Die SCHUMAG AG hatte für den 25. Mai 2023 zu ihrer 38. Hauptversammlung in die Räume der Gesellschaft nach Aachen eingeladen. Etwa 25 Aktionäre und Gäste hatten sich dort eingefunden, um sich über die aktuelle Entwicklung und die Perspektiven des Spezialisten für Präzisions- und Normteile aus Metallen zu informieren. Für GSC Research hatte sich Matthias Wahler vor Ort eingefunden.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Dirk Daniel eröffnete die Versammlung um 10 Uhr und teilte mit, dass der Vorstand mit den Herren Johannes Wienands (CEO) und Dr.-Ing. Bernhard Mayers (COO) komplett anwesend ist. Dr. Mayers ist zum 1. September 2022 als weiteres Vorstandsmitglied und Chief Operation Officer (COO) bestellt worden. Die Mitglieder des Aufsichtsrats waren mit Ausnahme von Karl Josef Libeaux, der aus dringenden persönlichen Gründen verhindert war, ebenfalls komplett zugegen.
Nachfolgend erläuterte Herr Daniel die Formalien und sprach einige ergänzende Worte zum Aufsichtsratsbericht. Das Kontrollgremium hat sich im Geschäftsjahr 2021/22 (bis 30. September) zu drei Präsenzsitzungen und sechs Telefon- und Videokonferenzen zusammengefunden. Ein wesentliches Thema der Beratung war neben der Bestellung von Dr. Mayers zum Vorstand unter anderem die Kapitalerhöhung im September 2022 gewesen.
Sodann übergab Herr Daniel das Wort an den Vorstand.
Bericht des Vorstands
Wie Herr Wienands darlegte, ist die Transformation des Unternehmens im Geschäftsjahr 2021/22 (bis 30. September) trotz des sehr anspruchsvollen Umfelds weiter vorangekommen. Allerdings gelang dies infolge der schwierigen Rahmenbedingungen nicht schnell genug und zusätzlich belasteten erhebliche ungeplante Kostensteigerungen durch die massiv gestiegenen Energiepreise und die gestörten Lieferketten. Ebenso wirkten sich die hohe Inflation und die rasant gestiegenen Zinsen negativ aus.
Neben diesen belastenden externen Faktoren sah sich SCHUMAG im Berichtsjahr mit einem beispiellosen Anstieg des Auftragseingangs konfrontiert. An sich ist dies, wie der Vorstandsvorsitzende klarstellte, natürlich positiv. Nachdem die Mitarbeiterzahl zuvor deutlich reduziert worden war, waren aber keine ausreichenden personellen Ressourcen vorhanden, um eine zeitnahe Abwicklung zu gewährleisten. Insgesamt war die Berichtsperiode also sehr herausfordernd.
Im Anschluss kam Herr Wienands auf die Zahlen des Geschäftsjahres 2021/22 zu sprechen. Er präsentierte diesmal nicht den Konzernabschluss, sondern die Zahlen des Einzelabschlusses nach HGB. Ihm erschien dies sinnvoll, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten, nachdem die Zahlen für das erste Halbjahr nach HGB aufgestellt werden und auch die Prognose dieser Logik folgt. Wertmäßig ergibt sich ohnehin kein großer Unterschied, die Kernaussagen sind die gleichen.
Wie der Firmenchef aufzeigte, war infolge des Ukraine-Kriegs weltweit eine steigende Nachfrage nach Rohstoffen, Erdöl und Gas zu verzeichnen. Sehr gefragt waren zudem Lösungen zur Absicherung kritischer Infrastruktur und Notstromaggregate. Davon profitierten die Kunden, die in diesen Märkten aktiv sind, und damit auch SCHUMAG. Die Nachfrage stieg auf breiter Front massiv an, was teilweise zu erheblichen Rückständen bei der Lieferung führte.
In der Folge legte der Umsatz um 19 Prozent auf 45,3 (Vorjahr: 38,1) Mio. Euro kräftig zu. Die Gesamtleistung erhöhte sich infolge einer gesteigerten Produktionsleistung sogar noch etwas stärker um 26 Prozent auf 47,7 (37,8) Mio. Euro. Der Auftragseingang ging um 19 Prozent auf 51,3 Mio. Euro nach oben und der Auftragsbestand kletterte um 46 Prozent.
