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HV-Bericht NanoFocus AG - Auch 2021 hat enttäuscht, aber Auftragsbestand macht Hoffnung

Die Hauptversammlung der NanoFocus AG fand am 17. August 2022 wiederum in virtueller Form statt. Pünktlich um 14 Uhr eröffnete der Aufsichtsratsvorsitzende Ralf Terheyden die Veranstaltung. Pandemiebedingt war auch in diesem Jahr die Zahl der vor Ort anwesenden Personen begrenzt. Herr Terheyden begrüßte den neben ihm sitzenden Vorstandsvorsitzenden Michael Hauptmannl, den Notar und den Stimmrechtsvertreter. Die übrigen Aufsichtsratsmitglieder verfolgten die Übertragung im Internet. Für GSC Research nahm Werner Friedmann teil.

Der Aufsichtsratsvorsitzende führte zügig durch die Formalien. In Vorstand und Aufsichtsrat haben sich seit der letzten Hauptversammlung keine Veränderungen ergeben. Ergänzungsanträge oder Gegenanträge von Aktionären waren nicht eingegangen. Er verzichtete auf eine Verlesung des im Geschäftsbericht abgedruckten Berichts des Aufsichtsrats. Es hatten sieben Aufsichtsratssitzungen stattgefunden. Dann erteilte er dem Vorstand Hauptmannl das Wort.


Bericht des Vorstands

Der Vorstand begrüßte die Teilnehmenden und freute sich, dass es trotz der Herausforderungen gelungen ist, die Gesellschaft neu zu strukturieren und sich in neue Märkte – außerhalb der Automobilindustrie – zu orientieren. Im Bereich Powertrain wird kaum noch in neue Messtechnik investiert, gleichzeitig sei der Bedarf an Messtechnik in E-Motoren wesentlich geringer. Deshalb konzentriert sich NanoFocus verstärkt auf die Segmente Electronics und Materials. Hier verfügt die Gesellschaft über viel Erfahrung und eine gute technologische Position. Den Auftragseingang in diesen Bereichen im laufenden Jahr klassifizierte er als vielversprechend. So liegt der Auftragseingang zum 17.08. in der AG bei 6,3 Mio. um kumuliert mit der 100% Tochter Breitmeier Messtechnik bei 8 Mio. EUR.

2021 war die operative Entwicklung erneut von Corona und der Automobilkrise gekennzeichnet, leitete der Vorstand seine Darlegungen zum abgelaufenen Geschäftsjahr ein. Der Umsatz von 6,6 Mio. Euro bedeutete einen Rückgang von 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr und eine Planverfehlung von minus 18 Prozent. Insbesondere Auftragsverschiebungen vorwiegend asiatischer Großkunden im Bereich Semiconductor machte er hierfür verantwortlich. Aufgrund der Cyber-Attacke im Dezember konnten zudem nicht alle Auslieferungen wie geplant vorgenommen werden. Ohne Kurzarbeit im ersten Halbjahr und das „Entgegenkommen“ des Hauptaktionärs und Partners Mahr „hätten wir den massiven Umsatzeinbruch kaum überstanden“, fügte Herr Hauptmannl hinzu.

Das Segment Standard/Labor schnitt mit einem Umsatzwachstum von 21 Prozent auf 2,86 Mio. Euro besser als geplant ab. Der Umsatz im Servicebereich lag mit 2,16 Mio. Euro zwar nur leicht über dem Vorjahreswert, aber 28 Prozent über Plan. Deutlich rückläufige Umsätze mussten hingegen in den Bereichen Mobility (minus 14 Prozent auf 1,37 Mio. Euro) und Semiconductor/Electronics (minus 85 Prozent auf 0,22 Mio. Euro) hingenommen werden. Hier wurden die Aufträge erst in vierten Quartal 2021 und im ersten Quartal 2022 erteilt, zudem verschoben sich Auslieferungen aufgrund der Cyber-Attacke ins neue Jahr.

