Zur Hauptversammlung über das Geschäftsjahr 2021 hatte die Alexanderwerk AG ihre Anteilseigner am 28. Juli 2022 in das Schützenhaus in Remscheid zu einer Präsenzhauptversammlung eingeladen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Franz-Bernd Daum begrüßte rund 60 Aktionäre, Gäste und Mitarbeiter der Gesellschaft, darunter Alexander Langhorst von GSC Research, und brachte seine Freude darüber zum Ausdruck, dass die Hauptversammlung wieder in Präsenzform abgehalten werden kann und somit ein direkter Dialog mit den Aktionären möglich ist.
Nach Erledigung der üblichen einleitenden Hinweise und Formalien berichtete er noch über die eingetretenen Veränderungen im Vorstand im laufenden Geschäftsjahr. Wie bereits durch entsprechende ad-hoc-Mitteilungen berichtet wurde, ist die Laufzeit des Vertrages mit dem bisherigen Alleinvorstand Dr.-Ing. Alexander Schmidt nicht über den 30. Juni 2022 hinaus verlängert worden und dieser inzwischen aus dem Vorstand und auch den übrigen Funktionen ausgeschieden. Herr Daum dankte im Namen des Aufsichtsrats für dessen langjährige Tätigkeit für die Gesellschaft.
Zunächst befristet bis zum Jahresende 2022 wurde Dr. Thomas Paul als Vorstand der Alexanderwerk AG bestellt. Die Geschäftsführung der operativen Tochtergesellschaft übernehmen seit Mai 2022 die Herren Fatih Yavuz und Bekim Bunjaku, welche beide seit Langem in Führungsfunktionen im Konzern tätig sind. Die realisierte Führungsstruktur sieht eine konsequente Trennung zwischen der Vorstandsfunktion in der Holding und der operativen Geschäftsführung der Alexanderwerk GmbH vor. Sodann erteilte Herr Daum dem neuen Alleinvorstand Dr. Thomas Paul das Wort.
Bericht des Vorstands
Nach Begrüßung der Teilnehmer nutzte der neue Alleinvorstand Dr. Thomas Paul die Gelegenheit sich dem Auditorium kurz vorzustellen. Er ist 58 Jahre alt, verheiratet, hat drei Kinder und lebt in Köln. Nach einem Studium zum Diplom-Wirtschaftsingenieur an der KIT Karlsruhe und anschließender Promotion (Internationales Management) an der Uni Dortmund/UC Berkeley war er langjährig als Gesellschafter und Geschäftsführer einer inhabergeführten mittelständischen Unternehmensgruppe aus der Elektronikindustrie (Leiterplattenfertigung und Steuerungsbau) tätig. Eingestiegen in einer Nachfolgesituation im Jahr 2000 erfolgte 2005 eine erfolgreiche Krisenbewältigung aus der Insolvenz und 2009 der Verkauf an eine belgische Unternehmensgruppe. Ab 2009 hat er diese dann als CEO geleitet und zu einem Global Player entwickelt. Seit dem Jahr 2012 begleitet Dr. Paul Unternehmen in Veränderungssituationen und ist für diese als Consultant oder in Interimsmanagementpositionen tätig. Seit 2014 ist er zudem Lehrbeauftragter für internationales Mittelstandsmanagement an der SRH-Hochschule in Heidelberg.
Einleitend gab er einen kurzen Überblick über die aktuelle Struktur der Alexanderwerk AG, deren Vorstand er ist. Im Zuge der personellen Neuaufstellung im Management erfolgt eine Trennung zwischen Managementfunktionen bei den Gesellschaften mit einer Holdingfunktion (Alexanderwerk AG, AW Verwaltungs GmbH und AW Holding GmbH & Co. KG), bei denen er jeweils die Organfunktion wahrnimmt. Die operativ tätigen Tochtergesellschaften, insbesondere die Alexanderwerk GmbH und die AW Service GmbH, werden seit Mai 2022 von den beiden langjährig in der Unternehmensgruppe tätigen neuen Geschäftsführern Fatih Yavuz und Bekim Bunjaku geleitet. Seine Aufgabe besteht laut Dr. Paul unter anderem darin, die Transformation dieser neuen Führungsstruktur zu begleiten und sukzessive eine stringente Geschäftsordnung zu entwickeln und zu implementieren. Eine weitere Aufgabe besteht in der Begleitung und Unterstützung der operativen Einheiten durch das vorhandene umfassende Know-how im Maschinenbau. Zudem wird er sein umfangreiches Netzwerk im Bereich Elektronik, Elektrotechnik und Steuerungstechnik mittels Zugang zu Lieferanten und Dienstleistern einbringen.
