Nach drei Jahren mit einer rein virtuellen Zusammenkunft hatte die Flughafen Wien AG (FWAG) für den 5. Juni 2023 wieder zu einer Präsenzhauptversammlung in das Office-Center am Flughafen Wien eingeladen. Etwa 150 Aktionäre und Gäste hatten sich dort eingefunden, darunter Matthias Wahler für GSC Research, um mehr über die Hintergründe der sehr erfreulichen Geschäftsentwicklung zu erfahren. Das Protokoll führte wie in den Vorjahren Notar Dr. Rupert Brix.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Ing. Ewald Kirschner eröffnete die Versammlung um 11 Uhr, erläuterte die Formalien und informierte über die wesentlichen Punkte aus dem Bericht des Aufsichtsrats. Themen der Beratungen waren unter anderem die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs, die steigenden Energiepreise, das Teilangebot von IFM sowie die geplanten Investitionsprojekte und die Nachhaltigkeitsziele gewesen.
Im Anschluss übergab er das Wort an die beiden langjährigen Vorstandsmitglieder Dr. Günther Ofner und Mag. Julian Jäger.
Bericht des Vorstands
Das Geschäftsjahr 2022 war nach Aussage von Dr. Ofner vom „Comeback der Luftfahrt“ geprägt. Im ersten Quartal hatte es noch Kurzarbeit und große Bedenken gegeben, dass sich das Reiseverhalten der Menschen mit Corona grundlegend verändert hat. Zum Glück sind diese Befürchtungen nicht eingetreten. Die Reiselust ist zurückgekehrt, was sich sehr positiv auf das Geschäft der FWAG auswirkte.
Nach den zwei Krisenjahren 2020 und 2021 konnten im Berichtszeitraum wieder rund 23,7 Millionen Passagiere in Wien und 30,1 Millionen in der Gruppe begrüßt werden, was praktisch eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Allerdings war es eine große Herausforderung, so schnell von Kurzarbeit zu Vollbetrieb umzuschalten. Dank der herausragenden Leistung der Mitarbeiter ist der Neustart aber besser gelungen als bei vielen Mitbewerbern. Großen Anteil daran hatte, dass die Kernmannschaft dank Kurzarbeit trotz Corona-Pandemie im Unternehmen gehalten werden konnte.
Das rasante Verkehrswachstum spiegelt sich in den Zahlen wider. Der Umsatz stieg um 70 Prozent auf 692,7 (Vorjahr: 407,0) Mio. Euro und das EBITDA konnte auf 295,9 (154,4) Mio. Euro nahezu verdoppelt werden. Dazu hat Dr. Ofner zufolge auch beigetragen, dass die Krisenzeit genutzt worden ist, um das Unternehmen produktiver aufzustellen. Die EBITDA-Marge erreichte nach dem Corona-bedingten Einbruch mit 42,7 Prozent fast wieder das Vorkrisenniveau. Das Periodenergebnis nach Minderheiten vervielfachte sich auf 107,9 (3,7) Mio. Euro entsprechend einem Ergebnis je Aktie von 1,29 (0,04) Euro.
Sehr zufrieden zeigte sich der Vorstand auch mit der Bilanzstruktur. Das Eigenkapital erhöhte sich auf 1,45 (1,31) Mrd. Euro, woraus sich eine sehr robuste Eigenkapitalquote von 65,1 (63,4) Prozent errechnet. Die Verschuldung wurde, wie er an einer Grafik aufzeigte, seit dem Jahr 2011 kontinuierlich abgebaut. Ein Meilenstein war in dieser Hinsicht das Geschäftsjahr 2022. Nachdem in der Vorperiode noch eine Nettoverschuldung von 150 Mio. Euro zu Buche gestanden hatte, verfügte der Konzern mit Stichtag 31. Dezember 2022 über eine Nettoliquidität von 149 Mio. Euro. Zum Ende des ersten Quartals 2023 waren es sogar 224 Mio. Euro.
Mit der kompletten Entschuldung sieht Dr. Ofner eine gute Basis für die kommenden Investitionen gegeben. Dank der soliden Liquiditätslage muss das Unternehmen dennoch nicht wesentlich Fremdkapital aufnehmen. Die geplanten Projekte sollen aus dem Cashflow finanziert werden. Im vergangenen Jahr erhöhte sich der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit deutlich auf 337,6 (105,8) Mio. Euro, während die Investitionen auf 53,6 (51,6) Mio. Euro nur leicht ausgeweitet wurden.