Parallel wuchs allerdings auch der Aufwand. Als wesentliche Gründe benannte Herr Wienands den massiven Anstieg der Energiekosten sowie die stark erhöhten Fremdleistungen, die im Materialaufwand ausgewiesen werden. Durchschnittlich waren 53 (24) externe Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigt, um Umsatzspitzen abzufangen und Rückstände auszugleichen. Überdies war deutlich mehr externe Bearbeitung als in den Vorjahren erforderlich.
Infolgedessen ging der Materialaufwand deutlich stärker als der Umsatz um 67 Prozent auf 20,4 (12,2) Mio. Euro nach oben. Der Personalaufwand stieg hingegen trotz der Ausweitung der durchschnittlichen Mitarbeiterzahl in der AG auf 430 (392) Personen nur unterproportional um 13 Prozent auf 24,7 (21,8) Mio. Euro. Die Summe der Material- und Personalaufwandsquote erhöhte sich auf 95 (90) Prozent.
Trotz der gestiegenen Umsätze und höheren Erlösen aus Anlageabgängen verschlechterte sich das EBIT auf minus 0,7 (plus 0,9) Mio. Euro. Zu den bereits genannten Belastungsfaktoren trugen dazu auch überproportional gestiegene Instandhaltungskosten aufgrund des veralteten Maschinenparks bei. Zudem mussten höhere Beratungsaufwendungen im Zusammenhang mit weiterhin erforderlichen Restrukturierungsmaßnahmen in Anspruch genommen werden. Das Jahresergebnis rutschte mit minus 1,7 (minus 0,4) Mio. Euro weiter in die roten Zahlen.
Der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit verschlechterte sich vor allem aufgrund des negativen Ergebnisses sowie Auszahlungen im Zusammenhang mit dem Aufbau der Vorräte auf minus 7,0 (minus 1,4) Mio. Euro. Der Cash-Effekt aus Factoring belief sich auf 2,1 Mio. Euro. Der Cashflow aus Investitionstätigkeit verbesserte sich hingegen infolge von höheren Erlösen aus dem Verkauf von nicht betriebsnotwendigem Vermögen deutlich auf plus 3,3 (minus 1,7) Mio. Euro. Die Ausgaben für Investitionen beliefen sich wie im Vorjahr auf 3,9 Mio. Euro und betrafen insbesondere technische Anlagen und Maschinen sowie die IT-Infrastruktur.
Im Rahmen der Finanzierungstätigkeit wurde laut Herrn Wienands eine Einzahlung von 4,5 Mio. Euro aus der Kapitalerhöhung realisiert. Außerdem erfolgten Einzahlungen aus den zur Verfügung stehenden Kontokorrentlinien sowie den gewährten Investitionskrediten. Auszahlungen wurden für die Tilgung von Investitionskrediten und für Zinsen vorgenommen. Die Bankverbindlichkeiten stiegen auf 4,9 (4,7) Mio. Euro. Die liquiden Mittel werden zum Bilanzstichtag mit 1,3 (0,5) Mio. Euro ausgewiesen.
Im Anschluss kam der Vorstandsvorsitzende auf die Bilanz zu sprechen. Trotz der Veräußerung von nicht betriebsnotwendigem Vermögen und Abschreibungen erhöhte sich das Anlagevermögen aufgrund von Investitionen in technische Anlagen und Infrastruktur auf 12,9 (11,1) Mio. Euro. Das Eigenkapital verbesserte sich dank der Mittelzuflüsse aus der Kapitalerhöhung trotz des Fehlbetrags auf 2,9 (0,1) Mio. Euro, womit sich bei einer Bilanzsumme von 34,2 (29,5) Mio. Euro eine Eigenkapitalquote von 8,0 (0,3) Prozent errechnet. Die Eigenmittel machen aber weiterhin weniger als die Hälfte des Grundkapitals aus.
Sodann präsentierte Herr Wienands die HGB-Zahlen des ersten Halbjahres 2022/23. Nachdem im vergangenen Jahr der Abbau der Rückstände infolge der massiv gestiegenen Abrufe im Vordergrund gestanden hatte, um zügige Lieferungen sicherzustellen, wurde nach seiner Aussage in den letzten Monaten wieder stärker die Effizienz in den Fokus gerückt.
