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HV-Bericht Francotyp-Postalia Holding AG - Transformation zahlt sich aus – Umsatz und Ergebnis gehen deutlich nach oben

Die Francotyp-Postalia Holding AG (FP) hatte für den 14. Juni 2023 zur Hauptversammlung eingeladen. Nach drei Jahren mit virtuellen Treffen fanden sich die etwa 40 Aktionäre und Gäste diesmal wieder im Rahmen einer Präsenzveranstaltung im Konferenzbereich palisa.de in Berlin zusammen, was allseits begrüßt wurde. Für GSC Research war Matthias Wahler angereist.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Alexander Granderath eröffnete die Versammlung um 10 Uhr und teilte mit, dass der Vorstand mit den Herren Carsten Lind (CEO) und Ralf Spielberger (CFO) komplett anwesend ist. Vom Aufsichtsrat fehlte Klaus Röhrig aufgrund einer Terminkollision entschuldigt. Das Protokoll führte Notar Dr. Lennart Schramm. Zudem war ein rechtlicher Berater anwesend.

Im Folgenden informierte der Vorsitzende über eine personelle Veränderung. Finanzvorstand Martin Geisel hat seinen Vertrag wie angekündigt nicht verlängert und ist zum 30. September 2022 ausgeschieden. Seine Nachfolge hat am 1. Oktober 2022 Ralf Spielberger übernommen, der sich auf der letztjährigen virtuellen Hauptversammlung bereits per Videobotschaft vorgestellt hatte. Der Vorstand besteht damit unverändert aus zwei Personen.

Sodann erläuterte Dr. Granderath die Formalien und sprach einige ergänzende Worte zum Bericht des Aufsichtsrats, der sich im Geschäftsjahr 2022, teils in Präsenz, teils per Videoschaltung, zu insgesamt 13 Sitzungen zusammengefunden hat. Es waren immer alle Aufsichtsratsmitglieder anwesend gewesen. Im Anschluss übergab Dr. Granderath das Wort an den Vorstand.


Bericht des Vorstands

Für Herrn Lind war es die erste Hauptversammlung in Präsenz. Er freute sich, die Aktionäre persönlich begrüßen zu können. Schon an dieser Stelle stellte er klar, dass eine Hauptversammlung in Präsenz auch in Zukunft absoluten Vorrang haben wird. Später bekräftigte sein Kollege Ralf Spielberger, dass die Beschlussfassung unter TOP 8, mit der die Möglichkeit geschaffen werden soll, künftig zu virtuellen Hauptversammlungen einladen zu können, nur rein vorsorglich erfolgen soll.

Zu Beginn seiner Ausführungen erinnerte Herr Lind an das im Geschäftsjahr 2021 gestartete Transformationsprogramm „FUTURE@FP“. Dessen Ziel war es, FP auf einen profitablen Wachstumskurs zu bringen. Zentrale Themen waren die Bündelung der Aktivitäten in den drei Geschäftsbereichen mit klaren Verantwortlichkeiten und einer stärkeren Kundenzentrierung sowie die Weiterentwicklung der Produkte und Lösungen. Nun freute er sich berichten zu können, dass im Geschäftsjahr 2022 die Trendwende erreicht werden konnte.

Nach einem moderaten Wachstum und einer schwarzen Null in der Vorperiode wurde das Berichtsjahr 2022 mit deutlichem Wachstum und profitabel abgeschlossen. In allen drei Geschäftsbereichen konnten Zuwächse erreicht werden. Die Umsätze legten organisch zu, außerdem wurden mit Azolver und pakadoo zwei Akquisitionen durchgeführt. Und trotz der Investitionen konnte das EBITDA deutlich verbessert werden und das Konzernergebnis war positiv. Details zum Zahlenwerk lieferte später Herr Spielberger.

Wie Herr Lind darlegte, ist es die Vision, FP mit „FUTURE@FP“ zu einem nachhaltig profitablen internationalen Technologiekonzern zu transformieren. Die Basis dafür sind drei voneinander unabhängige und einfach integrierbare Plattformen, mit denen das künftige Wachstum in den Bereichen Mailing, Shipping & Office Solutions (MSO) und Digital Business Solutions (DBS) sowie weitere Kostenreduktionen erreicht werden sollen.