Für das Geschäftsjahr 2021 können bei den wesentlichen Kennzahlen neue Rekordwerte vermeldet werden. So kletterten die Umsatzerlöse auf 33,1 (Vorjahr: 23,8) Mio. Euro bei einer Gesamtleistung von 33,34 (25,24) Mio. Euro. Einen neuen Rekordwert erreichte auch das EBIT mit 6,92 (4,77) Mio. Euro. Unter dem Strich ergibt sich daraus ein Jahresüberschuss von 4,63 (3,1) Mio. Euro oder 2,58 (1,72) Euro je Aktie. Auch bilanziell sieht er das Unternehmen gut aufgestellt. Bei einer Bilanzsumme von 33,59 Mio. Euro beläuft sich das Eigenkapital auf 19,1 Mio. Euro. Daraus ergibt sich eine Eigenkapitalquote von 56,8 (53,8) Prozent. Die Zahl der Mitarbeiter belief sich im Jahresmittel 2021 auf 125 nach zuvor 112 in 2020.
Bezogen auf die wesentlichen Märkte ergibt sich die folgende Aufteilung des Gesamtumsatzes von 33,1 (23,8) Mio. Euro. Auf die Region Europa entfielen in 2021 17,2 (9,5) Mio. Euro, gefolgt von Asien mit 11,0 (9,8) Mio. Euro und Nordamerika mit 3,9 (2,7) Mio. Euro. Auf Südamerika entfielen 0,5 (1,0) Mio. Euro ebenso wie auf Australien/Ozeanien und Afrika. Beim Auftragseingang von insgesamt 33,8 (36,5) Mio. Euro ergibt sich für 2021 die folgende Aufteilung. So entfallen auf die Region Europa 13,4 (18,1) Mio. Euro, auf Asien 15,4 (11,8) Mio. Euro und Nordamerika mit 4,1 (4,3) Mio. Euro. Auf Südamerika entfielen 0,1 (1,4) Mio. Euro sowie 0,8 (0,9) auf Australien/Ozeanien und Afrika.
Hinsichtlich des herausragenden Jahresergebnisses hob Dr. Paul hervor, dass 2021 von verschiedenen ergebnisstärkenden Effekten profitieren konnte. Hierzu zählt die Realisierung von 6,7 Mio. Euro Umsatz aus drei Großprojekten, ein besonders starkes viertes Quartal mit einer hohen „Verumsatzung“ der Bestände, die Effekte aus dem Asset-Deal mit der Alexanderwerk Produktions GmbH im Juli 2021, welche zu einer Margenverbesserung um rund 15 Prozent führten, sowie geringe Einflüsse durch externe Einflüsse wie etwa die Corona-Pandemie, Lieferketten oder geopolitische Effekte.
Rückblickend auf das Geschäftsjahr 2021 stellte Dr. Paul zusammenfassend fest, dass man als globaler Nischenplayer hervorragend im Markt positioniert ist, dank attraktiver Zielbranchen wie Pharma, Chemie, Life-Science und erneuerbarer Energien über einen guten und stabilen Auftragseingang verfügt und auch in Zukunft noch über weiteres Wachstumspotenzial verfügt. Um dieses zu realisieren ist jedoch die stetige Anpassung der Strukturen und Abläufe erforderlich. Eine gewisse Projektlastigkeit des Geschäftsmodells verbunden mit daraus resultierenden Ergebnisschwankungen zwischen den Jahren ist jedoch weiterhin zu erwarten.
Positiv gestaltet sich auch der bisherige Geschäftsverlauf im ersten Halbjahr 2022. Nach vorläufigen Zahlen bewegt sich der Auftragseingang bis 30. Juni 2022 bei 17,0 (17,6) Mio. Euro. Davon entfallen 12,9 Mio. Euro oder 76 Prozent auf Neumaschinen und 4,1 Mio. Euro oder 24 Prozent auf Ersatzteile und Service. Bezogen auf die einzelnen Märkte liegt der Auftragseingang aus Asien bei 8,1 Mio. Euro, aus Europa bei 6,8 Mio. Euro, aus Nordamerika bei 1,1 Mio. Euro sowie 1,1 Mio. Euro aus den übrigen Regionen. Per Ende Juni 2022 liegt der Auftragsbestand bei 26,3 nach 27,2 Mio. Euro im Vorjahr. Hiervon entfallen 23,6 Mio. Euro oder 90 Prozent auf Neumaschinen und 2,7 Mio. Euro oder 10 Prozent auf Ersatzteile und Service.
