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Herr Dr Olaf Hein
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HV-Bericht convalue AG - Aus dem Fehlstart gelernt

Die diesjährige Hauptversammlung der ConValue SE fand am 18. August 2022 in virtueller Form statt. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats Winfried Gathmann eröffnete die Veranstaltung um 13 Uhr. Er begrüßte seine Aufsichtsratskollegen Karl Ehlerding, Georg Issels und Christian Rehling, die Vorstände Dr. Olaf Hein und Volker Lemke sowie den Notar. Es wurde die Möglichkeit eröffnet, während der Versammlung Fragen zu stellen, eine hybride Form wurde wegen der damit verbundenen hohen Kosten nicht erwogen. Für GSC Research verfolgte Werner Friedmann die Veranstaltung.

Herr Gathmann führte korrekt und zügig durch die Formalien und übergab dann das Wort an den Vorstand Dr. Olaf Hein.


Bericht des Vorstands

Dr. Hein begrüßte die Aktionäre auch im Namen seines Kollegen herzlich. Der Start der Gesellschaft im April/Mai 2021 erfolgte mit einem sehr kleinen Team und wenigen Aktionären, die überwiegend im Rahmen einer Kapitalerhöhung hinzugekommen waren. Strategisch ist angestrebt, unterstützt durch ein Netzwerk von klugen Investoren sowie einem intelligenten Aufsichtsrat in eine Reihe von Fonds zu investieren und diese Aufstellung selektiv mit Einzeltiteln zu ergänzen. In einer mittlerweile sehr transparenten Investitionslandschaft, in der man mit Informationen „erschlagen“ wird, erschien ihm das eine an die Zeit und Größe des Teams angepasste Aufstellung.

Der Vorstand konstatierte, dass der MSCI World den DAX „nach Strich und Faden“ outperformt. Als einen Grund für seine Vermutung, dass sich das auch nicht wesentlich ändern wird, führte er an, dass nur wenige spannende Unternehmen an die deutsche Börse kommen. Auch die mit Nebenwerten erzielten Renditen konnten in den letzten Jahren nicht mehr überzeugen.

Die ConValue SE hat nach der Unternehmensgründung ihr Portfolio in einer Zeit aufgebaut, in der der DAX bei 15.000 bis 16.000 Punkten lag, sich also in einem fortgeschrittenen Hausse-Markt befand. Aufgrund der danach aufgetretenen Belastungen liegt der Markt zum Zeitpunkt der Versammlung etwa im Bereich von 13.700 Punkten. Obwohl sicherlich „wenig Schnäppchen unterwegs waren“, gelang es dem Vorstand immerhin in der Folge durch Verzicht auf Technologieaktien und IPOs zumindest einige Performance-Fallstricke zu vermeiden.

Als Teil des Core-Satellite-Ansatzes wurden Fonds gekauft, die von guten, persönlich bekannten bzw. befreundeten Leuten gemanagt werden und überwiegend eine sehr gute Performance-Historie aufwiesen. „Du musst mit Leuten, die Du gut kennst und denen Du vertraust, zusammenarbeiten und Ideen austauschen“, benannte er das Prinzip. Die selektierten Fonds sollen unterschiedliche Investmentstrategien verfolgen und eine weltweite Perspektive beisteuern. Beispielhaft nannte er Fonds von Paladin, Berenberg und der „Rentrop-Familie “ aus Bonn. Dass die Streuung tatsächlich zu einer Diversifikation führt, belegte Dr. Hein damit, dass in den Top-3-Werten der Fonds derzeit mit der ICON PLC nur ein Wert zweimal vorkommt.
 
Er freute sich, dass sein eigener Anlagehorizont durch die unterschiedlichen Herangehensweisen der Fondsmanager deutlich erweitert wird. Als Einzelnen hob er beispielhaft Guy Spier, einen Value-Investor aus Zürich hervor, der der seit 20 Jahren den Aquamarine Fonds verantwortet. Diese sind nur schwer erhältlich, weisen aber historisch eine überdurchschnittliche Performance auf. Insofern ermöglicht ein Investment in ConValue auch die Investition in Vehikel, die für die Aktionäre sonst kaum zugänglich wären.

