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Kurt-Schumacher-Straße 24,
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Herr Menno Smid
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HV-Bericht infas Holding AG - Wachstum setzt sich weiter fort – EBIT-Rendite erreicht 9,3 Prozent

Die infas Holding AG hatte für den 20. Juni 2023 zur Hauptversammlung in das Maritim Hotel nach Bonn eingeladen. Etwa 40 Aktionäre und Gäste hatten sich dort eingefunden, darunter Matthias Wahler für GSC Research, um sich über die aktuelle Entwicklung bei dem in der Markt-, Meinungs- und Sozialforschung tätigen Unternehmen zu informieren.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Oliver Krauß eröffnete die Versammlung um 11 Uhr und teilte mit, dass der Vorstand mit Menno Smid (CEO) und Dr. Isabell Nehmeyer-Srocke (CFO) vollständig anwesend ist. Auch der Aufsichtsrat war komplett zugegen. Das Protokoll führte Notar Dr. Johannes Fetsch.

Nach Abhandlung der Formalien und Verlesung der Punkte der Tagesordnung übergab Dr. Krauß das Wort an den Vorstand. Über die Arbeit des Aufsichtsrats informierte er im Anschluss daran. Ein Schwerpunkt der Beratungen war die strategische Weiterentwicklung des Konzerns gewesen.


Bericht des Vorstands

Herr Smid freute sich mitteilen zu können, dass das Unternehmen sehr gut durch die Corona-Krise gekommen ist. Auf die Branche insgesamt haben sich die Pandemie und der Krieg in der Ukraine allerdings ausgewirkt. Wie er aufzeigte, handelt es sich bei der Markt-, Meinungs- und Sozialforschung um keinen Wachstumsmarkt. Im Gegenteil ist die Branche seit 2016 um 28,9 Prozent geschrumpft. Im infas-Konzern konnte der Umsatz in dieser Zeit indes um 85,5 Prozent ausgeweitet, also eine enorme Outperformance realisiert werden.

Auch unabhängig von der Corona-Krise waren laut Herrn Smid im Markt schon seit Jahren erhebliche Bewegung und Konzentrationstendenzen zu verzeichnen. Mittlerweile werden 98 Prozent des Gesamtumsatzes der Branche von nur 50 Instituten erwirtschaftet. Danach folgt eine Vielzahl von zumeist hochspezialisierten Unternehmen, die keine konstante Entwicklung aufweisen. Vielfach handelt es sich um Startups, die versuchen, neue Ideen in den Markt einzubringen.

An der Spitze sieht Herr Smid die drei weltweit agierenden Großkonzerne, Kantar, Nielsen und Ipsos, die zusammen rund 72 Prozent des Branchenumsatzes in Deutschland erwirtschaften. Schon an dieser Zahl sieht er aufgezeigt, welch starker Konzentrationsprozess stattgefunden hat. Die GfK als einstige Nummer eins existiert nicht mehr. Sie wurde bekanntlich von Nielsen aufgekauft.

Neben diesen großen Playern gibt es im Markt eine Reihe von mittelständischen Unternehmen. Konkret nannte Herr Smid hier Kantar Public, die durch den Verkauf der Sozialforschungssparte von Kantar entstanden ist. Danach folgen Psyma, GIM und infas, wobei infas gemessen am erwirtschafteten Umsatz die Nummer eins im Kreis dieser mittelgroßen Unternehmen ist. Insgesamt steht der Mittelstand für rund 22 Prozent des Branchenumsatzes.

Alle Player kämpfen laut Herrn Smid mit schwierigen Rahmenbedingungen. Entwicklungen wie Digitalisierung, Arbeitnehmermarkt und Inflation wirken sich aus und Kostensteigerungen können nicht voll weitergegeben werden. Überdies werden die Kunden preissensitiver und erkennen den Wert hochwertiger Daten immer weniger an. Auf der anderen Seite stehen Sensationslust und pseudowissenschaftliche Daten. Mit Kopfschütteln nimmt der Vorstandschef zur Kenntnis, dass es fragwürdige Studien schon bis in die Tagesschau geschafft haben.