Auf der DBS-Plattform werden Herrn Lind zufolge die Software-as-a-Service (SaaS)-basierten Lösungen wie FP Sign, FP Parcel Shipping und weitere IT-basierte Dienste entwickelt und vertrieben. Sie bildet insoweit die Basis für das digitale Geschäftsmodell im Bereich DBS. Im vergangenen Jahr wurde hier begonnen, die Basiskomponenten für digitale Geschäftsmodelle zu integrieren, die technische Infrastruktur aufgebaut und die Kapazität in der Softwareentwicklung erweitert.

Die Group-Services-Plattform soll nach Angabe des Vorstandsvorsitzenden als effizienter Servicedienstleister für interne Prozesse aufgestellt werden. Als ein wesentliches Element sieht er dabei die Einführung des neuen ERP/CRM-Systems. Im Geschäftsjahr 2022 wurden hier die Voraussetzungen für die weitere Implementierung in den einzelnen Gesellschaften geschaffen. Die Einführung von Group Services erfolgt im laufenden Jahr.

Bei der MSO-Plattform geht es um eine Erweiterung der bestehenden Infrastruktur und Plattform, um auch digitale Lösungen von DBS und Drittunternehmen anbieten zu können. Dieses Projekt wird 2023 starten. Im Jahr 2022 lag der Fokus in diesem Bereich noch auf der Integration der Neuerwerbung Azolver und dem weiteren Ausbau der Frankierlösungen.

Im Folgenden ging Herr Lind näher auf die Entwicklung in den einzelnen Geschäftsbereichen ein. Ein zentraler Baustein im Segment DBS ist das Document Workflow Management, in dem eingehende Dokumente und Informationen automatisiert erfasst und der Inhalt digital in die Workflows des Kunden integriert wird (Inputmanagement) sowie digitale Dokumente der Kunden mit datenbasierten Diensten erweitert und danach entweder digital oder als Brief versandt werden (Outputmanagement). Beide Bereiche profitieren davon, dass die Kunden diese Dienstleistungen stärker auslagern. Zudem steigt der Bedarf an Diensten, die stärker datengetrieben sind.

Im Business Process Management & Automation, zu dem der Bereich digitale Signaturen mit der SaaS-basierten Lösung FP Sign zählt, wird ein Marktwachstum von über 30 Prozent erwartet. In diesem Geschäftsfeld gibt es eine Vielzahl von Anbietern. Nach Überzeugung von Herrn Lind konnte bei FP aber ein Weg gefunden werden, mit dem Wachstum realisiert werden kann, ohne gegen die großen Player konkurrieren zu müssen. Der Vorstand setzt auf ein einfach zu bedienendes Produkt, das den Großteil der üblichen Signatur-Funktionalitäten abdeckt, sowie einfach zu installierende Zusatzdienste. Zudem werden die Kunden eng in die Produktentwicklung eingebunden und die Preisstruktur ist transparent. Nicht zuletzt bietet FP eine europäische Alternative.

Das Geschäft in diesem Bereich profitiert laut Herrn Lind davon, dass bei den Lösungen zum elektronischen Rechtsverkehr seit 2022 neben Anwälten und Notaren auch Behörden und öffentliche Organisationen die digitale Kommunikation mit Gerichten ermöglichen müssen. FP bietet dafür das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo) an. Ab 1. Januar 2024 erfolgt auch für Unternehmen und viele Berufsgruppen die schrittweise Umstellung auf digitale Kommunikation mit den Gerichten, wofür derzeit das elektronische Bürger- und Organisationspostfach (eBO) am Markt eingeführt wird. In diesem Bereich ist FP einer von wenigen zertifizierten Anbietern. Das Wettbewerbsumfeld ist entsprechend überschaubar.

In diesem Zusammenhang kam Herr Lind auf das Thema DE-Mail zu sprechen. Wie einer Pressemeldung der vergangenen Woche entnommen werden kann, soll dieses Projekt eingestellt werden. Überraschend kommt dies allerdings nicht. Der FP-Vorstand hatte dies perspektivisch so erwartet. Der Anteil von DE-Mail am Geschäftsvolumen ist jedoch unwesentlich, so dass sich keine nennenswerten Konsequenzen auf das DBS-Geschäft ergeben werden, sollte es tatsächlich zu einer Einstellung dieses Angebots kommen.