Dank der sehr soliden finanziellen Aufstellung sieht der Vorstand die Voraussetzung gegeben, die Dividendenzahlung wieder aufzunehmen. Nach drei Jahren ohne Ausschüttung lautete der Vorschlag an die Hauptversammlung, eine Dividende von 0,77 Euro zu zahlen, was eine Ausschüttungsquote von 60 Prozent bedeutet. Der Vorstand hatte schon zuvor bei der Präsentation vorläufiger Ergebnisse für das Geschäftsjahr 2022 angekündigt, die Ausschüttungsquote ab dem laufenden Geschäftsjahr auf über 60 Prozent anzuheben.
Zur Klarstellung teilte Dr. Ofner mit, dass der Kredit der Europäischen Investitionsbank weiterhin offen ist. Eine vorzeitige Rückzahlung würde die Zahlung einer hohen Vorfälligkeitsentschädigung nach sich ziehen, was vermieden werden soll. Finanzielle Mittel stünden in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Immerhin kann das Geld aber inzwischen wieder verzinst angelegt werden. Der Kredit wird weiterhin mit 25 Mio. Euro p.a. getilgt.
Dr. Ofner konnte auch einen positiven Ausblick präsentieren. Die Passagierzahlen werden im laufenden Jahr weiter zulegen. Zudem soll die Investitionstätigkeit wieder aufgenommen werden. Als zentrales Thema benannte er in diesem Zusammenhang den Start der Süderweiterung des Terminal 3, was dazu führen wird, dass sich die Investitionen im laufenden Jahr auf rund 135 Mio. Euro mehr als verdoppeln. Eine Belastung ergibt sich durch die inflationsbedingt steigenden Preise und die hohen Lohnabschlüsse.
Die finanziellen Ziele gestalten sich ebenfalls positiv. Für das laufende Jahr stellte Dr. Ofner einen weiteren Umsatzanstieg auf rund 830 Mio. Euro in Aussicht, womit fast wieder das Vorkrisenniveau erreicht ist. Das EBITDA soll mehr als 325 Mio. Euro betragen und das Periodenergebnis auf über 150 Mio. Euro ansteigen. Wenn sich das Geschäft weiterhin so gut entwickelt wie aktuell, kann sich der Vorstand auch vorstellen, dass diese Ziele noch übertroffen werden.
Sehr gerne berichtete Dr. Ofner im Folgenden, das das Ziel, den gesamten Flughafen CO2-neutral zu führen, im laufenden Jahr vorzeitig erreichten werden konnte. Im Vergleich zum Jahr 2011 wurde bis heute eine Einsparung von 60.000 Tonnen CO2 pro Jahr erreicht. Wenn die Sonne voll scheint, erzeugen die Photovoltaikanlagen insgesamt mehr Strom, als der gesamte Flughafen inklusive aller 250 Unternehmen am Standort verbraucht. Mit einer Gesamtfläche von 45 Hektar verfügt der Flughafen Wien über die größte PV-Anlage in Österreich.
Gerade in Zeiten rasant steigender Energiepreise sichert dies laut Dr. Ofner eine gewisse Unabhängigkeit, zumal die Energieeffizienz um 40 Prozent gesteigert werden konnte. Künftig sollen rund 50 Prozent des gesamten Jahresstromverbrauchs mit Sonnenkraft erzeugt werden. Das nächste große Ziel ist es jetzt, bis 2033 auch netto CO2-neutral zu werden. Ein wesentliches Thema ist in diesem Zusammenhang die Umstellung des Fuhrparks, in den wasserstoffbetriebene Fahrzeuge mit aufgenommen werden sollen, um den Überschussstrom aus den PV-Anlagen nutzen zu können.
Erfreulich ist auch das starke Wachstum der „AirportCity“. Dr. Ofner konnte von einer anhaltend großen Nachfrage nach Logistik, Büros und Hotels im Bereich des Flughafens berichten. Konkret geplant ist die Errichtung eines dritten Hotels mit 500 Zimmern, mit dem sich die Nächtigungskapazitäten am Flughafen auf insgesamt 1.400 Zimmer erhöhen. Es siedeln sich auch regelmäßig neue Unternehmen in der AirportCity an, was das Wachstum der Region insgesamt ankurbelt.