Der Umsatz erhöhte sich im ersten Halbjahr um 23 Prozent auf 26,3 (20,2) Mio. Euro und die Gesamtleistung ging um 22 Prozent auf 26,9 (21,1) Mio. Euro nach oben. Der Auftragseingang stieg ebenfalls weiter um 6 Prozent auf 24,1 (22,7) Mio. Euro, womit der Auftragsbestand auf 16,8 (15,9) Mio. Euro zulegte. Das EBITDA war mit minus 1,0 (plus 0,3) Mio. Euro negativ, ebenso das EBIT mit minus 2,1 (minus 0,6) Mio. Euro.
Wichtig war dem Firmenchef indes der Hinweis auf das um Sondereffekte bereinigte, also rein operative EBIT. Dieses war mit 0,1 Mio. Euro positiv, konnte also erheblich verbessert werden. Überdies muss bei einem Vergleich berücksichtigt werden, dass in den Vorjahreszahlen noch ein Sondereffekt von 5 Mio. Euro aus dem Verkauf von Immobilien enthalten war. Tatsächlich konnten im ersten Halbjahr also erhebliche Fortschritte erzielt werden.
Nach wie vor ist es nach Aussage von Herrn Wienands aber so, dass im Unternehmen mehr Liquidität benötigt wird, als erwirtschaftet wird. Der Vorstandschef sieht dafür verschiedene Gründe. Neben dem Aufwand aus der anhaltenden Bereinigung von Altlasten und hohen Beratungskosten nannte er an dieser Stelle den Aufbau von Vorräten sowie erhöhte Instandhaltungskosten, nachdem die Maschinen inzwischen auch vorbeugend gewartet werden. Überdies wird weiterhin investiert und nicht zuletzt müssen, nachdem der Break-even noch nicht erreicht ist, die Verluste ausgeglichen werden.
Wichtig war dem Vorstandschef deshalb der Hinweis, dass die bestehenden Kreditlinien erhalten bleiben. Die KBC Bank hat den Kontokorrentkredit gegen die Gewährung von Grundschulden sogar um weitere 2 Mio. Euro erhöht. Und für die im laufenden Jahr geplanten Investitionen steht, soweit sie nicht von den Kunden übernommen werden, die Linie einer Leasinggesellschaft zur Verfügung. Überdies kann SCHUMAG bei Investitionen in Maschinen und Anlagen bis zu einem Gesamtvolumen von 6 Mio. Euro auf einen 30-prozentigen Investitionszuschuss zurückgreifen. Die Veräußerung weiteren Betriebsvermögens ist im laufenden Jahr nicht vorgesehen.
Herr Wienands fuhr fort mit einigen Anmerkungen zu den laufenden Prozessen gegen ehemalige Vorstände und Geschäftsführer. Den Prozess gegen den früheren Aufsichtsrat Peter Koschel hat die Gesellschaft letztinstanzlich gewonnen. Leider will die D&O-Versicherung das Urteil aber nicht akzeptieren. Sie behauptet, Herr Koschel habe vorsätzlich gehandelt und verweigert die Auszahlung. Man werde die D&O-Versicherung deshalb auf Auszahlung der versicherten 1,5 Mio. Euro verklagen.
Im Falle des Ex-Vorstands Nicolaus Heinen läuft das Vollstreckungsverfahren in London. Herr Wienands rechnet bei diesem Streit noch im laufenden Jahr mit einer Einigung. Die letzte bestätigte Forderung gegen Herrn Heinen liegt bei 4,5 Mio. Euro. Die tatsächliche Zahlung wird aber deutlich darunter erwartet. Das Verfahren gegen die ehemalige Geschäftsführerin der Tochtergesellschaft BR Energy GmbH ist abgeschlossen. Dieser Prozess ging verloren und die Zahlung wurde geleistet.
An dieser Stelle übernahm Dr. Mayers mit ergänzenden Ausführungen zu den Maßnahmen zur Optimierung der Produktion. Wie er ausführte, wurde der Vorstand um den Posten des COO erweitert, um den Fokus auf die Fertigung zu verstärken. Zudem geht es um eine stärkere bereichsübergreifende Zusammenarbeit.
Nachfolgend lieferte er einen vertieften Einblick in verschiedene Transformationsprojekte. Ein drängendes Thema war die Instandhaltung gewesen, die teilweise ausgelagert war, was schon mit Blick auf die viel zu hohen Kosten nicht zielführend war. Soweit möglich werden jetzt interne Mitarbeiter eingesetzt. Aufgrund des hohen Alters des Maschinenparks gibt es einen eigenen Mitarbeiter für das Ersatzteilmanagement. Außerdem wurde die bisher reaktive in eine vorbeugende Instandhaltung überführt. Durch die eingeleiteten Maßnahmen konnte die Maschinenverfügbarkeit bereits drastisch verbessert werden.