Im dritten Bereich innerhalb des DBS-Segments, Shipping & Logistics, bietet FP softwarebasierte Lösungen zur internen Logistik und zum Paketmanagement an. Der Paketmarkt ist Herrn Lind zufolge, getrieben vor allem durch den E-Commerce-Bereich, in allen Ländern ein wachsender Markt und die Nachfrage nach Software-Tools für ein einfaches Handling des Paketversands mit Rabatten und einem transparenten Reporting steigt. FP hat dafür mit der SaaS-Lösung FP Parcel Shipping die richtige Lösung im Angebot. Mit der Markteinführung in Norwegen und den Niederlanden konnten in den letzten Monaten wichtige Meilensteine erreicht werden. Weitere internationale Märkte werden folgen.

In der internen Logistik sind nach Angabe des Vorstandsvorsitzenden ebenfalls komfortable und kosteneffiziente digitale Lösungen gefragt, die FP mit TRAX und pakadoo im Angebot hat. Mit pakadoo konnte im April 2023 mit einer renommierten großen Universität in Dänemark ein erster internationaler Kunde gewonnen werden.

Sodann kam Herr Lind auf den Geschäftsbereich Mailing, Shipping & Office Solutions (MSO) zu sprechen, in dem FP schon seit 100 Jahren aktiv ist. Zwar entwickelt sich hier der Gesamtmarkt bedingt durch das sinkende Briefvolumen rückläufig. Mit der starken Positionierung im Segment der kleineren und mittleren Briefvolumina ist FP aber gut aufgestellt. Von Vorteil ist, dass auch größere Kunden mit den sinkenden Briefvolumina auf kleinere Maschinen umstellen. Zudem sind die Marktanteile in den großen Märkten noch gering, was Wachstumspotenzial eröffnet. Mit der Akquisition von Azolver wurde die Marktposition in Skandinavien, der Schweiz und Italien ausgebaut. FP investiert auch weiterhin in das Produktportfolio der Frankiermaschinen, sowohl in die Hardware als auch in die zugehörigen Softwarelösungen.

Im dritten Geschäftsbereich, den Mail Services, bietet FP Lösungen zum Outsourcing von Geschäftspost an. 2022 wurden hier die neuen Anforderungen der Deutschen Post zu den ab 1. Januar 2023 gültigen Rabattstrukturen umgesetzt und die IT-Infrastruktur und die Prozesse entsprechend angepasst. In diesem Bereich konnte im vergangenen Jahr ein Wachstum von 23 Prozent erzielt werden. Zum einen resultierte dies daraus, dass Kunden verstärkt den Frankierservice genutzt haben, weil sie in der Pandemie mit Personalknappheit zu kämpfen hatten. Außerdem gab es Sonderaussendungen wie beispielsweise den Versand von Impfzertifikaten. Die erhöhten Kosten konnten mit einer kontinuierlichen Verbesserung der Leistung und Preiserhöhungen weitgehend abgefedert werden.

An dieser Stelle übernahm CFO Ralf Spielberger mit den Details zum Zahlenwerk. Wie er aufzeigte, konnte der Konzernumsatz im Geschäftsjahr 2022 um 23 Prozent auf 251,0 (Vorjahr: 203,7) Mio. Euro gesteigert werden. Dazu haben alle drei Geschäftsbereiche beigetragen. Im Bereich DBS kletterte der Umsatz um 34 Prozent auf 28,4 (21,1) Mio. Euro, im MSO-Segment war es ein Plus von 23 Prozent auf 151,3 (123,2) Mio. Euro und im Geschäftsfeld Mail Services ein Zuwachs von 23 Prozent auf 73,4 (59,8) Mio. Euro. Teilweise resultiert das Wachstum allerdings auch aus Einmaleffekten.