Das Portfolio der ConValue zum ersten Halbjahr 2022 besteht zu 30 Prozent aus sieben Einzeltiteln, zu knapp 38 Prozent aus Aktienfonds und rund einem Drittel aus Liquidität. Der Investmentansatz ist sehr langfristig. Eingehend auf die von der Gesellschaft gehaltenen Einzeltitel nannte er als ein Core-Investment eine Wandelanleihe auf die Aktie von Lloyd Fonds AG, geführt von Achim Plate. Diesem Investment gestand er eine noch „sehr lange Flugkurve“ zu. Die Beteiligung Glanbia PLC ist ein „relativsubstanzstarker , irischer „Gemischtwarenladen“ aus der Michbranche  stocksolide“ und mit einer Abspaltungsfantasie versehen. Sicherlich keine eigene Kernkompetenz, meinte Dr. Hein und bezeichnete sich als sehr offen für Ideen von Leuten, die klüger sind als er selbst.

Bei der Bauer AG fiel im letzten Frühjahr  der Einstieg eines neuen Großaktionärs positiv auf. sich. Dr. Hein befand sie mit der Hälfte des Buchwerts bezahlt als sehr günstig. Sie hat „den schlechtesten Teil schon hinter sich“, aber die Anlageidee, der operative Turnaround, ist noch nicht aufgegangen, konzedierte er. Überzeugt zeigte er sich von der operativen Aufstellung und der Zukunftsprognose für die nächsten Jahre der MLP SE, auch aufgrund der hohen Dividendenrendite der Aktie.
Da die in der Vermögensverwaltung tätigen Firmen wie MLP oder Lloyds Fonds aber eine hohe Ergebniskorrelation mit der generellen Börsenentwicklung aufweisen, sind hier deutliche Kursrückgänge zu verzeichnen.

Auch wenn die genannten Firmen zu einem guten Teil keine guten Performer in den letzten Monaten waren, konnte Dr. Hein die Anlageentscheidungen für diese Unternehmen gutvertreten. . Diese Feststellung ließ er nicht gelten für die Corestate Capital Holding SA. Die Idee zu diesem Investment wurde im Dezember 2021 an ConValue herangetragen. ConValue wurde angeboten, einen Anteil an dem Unternehmen im Rahmen einer Platzierung zu erwerben. Daraufhin wandte sich Dr. Hein den damals aktuellen Corestate-Präsentationen vom November 2021 zu. Er befand die Aktie daraufhin als „sicherlich nicht aggressiv bewertet“. Der Immobilienmarkt erschien zu dieser Zeit als relativ problemfrei. Übersehen bzw. zu wenig beachtet hat man bei der Recherche aber z.B. die hohen Adjustierungspositionen bei den Ertragsgrößen.

Die Gesellschaft hatte akzeptable Q3-Zahlen veröffentlicht und zielte bei einer gesunkenen Marktkapitalisierung von 310 Mio. Euro auf einen adjustierten Jahresüberschuss von 50 bis 75 Mio. Euro für das gesamte Geschäftsjahr. Hinzu kam, dass die Einladung an der Platzierung mitzuwirken, von Leuten mit einem hervorragenden Track Record kam. Bis dahin war Corestate von Aktionärsgruppen, die eigene Aktivitäten wie die HFS eingebracht hatten, „eher schlecht“ geführt worden.

Die Prognosen erwiesen sich als „Schall und Rauch“ und die Bewertungen sich als aggressiv, als der Immobilienmarkt in schwereres Wasser kam. Die aktuell engagierten Aktionäre versuchen nun zu retten, was zu retten ist. Die immateriellen Vermögenswerte von 800 Mio. Euro, die die Aktivseite dominieren, belasten. Verbunden sind sie mit Schulden von etwa 500 Mio. Euro. „Da hätten mehr Warnleuchten angehen müssen, das darf nicht mehr vorkommen“, nahm sich Dr. Hein vor. Die Schuld an diesem Fehlinvestment nahm er explizit persönlich auf sich, auch wenn er diese Anlageentscheidung sicher nicht allein gefällt hat.