Auf der Ergebnisseite rechnet Dr. Paul unter Berücksichtigung diverser aktueller Einflüsse und Herausforderungen mit einem EBIT für das Gesamtjahr 2022 innerhalb einer Bandbreite von 3,0 bis 4,5 Mio. Euro. Relevante Einflüsse im weiteren Jahresverlauf sind Risiken aus der Preisentwicklung und der Verfügbarkeit bei Rohstoffen, elektronischen Bauteilen und Komponenten. Als Maßnahmen wurden Rahmenverträge mit Hauptlieferanten (Garantie von Lieferzeit und Preis) abgeschlossen, zusätzliche weitere Lieferanten auch im Ausland identifiziert und eingebunden sowie eine höhere Bevorratung von kritischen Bauteilen und Komponenten umgesetzt. Preiserhöhungen werden soweit möglich durchgereicht. Entsprechende Schritte wurden bereits im laufenden Jahr umgesetzt, eine weitere Anpassung ist je nach Marktsituation vorgesehen. Ein weiterer belastender Faktor ist der anhaltende Fachkräftemangel, dem man unter anderem mit einer Ausweitung der eigenen Ausbildung sowie der Einstellung von benötigtem Fachpersonal begegnet.
In Bezug auf die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine berichtete der Vorstand, dass für aktuell noch bestehende Aufträge aus Russland entsprechende Ausfuhrgenehmigungen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) vorliegen. Zuletzt entfielen auf die beiden Länder rund 10 bis 12 Prozent des Gesamtumsatzes, den es bei verbleibend ungewisser Entwicklung in dieser Region anderweitig zu kompensieren gilt. Bei den Energiekosten ist man laut Dr. Paul gut aufgestellt, ein langfristiger Vertrag mit einem Energieversorger mit Preisbindung ist bereits vorhanden. Als weiterhin latent erachtet er auch die Gefahren aus einem erneuten Aufflammen der Coronapandemie. Hier kann man im Bedarfsfall auf die bereits 2020 und 2021 erprobten Maßnahmen wie räumliche Ausweichmöglichkeiten, alternative Arbeitsplätze sowie die Nutzung von Telearbeit und Homeoffice zurückgreifen.
Ein weiteres wichtiges Thema, bei dem 2022 eine finale Entscheidung getroffen werden soll, ist die Suche nach einem neuen Standort für das Unternehmen. Die bereits seit Längerem laufende und von einem Planungsbüro begleitete Sondierung von Standorten soll möglichst bis zum Ende des dritten Quartals 2022 abgeschlossen werden. Nach Entscheidung für den künftigen Standort soll dann auch zeitnah mit der Errichtung der entsprechenden Gebäude begonnen werden. Im Rahmen des angesetzten Zeitplans bewegt sich auch weiterhin die Digitalisierung des Konzerns. Als Starttermin für die Beta-Version ist das vierte Quartal 2022 vorgesehen, das Going Live soll im ersten Quartal 2023 erfolgen. Seitens der NRW-Bank wurde für die Umsetzung dieses Projektes eine Förderung von rund 900 TEUR bewilligt, von der bereits ein Betrag von rund 200 TEUR geflossen ist.
Im dritten Teil der Ausführungen zum Thema Ausblick und Strategie bat Dr. Paul die beiden Geschäftsführer der Alexanderwerk GmbH, welche seit dem Mai 2022 das operative Geschäft verantworten, sich den Anteilseignern persönlich vorzustellen. Herr Fatih Yavuz ist 51 Jahre alt, verheiratet, Vater von zwei Kindern und wohnhaft in Remscheid. Seit 1988 ist er in verschiedenen Funktionen bei Alexanderwerk tätig und ist staatlich geprüfter Maschinenbautechniker und Wirtschaftstechniker. Zuletzt hat er von 2011 bis 2021 als Geschäftsführer die Alexanderwerk Produktions GmbH geleitet, deren Aktivitäten im vergangenen Jahr im Wege des Asset-Deals übernommen wurden. Bereits von 2007 bis 2010 hat er die gesamte Montage im Unternehmen geleitet und verfügt über vertieftes Know-how aller Produkte und Komponenten des AW-Portfolios sowie der im Einsatz befindlichen Produktionstechnologien und Anlagen.