Ein zentrales Thema der Transformation sind mit Blick auf den Facharbeitermangel daneben die Mitarbeiter. Dr. Mayers freute sich berichten zu können, dass einige der früheren Mitarbeiter inzwischen wieder zurückgewonnen werden konnten. Überdies gilt es die hohe Technologiekompetenz zu erhalten, das Produktportfolio aber zugleich auf die Zukunft auszurichten. Potenzielle Wachstumsmärkte wurden bereits identifiziert. Vorrangig geht es um die Entwicklung neuer Produkte, die mit bestehenden Technologien gefertigt werden können.
Des Weiteren informierte Dr. Mayers, dass neue Projekte akquiriert werden konnten. Durch einen Großbrand beim Wettbewerber Burgmaier konnten Kunden für zwei Komponenten, die in der Vergangenheit bereits bei SCHUMAG produziert worden waren, wieder zurückgewonnen werden. Das zusätzliche Umsatzpotenzial mit den Kunden Liebherr und BorgWarner bezifferte der Vorstand auf rund 1,9 Mio. Euro p.a. Daneben konnte nach einem zweijährigen Entwicklungsprozess vollständig neues Geschäft mit Bosch Rexroth mit einem jährlichen Umsatzpotenzial von rund 1,3 Mio. Euro akquiriert werden.
Zentrale Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit hat nach Aussage von Dr. Mayers vor dem Hintergrund der fehlenden Investitionen in den Jahren 2008 bis 2018 die Erneuerung und Erweiterung des Maschinenparks. Seither wurden bereits 10,8 Mio. Euro investiert. Für das laufende Jahr sind Investitionen von 3,5 Mio. Euro geplant und teilweise bereits durchgeführt. Insgesamt sieht der COO zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit für die nächsten vier Jahre einen Investitionsbedarf von 18 Mio. Euro. Wichtige Themen sind neben der Modernisierung des Maschinenparks die Restrukturierung der Fertigung sowie die Digitalisierung.
Sodann übernahm wieder Herr Wienands. Er richtete seinen Dank an die großen Ankerinvestoren, ohne die die bisherige Entwicklung nicht möglich gewesen wäre. Sie sind an einer langfristig positiven Entwicklung von SCHUMAG interessiert. Ebenso dankte er dem Aufsichtsrat für die konstruktive Zusammenarbeit. Insbesondere sprach er damit Ritter Yves Noël an, der mit Ende der Hauptversammlung aus dem Amt ausscheidet. Als Nachfolger sollte Prof. Dr. Thomas Prefi gewählt werden, der ebenfalls ein Ankeraktionär ist.
Herr Wienands schloss mit einem Ausblick. Nach HGB stellte er für das laufende Jahr einen Umsatz zwischen 51,5 und 52,5 Mio. Euro sowie eine Gesamtleistung zwischen 51,0 und 53,5 Mio. Euro in Aussicht. Das EBIT soll dabei zwischen minus 2,5 und minus 3,0 Mio. Euro betragen. Das bereinigte operative EBIT wird allerdings mit 0,1 bis 0,5 Mio. Euro positiv erwartet. Nach Auffassung des Vorstandsvorsitzenden wurde schon viel erreicht. Zugleich ist er überzeugt, dass es für SCHUMAG noch viel Potenzial gibt, das gehoben werden kann.
Allgemeine Aussprache
Als erstes trat Thomas Hechtfischer als Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) ans Rednerpult. Er hatte das Unternehmen vor Jahren in einer Zeit kennengelernt, als es viel Streit und keinerlei Verlässlichkeit gegeben hat und aus der die vom Vorstand angesprochenen Verfahren resultieren. Insofern zeigte er sich zunächst einmal erfreut, dass nun Ruhe eingekehrt ist und die SCHUMAG AG über verlässliche Ankeraktionäre und einen kompetenten Aufsichtsrat verfügt.
Am besten gefallen hatten ihm die Zahlen des ersten Halbjahres 2022/23, in dem auch ohne außerordentliche Effekte aus dem Immobilienverkauf auf rein operativer Basis ein positives Ergebnis erzielt worden ist. Ihn interessierte, an wen die Objekte im vergangenen Jahr veräußert worden sind. Zudem wollte er wissen, ob es weitere nicht betriebsnotwendige Immobilien gibt, die veräußert werden könnten. Die Liquiditätslage ist offensichtlich weiterhin angespannt.