Überdies treten immer mehr Startups mit dem Ziel an, die Marktforschung zu revolutionieren. Daneben versuchen zunehmend etablierte Beratungsunternehmen, teils mit viel Geld im Rücken, in der Branche Fuß zu fassen. Und natürlich sind alle Marktplayer, auch infas, bestrebt, neue Technologien wie künstliche Intelligenz und Data Science einzubinden. Noch ist nicht klar, wohin diese Reise geht. Potenziell sind diese Entwicklungen aber mit erheblichen Auswirkungen verbunden.

Herr Smid schloss seinen Part mit einigen Highlights des Geschäftsjahres 2022. Zuvorderst nannte er den Umzug in neue Räumlichkeiten in Bonn, womit sich die technische Ausstattung jetzt auf dem aktuellsten Stand bewegt. Es konnten auch neue Raumkonzepte umgesetzt werden. Daneben erwähnte er die Umbenennung der Tochtergesellschaft Lutum + Tappert DV-Beratungs GmbH in infas LT GmbH. Dieses Unternehmen ist jetzt in den gleichen Räumlichkeiten wie die infas 360 GmbH angesiedelt. Ein weiteres großes Thema war die Gründung der CATI-LAB GmbH.

An dieser Stelle übernahm Finanzvorständin Dr. Isabell Nehmeyer-Srocke mit dem Zahlenwerk. Sie freute sich berichten zu können, dass sich die Unternehmen der infas-Gruppe weiterhin hervorragend entwickeln und im Geschäftsjahr 2022 alle Ziele erreicht werden konnten. Der Konzernumsatz erhöhte sich um 3,1 Prozent auf 42,2 (Vorjahr: 40,9) Mio. Euro und das EBIT konnte gegenüber dem von hohen Sondereffekten belasteten Vorjahreswert auf 3,9 (0,1) Mio. Euro vervielfacht werden. Die Marge errechnet sich mit erfreulichen 9,3 Prozent.

Der Haupttreiber der Entwicklung war wie in den Vorjahren das infas Institut, das für rund 85 Prozent des Gruppenumsatzes steht und das über eine sehr starke Marktstellung verfügt. Die anderen Gesellschaften, also die infas 360 GmbH, die infas quo GmbH und die infas LT GmbH, steuerten jeweils nur rund 2 Mio. Euro zu den Erlösen bei. Sie sind damit weit anfälliger für starke Schwankungen aufgrund externer Einflüsse und müssen strategisch weiterentwickelt werden, um sie resilienter zu machen. Wichtig ist dies auch, um die Abhängigkeit des Erfolgs vom infas Institut zu vermindern.

Frau Dr. Nehmeyer-Srocke warf dann einen Blick auf die längerfristige Geschäftsentwicklung. Dies erschien ihr sinnvoll, da die Performance einzelner Jahre aufgrund der Tatsache, dass Projekte oft ein Jahr oder noch länger laufen, nicht immer aussagekräftig ist. Zudem ergaben sich Verwerfungen durch die Corona-Pandemie. Seit 2016 konnte allerdings ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 10,8 Prozent p.a. erreicht werden, was sie ebenso wie die durchschnittliche EBIT-Marge von 8,4 Prozent sehr positiv bewertet.

Dass der Konzernumsatz nach dem Ausnahmejahr 2021 um weitere 3,1 Prozent gesteigert werden konnte, findet die Finanzchefin beachtlich. Schließlich war damals bereits ein Umsatzsprung von 38,4 Prozent zu verzeichnen gewesen. Das sehr schwache Ergebnis im Geschäftsjahr 2021 war, wie sie in Erinnerung rief, dem Umstand geschuldet, dass aufgrund eines Rechtsstreits mit der Deutschen Rentenversicherung eine hohe Rückstellung hatte gebildet werden müssen. Mittlerweile konnte dieser Streit beigelegt werden.

Auf der Kostenseite spielt für infas zum einen der Materialaufwand eine große Rolle. Darin enthalten sind vor allem die Kosten für die Datenerhebungen, also die Interviews. Ebenso wichtig ist der Personalaufwand, nachdem die Interviewer großteils nicht mehr freiberuflich tätig, sondern fest angestellt sind. Interessant ist deshalb insbesondere der Blick auf die gemeinsame Kostenquote, die im Geschäftsjahr 2022 mit 75,7 Prozent sogar etwas niedriger lag als 2020, als es 76,8 Prozent gewesen waren. Das hatte die Finanzchefin eigentlich nicht erwartet, nachdem die Interviewer jetzt in der CATI-LAB GmbH sozialversicherungspflichtig angestellt sind. Allerdings ist diese Tochtergesellschaft erst im Juli 2022 gegründet worden.