Im Folgenden kam Dr. Ofner auf das „Projekt 3. Piste“ zu sprechen, welches seit Jahren ein wichtiges Thema für die FWAG ist. Nachdem mehr als sieben Jahre durch das Rechtsmittelverfahren verloren gegangen sind und weitere zwei Jahre durch die Pandemie, hat der Vorstand für dieses Vorhaben einen Antrag auf Verlängerung der Realisierungsfrist gestellt, der genehmigt wurde. Die Frist geht jetzt bis 30. Juni 2033. Spätestens 2027 muss damit endgültig entschieden werden, ob das Projekt tatsächlich realisiert werden soll.
Sodann kam der Vorstand auf das Übernahmeangebot des IFM Global Infrastructure Fund zu sprechen, das zum Glück nur ein kleiner Teil der Aktionäre angenommen hat. Der Börsenkurs ist seither um weitere 35 Prozent gestiegen – es war also sinnvoll, auf die Empfehlung von Vorstand und Aufsichtsrat zu hören, die sich gegen die Annahme ausgesprochen hatten. Dr. Ofner dankte den anwesenden Aktionären für ihre Treue und bekräftigte seine Überzeugung, dass die Aufrechterhaltung der Börsennotiz eine wesentliche Voraussetzung für den künftigen Erfolg darstellt. Er hofft, dass dies weiterhin gelingt, auch wenn es ein offensichtliches Ziel des Übernahmeangebots war, ein Delisting zu erreichen. „Wir werden alles tun, um attraktiv für die Aktionäre zu bleiben“, versicherte Dr. Ofner.
Sehr gerne präsentierte der Vorstand in diesem Zusammenhang einen Chart mit dem langfristigen Kursverlauf, dem zu entnehmen war, dass sich die FWAG-Aktie in den letzten zehn Jahren um Längen besser entwickelt hat als die Anteilsscheine von Fraport und Flughafen Zürich. Aus dem aktuellen Kurs von 45 Euro, was einen neuen Höchststand bedeutet, errechnet sich eine Marktkapitalisierung von 3,8 Mrd. Euro, nachdem es Anfang 2012 lediglich rund 600 Mio. Euro gewesen waren. An dieser enormen Performance sieht er aufgezeigt, dass sich das Unternehmen gut entwickelt hat.
Dr. Ofner schloss seinen Part mit einer weiteren erfreulichen Nachricht. So konnte der Prozess gegen die Republik Slowakei nach 16 Jahren endlich erfolgreich abgeschlossen werden. Wie er in Erinnerung rief, hat die FWAG im Jahr 2006 den Zuschlag für den Erwerb des Flughafens Bratislava bekommen. Der Vertrag war auch unterzeichnet und das Geld überwiesen worden, die kartellrechtliche Genehmigung wurde aber nicht erteilt. Die Slowakei zahlte die 200 Mio. Euro jedoch erst nach sechs Monaten und ohne Zinsen zurück. Letztlich ging der Prozess durch alle Instanzen und jetzt hat die FWAG 5 Mio. Euro zusätzlich erhalten.
Im zweiten Teil des Vorstandsberichts informierte Herr Jäger über die Verkehrsentwicklung. Auch er konnte erfreuliche Zahlen präsentieren. Nachdem ab der Jahresmitte 2022 eine deutliche Belebung einsetzte, konnte die Zahl der Reisenden am Flughafen Wien im Gesamtjahr auf 23,7 (10,4) Millionen Passagiere mehr als verdoppelt werden. Sinnvoller erscheint dem Vorstand allerdings ein Vergleich mit dem letzten Vor-Corona-Jahr 2019. Im Vergleich dazu waren es noch 25 Prozent weniger Passagiere.
Am Flughafen Malta stieg die Zahl der Passagiere ebenfalls sehr deutlich um 130 Prozent auf 5,9 (2,5) Millionen an. Das Delta zum Geschäftsjahr 2019 liegt noch bei rund 20 Prozent. Noch stärker entwickelte sich, allerdings ausgehend von einer sehr geringen Basis, der Flughafen Kosice mit einem Plus von 224 Prozent auf 0,5 (0,2) Millionen Passagiere. Hier ist das Vor-Corona-Niveau schon fast wieder erreicht. In der FWAG-Gruppe erhöhte sich die Zahl somit auf 30,1 (13,1) Millionen Passagiere. Das waren 24 Prozent weniger als 2019.