Wie Herr Wienands darlegte, wurde 2019, ein Jahr nach der Übernahme durch die jetzigen Aktionäre, eine Immobiliengesellschaft gegründet, die die nicht betriebsnotwendigen Immobilien zum Verkehrswert abgekauft hat. Zugleich wurde jeweils eine Rückkaufoption vereinbart, sodass sie zurückgekauft werden können, wenn dies sinnvoll erscheint. Im Eigentum von SCHUMAG befindet sich nur noch die Hauptproduktionshalle und es gibt keine Pläne, dieses Objekt zu verkaufen. Soweit es Mieter gibt, zahlen sie ortsübliche Mieten.
Aus den deutlich gestiegenen Leasingverbindlichkeiten meinte Herr Hechtfischer ablesen zu können, dass die verkauften Immobilien zumindest zum Teil weiterhin von SCHUMAG genutzt werden. Er vermutete, dass der Verkauf im Wege eines Sale-and-Lease-Back-Verfahrens stattgefunden hat. Dies ist nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden nicht der Fall. Die höheren Leasingverbindlichkeiten resultierten aus den höheren Aufwendungen für geleaste Maschinen.
Erschrocken zeigte sich der Aktionärsschützer über die auf 20,4 (12,2) Mio. Euro explodierten Materialkosten. Er bat um eine Aufschlüsselung dieser Position. Ursächlich für den starken Anstieg waren, wie Herr Wienands darlegte, vor allem drei Positionen. Am stärksten schlugen die dort verbuchten Energieaufwendungen mit einem Anstieg um 2,1 Mio. Euro zu Buche. Vor dem Ukraine-Krieg hatten sie bei etwa 140 TEUR im Monat gelegen, in der Spitze waren es im August 580 TEUR gewesen. Das zweite Thema war die verstärkte externe Bearbeitung. Bei einigen Produkten gab es aufgrund der stark gestiegenen Kundenabrufe nicht mehr die Möglichkeit, im Haus zu fertigen. Hieraus resultierte ein Mehraufwand von 2 Mio. Euro. Und drittens belastete das im Unternehmen eingesetzte Fremdpersonal mit 1,5 Mio. Euro. Aktuell werden die Positionen wieder angepasst.
Die gleiche Frage stellte Herr Hechtfischer zu den sonstigen betrieblichen Aufwendungen, die sich auf 8,7 (6,3) Mio. Euro erhöht haben. Dieser Anstieg resultiert nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden zum größten Teil aus den höheren Instandhaltungskosten. Im vergangenen Jahr gab es aufgrund der durchgehend sehr hohen Lieferdrucks keine Zeit für Wartungsmaßnahmen. Zudem wurde das Thema vorausschauende Wartung intensiviert, was zunächst einmal mehr Geld kostet, auf Dauer aber günstiger wird und die Verfügbarkeit der Maschinen erhöht.
Interessant fand der DSW-Vertreter, dass SCHUMAG durch den Brand beim Wettbewerber Burgmaier neue Kunden gewonnen hat. Für ihn drängte sich die Frage auf, ob diese dauerhaft erhalten bleiben. Dies betreffend teilte Dr. Mayers mit, dass es sich um einen Großbrand gehandelt hat, durch den alles zerstört worden ist. Er hält es für nahezu ausgeschlossen, dass das Gebäude den nächsten Jahren wieder aufgebaut werden kann. Zudem gibt es feste Verträge mit den Firmen Liebherr und BorgWarner. Er geht fest davon aus, dass die Projekte jetzt bei SCHUMAG bleiben.
Des Weiteren hatte Herr Hechtfischer im Geschäftsbericht den Hinweis auf eine neue Vertriebsstrategie im Bereich Medizintechnik gefunden. Befragt nach mehr Details erläuterte Herr Wienands, dass SCHUMAG in der Vergangenheit Kapillarröhrchen für Böhringer Ingelheim hergestellt hat. Nachdem dieser Vertrag gekündigt war, habe man Generikahersteller angesprochen und verfügte jetzt über vier Kunden in diesem Bereich. In den nächsten Jahren wird dieses Geschäft nach Überzeugung des Vorstands massiv wachsen und da sich die Maschinen bereits im Haus befinden, sind keine Investitionen notwendig. Bis 2027 rechnet der Vorstand mit einem Volumen von 10 Millionen Stück pro Jahr, was den Umsatz deutlich nach vorne bringen wird. Wann genau das Geschäft startet, ist abhängig davon, wann die Zulassung erteilt wird.