Nachfolgend sprach Frau Dr. Nehmeyer-Srocke einige Worte zu den einzelnen Tochtergesellschaften. Zentrale Bedeutung für den Geschäftserfolg der Gruppe hat nach wie vor das infas Institut, das für 85 Prozent der Umsätze steht. Der Umsatz dieser Gesellschaft stieg um 3,1 Prozent auf 36,1 (35,0) Mio. Euro, nachdem es 2020 noch 24,1 Mio. Euro gewesen waren. Das EBIT ging ausgehend vom dem durch die Rückstellung bedingten schwachen Vorjahreswert auf 4,8 (1,5) Mio. Euro deutlich nach oben, woraus sich eine hervorragende Marge von 13,4 Prozent errechnet.

In diesem Zusammenhang kam die Finanzchefin auf das „offene Auftragsvolumen“ zu sprechen, das angibt, wie viele Aufträge zur Abarbeitung anstehen. Diese Kennzahl bewegte sich Ende April 2023 auf einem Niveau von 104,6 Mio. Euro, nachdem es ein Jahr zuvor noch 100,2 Mio. Euro gewesen waren. Es ist also weiterhin eine solide Entwicklung gegeben. Mit einem solch gut gefüllten Auftragsbuch schaut die Finanzvorständin positiv in die Zukunft des Instituts.

Die infas 360 GmbH ist nach Aussage von Frau Dr. Nehmeyer-Srocke 2014 gegründet worden und sie verzeichnete in den ersten Jahren ein starkes Wachstum. 2022 lagen die Erlöse mit 2,2 (2,1) Mio. Euro in etwa auf Vorjahresniveau, was nicht ausreichte, um die aktuellen Preissteigerungen und die Preissensitivität der Kunden ausgleichen zu können. Das EBIT war mit 1 (100) TEUR gerade noch positiv. Die Finanzchefin will daran arbeiten, die Profitabilität wieder zu verbessern.

Die infas LT GmbH wächst nach Angabe der Finanzchefin immer mehr mit der infas 360 GmbH zusammen. Es gibt erhebliche Synergien, die gehoben werden können. Noch ist der Umsatz mit 2,2 (2,0) Mio. Euro aber zu gering. Der Corona-Effekt war bei dieser Gesellschaft bedingt durch das Geschäftsmodell und die Vertragsgestaltung mit den Kunden erst 2021 zu spüren. Aktuell sieht Frau Dr. Nehmeyer-Srocke die Gesellschaft wieder auf einem erfolgreichen Pfad und sie ist zuversichtlich, dass auch das EBIT ausgehend vom 2022er Wert von 135 (159) TEUR wieder verbessert werden kann.

Die kleinste Gesellschaft im Konzern ist die infas quo GmbH, in der sich der Umsatz auf 1,68 (1,75) Mio. Euro leicht rückläufig entwickelte. Er liegt damit aber immer noch über dem Niveau von 2020. Die Profitabilität bei den Projekten entwickelt sich grundsätzlich positiv. Das EBIT lag 2022 mit 48 (130) TEUR dennoch unter dem Vorjahresniveau. Die Gesellschaft, in der aktuell nur elf Mitarbeiter beschäftigt sind, soll weiterentwickelt werden, um mehr Resilienz zu erreichen.

Auf die erst im Juli 2022 gegründete CATI-LAB GmbH ging die Finanzchefin nicht näher ein. Gründungsbedingt erzielte diese Gesellschaft nur Innenumsätze mit den Schwestergesellschaften. Aus Konzernperspektive ist ihre Entwicklung noch zu vernachlässigen.

Die Entwicklung im Geschäftsjahr 2022 wurde also, wie Frau Dr. Nehmeyer-Srocke zusammenfasste, klar vom infas Institut getragen. Insgesamt wurde die Prognose trotz der durchwachsenen Entwicklung bei den anderen Gesellschaften beim Umsatz und EBIT erreicht.