Die Zukunft von Corestate ordnete er als „nicht zu rosig“ ein, hauptsächlich aufgrund der schwachen Kapitalausstattung. Das Unternehmen liegt mit schwachen Lebenszeichen auf der Intensivstation, formulierte er. Die Aktie ist nach wie vor im Besitz der ConValue, vielleicht ist die Upside jetzt aber größer als die Downside. Mit „Mea Culpa“, beendete er seinen Vortrag zu diesem Thema.

Dann erläuterte Vorstand Volker Lemke kurz die Zahlen des Geschäftsjahres 2021. Die langfristigen Investments beliefen sich auf etwa 12,9 Mio. Euro. Kurzfristige Wertpapiere lagen mit einem Wert von 1,1 Mio. Euro im Bestand, die Kasse hatte einen Wert von 3,6 Mio. Euro. Auf der Passivseite betrug das Eigenkapital 16,7 Mio. Euro bei einer Bilanzsumme von 17,1 Mio. Euro. In der GuV wurden mit Wertpapiertransaktionen 433 TEUR verdient. Betriebliche Aufwendungen fielen in Höhe von 136 TEUR an sowie 265 TEUR an außerplanmäßigen Abschreibungen. Es ergab sich ein Jahresüberschuss von 70 TEUR.

Dr. Hein ergänzte, dass die Cash Position momentan sogar bei gut 4,9 Mio. Euro liegt. Die Börse befindet sich in einem Bärenmarkt und wichtig ist, diesen erst einmal intakt zu überstehen. Die Notenbanken hätten  eine „historische“ Zinswende eingeleitet. Bärenmärkte, die ihre Ursache in einem drastischen Kurswechsel der Zentralbanken haben, seien lang und schmerzhaft. Selten dauern diese weniger als ein Jahr. Deshalb sehe er noch keine Veranlassung, sich wieder intensiv mit Neuanlagen zu befassen. .

Dr. Hein sah sich als Spezialist für Deutschland, einen Markt, der sehr stark von Energieimporten und Exporten nach China abhängt. Der Euro wird zunehmend zu einer Weichwährung, was kurzfristig für den Export hilfreich ist, aber langfristig durch die importierte Inflation negativ zu beurteilen ist. Die Inflation in Deutschland ist hoch, sie wird als bedrohlich empfunden und „hart bekämpft“. Die Rohstoffmärkte sind zudem extrem volatil.. Für den Vorstand deutete all dies nicht darauf hin, vor großen Kursgewinnen zu stehen.


Beantwortung der eingereichten Fragen

Fragen waren nur von einem Aktionär im Vorfeld der Veranstaltung eingereicht worden.
Dirk Schwertfeger fragte nach den Gründen für das Investment in die Corestate Aktie. Dr. Hein verwies darauf, dass die Aktie nach deutlichen Kursverlusten zum Zeitpunkt der Investition nur noch eine Marktkapitalisierung von 300 Mio. Euro aufwies. Fragwürdige Praktiken, die auch aus dem Umfeld der „leidvoll verquickten“ Adler-Group bekannt waren, könnten zum damaligen Kursrückgang beigetragen haben. Für Schadenersatzforderungen gegen die Verkäufer aus dem Kauf der Aktien sah er keine Handhabe. Die Investition war eine freiwillige Entscheidung, es gab „keinen Kaufzwang“.

Der Aktionär hinterfragte, ob die Verbundenheit mit den Fondsmanagern einen eventuellen Ausstieg erschwert. Die Fonds sind relativ groß, so dass das durch ConValue investierte Volumen nicht relevant für die Fondsmanager ist. Da gibt es keine Probleme, meinte Dr. Hein.

