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HV-Bericht mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG - Auch Geschäftsjahr 2021 mit hohem Gewinn und üppiger Dividende – aktuell hat sich das Marktumfeld aber eingetrübt

Die mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG hatte für den 19. Juli 2022 zur Hauptversammlung eingeladen. Nach zwei Jahren mit einer rein virtuellen Zusammenkunft hatte das Unternehmen diesmal wieder zu einer Präsenzveranstaltung eingeladen, was von den Aktionären sehr begrüßt wurde. Etwa 50 Teilnehmer hatten sich im Haus der Bayerischen Wirtschaft in München eingefunden, um sich über die Wertpapierhandelsbank zu informieren. Für GSC Research war Matthias Wahler vor Ort.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Michael Wilhelm eröffnete die Versammlung um 10:30 Uhr und teilte mit, dass Vorstand und Aufsichtsrat vollzählig anwesend sind. Personelle Veränderungen hat es seit der letzten Hauptversammlung nicht gegeben. Das Protokoll führte Notar Sebastian Herrler.

Nach Abhandlung der Formalien und einigen ergänzenden Informationen zum Aufsichtsratsbericht übergab Herr Wilhelm das Wort an den Vorstand.


Bericht des Vorstands

Der Vorstandssprecher Christian Kalischer begann mit einigen Betrachtungen zum derzeitigen Marktumfeld. Seiner Meinung nach halten sich die Finanzmärkte angesichts der vielfältigen Verwerfungen wirtschaftlicher und geopolitischer Natur ziemlich gut. Kursrallyes, wie sie zwischen 2018 und 2021 stattgefunden haben, dürften allerdings erst einmal der Vergangenheit angehören. So unberechenbar wie heute war die Lage für mwb fairtrade und die anderen Wertpapierhandelsbanken noch nie.

Sehr kritisch sieht Herr Kalischer auch die massiv steigenden Staatsschulden – und dennoch verteilt die Politik, Stichwort Tankrabatt und 9-Euro-Ticket, weiterhin Wohltaten ohne Ende. Seiner Meinung nach handelt es dabei um Beruhigungspillen, die der Bevölkerung vorgaukeln sollen, dass man alles im Griff hat und mit ein bisschen Extrageld alles gelöst werden kann, was natürlich nicht der Fall ist. Die massiv steigende Inflation und Zinsen zeigen schon, dass die Party des Schuldenmachens bald vorbei ist.

Zunächst warf der Vorstandssprecher dann aber einen Blick zurück ins Geschäftsjahr 2021, in dem sich mwb fairtrade weit über den Erwartungen entwickelt hat. Auch das Marktumfeld präsentierte sich weit besser, als man dies mit Blick auf die andauernde Corona-Krise, die bereits spürbaren globalen Lieferengpässe und der erheblichen Verteuerung von Rohstoffen hätte erwarten können. Obwohl es wahrlich genug Gründe für schwächere Kurse gegeben hätte, legte der DAX um weitere 16 Prozent zu.

Die mwb fairtrade AG schloss das Jahr letztlich weit über den Erwartungen ab. Zwar erreichte das Ergebnis nicht ganz das Rekordniveau der Vorperiode, welches das beste in der Firmengeschichte gewesen war. Dennoch ist der Vorstand stolz auf das Erreichte.

Geholfen hat die nach wie vor hohe Volatilität, aber auch der Anstieg der Handelsumsätze insgesamt. Das Handelsergebnis lag mit 45,8 (Vorjahr: 50,1) Mio. Euro zwar 9 Prozent unter dem Vorjahr. Der Rückgang resultiert jedoch fast ausschließlich aus der Skontroführung in Rentenpapieren, nachdem festverzinsliche Wertpapiere in einem Null- und Negativzinsumfeld für den größten Teil der Investoren uninteressant sind. Diese Situation ändert sich jetzt, was für einen Skontroführer wie mwb fairtrade grundsätzlich positiv zu werten ist.

Das Provisionsergebnis konnte hingegen auf 7,5 (7,2) Mio. Euro noch weiter verbessert werden. Als wesentlichen Grund nannte Herr Kalischer das noch junge Geschäftsfeld Corporates & Markets, das sich mittlerweile wie geplant zu einem zweiten wichtigen Standbein neben der Skontroführung entwickelt hat. In diesem Bereich wurden Erträge von mehr als 4 Mio. Euro erwirtschaftet, vor allem mit kleineren Finanzmarkttransaktionen und Dienstleistungen, aber auch durch die Platzierung einer Unternehmensanleihe für Euroboden Immobilien.