Für 2023 hat sich der Vorstand erneut ambitionierte Ziele gesetzt. Der Umsatz soll auf 46 bis 52 Mio. Euro ausgeweitet werden und das EBIT trotz des schwierigen Marktumfelds und eventueller Kostenerhöhungen mindestens 3,7 Mio. Euro betragen. Die Umsatzrendite wird mit 7,5 Prozent angepeilt.

Abschließend sprach Frau Dr. Nehmeyer-Srocke einige Worte zur finanziellen Aufstellung. Die deutliche Verlängerung der Bilanzsumme auf 61,3 (42,7) Mio. Euro resultiert nach ihrer Aussage vor allem aus dem Mietvertrag für das neue Bürogebäude, der nach IFRS 16 so verbucht werden muss, als würde sich das Objekt im Besitz der Gesellschaft befinden. Entsprechend finden sich in der Bilanz jetzt Nutzungsrechte von 20,5 (0,8) Mio. Euro. In der Gewinn- und Verlustrechnung ergeben sich entsprechend höhere Abschreibungen. Im Zeitablauf gleichen sich die Effekte aber aus, es ergeben sich also letztlich keine Auswirkungen auf die Ergebnisse.

Auffällig sind daneben die auf 4,2 (6,2) Mio. Euro deutlich gesunkenen Pensionsrückstellungen. Der Grund für diese Veränderung ist nach Aussage der Finanzchefin vor allem das höhere Zinsniveau, womit sich der Diskontierungssatz verändert. Zumindest im ersten Halbjahr 2023 dürfte sich dieser Trend noch fortsetzen. Da diese Effekte direkt über das Eigenkapital verrechnet werden, ergeben sich aber keine Auswirkungen auf das Ergebnis.


Allgemeine Aussprache

Die erste Wortmeldung kam von Thomas Hechtfischer als Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Er äußerte sich erfreut, dass die Gesellschaft in diesem Jahr wieder zu einer Präsenzversammlung eingeladen hat und verband dies mit der Hoffnung, dass es auch in Zukunft so bleibt. Insofern zeigte er sich irritiert von der Formulierung unter TOP 7. Dort war die Änderung der Satzung zur Ermöglichung virtueller Hauptversammlungen vorgesehen.

Die Formulierung „Gleichwohl kann es Gründe geben, Hauptversammlungen als Präsenzhauptversammlungen durchzuführen“ schien für Herrn Hechtfischer darauf hinzudeuten, dass künftig virtuelle Treffen bevorzugt werden sollen. Immerhin soll die Ermächtigung aber nur für zwei Jahre beschlossen werden. Kritisch sah der Aktionärsschützer auch TOP 8. Es sollte zumutbar sein, dass die Aufsichtsratsmitglieder einmal im Jahr persönlich an der Hauptversammlung teilnehmen.

Zu diesem Thema versicherte Dr. Krauß, dass er ein großer Fan von Präsenzhauptversammlungen und der persönlichen Anwesenheit der Aufsichtsratsmitglieder ist. Insofern wird es, sofern nichts Wesentliches dagegen spricht, auch künftig bei Präsenzhauptversammlungen bleiben. Frau Dr. Nehmeyer-Srocke bekräftigte dieses Bekenntnis später auch für den Vorstand. Die Satzung soll nur vorsorglich geändert werden, um für alle Eventualitäten vorbereitet zu sein.

Grundsätzlich positiv bewertete Herr Hechtfischer den Dividendenvorschlag. Die Ausschüttungsquote liegt bei einer Dividende von 0,05 Euro und einem Ergebnis je Aktie von 0,22 aber weit unter 50 Prozent. Der Aktionärsschützer wollte dem Vorschlag dennoch zustimmen. Befragt nach den weiteren Plänen äußerte sich die Finanzvorständin überzeugt, dass die in den letzten Jahren verfolgte Strategie mit einer konstanten Dividendenzahlung zur strategischen Planung des infas-Konzerns passt.