Im Folgenden verschaffte Herr Jäger den Aktionären einen Überblick über weitere wichtige Kennzahlen. Erfreulich findet er vor allem die starke Erholung bei den Transferpassagieren in Wien. Damit sieht er belegt, dass der Hub funktioniert. Zudem zeigte er auf, dass die Zahl der Flugbewegungen sich zwar auf 188.000 (112.000) erhöhte, damit aber noch 30 Prozent unter dem 2019-Niveau liegt. Dies ist insofern eine gute Nachricht, weil es zeigt, dass die Flugzeuge im Durchschnitt größer und voller, die Auslastung also höher ist. Der Sitzladefaktor lag mit 77,6 (62,5) Prozent um 0,3 Prozentpunkte über 2019. Der Rückgang der transportierten Fracht auf 251.000 (261.000) Tonnen resultiert daraus, dass 2021 bedingt durch die Pandemie ein sehr starkes Frachtjahr war. Der Abstand zum Jahr 2019 beträgt noch 11 Prozent.
Im laufenden Jahr schreitet die Erholung weiter voran. In der Gruppe wurden im ersten Quartal 6,7 Millionen Passagiere befördert, was ein Wachstum von 82 Prozent bedeutet. Die Zahl liegt nur noch 9,3 Prozent unter 2019, Malta und Kosice liegen sogar darüber. Und im April setzte sich der Aufwärtstrend fort. Als besonders erfreulich bewertet Herr Jäger die Auslastung, die im ersten Quartal 75,6 Prozent und im April sogar 80,1 Prozent erreichte und damit höher lag als 2019. Der Ausblick auf den Sommer fällt ebenfalls positiv aus. Einen negativen Effekt durch die höhere Inflation kann der Vorstand nicht erkennen. Die Nachfrage nach Tickets ist derzeit so hoch wie noch nie in den letzten zehn Jahren.
Regional betrachtet war das stärkste Wachstum in Europa und Nordamerika zu verzeichnen. Auch der Mittlere Osten und der Nahe Osten entwickelten sich sehr positiv, während der Ferne Osten noch etwas hinterherhinkt. Innerhalb von Europa gibt es allerdings große Unterschiede. In Deutschland liegen die Passagierzahlen noch 40 Prozent unter dem Vorkrisenniveau. Südeuropa entwickelt sich deutlich stärker. Spanien und Italien liegen nur noch knapp unter 2019.
An den Marktanteilen der einzelnen Airlines hat sich Herrn Jäger zufolge nichts Wesentliches verändert. Austrian Airlines kommt auf 47 Prozent, Ryanair auf 21 Prozent und Wizz Air auf 7 Prozent. Bei der Lufthansa-Gruppe insgesamt sind es 52 Prozent und die Low-Cost-Carrier haben einen Marktanteil von 30 Prozent. Mit dieser Struktur zeigte sich der Vorstand recht zufrieden. Insgesamt finden sich am Flughafen Wien fast 70 Fluggesellschaften.
Im Folgenden ging Herr Jäger näher auf die einzelnen Segmente ein. Das mit Abstand größte ist das Segment Airport, in dem sich der Umsatz im Geschäftsjahr 2022 auf 321,0 (169,5) Mio. Euro fast verdoppelte. Das EBITDA ging auf 127 (69) Mio. Euro ebenfalls kräftig nach oben und das EBIT drehte mit plus 49,4 (minus 11,1) Mio. Euro wieder in den positiven Bereich. Die starke Entwicklung resultiert vor allem aus dem kräftigen Passagierwachstum.
Im Segment Handling & Sicherheitsdienstleistungen ging der Umsatz auf 124,9 (94,4) Mio. Euro nach oben. Das EBIT war hingegen mit minus 3,5 (minus 5,8) Mio. Euro noch negativ. Herr Jäger ist aber optimistisch, dass in diesem Jahr der Sprung in den positiven Bereich gelingt. Ein starker Treiber der Entwicklung ist nach seiner Aussage das Ground Handling.
Stolz ist der Vorstand, dass der Flughafen Wien 2022 der zweitpünktlichste Hub in Europa war und im ersten Quartal 2023 sogar auf dem ersten Platz landete. Ein großes Thema sind in diesem Zusammenhang die Sicherheitskontrollen, bei denen die durchschnittliche Wartezeit bei der FWAG dank einer eigenen Tochtergesellschaft durchschnittlich nur vier bis acht Minuten beträgt. Mit der strikten Fokussierung auf Qualität hat sich auch das Standing von Austrian Airlines innerhalb der Lufthansa-Gruppe deutlich verbessert. Was die Themen Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit betrifft, hat der Flughafen Wien ebenfalls diverse Auszeichnungen erhalten.