Das Portfolio im Bereich Corporates & Markets wurde noch einmal erweitert. Wie Herr Kalischer mitteilte, begleitet mwb fairtrade jetzt auch die Platzierung von Umtauschanleihen, also Anleihen, deren Nennwert der Investor zu einem späteren Zeitpunkt in bestimmte Aktien eines Unternehmens umtauschen kann. Dies hat für beide Seiten Vorteile: Der Emittent, in diesem Fall mwb fairtrade, muss die Anleihe nicht in liquiden Mitteln zurückzahlen, und der Anleihekäufer bzw. Investor wird auf relativ einfache Weise zum Aktionär. Die Nachfrage in diesem Bereich war höher als erwartet.

Provisions- und Handelsergebnis summieren sich auf 53,3 (57,3) Mio. Euro. Davon ab gehen ein mit 13,5 (13,2) Mio. Euro wenig veränderter Personalaufwand sowie die anderen Verwaltungsaufwendungen, die sich um 11 Prozent auf 17,0 (15,3) Mio. Euro erhöhten. Danach verbleibt ein Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit von 22,3 (28,3) Mio. Euro und nach Zuführung zum Fonds für allgemeine Bankrisiken von 19,0 (24,5) Mio. Euro, was einen Rückgang von 22 Prozent bedeutet.

Damit war es, wie Herr Kalischer betonte, immer noch eines der besten Ergebnisse der Unternehmensgeschichte. Und es wäre noch besser ausgefallen, wenn die Kosten nicht leicht überproportional gestiegen wären. Insbesondere betrifft dies die Transaktionskosten, die aufgrund der hohen Volatilität deutlich höher ausfielen. Dies war der wesentliche Grund für den starken Anstieg der anderen Verwaltungsaufwendungen.

Der Jahresüberschuss belief sich auf 12,4 (17,7) Mio. Euro und ermöglicht es, wieder eine ordentliche Dividende zu zahlen. Wie gewohnt sollen die Aktionäre rund 50 Prozent des Ergebnisses der normalen Geschäftstätigkeit vor Zuführung zum Fonds für allgemeine Bankrisiken erhalten, was diesmal eine Ausschüttung von 1,40 (1,80) Euro bedeutet.

Wie Herr Kalischer anfügte, haben Vorstand und Aufsichtsrat überlegt, mit Blick auf das sehr unsichere Umfeld mehr Vorsicht walten lassen. Man wolle die Aktionäre aber weiterhin am Erfolg teilhaben lassen. Das Unternehmen verfügt dennoch weiterhin über ein komfortables Finanzpolster. Mit einem Eigenkapital zuzüglich des Fonds für allgemeine Bankrisiken, der ebenfalls zum harten Kernkapital zählt, von inzwischen 43,4 (41,0) Mio. Euro sieht der Vorstand die mwb fairtrade selbst gegen erhebliche Marktschwankungen abgesichert.

Sodann warf Herr Kalischer einen Blick auf die Aktie, die im Berichtszeitraum per Saldo um 30 Prozent zugelegt hat. Zwischenzeitlich war mit 23 Euro sogar ein neues Rekordniveau erreicht worden, das allerdings nicht gehalten werden konnte. Den Jahresschlusskurs von 12,80 Euro empfindet er aber auch als sehr zufriedenstellend. Bis heute kam es, ausgelöst durch das niedrigere Ergebnis im ersten Halbjahr 2022, zu einem weiteren Rückgang auf etwa 10 Euro. Allerdings bat Herr Kalischer zu berücksichtigen, dass die Aktie Ende 2019 noch bei bescheidenen 2 Euro notiert hatte.

In diesem Zusammenhang hob Herr Kalischer noch einmal hervor, dass 2020 ein absolutes Ausnahmejahr war, das nur sehr schwer zu wiederholen sein wird. Jedoch ist mwb fairtrade trotz rückläufiger Ergebnisse auch 2021 und 2022 solide unterwegs. Ihm ist auch nicht bange, was die Zukunft angeht. Der Firmenchef sieht das Unternehmen insgesamt gut aufgestellt. In Deutschland gibt es gerade noch zehn Wertpapierhandelsbanken und mwb fairtrade zählt zu den größeren. Seiner Auffassung nach liegt dies daran, dass die richtige Mischung aus Festhalten an Bewährtem und Offenheit für Neues gefunden wurde.

Wie er darlegte, werden noch immer 80 Prozent der Erträge auf den klassischen Plattformen der Regionalbörsen inklusive Frankfurt erwirtschaftet. Zusätzlich arbeitet mwb fairtrade als Spezialist für Renten und Fonds an der Tradegate Exchange, einer der modernen Kostenführerplattformen, die immer mehr an Bedeutung erlangen. Dieser Trend ist klar absehbar und es gilt, die mwb fairtrade darauf vorzubereiten.