Als sehr unschön empfand der DSW-Vertreter die Entwicklung der Aktie, die zum Zeitpunkt der Hauptversammlung nur noch zu 1,39 Euro gehandelt wurde. Der Studie von GSC Research hatte er ein Kursziel von immerhin 1,60 Euro entnommen. Befragt nach seiner Einschätzung zum fairen Wert der Aktie tat sich Herr Wienands mit einer Aussage schwer. Er zeigte sich aber überzeugt, dass sich der Kurs in die richtige Richtung bewegen wird, wenn sich das Geschäft wie erwartet positiv entwickelt. Aufgrund des geringen Freefloat ist das Handelsvolumen allerdings überschaubar.
In diesem Zusammenhang wurde später die Frage nach der aktuellen Aktionärsstruktur gestellt. Hier hat sich nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden nichts geändert. Nahezu 80 Prozent der Aktien liegen bei vier Investoren aus der Region. Mindestens 5 Prozent der Anteile werden von der Allerthal-Werke AG gehalten und 3,83 Prozent sind Mitarbeiteraktien. Der Streubesitz beläuft sich demnach auf maximal 12,61 Prozent.
Erstaunt zeigte sich Herr Hechtfischer von der Aussage des Vorstands, dass in den nächsten vier Jahren 18 Mio. Euro investiert werden sollen. Er konnte sich nicht erklären, wie eine solche Summe finanziert werden soll. Wie Dr. Mayers darlegte, resultiert der hohe Betrag daraus, dass in der Vergangenheit zehn Jahre lang nichts investiert worden ist. Das durchschnittliche Maschinenalter liegt bei über 20 Jahren. Will man den Maschinenpark so aufstellen, als wäre über die Jahre konstant investiert worden, wären dafür 18 Mio. Euro notwendig. Der Betrag klingt allerdings höher, als er tatsächlich ist. In den letzten Jahren sind immer 3 bis 4 Mio. Euro p.a. investiert worden.
Deutlich kritischer war im Folgenden die Wortmeldung von Privataktionär Martin Hellmich. Seiner Meinung nach kann das Ergebnis nicht ansatzweise zufriedenstellen. Seit Jahren werden Verluste geschrieben. Offensichtlich gibt es ein Kostenproblem und mit der Vorstandserweiterung und dem neuen Aufsichtsrat wird nun alles noch teurer. Zwei Vorstände erschienen ihm in Relation zur Größe der Gesellschaft ohnehin überdimensioniert.
In seiner Antwort bestätigte der Aufsichtsratsvorsitzende, dass es in der Vergangenheit nicht gelungen ist, die Produktion so effizient zu gestalten, dass Geld hätte verdient werden können. Die Gesellschaft in die richtige Spur zu bringen, erwies sich dann als sehr komplexes Unterfangen. In der heutigen Situation erschien es sinnvoll, den Produktionsbereich personell zu verstärken. Alternativ hätten Berater beauftragt werden müssen, was viel teurer gewesen wäre. Man habe deshalb gerne Dr. Mayers als COO bestellt. Im Übrigen verdienen Dr. Mayers und Herr Wienands zusammen weniger, als Johannes Ohlinger früher als Einzelvorstand bekommen hat. Inhaltlich gab es keine Alternative. SCHUMAG braucht weiteres Produktions-Know-how auf der Managementebene, um erfolgreich zu sein.
Für den Aufsichtsrat gilt nach Überzeugung von Herrn Daniel dasselbe. Mit Prof. Dr. Prefi gewinnt die Gesellschaft zusätzliches Know-how für das Kontrollgremium. Zudem muss, nachdem Herr Noël ausscheidet und der Aufsichtsrat satzungsgemäß aus sechs Mitgliedern besteht, seine Position nachbesetzt werden. Zusätzliche Kosten entstehen dadurch nicht.
Herr Wienands ergänzte, dass die Aufgabenbereiche im Vorstand klar aufgeteilt sind. Bei SCHUMAG übernimmt die oberste Führungsebene auch Posten wie den kaufmännischen Leiter und den technischen Direktor. Es gibt keine eigenen Ebenen dafür. Selbstverständlich habe man die Kosten im Blick.