Auf der Kostenseite erhöhten sich die Personalkosten um 20 Prozent, da die Kurzarbeit im Jahresverlauf zurückgefahren wurde. Das EBITDA lag bei minus 365 (Vorjahr: plus 506) TEUR. Die Abschreibungen beliefen sich auf 598 TEUR. Darin waren solche auf Umlaufvermögen, insbesondere Vorräte, in Höhe von 202 TEUR enthalten. Herr Hauptmannl klassifizierte diese als in ihrer Höhe ungewöhnliche Abwertungen. Das EBIT sank von minus 107 auf minus 963 TEUR. Das Beteiligungsergebnis der Tochtergesellschaft Breitmeier belief sich auf minus 397 TEUR. Hier belasteten Projektverschiebungen. Der Jahresfehlbetrag belief sich auf minus 1,54 (minus 0,653) Mio. Euro.

Zur Sicherung der Liquidität wurde im April 2021 eine Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen mit Bezugsrecht durchgeführt. Der Mittelzufluss daraus betrug 983 TEUR. Des Weiteren wurde im Januar 2021 eine Kapitalherabsetzung im Verhältnis 3 zu 1 eingetragen. Die Eigenkapitalquote zum Bilanzstichtag lag bei 35 (39) Prozent. Mit dem Großaktionär wurde im Juni 2020 ein Darlehen von 3 Mio. Euro vereinbart. Zum Bilanzstichtag war es vollständig in Anspruch genommen. Ein weiteres Darlehen in Höhe von 1 Mio. Euro wurde im Mai 2021 gesichert, war aber zum Bilanzstichtag nicht gezogen. Liquide Mittel waren Ende Dezember 2021 in Höhe von 534 TEUR vorhanden, darüber hinaus standen Kontokorrentkreditlinien von 250 TEUR zur Verfügung.


Beantwortung der eingereichten Fragen

Die Aktionärin Andrea Schmal erkundigte sich nach Ablauf und Folgen der Cyberattacke. Am 27.12.2021 wurde das Unternehmen angegriffen, führte Herr Hauptmannl dazu aus. Die Backup-Strategie war erfolgreich, es gab keinen Kontakt zu den Angreifern. Für etwa vier Wochen konnte in der Folge kein geregelter Betriebsablauf gewährleistet werden. Nach dem Angriff konnte nicht sicher davon ausgegangen werden, dass Kundensysteme nicht betroffen waren. Deshalb wurden die Auslieferungen gestoppt. Später konnte festgestellt werden, dass eine Kompromittierung von Kundensystemen nicht erfolgt war. Der verschobene Umsatz wurde mit 0,8 Mio. Euro angegeben.

Die Aktionärin monierte, dass die zur Wahl zum Aufsichtsrat stehenden Kandidaten alle dem Großaktionär Mahr zuzurechnen seien. Sie vermisste einen Vertreter des Streubesitzes im Gremium.

Andreas Massek stellte Fragen für die Schutzgemeinschaft für Kleinanleger (SdK). Er wollte wissen, warum es nach der letzten Hauptversammlung nicht zur Eintragung der Beschlüsse bezüglich der Kapitalia gekommen war. Zudem kritisierte er, dass mit 50 Prozent des Grundkapitals das vorgesehene genehmigte Kapital bei voller Ausschöpfung nach Ansicht der SdK zu hoch ausfällt. Ihn interessierte auch, wie das genehmigte Kapital verwendet werden soll.

Daraufhin teilte Herr Hauptmannl mit, dass das Registergericht die Werthaltigkeit der vorgesehenen Sacheinlage nicht anerkannt und deshalb eine Eintragung abgelehnt hatte. Die Maßnahme wäre ein sinnvoller Schritt gewesen, um die Finanzverbindlichkeiten gegenüber der Mahr-Gruppe zurückzuführen, bedauerte der Vorstand. Es wurde ein Tilgungsplan vereinbart. Die zufließenden Mittel aus dem nun vorgeschlagenen genehmigten Kapital sollen auch dazu genutzt werden, die projektlaufzeitbedingt hohen Vorräte vorzufinanzieren. Auch muss das Lager aktuell ausgebaut werden, um die Lieferfähigkeit sicherzustellen.