Mit der Geschäftsentwicklung zeigte sich der Aktionärsschützer ebenfalls zufrieden. Im Berichtsjahr konnten alle Ziele erreicht werden und auch das erste Quartal ist gut gelaufen. Optimistisch für die Zukunft stimmt ihn das hohe offene Auftragsvolumen. Ihn wunderte es deshalb, dass der Vorstand die Prognose für das Jahr 2023 nicht angehoben hat.

Wie Herr Smid ausführte, resultiert der Erfolg im ersten Quartal zu einem guten Teil aus Nachholeffekten aus dem vergangenen Jahr. Insgesamt hält er es mit Blick auf das schwierige Marktumfeld für gerechtfertigt, weiterhin Vorsicht walten zu lassen.

Des Weiteren thematisierte Herr Hechtfischer den Streit mit der Deutschen Rentenversicherung, der die Gesellschaft teuer zu stehen gekommen ist. Er wollte wissen, ob es in diesem Zusammenhang noch offene Fragen gibt. Schließlich finden sich in der Bilanz immer noch Rückstellungen für Prozesskosten in Höhe von 1,5 Mio. Euro.

In ihrer Antwort stellte Frau Dr. Nehmeyer-Srocke klar, dass das Verfahren mit der Deutschen Rentenversicherung vollständig abgeschlossen ist. Ein Großteil der Rückstellungen, die sich am 1. Januar 2022 noch auf 7,6 Mio. Euro belaufen haben, wurde verbraucht. Noch wurden jedoch nicht alle vereinbarten Zahlungen geleistet, weshalb sich zum Bilanzstichtag noch besagter Betrag in der Bilanz findet. Es geht aber nur noch um die Auszahlung, es kommt nichts mehr dazu.

Der DSW-Sprecher sprach auch das Dauerthema Pensionsrückstellungen an. Auf seine Nachfrage nach etwaigen neuen Entwicklungen teilte die Finanzchefin mit, dass sich Vorstand und Aufsichtsrat in der Vergangenheit um eine Lösung bemüht haben. Es konnte aber keine Einigung mit dem einstigen Vorstandsvorsitzenden Moritz Hunzinger erzielt werden und die Gesellschaft ist verpflichtet, die Zahlungen zu leisten, sobald er das Pensionsalter erreicht. Es gibt keine Bestrebungen mehr, eine Veränderung herbeizuführen. Die Pensionsrückstellungen betreffen komplett den früheren Vorstandsvorsitzenden.

In diesem Zusammenhang hinterfragte ein Aktionär die unterschiedliche Bewertung der Pensionsrückstellungen. Im Einzelabschluss wird die Position mit 5,6 Mio. Euro ausgewiesen, im Konzern sind es 4,2 Mio. Euro. Nach Aussage der Finanzvorständin resultiert dies allein aus den unterschiedlichen Bilanzierungsvorschriften nach IFRS und HGB. In der Steuerbilanz findet sich mit 2,7 Mio. Euro noch einmal ein anderer Wert.

Hinterfragt wurde ferner die bisherige Entwicklung beim Projekt Sozio-Oekonomisches Panel (SOEP), von dem sich der Vorstand viel versprochen hat. Hier konnte Herr Smid mitteilen, dass sich die Erwartungen mit einem Umsatz von etwa 35 Mio. Euro in den Jahren 2022 bis 2024 und einer Marge in einer Range von 15 bis 20 Prozent erfüllt haben. Das Projekt läuft zunächst bis 2025, darüber hinaus gibt es einen Rahmenvertrag bis 2030. Eine Verlängerung wäre gegebenenfalls ohne Ausschreibung möglich.

Ein Thema der Diskussion war ferner das angemietete neue Bürogebäude. Auf Nachfrage aus dem Aktionariat teilte die Finanzchefin mit, dass im ersten Quartal durchschnittlich 178 Mitarbeiter des infas Instituts, 86 Beschäftigte der CATI-LAB GmbH und ein Mitarbeiter der Holding in den neuen Räumen angesiedelt waren. Das Gebäude ist so geplant, dass noch mehr Mitarbeiter aufgenommen werden könnten. Natürlich wurde aber der Trend zu mehr Homeoffice berücksichtigt. Die Räume können flexibel verändert und angepasst werden. Die Bürofläche umfasst 5.582 qm und der Mietvertrag läuft bis 20. November 2036.