In dem von Herrn Yavuz verantworteten Bereich Technik und Produktion bestehen die operativ anstehenden Maßnahmen in einer Verbesserung und Neuausrichtung der Personalstruktur und -entwicklung, um dem sich immer mehr abzeichnenden Fachkräftemangel zu begegnen. Zu diesem Zweck wird unter anderem auch die Zahl der Auszubildenden künftig auf 10 verdoppelt. Weitere wichtige Themen sind die marktgerechte Weiterentwicklung von Produktinnovationen, die Standardisierung der Serienmaschinen, die kontinuierliche Modernisierung der Produktionstechnologien sowie der Auf- und Ausbau auch internationaler Lieferanten insbesondere im Bereich schwierig zu beschaffender Komponenten aus den Bereichen Elektronik und Steuerungstechnik.
Zweiter Geschäftsführer ist Herr Bekim Bunjaku, der seit 2007 im Unternehmen tätig ist. Herr Bunjaku ist 37 Jahre alt, verheiratet, Vater von drei Kindern und wohnhaft in Wermelskirchen. Neben seiner Ausbildung hat er erfolgreich ein berufsbegleitendes Studium bei der Alexanderwerk absolviert und war zuletzt seit 2019 stellvertretender Vertriebsleiter und seit 2020 auch Prokurist. Herr Bunjaku sieht in dem von ihm verantworteten Bereich Vertrieb die folgenden wesentlichen Aufgaben: Im Bereich des Projektgeschäfts soll insbesondere für den Markt in Europa eine personelle Verstärkung erfolgen, auf dem attraktiven Markt in Nordamerika sollen weitere Vertriebskanäle entwickelt werden. An den Standorten in Indien und China ist eine Weiterentwicklung insbesondere durch den personellen Ausbau der Servicetechnik vorgesehen. Für den aus einer Sicht attraktiven Markt in der Region Middle East ist die Neugründung eines örtlichen Vertriebsbüros vorgesehen. Weiter auf- und ausgebaut werden soll auch der Bereich der Lohnkompaktierung, da hier auch von Seiten potenzieller Kunden erhebliches Interesse im Markt vorhanden ist.
Zum Abschluss gab Dr. Paul noch einen mittelfristigen Ausblick für die Jahre 2022 bis 2024. So soll nach der Standortentscheidung die Verlagerung an diesen bis zum Jahr 2024 abgeschlossen sein. Vorgesehen ist auch eine Modernisierung der Satzung und Überprüfung der Rechtsform der AG, die Erarbeitung und Implementierung einer zukunftsorientierten Führungsstruktur und das kontinuierliche Monitoring für anorganisches Wachstum. Auch sollen Märkte in Bezug auf deren Zukunftsfähigkeit und die Möglichkeit für lokale Wertschöpfung untersucht werden. Weitere Aufgaben sind die Umsetzung von Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowie die Modernisierung von Marke, Image und Social-Media-Auftritt.
Ergebnisseitig wird im geplanten 3-Jahreszeitraum 2023-2025 eine Stärkung der Ertragskraft der Unternehmensgruppe durch kontrolliertes nachhaltiges Wachstum angestrebt. Der Zielumsatz für die Jahre 2023 und darüber hinaus liegt laut Dr. Paul bei 30 Mio. Euro plus x bei einer EBIT-Zielmarke von 15 Prozent plus x.
Allgemeine Aussprache
Im Rahmen der Generaldebatte meldeten sich insgesamt neun Aktionäre und Aktionärsvertreter, teilweise auch zweifach wegen weiterer Nachfragen zu Wort. Als erster Redner dankte Dr. Becker dem Aufsichtsrat und den Mitarbeitern und begrüßte auch die personellen Veränderungen im Vorstand, welche nunmehr vollzogen worden sind. Im Rahmen seiner Fragen interessierte ihn unter anderem die Höhe der abgerechneten Beratungsleistungen mit dem ehemaligen Vorstandsmitglied Alfons Schmidt. Nach Angabe von Aufsichtsratschef Daum belief sich das abgerechnete Volumen im Zeitraum von 2016 bis 2022 auf insgesamt 568 TEUR.