Das EBITDA ging sogar um 49 Prozent auf 27,6 (18,5) Mio. Euro nach oben, womit sich die Marge auf 11,0 (9,1) Prozent verbesserte. Ebenso wie beim Umsatz war die Entwicklung auch hier von Einmaleffekten beeinflusst. Positiv wirkten sich insbesondere ein Betrag von 2,6 Mio. Euro aus der Portoumstellung in Deutschland sowie 2,0 Mio. Euro an positiven Währungseffekten aus. Demgegenüber standen Investitionen von 4,0 Mio. Euro in das ERP-System sowie der Ausbau der Softwareentwicklung. Auf normalisierter Basis wuchs der Umsatz um 12 Prozent auf 229 Mio. Euro und das EBITDA ging um 10 Prozent auf 26,2 Mio. Euro nach oben.

Der Personalaufwand erhöhte sich im Geschäftsjahr 2022 um 14 Prozent auf 65,7 (57,6) Mio. Euro. Im Wesentlichen ist dies Herrn Spielberger zufolge auf die Übernahme der operativen Gesellschaften der Azolver-Gruppe zurückzuführen. Die Personalaufwandsquote entwickelte sich dennoch rückläufig. Der Materialaufwand ging um 21 Prozent auf 124,7 (103,3) Mio. Euro nach oben. Ursächlich waren hier neben Azolver und den allgemeinen Preissteigerungen die erhöhten Aktivitäten im Geschäftsbereich Mail Services. Die Materialaufwandsquote ging aber ebenfalls zurück.

Die aktivierten Eigenleistungen stiegen um 24 Prozent auf 7,7 (6,2) Mio. Euro. Dies resultiert nach Aussage des Finanzvorstands insbesondere aus den aktivierten Entwicklungskosten für die Produktentwicklung im Frankierbereich. Außerdem wurde die Erfassung der Entwicklungsaktivitäten leicht verändert. Insgesamt konnte die Effizienz der F&E-Aktivitäten dank FUTURE@FP deutlich gesteigert werden.

Das Konzernergebnis verbesserte sich deutlich auf 5,5 (0,4) Mio. Euro. Das Ergebnis je Aktie errechnet sich entsprechend mit 0,35 (0,03) Euro. Trotz dieser sehr positiven Ergebnisentwicklung lautete der Vorschlag an die Hauptversammlung, den Bilanzgewinn komplett auf neue Rechnung vorzutragen. Grundsätzlich hat die Dividendenpolitik, wie Herr Spielberger anfügte, weiterhin Bestand. Derzeit liegt der Fokus aber auf der Sicherstellung und dem Ausbau der vorhandenen Konzernliquidität.

Der operative Cashflow ging ebenfalls deutlich um 48 Prozent auf 22,4 (15,1) Mio. Euro nach oben. Neben dem verbesserten Konzernergebnis leistete hier ein reduziertes Working Capital einen Beitrag. Der Free Cashflow erhöhte sich trotz der höheren Investitionen, unter anderem wurde der Azolver-Erwerb mit 4,1 Mio. Euro komplett aus Eigenmitteln finanziert, auf 8,1 (6,5) Mio. Euro. Die Nettoverschuldung wurde auf 18,1 (20,5) Mio. Euro zurückgeführt. Die Eigenkapitalquote auf Konzernebene ist zwar keine Steuerungsgröße. Die Verbesserung auf 13,1 (8,7) Prozent bewertet der Finanzchef gleichwohl positiv.

Für den Ausblick übernahm wieder der Vorstandsvorsitzende. Vorab stellte er klar, dass als Ausgangsbasis für die Prognose die normalisierten Werte des Geschäftsjahres 2022, also ein Umsatz von 229 Mio. Euro und ein EBITDA von 26,2 Mio. Euro, herangezogen werden müssen. Ausgehend davon soll der Umsatz auf 245 bis 255 Mio. Euro ausgeweitet und das EBITDA auf 28 bis 31 Mio. Euro verbessert werden. Die Marge würde sich damit in einem Korridor von 11,4 bis 12,2 Prozent bewegen.

Mit Blick auf den erfolgreichen Start ins laufende Jahr zeigte sich Herr Lind optimistisch, dass diese Ziele erreicht werden können. Im ersten Quartal legte der Umsatz auf normalisierter Basis um 14 Prozent auf 63,3 Mio. Euro zu und das EBITDA verbesserte sich um 15 Prozent auf 9,4 Mio. Euro. Etwas betrübt zeigte sich der Vorstandschef lediglich, dass sich diese positive Geschäftsentwicklung noch immer nicht in der Aktie widerspiegelt.