Herrn Hechtfischer interessierte, ob es aktuell Pläne für Akquisitionen gibt. Nach Aussage von Herrn Smid wird der Markt ständig nach möglichen interessanten Zielunternehmen sondiert. Man habe spezielle Kriterien entwickelt, um bei der Suche fokussierter vorgehen zu können. Nachdem sich der M&A-Markt mit den steigenden Zinsen zunehmend entspannt, ist der Vorstand zuversichtlich, dass in den nächsten Jahren ein Erfolg vermeldet werden kann. Wichtig ist, dass das Unternehmen gut zu infas passt, es geht schließlich um ein strategisches Investment.

Enttäuscht zeigte sich der DSW-Sprecher von der Entwicklung der infas 360 GmbH. Angeblich bewegt sich die Tochtergesellschaft doch in einem sehr großen Markt. Und dennoch kommt der Umsatz nicht voran.

Nach Aussage von Frau Dr. Nehmeyer-Srocke hat die infas 360 GmbH ebenso wie die infas quo GmbH die typische Entwicklung eines Startups hingelegt. In den ersten Jahren sind beide Unternehmen stark gewachsen. Durch Corona wurde die Entwicklung dann ausgebremst. Im aktuellen Marktumfeld eröffnen sich durchaus Chancen. Allerdings muss die Aufstellung der Gesellschaften verändert werden. Tatsächlich ist das Marktpotenzial erheblich. Allerdings gestaltet sich die Vermarktung von Daten nicht so einfach. Es handelt sich um ein erklärungsbedürftiges Produkt.

Aktionär Paul Roth bat um Erläuterung zu den Gründen für das schrumpfende Marktvolumen. Hierzu informierte Herr Smid, dass der Markt weltweit betrachtet wächst. Nur in Deutschland ist eine rückläufige Entwicklung zu verzeichnen, was auch der restriktiveren Definition des Marktes hierzulande geschuldet ist. Ein Thema sind daneben strukturelle Veränderungen. Marktforschung hat in den Unternehmen nicht mehr den Stellenwert wie früher. Oftmals ist der Bereich ins Marketing integriert. Dies ist auch der Grund dafür, dass viele deutsche Marktforschungsinstitute nicht mehr existieren.

In der Auflistung des Vorstands über die großen Marktplayer hatte der Aktionär die Namen Allensbach und YouGov vermisst. Bei Allensbach handelt es sich nach Aussage von Herrn Smid um ein stationäres Unternehmen, das in letzter Zeit nicht mehr so im Vordergrund gestanden hat. Mit einem Umsatz von 8 Mio. Euro ist es aber durchaus ein gestandener Marktteilnehmer. YouGov ist deutlich aggressiver unterwegs, bewegt sich aber in einem Bereich, in dem infas nicht tätig ist.

Aktionär Nimsch wollte wissen, wie hoch der Anteil der öffentlichen Auftraggeber ist. Herr Smid bestätigte seine Vermutung, dass das Institut tatsächlich zu einem großen Teil von der öffentlichen Hand beauftragt wird. In einem weiteren Sinn liegt der Anteil bei etwa 85 Prozent. Allerdings muss die Entwicklung differenziert betrachtet werden. Vielfach handelt es sich beispielsweise um wissenschaftliche Institutionen, die die Politik beraten.

Die Einschätzung des Aktionärs, dass sich aus der wachsenden Bedeutung des Mietspiegels im Immobilienmarkt neue Chancen für infas eröffnen könnten, bestätigte Herr Smid. Nach seiner Wahrnehmung sind die aktuell verfügbaren Mietspiegel methodisch eine Katastrophe. Vielfach haben Mieter geklagt und Recht bekommen, womit die Dokumente neu erstellt werden mussten. Durch die juristische Anfechtbarkeit wird der Fokus künftig mehr auf Qualität und Methodik gelegt werden müssen, was infas liefern kann.

Angesprochen wurde außerdem das Thema künstliche Intelligenz. Herr Smid bestätigte, dass diese Technologie auch spannende Möglichkeiten bei infas eröffnen könnte. Es gibt derzeit sogar schon gemeinsame Projekte mit den Auftraggebern. Ein Thema wäre, dass Interviews mithilfe von künstlicher Intelligenz besser ausgewertet werden können. Es ist auch im Interesse der Auftraggeber, die sich bietenden Möglichkeiten zu nutzen, um die Kosten zu senken.