Eine weitere Frage befasste sich, wie auch von weiteren Rednern angesprochen, mit dem aktuellen Stand bei der Suche nach einem neuen Standort. Hierzu erläuterte Herr Daum, dass man sich mit dieser Fragestellung seit Mitte 2021 bereits sehr intensiv befasst habe und hierbei auch auf die Beratung eines spezialisierten Ingenieursbüros zurückgegriffen wurde. Die dafür entstandenen Kosten bezifferte Herr Daum auf rund 40 TEUR. Das Ingenieurbüro hat in Abstimmung mit Alexanderwerk eine Soll-Planung erstellt, mittels derer die in Frage kommenden Standorte auf ihre Vor- und Nachteile untersucht wurden. Insgesamt kommen nach heutigem Stand vier Optionen in Betracht, darunter auch eine Fläche, die sich im Besitz der früheren Alexanderwerk Produktions GmbH befindet.
Laut Daum ist es jedoch so, dass alle Optionen sowohl Vor- als auch Nachteile besitzen, und es vermutlich nicht gelingen wird, die „Ideallösung“ zu erreichen. Neben Optionen in Remscheid kommen auch andere Standorte in Betracht, man werde aber der Region, dem bergischen Land treu bleiben, so Daum weiter. Die Entscheidung für eine der Optionen soll im weiteren Jahresverlauf 2022 erfolgen und dann auch zügig mit der Umsetzung begonnen werden. Dies gilt auch für die Frage, ob das Objekt selbst errichtet und finanziert wird oder ob man hier auf eine andere Lösung setzen wird. Als Kostenrahmen für die Errichtung der erforderlichen Gebäude geht man in einer ersten Schätzung von 12 bis 15 Mio. Euro aus. Angestrebt wird, dass die Verlagerung bis Ende 2024 erfolgreich abgeschlossen werden kann. Auf die von einem weiteren Fragesteller aufgeworfene Frage, ob im Zusammenhang mit dem neuen Standort eine Kapitalmaßnahme angedacht wird, teilte die Unternehmensleitung mit, dass eine solche in den derzeitigen Planungen nicht vorgesehen ist.
Zum Thema Standortverlagerung merkte im weiteren Debattenverlauf Aktionär Alfred Schneider, der in seiner Funktion als Vorstand der Allerthal-Werke AG die dort gehaltenen Aktien vertrat, an, dass man die Komplexität einer solchen Maßnahme nicht unterschätzen solle. Auf die von ihm aufgeworfene Frage, ob etwa die Ansiedlung der Lohnkompaktierung wegen der erforderlichen Einhaltung von Auflagen an einem anderen Standort die Flexibilität bei der Entscheidung für einen neuen Standort erhöhen würde, antwortete die Unternehmensleitung, dass eine dauerhafte Ansiedlung dieses Bereichs an einem anderen Standort zu Effizienzverlusten führe und daher als nicht sinnvoll erachtet wird.
Herr Schneider interessierte sich auch für mögliche weitere Einsatzgebiete bzw. Zielbranchen für das Know-how von Alexanderwerk. Hierzu antwortete Herr Bunjaku, dass man derzeit auch einen Blick etwa in den Bereich der e-Mobilität richte und hier an einem Projekt bei Ladesäulen mit einem führenden Hersteller zusammenarbeite. Bereits jetzt zeichne sich ab, dass auf diesem Gebiet, aber auch möglicherweise anderen Anwendungsfeldern, deutlich größeres Potenzial bestehen könne als ursprünglich gedacht. Jedoch sei man mit der Ausweitung der Zielbranchen noch in einem sehr frühen Stadium, so dass noch keine wirklich belastbare Prognose abgegeben werden kann.
Aktionär Thomas Mariotti erkundigte sich unter anderem nach einem Eindruck des neuen Vorstands Dr. Paul über die „Schwachstellen“ bei Alexanderwerk. Auf eine solche Sichtweise wollte sich der neue Unternehmenschef nicht festlegen lassen, sondern erläuterte, dass man mit der bestehenden sehr hohen Fertigungstiefe in der Lage ist, eine hohe interne Wertschöpfung im Unternehmen zu erzielen. An dieser Ausrichtung soll konsequent weitergearbeitet und die Kapazitäten auch durch mögliche gezielte Investitionen noch besser genutzt werden. Auch sieht er in Anlehnung an die Ausführungen der beiden Geschäftsführer der Tochtergesellschaft noch Wachstumspotenzial etwa auf dem US-Markt oder aber auch bei der Erschließung zusätzlicher Branchen, in denen das vorhandene Know-how von Alexanderwerk eingesetzt werden kann.