Allgemeine Aussprache

Vor dem Eintritt in die Aussprache bat der Aufsichtsratsvorsitzende den unter TOP 5 zur Wahl in den Aufsichtsrat kandidierenden Johannes Boot um eine Vorstellung seiner Person. Er sollte im Kontrollgremium den Platz von Lars Wittan einnehmen, der sein Amt mit Ablauf der Hauptversammlung niederlegte.

Herr Boot ist niederländischer Staatsbürger und Chief Investment Officer der Beteiligungsverwaltung Lotus Investment Management, der die Verwaltung des Vermögens von Dr. Dirk Markus obliegt, welchem ausweislich der letzten Stimmrechtsmitteilung mehr als 25 Prozent der Stimmrechte an der Francotyp-Postalia Holding AG zugerechnet werden. Der 55-Jährige kündigte an, sich im Falle seiner Wahl auf Kontinuität und Shareholder Value zu konzentrieren.

Die erste Wortmeldung kam im Folgenden von Julia Schmidt als Vertreterin der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), die sich mit der Entwicklung im Geschäftsjahr 2022 relativ zufrieden zeigte. Die Transformation scheint, wie die Zahlen zeigen, tatsächlich zu greifen. Sie erkannte noch keinen Durchbruch, aber doch eine solide Geschäftsentwicklung, die sich sehen lassen kann. Ebenso konnte sie die Aussage des Vorstands nachvollziehen, dass der Boden für weiteres Wachstum bereitet ist.

Mit Blick auf das deutlich positive Ergebnis war Frau Schmidt allerdings nicht zufrieden damit, dass keine Dividende vorgeschlagen wird. Insbesondere für die Kleinaktionäre ist dies ihrer Meinung nach durchaus ein Thema, nachdem es mit der Aktie, wie der Vorstand selbst sagt, nicht recht vorangeht. Ein Dividendenvorschlag wäre ihrer Meinung nach auch ein Signal an den Kapitalmarkt gewesen und ein Zeichen für den Optimismus, den der Vorstand versprüht.

Aktionär Lutz Thorwarth, von dem die zweite Wortmeldung kam, wollte grundsätzlich mehr zur Dividendenpolitik erfahren, die ja offenbar weiterhin Bestand hat. Mit Blick auf die immer noch geringe Eigenkapitalquote im Konzern hatte er allerdings Verständnis dafür, dass in diesem Jahr keine Dividende gezahlt werden soll.

Wie Herr Spielberger mitteilte, sollen die Aktionäre grundsätzlich mit einer Dividende am Unternehmenserfolg beteiligt werden. Im vergangenen Jahr wurde mit der Weiterentwicklung der Produkte und Lösungen in die Unternehmensentwicklung investiert. Zudem wurde ein Aktienrückkaufprogramm aufgelegt und die Verschuldung zurückgeführt. All dies soll dazu beitragen, den Unternehmenswert zu steigern und die Voraussetzung zu schaffen, die Aktionäre nachhaltig am Unternehmenserfolg teilhaben zu lassen, sei es mit Aktienrückkäufen oder Dividenden.

Mit Interesse hatte Frau Schmidt vernommen, dass der Vorstand insbesondere den Bereich Digital Business Solutions nach vorne bringen will. Sie stimmte zu, dass dieses Geschäftsfeld großes Wachstumspotenzial eröffnet. Für sie passten diese Ambitionen aber nicht damit zusammen, dass die Entwicklungskosten im Berichtsjahr auf 3,8 (7,6) Mio. Euro halbiert wurden, was ausweislich der Angaben im Geschäftsbericht im Wesentlichen auf geringere Entwicklungsaktivitäten im Bereich Digital zurückzuführen ist.