Hinsichtlich der Fehlbeträge der letzten Jahre bat Herr Wienands zu berücksichtigen, dass das neue Team 2019 angetreten ist und mit der Restrukturierung begonnen hat. Kurz darauf kam die Corona-Krise und der Umsatz brach ein, was durch den Abbau von 100 Mitarbeitern und andere Maßnahmen aufgefangen werden konnte. 2021 zogen die Abrufe dann drastisch an, was in diesem Ausmaß nicht absehbar war. Der Auslöser war der Ukraine-Krieg, durch den die Nachfrage nach allem, was das Thema Rohstoffe betrifft oder zur Energieversorgung beiträgt, extrem anstieg. Um die stark steigenden Bestellungen zu bedienen, mussten wieder 100 neue Leute eingestellt werden, was enorme Kosten verursachte. Und trotzdem hat sich das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis deutlich verbessert.
Später ergänzte der Vorstand auf Nachfrage von Herrn Hellmich, dass in den letzten Monaten auch einige der Mitarbeiter zurückgewonnen werden konnten, von denen man sich zuvor getrennt hatte, was sehr positiv zu bewerten ist. Teilweise verfügen sie über große Erfahrungen mit dem Maschinenpark, der wie ausgeführt über ein stattliches Alter verfügt. Die früheren Mitarbeiter in der Breite zurückzugewinnen, wird aber nicht möglich sein.
Verärgert zeigte sich Herr Hellmich von der Meldung vom 31. März 2023, wonach die Forderung über 1,5 Mio. Euro gegen den früheren Vorstand Peter Koschel an Aufsichtsratsmitglied Karl Josef Libeaux, also eine nahestehende Person, verkauft worden ist. Seiner Auffassung nach hätte dies schon früher gemeldet werden müssen. Er verlangte Auskunft über die Hintergründe dieser Transaktion, die er nicht nachvollziehen konnte, zumal die Forderung offenbar unter Wert verkauft worden ist.
In seiner Antwort räumte Herr Wienands ein, dass diese Meldung besser schon früher hätte kommuniziert werden sollen. Ad-hoc-pflichtig war sie allerdings nicht gewesen. Die Forderung gegen Herrn Koschel wurde deshalb nur für 1,2 Mio. Euro, also mit einem Abschlag verkauft, weil die D&O-Versicherung erfahrungsgemäß Kosten verrechnet. Für den Fall, dass es doch deutlich mehr wird, wurde zusätzlich ein Besserungsschein vereinbart. Nachdem die D&O-Versicherung mit Verweis auf ein angebliches vorsätzliches Handeln von Herrn Koschel nun nicht zahlen will, werde man über die BR Energy GmbH kurzfristig Klage einreichen. Weitere Kosten für SCHUMAG entstehen hierbei nicht. Auch falls die Versicherungsgesellschaft wider Erwartungen obsiegt, sind keine Nachteile zu erwarten.
Daran anknüpfend informierte der Vorstandsvorsitzende auf Nachfrage von Hellmich, dass aktuell noch zwei Prozesse offen sind. Neben dem Streit mit der D&O-Versicherung ist dies noch der Prozess gegen Herrn Heinen. Geführt werden beide von der BR Energy GmbH, die im Übrigen nicht operativ tätig ist. Wenn die Prozesse entschieden sind, werde man überlegen, wie man mit dieser Tochtergesellschaft weiter verfahre.
Mit den Punkten der Tagesordnung zeigten sich beide Redner größtenteils einverstanden. Problematisch sahen Herr Hechtfischer und Herr Hellmich jedoch die unter TOP 9 vorgeschlagene Ermächtigung, wonach künftig virtuelle Hauptversammlung abgehalten werden können. Kritik übten sie auch an TOP 10. Dort sollte eine Ermächtigung erteilt werden, dass die Aufsichtsratsmitglieder künftig virtuell an den Hauptversammlungen teilnehmen können.
In seiner Antwort versicherte Herr Wienands, dass mit diesen Beschlussfassungen lediglich alle Optionen offengehalten werden sollen. Grundsätzlich werde man Präsenzveranstaltungen immer den Vorzug geben. Selbst in Corona-Zeiten habe man nur einmal virtuell getagt. Bei der Teilnahme der Aufsichtsratsmitglieder verhält es sich ebenso. Alle wohnen in der Region und es ist ihnen zuzumuten, die Hauptversammlung persönlich zu besuchen. Es ist aber sinnvoll, vorbereitet zu sein, falls dies aus irgendwelchen Gründen nicht möglich sein sollte.