Auf entsprechende Nachfrage wurde das erreichbare Geschäftspotenzial vom für Vertrieb zuständigen Geschäftsführer Bunjaku mindestens im Bereich des in Europa und Asien im Schnitt realisierten Volumens von jährlich zuletzt etwa 9 bis 11 Mio. Euro gesehen.
Als erklärungsbedürftig bewertete Herr Mariotti allerdings den für das Gesamtjahr 2022 in Aussicht gestellten Rückgang beim EBIT um bis zu 50 Prozent im Vorjahresvergleich. Dr. Paul wies in seiner Antwort darauf hin, dass 2021 einige positive Faktoren zusammengekommen sind. Neben einem höheren Anteil an Großprojekten ist es zum Jahresende 2021 gelungen, nahezu alle in Arbeit befindlichen Maschinenprojekte auszuliefern und umsatzsteigernd zu fakturieren. Im laufenden Geschäftsjahr sind hingegen eine Reihe von neuen Projekten enthalten, die teilweise erst in Folgejahren ergebniswirksam werden. Zudem dürften sich die bereits skizzierten Herausforderungen aus Preissteigerungen für Vormaterialien, Fertigkomponenten, Logistik sowie den gestiegenen Kosten für Energie entsprechend mindernd auf das Ergebnis auswirken.
Auf die Frage, inwieweit steigende Preise an die Kunden weiterbelastet werden können, teilte die Verwaltung mit, dass dies soweit möglich erfolgt. Engpässen in den Lieferketten begegnet man durch die Gewinnung von weiteren Lieferanten für bestimmte, von Verknappung betroffenen Teilen und Komponenten. Hier greift Dr. Paul auch auf sein eigenes Netzwerk zurück und hat mit dem ein oder anderen Kontakt zu potenziellen Lieferanten weiterhelfen können. Bei bestimmten Halbleitern oder Maschinensteuerungen ist derzeit der Markt aber sehr schwierig und es sind kaum die erforderlichen Teile zu bekommen, so dass sich daraus auch verspätete Auslieferungen ergeben können.
Breiten Raum in der Generaldebatte nahm auch die Frage nach den Gründen für das Ausscheiden von Dr. Schmidt aus dem Vorstand ein. Zugleich sprachen viele Redner Dr. Schmidt für dessen Arbeit in den vergangenen Jahren ihren ausdrücklichen Dank aus. Gleiches betonte auch der Aufsichtsratsvorsitzende nochmals ausdrücklich, nachdem es in der Generaldebatte zu einigen Mutmaßungen aus dem Auditorium kam, dass der Dank des Aufsichtsrats an den ausgeschiedenen Vorstand zu gering ausgefallen ist oder hier versteckte Kritik an ihm hineininterpretiert wurde. Unter anderem interessierte sich auch Aktionär Udo Rüther aus Köln für die Gründe, welche er am Zahlenwerk nicht festmachen konnte.
Der Aufsichtsratschef bekräftigte in seiner Antwort, dass man nach der erfolgreichen Restrukturierung des Unternehmens nunmehr in eine neue Phase eintritt und daher das Managementteam breiter aufgestellt werden soll. Mit Blick auf die unzweifelhaften Verdienste von Dr. Schmidt, die Herr Daum nochmals ausdrücklich betonte, führte er weiter aus, dass man sich aus strategischen Gründen ganz bewusst für eine Veränderung in der Führungsstruktur und damit verbundenen einem personellen Wechsel in den Führungspositionen entschieden hat. Ziel ist es, die personelle Trennung zwischen dem Amt des Vorstands in der AG und der operativ verantwortlichen Geschäftsführungsebene in den Tochtergesellschaften zu implementieren. Über die personell vergrößerte Führungsstruktur in der Gruppe werden Kapazitäten auf Entscheidungsebene erhöhen und damit Ansatzpunkte für weiteres Wachstum und die weitere Entwicklung des Unternehmens geschaffen. Herr Daum bat die Anteilseigner hier um Vertrauen, dass die richtige Entscheidung getroffen wurde. Die Frage der künftigen Besetzung des Vorstands, also die Verlängerung des Mandats von Dr. Paul oder eine andere Lösung, soll im weiteren Jahresverlauf ebenfalls entschieden werden, so der Versammlungsleiter weiter.