In seiner Antwort stellte Herr Lind klar, dass schon in den letzten Jahren regelmäßig Investitionen zur Modernisierung und Geschäftserweiterung vorgenommen worden sind. Es wurde investiert, um die Produkte und Lösungen in allen Bereichen weiterzuentwickeln. Dies soll im laufenden Jahr fortgesetzt werden. 2022 wurden die Kapazitäten zur Softwareentwicklung organisch und durch den Zukauf von Azolver ausgebaut. Außerdem wurde mit dem Ziel einer höheren Automatisierung und zur Ergänzung datengetriebener Services in neue Technologien investiert.

Der Rückgang der Entwicklungskosten hat nach Aussage des Firmenchefs verschiedene Gründe. Zum einen werden die Kosten für die Produktpflege nicht mehr unter den F&E-Kosten ausgewiesen. Hätte man dies schon in der Vorperiode so gehandhabt, hätten die F&E-Kosten im Geschäftsjahr 2021 statt 7,6 Mio. Euro nur 4,8 Mio. Euro betragen. Zum anderen müssen bei einem Vergleich die reduzierten Entwicklungskosten im Bereich IoT berücksichtigt werden. Nicht zuletzt ergab sich mit einer insgesamt steigenden Effizienz ein positiver Effekt aus dem Transformationsprogramm.

Ebenso wie Herr Thorwarth äußerte die Vertreterin der SdK eine gewisse Skepsis hinsichtlich der Erfolgsaussichten im Segment DBS, nachdem in diesem Markt in vielen Teilbereichen große Konkurrenten aktiv sind, die vielfach auch technologisch sehr weit sind. Nach Auffassung von Frau Schmidt verfügt FP durchaus über starke individuelle Lösungen. Sie hatte allerdings Bedenken, ob das Geschäft auch in ausreichendem Maße skaliert werden kann.

Nach Überzeugung von Herrn Lind kann FP im Wettbewerb mit klassischen Softwareunternehmen gut mithalten. Schließlich biete man bereits seit mehr als zehn Jahren digitale Produkte an und gewinne regelmäßig neue Kunden, darunter große, weltweit agierende Konzerne, aber ebenso Mittelständler und kleine Unternehmen. Der Rollout digitaler Produkte gestaltet sich erfolgreich und wird fortgesetzt. Die Skalierung gelingt ebenfalls. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist hier, dass nicht nur auf den eigenen Vertrieb gesetzt wird, sondern auch auf Partner, die Zugang zu neuen Kundenkreisen bringen.

Als herben Rückschlag empfand Herr Thorwarth die offenbar zu erwartende komplette Einstellung von DE-Mail. Den Ausführungen des Vorstandsvorsitzenden hatte er entnommen, dass dieses Geschäft für FP unwesentlich war. Dennoch interessierte ihn, welchen Umsatz dieses Produkt im vergangenen Jahr beigesteuert hat. Dies waren, wie Herr Lind mitteilte, rund 1,3 Mio. Euro gewesen. Ob das Produkt wirklich komplett eingestellt wird, bleibt allerdings abzuwarten.

Ankündigungen in diese Richtung hat es seiner Aussage nach schon öfter gegeben. Bisher hat sich dies aber nie bewahrheitet und bislang gibt es auch keine offizielle Ankündigung, sondern nur die Aussage, dass der Vertrag des Bundes auslaufen soll. Wie ausgeführt ist das Geschäft aber nicht wesentlich und man habe die Einstellung perspektivisch ohnehin erwartet. Im Übrigen verfügt FP über vielversprechende alternative Produkte. Durch den Wegfall von DE-Mail würde man auch nicht zwangsläufig Kunden verlieren, nachdem man in der Regel auch mit anderen Produkten aktiv sei.

Unschön fand Herr Thorwarth die hohe Steuerquote, die im Geschäftsjahr 2022 auf Konzernebene 35 Prozent betragen hat. Im Jahr zuvor waren es sogar 83 Prozent gewesen. Dabei verfügt die Gesellschaft über hohe Verlustvorträge, die aber nur zum Teil aktiviert sind. Der Aktionär bat um eine Erläuterung der Vorgehensweise.

Wie Herr Spielberger ausführte, betragen die den nicht aktivierten latenten Steuern zugrundeliegenden Verlustvorträge 44,7 (33,1) Mio. Euro. Ein unwesentlicher Betrag betrifft die erfassten aktiven latenten Steuern mit 300 TEUR. Die Länder, in denen Verlustvorträge existieren, sind vor allem Deutschland, Italien, Frankreich und Norwegen. Teilweise sind Verrechnungen allerdings nicht möglich.