Aktionär Robinson Kuchejda hatte der Bilanz entnommen, dass die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen auf 2,4 (0,2) Mio. Euro regelrecht explodiert sind. Befragt nach dem Grund informierte die Finanzchefin, dass es sich lediglich um einige offene Rechnungen handelt, die bis zum Jahresende nicht beglichen worden sind. In Relation zum Umsatz von mehr als 42 Mio. Euro ist es auch kein besonders relevanter Betrag.

Von Interesse war schließlich die Laufzeit des Vorstandsvertrags von Herrn Smid. Dieser läuft, wie Frau Dr. Nehmeyer-Srocke informierte, bis 31. Dezember 2024.


Abstimmungen

Vor Eintritt in die Abstimmungen verkündete Dr. Krauß die aktuelle Präsenz. Auf der Hauptversammlung waren 7.234.308 Aktien vertreten. Bezogen auf das gesamte Grundkapital von 9.000.000 Euro, eingeteilt in ebenso viele Aktien, entsprach dies einer Quote von 80,38 Prozent.

Die Dividende von 0,05 Euro (TOP 2), die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), die Bestellung der Mazars GmbH & Co. KG zum Abschlussprüfer (TOP 5) sowie die Wiederwahl von Dr. Oliver Krauß, Dr. Veronika Jackle-Mittnacht und Dipl.-Kfm. Hans-Joachim Riesenbeck in den Aufsichtsrat (TOP 6) wurden mit Mehrheiten über 99,9 Prozent beschlossen.

Bei der Änderung der Satzung zur Ermöglichung virtueller Hauptversammlungen (TOP 7) lag die Zustimmungsquote mit 83,5 Prozent deutlich niedriger und die Änderung der Satzung betreffend die Teilnahme von Aufsichtsratsmitgliedern an der Hauptversammlung im Wege der Bild- und Tonübertragung (TOP 8) wurde mit nur 48,4 Prozent Jastimmen abgelehnt.

Nach etwas mehr als drei Stunden schloss der Vorsitzende die Versammlung.


Fazit

Die infas Holding AG verzeichnet eine durchaus beachtliche Entwicklung. In einem schrumpfenden Markt und trotz der insgesamt schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kann das auf Markt-, Meinungs- und Sozialforschung fokussierte Unternehmen in den letzten Jahren kontinuierliches Wachstum vermelden. Auch im Geschäftsjahr 2022 ging es weiter voran. Zwar legte der Umsatz nur um 3,1 Prozent auf 42,2 Mio. Euro zu, was nach dem vorjährigen Sprung aber schon eine Leistung ist.

Das EBIT konnte gegenüber dem von hohen Sondereffekten belasteten Vorjahreswert auf 3,9 Mio. Euro vervielfacht werden. Die Marge errechnet sich mit erfreulichen 9,3 Prozent. Dies ist mit Blick auf die Kostensteigerungen in allen Bereichen ein sehr gutes Ergebnis. Die Aktionäre werden mit einer unveränderten Dividende von 0,05 Euro am Erfolg beteiligt. Grundsätzlich wäre bei einem Ergebnis je Aktie von 0,22 Euro auch etwas mehr denkbar gewesen. Der Vorstand will in dem unsicheren Marktumfeld aber vorsichtig bleiben.

Für 2023 sieht die Planung einen erneuten Umsatzanstieg auf 46 bis 52 Mio. Euro vor. Das EBIT soll trotz des schwierigen Marktumfelds und eventueller Kostenerhöhungen mindestens 3,7 Mio. Euro betragen, was einer Umsatzrendite von 7,5 Prozent entsprechen würde. Das Unternehmen entwickelt sich also weiterhin solide. Zuversichtlich für die Zukunft stimmt auch das offene Auftragsvolumen von mehr als 100 Mio. Euro. Dennoch hat die Aktie in den letzten Monaten leicht an Wert verloren. Auf dem aktuellen Kursniveau von etwas mehr als 4 Euro erscheint ein Investment interessant.


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Veröffentlichungsdatum: 05.07.2023 - 15:25
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