Verschiedene Wortmeldungen beschäftigten sich mit der vorgeschlagenen Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder sowie der Zahlung einer Anerkennungsprämie an die Mitglieder des Aufsichtsrats. Hier regte etwa Herr Schneider an, ein einfacheres Modell für die dauerhafte Vergütung in Erwägung zu ziehen, da die vorgeschlagene Struktur ihm doch etwas unübersichtlich erscheine. Im Grunde unterstützt er jedoch, dass die Aufsichtsratsmitglieder angemessen vergütet werden. Zu vorgeschlagenen Anerkennungsprämie führte Herr Daum aus, dass es hierbei um die Abgeltung von erheblich angefallenem zeitlichen Mehraufwand geht, der im Zusammenhang mit einem M&A-Projekt entstanden ist, welches sich letztlich jedoch nicht realisiert hat. Hierdurch ist bei den Aufsichtsratsmitgliedern ein weit über das normale zeitliche Maß reichender Zeitaufwand angefallen, der auf diese Weise abgegolten werden soll.
Gewisse Sorgen im Aktionariat riefen die von der Verwaltung in Aussicht gestellten Überlegungen zu einer Änderung der Struktur bei der Alexanderwerk AG hervor. Herr Daum antwortete hierzu, dass derartige Überlegungen zum einen noch ganz am Anfang sind und zum anderen damit kein wie auch immer gearteter Ausschluss der jetzigen Anteilseigner angestrebt wird. Denkbar ist aus seiner Sicht jedoch die Änderung der Rechtsform von der AG in eine europäische SE. Auch bei der Unternehmenssatzung bietet sich einmal eine „komplette Renovierung“ und Neufassung zu einer zeitgerechten Form und Struktur an.
Verschiedene weitere Fragen von Herrn Rüther befassten sich mit etwaigen Risiken bei offenen Forderungen. Hierzu antwortete der Vorstand, dass es sich bei den ausgewiesenen Beträgen um Stichtagsbetrachtungen handelt und diese inzwischen eingegangen sind. Risiken auf der Forderungsseite sind laut Herrn Daum sehr gering, er betonte, dass es in den letzten 15 Jahren zu keinem nennenswerten Ausfall gekommen ist.
Hinsichtlich etwaiger Risiken aus dem bestehenden nicht unerheblichen Geschäft in China und der hier verfolgten Strategie antwortete Herr Daum, dass man insbesondere auf den asiatischen Märkten die bestehenden Kunden aus dem europäischen und amerikanischen Markt begleitet, die bei Errichtung entsprechender Fertigungen in Fernost auch dort auf die bewährte Technologie von Alexanderwerk setzen. Insoweit handelt es sich hier um eine Entwicklung, die sich von Kundenseite ergibt, und weniger eine solche, welche direkt forciert wird. Hinsichtlich einer etwaigen Expansion in die Märkte im Nahen und Mittleren Osten und der Errichtung einer möglichen Niederlassung dort wird man die Chancen und Risiken sehr genau im Auge behalten, so der Aufsichtsratschef auf die entsprechende Frage weiter.
Aktionär Robinson Kuchejda erkundigte sich unter anderem danach, ob im Rahmen der Fertigung auch auf moderne Verfahren wie etwa 3D-Druck oder weitere Automatisierung gesetzt wird. Herr Yavuz erläuterte hierzu, dass die additive Fertigung bei bestimmten Teilen durchaus sinnvoll ist und auch eingesetzt wird. Als Beispiel nannte er etwa bestimmte Filter, die ansonsten nur zu sehr hohen Kosten bezogen werden können, oder solche Bauteile, die aufgrund der Beschränkungen bei herkömmlichen Fertigungsmethoden schlicht nicht darstellbar sind. Auch eine Ausweitung der (halb-)automatischen Fertigung ist ein Thema. Hierdurch verspricht man sich neben Effizienzgewinnen auch eine Steigerung der bestehenden Kapazität im Unternehmen.