Ebenso kritisierte Herr Hellmich den Vorschlag unter TOP 11, wonach der Vorstand ermächtigt werden soll, Genussrechte auszugeben. Befragt nach dem Hintergrund teilte Herr Wienands mit, dass dieser Beschluss rein vorsorglich gefasst werden soll. Es erscheint sinnvoll, alle Finanzierungsmöglichkeiten offenzuhalten. Unter Umständen wäre die Ausgabe von Genussrechten sinnvoll, weil die Aktionäre damit nicht verwässert werden.
Abstimmungen
Vor Eintritt in die Abstimmungen informierte Herr Daniel über die aktuelle Präsenz. Auf der Hauptversammlung waren 8.346.535 Aktien vertreten. Bezogen auf das gesamte Grundkapital, nach der Kapitalerhöhung in Höhe von 8.999.998 Euro und eingeteilt in ebenso viele Aktien, entsprach dies einer Quote von 92,74 Prozent.
Die meisten Beschlüsse wurden mit Mehrheiten über 99,7 Prozent oder komplett ohne Gegenstimmen gefasst. Die einzige Ausnahme war TOP 9 mit einer Zustimmungsquote von nur knapp 92 Prozent.
Im Einzelnen beschloss die Hauptversammlung über die Entlastung von Vorstand (TOP 2) und Aufsichtsrat (TOP 3), die Wahl der Grant Thornton AG zum Abschlussprüfer (TOP 4), die Wahl von Prof. Dr. Thomas Prefi in den Aufsichtsrat (TOP 5), die Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals (TOP 6), die Ermächtigung zur Ausgabe von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen (TOP 7), die Billigung des Vergütungsberichts (TOP 8), die Ermächtigung zur Abhaltung virtueller Hauptversammlungen (TOP 9), die Schaffung der Möglichkeit, dass Aufsichtsratsmitglieder virtuell an Hauptversammlungen teilnehmen (TOP 10) sowie die Ermächtigung zur Ausgabe von Genussrechten (TOP 11).
Um 13:19 Uhr schloss der Vorsitzende die Versammlung.
Fazit
Die SCHUMAG AG verzeichnete im Geschäftsjahr 2021/22 einen sehr starken Anstieg der Auftragseingänge, was grundsätzlich natürlich positiv zu werten ist. Nachdem die Mitarbeiterzahl in Corona-Zeiten deutlich reduziert worden war, mussten aber erhebliche Fremdleistungen in Anspruch genommen werden, um die Orderflut zu bewältigen. Zudem belasteten die massiv gestiegenen Energiekosten und hohe Instandhaltungsaufwendungen. In Summe führte dies dazu, dass das Ergebnis trotz deutlich ausgeweiteter Umsätze wieder ins Minus rutschte.
Das erste Halbjahr 2022/23 sieht auf den ersten Blick ähnlich aus. Auftragseingang und Umsatz gingen deutlich nach oben, das Ergebnis blieb aber negativ. Rein operativ wird in diesem Zeitraum indes ein kleiner Gewinn ausgewiesen – es geht also voran. Positiv ist auch zu werten, dass die finanzielle Aufstellung mit der erfolgreichen Platzierung einer Kapitalerhöhung im September 2022 deutlich verbessert werden konnte. Ebenso ist von Vorteil, dass die Ankeraktionäre alle aus der Region stammen und an einer langfristig positiven Entwicklung des Unternehmens interessiert sind.
Zweifellos gibt es noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Zuvorderst seien hier die hohen Investitionen genannt, die noch notwendig sind, um den veralteten Maschinenpark auf den neuesten Stand zu bringen und die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Grundsätzlich befindet sich das Unternehmen aber auf einem guten Weg und wird in den nächsten Jahren von der zu erwartenden anhaltend hohen Kundennachfrage profitieren. Dies sollte auch der Aktie, die aktuell in den Bereich um 1,30 Euro abgerutscht ist, ein gewisses Aufwärtspotenzial eröffnen.
Kontaktadresse
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Nerscheider Weg 170
D-52076 Aachen
Tel.: +49 (0)2408 / 12 - 0
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Tel.: +49 (0)2408 / 12 - 320
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