Ein weiterer Fragesteller wollte wissen, ob Dr. Hein persönlich auch ein Risiko wie den Kauf der Corestate eingegangen wäre. Daraufhin stellte er fest, dass er der größte Aktionär von ConValue ist, und „ein paar Aktien mehr“ als der zweitgrößte Aktionär hält. Insofern ist das Fehlinvestment auch für ihn persönlich sehr schmerzhaft. .

Ob ein Investment in Anleihen der Corestate, die bei 25 Prozent notieren, sinnvoller sein könnte, wurde auch gefragt. Entscheidend wird sein, ob für die großen amerikanischen Bestandshalter der Anleihen Corestate lebendig mehr wert ist als tot. Dr. Hein neigte dazu zu glauben, dass ersteres der Fall sein wird.

Weitere Fragen wurden während der Veranstaltung nicht gestellt.


Abstimmungen

Vom Grundkapital in Höhe von 16.750.000 Euro, eingeteilt in dieselbe Zahl an Inhaber-Stückaktien, waren durch den Stimmrechtsvertreter 2.738.791 Stimmen vertreten. Dies entsprach 16,35 Prozent des Grundkapitals. Zusammen mit 7.280.634 abgegebenen Briefwahlstimmen nahmen also 59,82 Prozent des Grundkapitals an der Abstimmung teil.

Abgestimmt wurde über die Verwendung des Bilanzgewinns (TOP 2), die Entlastung des Verwaltungsrats für das Geschäftsjahr 2021 (TOP 3), die Entlastung des Vorstands (TOP 4) und des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2021 (TOP 5) sowie die Wahl der Ebner Stolz GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Hamburg zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2022 (TOP 6).

Alle Tagesordnungspunkte wurden wie von der Verwaltung vorgeschlagen mit großen Mehrheiten verabschiedet.

Die Hauptversammlung endete gegen 15:09 Uhr.


Fazit

Das Geschäftsmodell ist einleuchtend: Die eigenen Kompetenzen ergänzen mit dem Know-how zumindest gut bekannter Spezialisten in Einzelwerten und bei Fonds. Hinsichtlich der Fondsselektion dürfte das eine gute Idee sein. Je besser man einen Fondsmanager kennt, desto eher ist man in der Lage, auch Zeiten schwacher Performance mit ihm zu überstehen.

Bei Einzeltiteln könnten die Erfahrungen auch einmal gemischter sein. Freunden empfiehlt man doch gern Ideen, bei denen man sich sehr sicher ist. Aber wenn man das ist, die Unterbewertung so offensichtlich ist, wieso ist die Aktie dann so billig? Wer empfiehlt einem Freund schon eine riskante, kontroverse – und vielleicht gerade deshalb bei positivem Ausgang tendenziell überaus renditeträchtige – Wette?

Aber auch das gibt es, wie es das Corestate-Investment zeigt. Hier war das Management vielleicht zu überwältigt von der sich bietenden Chance, eingeladen zu einem Deal von Leuten mit einem wirklich beeindruckenden Track Record. Da nörgelt man nicht an hohen Bereinigungspositionen, immateriellen Vermögensgegenständen oder Verschuldung herum. Entschuldbar oder nicht: Für das Gewesene gibt der Kaufmann nichts, so lautet eine alte BWL-Weisheit.

Das Abschneiden der Gesellschaft im Geschäftsjahr 2021 und den ersten Monaten des laufenden Jahres als Fehlstart zu bezeichnen, ist wohl fair. Zu früh losgelaufen, also zu hoch gekauft. Wie in der Leichtathletik, man will auf jeden Fall nicht von Anfang an hinterherlaufen. Aber, um im Bild zu bleiben: Ein Fehlstart ist ok, es gibt eine zweite Chance. Wer die Veranstaltung gesehen hat, hat klare Zeichen mitgenommen, dass das Management daraus gelernt hat.


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Hinweis: Der Verfasser ist Aktionär der beschriebenen Gesellschaft.



Veröffentlichungsdatum: 19.09.2022 - 15:30
Redakteur: wfr
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