Des Weiteren thematisierte die SdK-Sprecherin die mehrfachen Vorstandswechsel in den vergangenen Jahren, die ihrer Auffassung nach bei vielen Aktionären nicht gut angekommen sind. Sie äußerte die Hoffnung, dass nun endlich mehr Ruhe einkehrt. Dies betreffend versicherte der Aufsichtsratsvorsitzende, dass aktuell kein weiterer Wechsel im Vorstand angestrebt wird. Er hält den Vorstand für hervorragend besetzt.

Frau Schmidt wollte auch gerne mehr zu den Gründen für den Wechsel des Großaktionärs erfahren. Sie hatte keine Informationen gefunden, warum sich die Obotritia Capital KGaA von ihrer Beteiligung getrennt hat. In diesem Zusammenhang bat sie außerdem um Auskunft zu den Zielen des neuen strategischen Großaktionärs. Vielleicht könnte Herr Boot, der für die Wahl in den Aufsichtsrat kandidiert, dazu einige Worte sagen.

In seiner Antwort teilte Dr. Granderath mit, dass der Verkauf der Beteiligung ohne Einbeziehung von Vorstand und Aufsichtsrat vollzogen wurde. Insoweit habe man keine Kenntnis über die Motivation hinter der Transaktion. Es gab auch keine öffentliche Erklärung. Die Hauptversammlung schien ihm auch nicht das geeignete Forum für entsprechende Erläuterungen zu sein. Betreffend die Ziele seines Investments habe Dr. Markus veröffentlicht, dass er Handelsgewinne erzielen und Einfluss auf die Besetzung der Gremien nehmen will, was mit der vorgeschlagenen Wahl von Herrn Boot nun geschehen soll. Mehr ist über die Ziele nicht bekannt.

Herr Thorwarth thematisierte ferner den positiven Sondereffekt aus der letztjährigen Portoerhöhung. Seines Wissens könnte 2024 bereits die nächste Preisanhebung anstehen, was unter diesen Umständen aus Unternehmenssicht wohl zu begrüßen wäre. Nachdenklich stimmte den Aktionär allerdings die Begründung, wonach die Portoerhöhung auf die unerwartet stark abnehmenden Briefmengen zurückzuführen ist. Dies müsste mittel- und langfristig wohl negativ zu werten sein.

In seiner Antwort teilte Herr Lind mit, dass sich die Corona-Pandemie positiv im Bereich Mail Services niedergeschlagen hat. Er geht davon aus, dass sich der Rückgang der Briefvolumina in Deutschland und den USA mit 3 bis 4 Prozent pro Jahr jetzt wieder da einpendelt, wo er vor der Pandemie gelegen hatte. Wichtig war ihm in diesem Zusammenhang der Hinweis, dass FP mit dem umfassenden Lösungsportfolio auch gut aufgestellt ist, um die Kunden in die digitale Welt zu begleiten.

Des Weiteren bat Herr Thorwarth um ergänzende Informationen zur Azolver-Gruppe, die, wie er den veröffentlichten Meldungen entnommen hatte, bisher noch Verluste schreibt. Dies soll sich mit der Umstellung auf FP-Maschinen erst nach und nach ändern. Ihn interessierte, bis wann die Umstellung erledigt sein soll, bis wann Azolver also in die Gewinnzone vorstoßen wird.

Wie Herr Lind ausführte, gibt es für alle betroffenen Gesellschaften einen Austauschplan für die nächsten drei Jahre, der planmäßig voranschreitet. Durch den Austausch der Maschinen verbessert sich die Marge der Gesellschaften deutlich. Die Azolver-Gesellschaften wurden bereits voll in die FP-Gruppe integriert, es werden keine eigenen Umsatz- und Ergebniszahlen mehr ausgewiesen. Das Ziel ist es, bis Ende 2025 einen großen Teil der Bestandskunden umzustellen. Das im vergangenen Jahr negative Ergebnis von Azolver war maßgeblich von der Restrukturierung und den Maßnahmen zur Integration beeinflusst.