Das Segment Retail & Properties entwickelte sich ebenfalls sehr erfreulich. Der Umsatz kletterte auf 138,8 (82,4) Mio. Euro und das EBIT konnte auf 64,2 (28,4) Mio. Euro mehr als verdoppelt werden. Das starke Passagierwachstum führte zu einer Verdopplung der Centermanagement & Hospitality-Umsätze und der Parkerlöse, was die wesentlichen Treiber für das Ergebnis waren. Positive Effekte ergaben sich zusätzlich durch die Ausweitung der Shopping & Gastro- sowie Loungeflächen sowie durch Grundstücksverkäufe. Die Süderweiterung wird ein weiterer Treiber sein.
Sodann informierte Herr Jäger über die aktuelle Situation beim Terminal 2, das nach einer grundlegenden Sanierung und Erneuerung im März 2022 wieder in Betrieb genommen wurde. Sämtliche Arbeiten konnten zur Freude des Vorstands im Zeitplan und im Kostenbudget abgeschlossen werden. Dazu trug bei, dass die Corona-Krise genutzt werden konnte, um die Sanierung zügig voranzutreiben. Der Terminal 2 überzeugt jetzt mit einem attraktiven Shopping- und Gastronomieangebot, neuen und zusätzlichen Gepäckausgabebändern sowie einer neuen und zentralen Sicherheitskontrolle, was in Zukunft zu höheren Umsätzen beitragen wird.
Das wichtigste Bauprojekt der nächsten Jahre ist für die FWAG mit Baubeginn noch in diesem Jahr und geplanter Eröffnung im Jahr 2027 allerdings die Süderweiterung des Terminal 3. Herr Jäger räumte ein, dass es dort Einiges gibt, was besser gestaltet werden könnte. Insgesamt soll das Terminal um 70.000 qm erweitert und 10.000 qm an zusätzlichen Shopping- und Gastronomieflächen geschaffen werden. Geplant sind außerdem neue Sicherheitskontrollen und zusätzliche Lounges und Gate-Bereiche. „Wir wollen in der Top-Liga in Europa mitspielen“, so der Vorstand.
Auch der Ausblick fiel positiv aus. Im Sommer werden laut Herrn Jäger vom Flughafen Wien von 60 Airlines bis zu 190 Destinationen in 67 Ländern bedient werden. Die angebotenen Sitzplatzkapazitäten liegen bei etwa 90 Prozent des Niveaus von 2019. Die erfreuliche Entwicklung sieht der Vorstand auch an der Verkehrsprognose aufgezeigt. In Wien erwartet er im Gesamtjahr 26 bis 27 Millionen und in der Gruppe 32 bis 34 Millionen Passagiere. Im Hochsommer sollen auf dieser Basis mindestens 90 Prozent des Vorkrisenniveaus erreicht werden.
Allgemeine Aussprache
Der Großteil der Fragen kam in der folgenden Debatte von Florian Beckermann vom Interessensverband für Anleger (IVA). Danach folgte etwa ein Dutzend Privataktionäre, zumeist allerdings mit kurzen Fragen und Anmerkungen, die zum Teil wunschgemäß nicht persönlich vorgetragen, sondern vom Vorsitzenden verlesen wurden.
Alle Redner gratulierten zu der sehr positiven Geschäftsentwicklung, die viele in diesem Ausmaß nicht erwartet hatten, und dankten dem Vorstand und den Mitarbeitern für die erbrachte Leistung. Herr Beckermann hob zudem die attraktive Dividende und die weiterhin positiven Aussichten sowie nicht zuletzt die überragende Entwicklung der Aktie hervor, die auf Allzeithoch notiert. Alle Aktionäre, die das Übernahmeangebot der IFM nicht angenommen haben, was zum Glück die meisten waren, können sich glücklich schätzen.
Nach Einschätzung von Herrn Beckermann könnte mit Blick auf den mittlerweile sehr geringen Streubesitz aber ein Delisting der Aktie drohen, was sehr schade wäre. Befragt nach einer Einschätzung teilte Dr. Ofner mit, dass der Vorstand diese Sorge teilt. Man hoffe, die Aktionäre mit einer weiterhin positiven Geschäftsentwicklung überzeugen zu können, dass es besser ist, dabeizubleiben. Die Kosten der Börsennotierung sind überschaubar. Sie bewegen sich im mittleren fünfstelligen Bereich und sind sicherlich kein Argument für ein Delisting.