Ein Aktionär wies auf die hohe Volatilität der Aktie bedingt durch deren mangelnde Liquidität hin. Es findet praktisch kein Handel der Aktie statt. Er fragte nach dem fairen Wert der Aktie und den vorgesehenen Maßnahmen, um sie wieder attraktiv für Anleger zu machen. Herr Hauptmannl bezeichnete den Verlauf des Aktienkurses als nicht zufriedenstellend. Die negative Entwicklung trat ein, obwohl operative Verbesserungen und Kostenreduzierungen umgesetzt wurden. Die Gesellschaft konnte sich von der Abhängigkeit vom Automotive-Sektor befreien. Die neuen Systeme sollen einen erhöhten Kundenmehrwert bieten. Ein Fokus der Entwicklungstätigkeit liegt auf verstärkt innovativen Features und einem zunehmend produktionsnahen Einsatz der Systeme.

Die Marktkapitalisierung der Gesellschaft, so führte der Vorstand aus, liegt derzeit bei rund 2 Mio. Euro. Sollte es gelingen, eine nachhaltige Profitabilität nachzuweisen, hielt er eine Bewertung von einem halben Jahresumsatz für „nicht zu hoch“. Diese Profitabilität zu erreichen, stellte für ihn auch die Voraussetzung für ein nachhaltig erfolgreiches Aktienmarketing dar. Der Vorstand wird nicht nach am Aktienkurs orientierten Zielen entlohnt, ergänzte er.

Thomas Hechtfischer vertrat die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) und fragte nach den Gründen für die wiederum virtuelle Abhaltung der Hauptversammlung. Hierzu führte Herr Hauptmannl u.a. aus, dass eine kleine Gesellschaft wie NanoFocus viele Funktionen nicht doppelt besetzen kann. Deshalb muss die Belegschaft vor Ausbrüchen der Pandemie besonders geschützt werden. Er sah zudem auch Vorteile im virtuellen Format für die Aktionäre. Insbesondere können diese dann Hauptversammlungen mehrerer Unternehmen zeitlich enger getaktet und ohne hohe Reisekosten verfolgen.

Befragt nach aktuellen Auswirkungen der Pandemie und der Ukraine-Krise sah der Vorstand solche vor allem in erschwerten Auslandseinsätzen wie etwa in China. Er stellte einen starken Anstieg bei Strom und Energiekosten fest.

Die ergriffenen Maßnahmen zur Sicherstellung der Liquidität, nach denen Herr Hechtfischer fragte, reichen nach jetzigem Stand aus, konnte Herr Hauptmannl mitteilen. Tilgung und Zinszahlungen für die Darlehen der Carl Mahr Holding sollen ab Oktober wieder aufgenommen werden.

Die Expansion in den wichtigen Halbleitermarkt Korea interessierte den Aktionärsschützer auch. Ein kleines lokales Team wurde in der koreanischen Repräsentanz der Mahr-Gruppe stationiert. Die Auslieferungen haben begonnen, konnte der Vorstand berichten. Der Umsatz des Segments im laufenden Jahr beträgt derzeit bereits 1,3 Mio. Euro. Dieser Wert soll sich bis zum Jahresende auf mindestens 1,8 Mio. Euro erhöhen, womit die Planung übertroffen wäre. Der Auftragseingang wurde mit 2 Mio. Euro im Gesamtjahr prognostiziert.