In die gleiche Richtung ging die Frage von Herrn Thorwarth nach der wirtschaftlichen Situation der pakadoo GmbH, die zuletzt ebenfalls noch einen Verlust ausgewiesen hat. Auch hier wollte er wissen, wann ein positives Ergebnis zu erwarten ist. Dies betreffend informierte der Vorstandsvorsitzende, dass die im Oktober 2022 übernommene pakadoo bereits komplett in das Segment DBS integriert ist und nicht mehr separat berichtet wird. Aus FP-Sicht handelt es sich jetzt um ein Produkt, kein eigenständiges Unternehmen.


Abstimmungen

Vor der Abstimmung informierte Dr. Granderath über die aktuelle Präsenz. Zu diesem Zeitpunkt waren 7.222.760 Aktien vertreten. Bezogen auf das gesamte Grundkapital von 16.301.456 Euro, eingeteilt in ebenso viele Aktien, entsprach dies einer Quote von 44,31 Prozent.

Alle Beschlüsse wurden mit der erforderlichen Mehrheit gefasst. Zumeist lagen die Zustimmungsquoten zwischen 89 und 91 Prozent. Bei den TOP 2 und 6 waren es mehr als 99 Prozent.

Im Einzelnen beschloss die Hauptversammlung über den Vortrag des gesamten Bilanzgewinns auf neue Rechnung (TOP 2), die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), die Wahl von Johannes Boot in den Aufsichtsrat für den ausscheidenden Lars Wittan (TOP 5), die Bestellung der KPMG zum Abschlussprüfer (TOP 6), die Billigung des Vergütungsberichts (TOP 7) sowie verschiedene Satzungsänderungen in Bezug auf die Hauptversammlung (TOP 8).

Gegen 13:30 Uhr schloss der Vorsitzende die Versammlung.


Fazit

Die Francotyp-Postalia Holding AG (FP) hat das Geschäftsjahr 2022 erfolgreich abgeschlossen. Unterstützt von dem in der Vorperiode gestarteten Transformationsprogramm konnte in allen drei Geschäftsbereichen kräftiges Wachstum erzielt werden. Der Konzernumsatz ging, zum Teil auch beeinflusst durch Sondereffekte, um beachtliche 23 Prozent auf 251 Mio. Euro nach oben. Das EBITDA konnte sogar um 49 Prozent ausgebaut werden und das im Vorjahr nur knapp positive Konzernergebnis vervielfachte sich auf 5,5 (0,4) Mio. Euro entsprechend einem Ergebnis je Aktie von 0,35 (0,02) Euro.

Sehr stark präsentiert sich auch der operative Cashflow mit einem Zuwachs von 48 Prozent auf 22,4 Mio. Euro. Dennoch lautete der Vorschlag an die Hauptversammlung, auf eine Dividendenzahlung erneut zu verzichten, was bei den Aktionären auf ein geteiltes Echo stieß. Es ist allerdings nachvollziehbar, dass der Vorstand den Fokus erst einmal auf die Sicherstellung und den Ausbau der vorhandenen Konzernliquidität legen will. Mittel- und längerfristig dürfte sich das bedachte Vorgehen auszahlen. Der Start ins laufende Jahr ist ebenfalls gelungen. Auf Basis um Sondereinflüsse bereinigter normalisierter Zahlen legten Umsatz und Ergebnis im ersten Quartal 2023 weiter zu.

Es überrascht, dass die rundum erfreuliche Entwicklung sich bislang überhaupt nicht auf die Aktie ausgewirkt hat. Der Kurs bewegt sich mit 3,30 Euro exakt auf dem gleichen Niveau wie vor zwölf Monaten, obwohl sich die wirtschaftliche Situation zweifellos verbessert hat. Nach den gängigen Kennzahlen ist jetzt eine sehr günstige Bewertung gegeben. Das KGV liegt bei weniger als zehn und das KCV sogar unter drei – und es sieht ja durchaus so aus, als ob die positive Entwicklung von Dauer wäre. Es dürfte sich lohnen, die Aktie auf diesem Niveau zu kaufen. Auf absehbare Zeit müsste der Knoten platzen.


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Veröffentlichungsdatum: 22.06.2023 - 22:20
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