Der einzige Kritikpunkt des Aktionärsvertreters war der Beschlussvorschlag unter TOP 8, wonach der Vorstand ermächtigt werden soll, Hauptversammlungen künftig auch virtuell abhalten zu können. Zum einen ist der Gesetzesentwurf noch nicht einmal im Parlament. Außerdem hat sich nach Meinung von Herrn Beckermann im letzten Jahr deutlich gezeigt, dass die virtuelle Hauptversammlung kein Erfolgsmodell ist. Und gerade für die FWAG erschien ihm das virtuelle Format völlig ungeeignet.
In seiner Antwort versicherte Dr. Ofner, dass man gerne auch in Zukunft zu Präsenzhauptversammlungen einladen werde. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre wäre es seiner Meinung nach aber fahrlässig, keine Vorsorge zu treffen. Eingetragen wird der Beschluss ohnehin nur, wenn das Gesetz entsprechend angepasst wird.
Eine Reihe von Fragen betraf die geplante 3. Piste. Befragt nach dem Zeitplan informierte Dr. Ofner, dass sich noch nicht einschätzen lässt, wann mit dem Projekt gestartet werden kann. Der Zeitpunkt hängt von der Auslastung der vorhandenen Infrastruktur und der Zahl der Flugbewegungen ab. Deren Zahl wächst derzeit langsamer als die der Passagiere, da die Flugzeuge im Durchschnitt größer und voller sind, was grundsätzlich eine gute Nachricht ist. Die Passagierzahlen sind insoweit nur bedingt ein Gradmesser für die 3. Piste. Vielmehr geht es um die Zahl der Flugbewegungen in den Spitzenzeiten.
Wann der Vorstand zu der Einschätzung kommt, dass es sinnvoll ist, das Projekt umzusetzen, lässt sich insofern noch nicht sagen. Es spielen auch andere Faktoren eine Rolle. Aus heutiger Sicht wird es noch einige Zeit dauern, bis diesbezüglichKlarheit herrscht. Nachdem der Bewilligungsbescheid verlängert wurde, gibt es in dieser Hinsicht keinen Zeitdruck. Wichtig ist natürlich auch, dass das Projekt wirtschaftlich dargestellt werden kann und davon auszugehen ist, dass es sich amortisiert. Man werde die Entwicklung beobachten und reagieren.
Weiterhin teilte Dr. Ofner auf Nachfrage von Aktionär Berger mit, dass für die 3. Piste eine Fläche von etwa 700 Hektar benötigt wird. Etwa ein Drittel der benötigten Grundstücke befinden bereits im Eigentum der FWAG. Die übrigen zwei Drittel sollen nach und nach erworben und zum Teil auch gegen naheliegende Grundstücke eingetauscht werden. Dr. Ofner ist überzeugt, dass dieses Vorhaben bis zum Projektstart bewältigt sein wird.
Auf Nachfrage des gleichen Aktionärs informierte Dr. Ofner, dass die Gesellschaft im Geschäftsjahr 2022 Grundstücke mit einer Fläche von 22 Hektar an den Immobilienentwickler Helios Real Estate veräußert hat, der dort ein Logistikzentrum errichtet. Mit der Transaktion wurde ein Gewinn von 8 Mio. Euro realisiert, der Teil des Ergebnisses ist.
Ein weiterer Aktionär bat um eine Einschätzung, wann Umsatz und Ergebnis wieder das Vor-Corona-Niveau erreichen. Eine konkrete Antwort konnte Dr. Ofner hier nicht liefern. Nach seiner Überzeugung gibt es aber viele Gründe, die für weiteres Wachstum sprechen. Sehr positiv wäre es, wenn im asiatischen Raum die Reiseaktivitäten wieder voll aufgenommen oder der Ukraine-Krieg enden würde. Zudem zählt Wien zu den am schnellsten wachsenden Städten in Europa und auch die angrenzenden Regionen und Länder wie die Slowakei, Tschechien und Ungarn entwickeln sich wirtschaftlich positiv. Dies alles spricht für weiteres Wachstum in den nächsten Jahren.
Auf ergänzende Nachfrage eines Aktionärs freute sich Herr Jäger mitteilen zu können, dass sich der Flughafen Wien schneller von der Krise erholt als andere Airports. In den ersten vier Monaten lag das Passagieraufkommen in Wien nur noch 11,5 Prozent unter dem Niveau von 2019. In Zürich waren es 14 Prozent, in Frankfurt 22 Prozent und in München 29 Prozent. Auch im europaweiten Vergleich steht die FWAG gut da. Aktuell findet sich Wien im Ranking der größten europäischen Flughäfen auf Platz 19, die Platzierung ist damit besser als vor der Pandemie.
