euro bzw. 0,27 Euro je PSI-Aktie führen würde. Somit wird 2023 als ein „Übergangsjahr“ bei PSI einzuordnen sein. In Anlehnung an unser aktuelles Research vom 22. August 2023 sieht der Verfasser den fairen Wert je Aktie im Bereich von 39,50 Euro, so dass der Anteilsschein auf dem aktuellen Kursniveau insbesondere für den längerfristig orientierten Investor weiterhin ein „Kaufen“-Votum erhält.


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Veröffentlichungsdatum: 23.08.2023 - 08:45
Redakteur: ala
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