Abstimmungen
Nach Beendigung der allgemeinen Aussprache um 14:15 Uhr wurde die Präsenz mit insgesamt 1.491.154 Aktien festgestellt. Dies entspricht einem Anteil von 82,84 Prozent des stimmberechtigten Grundkapitals. Sämtliche Beschlussvorlagen der Verwaltung wurden mit der jeweils nötigen Mehrheit verabschiedet. Die Zustimmungsquoten sind jedoch bei den verschiedenen Beschlusspunkten unterschiedlich ausgefallen. Mit 99,98 Prozent lag die Zustimmung bei der Dividendenausschüttung (TOP 4) am höchsten, die Entlastung des Vorstands für das Jahr 2021 weist mit 56,13 Prozent die niedrigste Quote an abgegebenen Jastimmen aus.
Im Einzelnen beschlossen wurde die Entlastung von Vorstand (TOP 2) und Aufsichtsrat (TOP 3), die Ausschüttung einer Dividende von 2,32 Euro je Aktie (TOP 4), die Wahl der BDO AG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Essen zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2022 (TOP 5), die Billigung des Vergütungsberichts für das Geschäftsjahr 2021 (TOP 6), die Billigung des Vergütungssystems für die Vorstandsmitglieder (TOP 7). Weitere Beschlusspunkte waren die Änderung der Satzung in Bezug auf die Vergütung des Aufsichtsrats (TOP 8), die Beschlussfassung über die Einführung einer Anerkennungsprämie für die Mitglieder des Aufsichtsrates für das Jahr 2022 (TOP 9) sowie die Aufhebung des bestehenden genehmigten Kapitals 2015 (TOP 10).
Der Versammlungsleiter konnte die Hauptversammlung nach einer Dauer von etwas über viereinhalb Stunden um 14:38 Uhr schließen.
Fazit
Auch 2021 konnte Alexanderwerk eine sehr gute Geschäftsentwicklung erzielen und legte Rekordzahlen vor. Die Anteilseigner profitieren in Form einer Dividende von 2,32 Euro ebenfalls in hohem Maße von diesem Erfolg und können sich bezogen auf den Ultimokurs von 2021 über eine Dividendenrendite von 7,5 Prozent freuen. Auch der Start ins laufende Jahr 2022 ist ausweislich der genannten vorläufigen Zahlen positiv verlaufen, allerdings geht der Verfasser auch in Anlehnung an das aktuelle Research von GSC vom 25. August 2022 davon aus, dass sich die 2021 durch positive Effekte besonders gute Ertragssituation im jetzt laufenden Jahr abschwächen dürfte. Insbesondere ist mit Blick auf den Projektcharakter des Geschäfts immer zu berücksichtigen, dass etwa Verzögerungen bei der Auslieferung über den Jahreswechsel dazu führen, dass die Erträge aus dem Projekt erst im Folgejahr vereinnahmt werden.
Positiv zu werten ist aus Sicht des Verfassers, dass die Frage des künftigen Standorts im weiteren Verlauf des Jahres 2022 entschieden werden soll. Die vier hierfür in Frage kommenden Optionen „haben alle Vor- und Nachteile“, brachte es Aufsichtsratschef Franz-Bernd Daum auf den Punkt, man will aber der „Region in jedem Fall weiterhin treu bleiben“.
Ausgehend von unserem Research dürften sich die Umsatzerlöse im Jahr 2022 auf 27,0 Mio. Euro bei einer Gesamtleistung von 31,5 Mio. Euro belaufen. Das EBIT dürfte sich im Bereich von 3,9 Mio. Euro bewegen und unter dem Strich ein Jahresüberschuss von 2,5 (4,6) Mio. Euro bzw. 1,41 (2,58) Euro je Aktie erzielt werden. Für 2023 wird von wieder steigenden Ergebnissen ausgegangen. Eine Fortsetzung der bisher hohen Ausschüttungsquoten unterstellt, sollte damit eine Dividende von 1,20 Euro für 2022 möglich sein, was beim aktuellen Kurs von 25 Euro eine Dividendenrendite von knapp unter 5 Prozent darstellt. Das Kursziel sieht der Verfasser unverändert zum letzten Research bei 28,50 Euro. Investoren sollten angesichts des zeitweilig eher überschaubaren Handelsvolumens mit Limits im Markt agieren.
Kontaktadresse
Alexanderwerk AG
Kippdorfstraße 6-24
D-42857 Remscheid
Tel.: +49 (0)21 91 / 795-0
Fax: +49 (0)21 91 / 795-202
Internet: www.alexanderwerk.com
E-Mail: [email protected]
Hinweis: Der Verfasser ist Aktionär der beschriebenen Gesellschaft.