Ein weiteres Thema der Aussprache war das Übernahmeangebot der IFM. Ein Aktionär wollte wissen, warum lediglich ein Teilangebot unterbreitet wurde. Als Grund dafür nannte Dr. Ofner, dass die ursprüngliche Annahme des Investors, dass ein Pflichtangebot für alle Aktien unterbreitet werden müsste, von der Übernahmekommission zurückgewiesen wurde. Die IFM habe daher ein freiwilliges Kaufangebot für den Streubesitz abgegeben. Aktuell hält der Investor soweit bekannt 43,37 Prozent der Anteile.
Befragt nach der Situation auf den Shoppingflächen freute sich Dr. Ofner berichten zu können, dass die Passagiere aktuell im Durchschnitt schon mehr ausgeben als im Jahr 2019. Sehr erfreulich ist dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass es kaum Reisende aus China oder Russland gibt. Zum einen wirkt sich sicherlich die Inflation aus. Es ist allerdings auch spürbar, dass die Menschen seit der Pandemie bereit sind, mehr Geld auszugeben. Auf die kritische Anmerkung eines Aktionärs räumte Dr. Ofner ein, dass es teilweise Engpässe gab, auch in den Lounges. Dieses Thema werde man mit der Süderweiterung angehen.
Die von Herrn Beckermann geäußerten Bedenken, dass die Süderweiterung tatsächlich im geplanten Zeitrahmen und Kostenbudget realisiert werden kann, konnten die beiden Vorstandsmitglieder zerstreuen. Dr. Ofner verwies darauf, dass seit 2011 eine Reihe von Bauvorhaben von in Summe mehr als 1 Mrd. Euro umgesetzt und alle im Budget und Zeitplan realisiert worden sind. Mit Blick auf die umfangreichen Erfahrungen ist er überzeugt, dass dies auch bei der Süderweiterung gelingen wird. Voraussichtlich werde man im Sommer 2023 mit der Umsetzung beginnen.
Ein Aktionär konnte sich nicht vorstellen, dass wirklich noch ein drittes Hotel mit 500 Zimmern benötigt wird. Dies betreffend stellte Dr. Ofner zunächst klar, dass es sich um eine Investition Dritter handelt. Die FWAG erhält unabhängig vom Geschäftserfolg feste monatliche Zahlungen und zusätzlich eine Umsatzbeteiligung, wenn es gut läuft. Bedenken, dass die zusätzlichen Kapazitäten nicht benötigt werden, hat der Vorstand allerdings nicht. Die beiden bereits bestehenden Hotels sind gut ausgelastet und es gibt dringenden Bedarf an zusätzlichen Zimmern.
Beeindruckt zeigte sich Herr Beckermann, dass die FWAG bereits 50 Prozent des benötigten Stroms selbst erzeugt. Auf seine Frage, wann eine Quote von 100 Prozent erreicht sein wird, teilte Dr. Ofner mit, dass dies nicht geplant ist. Mit einer PV-Fläche von 45 Hektar ist das Potenzial weitgehend ausgeschöpft und die Überproduktion in Zeiten mit einer hohen Sonneneinstrahlung ist, nachdem ausreichende Speichermöglichkeiten fehlen, schon heute problematisch. Teilweise musste im vergangenen Jahr für Netzeinspeisungen Geld bezahlt werden. Sinnvoll wäre es, die überschüssige Energie in Form von Wasserstoff zu speichern, um sie später nutzen zu können.
Des Weiteren wurde die Frage aufgeworfen, inwieweit bei der FWAG der Fachkräftemangel ein Problem darstellt. Wie Dr. Ofner ausführte, gibt es keine gravierenden Probleme, die benötigten Mitarbeiter zu finden. Derzeit gibt es im Unternehmen etwa 200 offene Stellen, die noch im laufenden Jahr besetzt werden sollen. Die Zahl der Bewerber ist ausreichend. Das Interesse ist zuletzt sogar wieder gestiegen.