Befragt nach den Konsequenzen aus der Cyberattacke und der Höhe des angefallenen Schadens teilte der Vorstand mit, dass weitere Vorkehrungen zur Verbesserung des Schutzes und der Minimierung der Recovery-Time getroffen werden. Es besteht eine Cyberpolice bei einer Versicherung, zu der aber keine Details bekanntgegeben werden dürfen.  


Abstimmungen

Vom Grundkapital in Höhe von 3.440.956 Euro, eingeteilt in dieselbe Zahl an Inhaber-Stückaktien, waren durch den Stimmrechtsvertreter 2.103.971 Stimmen vertreten. Dies entsprach 61,14 Prozent des Grundkapitals. Zusammen mit 98.005 abgegebenen Briefwahlstimmen nahmen 63,99 Prozent des Grundkapitals an der Abstimmung teil.

Abgestimmt wurde über die Entlastung von Vorstand (TOP 2) und Aufsichtsrat (TOP 3), die Wahl von PricewaterhouseCoopers zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2022 (TOP 4), die Neuwahl der Herren Stephan Gais, Manuel Hüsken und Ralf Terheyden in den Aufsichtsrat (TOP 5) sowie die Aufhebung der Beschlüsse der Hauptversammlung vom 18. August 2018 unter Tagesordnungspunkt 5 (Aufhebung des vorhandenen und Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals, teilweise mit der Möglichkeit zum Ausschluss des Bezugsrechts) (TOP 6).

Alle Tagesordnungspunkte wurden wie von der Verwaltung vorgeschlagen bei zumeist etwa 27.000 Gegenstimmen verabschiedet.

Die Hauptversammlung endete nach 76 Minuten um 15:16 Uhr.


Fazit

NanoFocus hat ein weiteres Jahr mit Verlusten überstanden. Manche Bemerkungen im Vortrag und Geschäftsbericht deuten darauf hin, dass das nicht problemlos war. Es kommt auch nicht alle Tage vor, dass ein Registergericht die Eintragung eines Kapitalbeschlusses aufgrund von Zweifeln an der Werthaltigkeit einer Sacheinlage verweigert. Insofern verlief das Geschäftsjahr 2021 enttäuschend und reihte sich damit in eine lange Reihe von ähnlichen Erlebnissen ein.

Andererseits muss man dem Vorstand zustimmen, dass Erfolge in einer zukunftsträchtigeren Positionierung, etwa im Bereich Halbleiter, zu erkennen sind. Auch der Auftragseingang entwickelt sich erfreulich. In der Veranstaltung wurde keine Guidance für das Jahr 2022 abgegeben, ein Bericht zum Halbjahr liegt noch nicht vor. Insofern sei an dieser Stelle die Prognose für die AG aus dem Geschäftsbericht zitiert. Die Gesellschaft geht von einem Umsatz von über 9 Mio. Euro aus. Damit soll ein leicht positives EBITDA darstellbar sein, sowie ein leicht negatives bis ausgeglichenes EBIT.

Auf der positiven Seite kann man auch vermerken, dass die Unterstützung durch Mahr in Korea die Bestrebungen, das dortige Halbleitergeschäft aufzubauen, sicherlich deutlich erleichtert. Nachdem die mit großen Hoffnungen vor einigen Jahren gestartete Kooperation im Bereich Standard/Labor eher nur marginale Impulse für NanoFocus brachte, scheinen hier schnelle Synergien realisierbar zu sein.

Die Illiquidität der Aktie belastet das Anlegerinteresse. Dem Vorstand ist zuzustimmen, dass diese Situation nur überwunden werden kann, wenn die Anleger von einem nachhaltigen Erfolg der Geschäftstätigkeit ausgehen können und darauf vertrauen können, dass auch sie daran partizipieren werden. Mit weiteren Verwässerungen durch Kapitalmaßnahmen sollte gerechnet werden.


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Hinweis: Der Verfasser ist Aktionär der beschriebenen Gesellschaft.



Veröffentlichungsdatum: 13.09.2022 - 17:55
Redakteur: wfr
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