Das Thema Diversität betreffend bat der Vorstand zu berücksichtigen, dass ein Großteil der Mitarbeiter im Unternehmen schwere körperliche Arbeit verrichtet. Hier wird es nicht gelingen, die Frauenquote auszuweiten. In anderen Bereichen konnten aber erhebliche Fortschritte erzielt werden. Bei der FWAG sind Mitarbeiter mit mehr als 50 Nationalitäten und mehr als einem Dutzend Religionen oder Glaubensbekenntnissen beschäftigt.
Abstimmungen
Herr Kirschner verkündete die Präsenz mit 79.396.212 Aktien. Bezogen auf das gesamte Grundkapital von 152.670.000 Euro, eingeteilt in 84.000.000 Stückaktien, entsprach dies einer Quote von 94,52 Prozent.
Alle Beschlüsse wurden mit Mehrheiten weit über 99 Prozent gefasst. Nennenswerte Neinstimmen gab es lediglich bei den TOP 6 und 8, die Zustimmungsquote lag aber dennoch bei 99,5 Prozent.
Im Einzelnen beschloss die Hauptversammlung die Zahlung einer Dividende von 0,77 Euro (TOP 2), die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), die Bestellung der KPMG Austria GmbH zum Abschlussprüfer (TOP 5), die Billigung des Vergütungsberichts (TOP 6), die Änderung der Satzung hinsichtlich der Veröffentlichungen (TOP 7) sowie die Ermöglichung der Abhaltung von virtuellen Hauptversammlungen (TOP 8).
Um 14:45 Uhr schloss der Vorsitzende die Versammlung.
Fazit
Das Geschäftsjahr 2022 ist für die Flughafen Wien AG (FWAG) noch besser verlaufen als ursprünglich geplant. Das Unternehmen profitiert davon, dass sich die Luftfahrt schneller von der Pandemie erholt, als allgemein erwartet worden war – und die FWAG erholt sich noch schneller als die meisten anderen europäischen Flughäfen. Gegenüber dem noch Corona-geprägten Vorjahr konnte das Ergebnis mehr als verdoppelt werden. Die EBITDA-Marge lag mit 42,7 Prozent schon fast wieder auf Vorkrisenniveau. Zugleich gelang es, den Konzern komplett zu entschulden und stattdessen eine hohe Nettoliquidität aufzubauen. Das ist beeindruckend.
Damit waren alle Voraussetzungen gegeben, um die Dividendenzahlung wieder aufzunehmen. Die Hauptversammlung beschloss eine Ausschüttung von 0,77 Euro, womit genau 60 Prozent des Gewinns an die Aktionäre gehen. Der Vorstand hatte schon zuvor bei der Präsentation vorläufiger Ergebnisse für das Geschäftsjahr 2022 angekündigt, die Ausschüttungsquote ab dem laufenden Geschäftsjahr auf über 60 Prozent anzuheben.
Das laufende Jahr ist gut gestartet und die Prognose klingt durchweg optimistisch. Die Passagierzahlen steigen weiter spürbar an. Die solide finanzielle Aufstellung ist auch von Vorteil für die anstehenden Investitionen. Zuvorderst ist dies die Süderweiterung von Terminal 3, eventuell in einigen Jahren noch die dritte Piste.
Die Aktie weist ebenfalls eine eindrucksvolle Entwicklung auf. Die pandemiebedingte Schwächephase ist komplett überwunden, der Kurs erreichte mit 45,45 Euro vor Kurzem ein neues Rekordniveau. Damit können sich alle Aktionäre glücklich schätzen, die das Teilerwerbsangebot der IFM zu 34 Euro, wie von Vorstand und Aufsichtsrat empfohlen, nicht angenommen haben. Auch längerfristig ist die Entwicklung beeindruckend. Ausgehend von rund 600 Mio. Euro Anfang 2012 hat sich die Marktkapitalisierung der FWAG bis heute auf 3,8 Mrd. Euro vervielfacht.
Wie es jetzt weitergeht, nachdem der Streubesitz nur noch ca. 6,6 Prozent beträgt, ist nicht ganz klar. Positiv ist aus Sicht der Kleinaktionäre, dass sich der Vorstand klar für die Börsennotierung ausspricht, die er als wichtige Erfolgsgrundlage für die weitere Unternehmensentwicklung sieht. Ein Delisting kann dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Jedoch wären weitere Anteilserhöhungen des nunmehr größten Aktionärs mit Blick auf die herausragende Marktstellung der FWAG sicherlich mit einem attraktiven Übernahmeangebot verbunden. Zudem gibt es wieder attraktive Dividenden. Die Aktie ist auf jeden Fall eine solide Halteposition.
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Postfach 1
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