Der Vorstand hat deshalb begonnen, die strategische Ausrichtung zu hinterfragen. Der Wettbewerb von Neobrokern ist so groß geworden, dass die Preismodelle der klassischen Börsen zunehmend weniger wettbewerbsfähig werden. Im derzeitigen Marktumfeld ist deren Situation allerdings nicht mehr so komfortabel, da es ihnen schwerfällt, neue Kunden zu gewinnen. Es ist aber davon auszugehen, dass zumindest einige Neobroker überleben und eine Marktführerschaft in diesem Segment übernehmen werden.

Mit den Neobrokern werden nach Aussage von Herrn Kalischer neue Zielgruppen angesprochen, die bisher nicht an der Börse aktiv waren. Jedoch stellt sich die Frage, wie mwb fairtrade als Wertpapierhandelsbank noch Geld verdienen soll. Eine Courtage, die früher ein wichtiger Ertragsbestandteil war, kann kaum noch erhoben werden. Und zusätzlich muss an viele Orderflow Provider auch noch ein Kickback bezahlt werden. Insgesamt wird das Geschäft als Marketmaker oder Spezialist immer kurzfristiger und situativer.

Um das Geschäft zumindest ein bisschen aus dieser Klemme zu lösen, wurde beschlossen, die angebotenen Dienstleistungen etwas zu erweitern. Besonders im Bereich Neukundengewinnung blieb der Vorstand nicht untätig. Es wird daran gearbeitet, andere Zugänge zu Kunden zu schaffen und mit Plattformen zu arbeiten, mit denen bisher nicht kooperiert wurde. Das Ziel ist es, unabhängiger von den klassischen Handelsplattformen zu werden. Natürlich werden diese aber auch in Zukunft wichtig bleiben.

Sodann kam Herr Kalischer auf die aktuelle Situation zu sprechen. Das Marktumfeld hat sich leider nicht verbessert. Themen wie Inflation, hohe Schulden, Rohstoffverknappung und Kaufkraftverlust sorgen an den Finanzmärkten für große Nervosität. Positiv ist allenfalls zu werten, dass es immer noch sehr viel Liquidität im Markt gibt. Dennoch hat der DAX in den letzten Monaten kräftig an Wert verloren.

Angesichts dieses Umfelds hat sich mwb fairtrade nach Auffassung des Vorstandssprechers im ersten Halbjahr 2022 recht ordentlich geschlagen. Im ersten Quartal konnte sogar noch ein Überschuss von 1,7 Mio. Euro erwirtschaftet werden. Es war aber klar, dass die Umsätze im zweiten Quartal zurückgehen werden und es gelang letztlich nicht, an das gute Halbjahresergebnis 2021 anzuknüpfen.

Maßgeblich bedingt durch die geringeren Börsenumsätze verringerte sich das Provisionsergebnis auf 2,8 (3,6) Mio. Euro und das Handelsergebnis ging auf 13,8 (27,8) Mio. Euro zurück. Dank des zu großen Teilen erfolgsorientierten Vergütungsmodells gingen auch die Kosten etwas zurück. Insgesamt verringerten sich die allgemeinen Verwaltungsaufwendungen um 24 Prozent auf 12,7 (16,8) Mio. Euro.

Das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit entwickelte sich dennoch auf 3,7 (14,5) Mio. Euro deutlich rückläufig. Nach Abzug der Zuführung zum Fonds für allgemeine Bankrisiken und Steuerrückstellung verbleibt ein Periodenüberschuss von 1,8 (7,9) Mio. Euro. Herr Kalischer hatte Verständnis, dass dies im Vergleich zu den beiden Vorjahren wenig erscheinen muss. Er begrüßt aber, dass in einem schwierigen Umfeld ein positives Ergebnis erzielt werden konnte.

In diesem Zusammenhang informierte der Firmenchef, dass im Halbjahresergebnis 800 TEUR an Bewertungsabschlägen insbesondere auf Fondsanteile enthalten sind, die mwb fairtrade als Marketmaker noch kurz vor dem Stichtag aufnehmen mussten. Aus aufsichtsrechtlichen Gründen konnten diese Positionen nicht sofort weitergereicht werden. Inzwischen konnte der überwiegende Teil der Positionen jedoch deutlich besser veräußert werden. Dieser Effekt wird dann im Ergebnis des dritten Quartals enthalten sein.

Eine Prognose für den weiteren Jahresverlauf hielt der Vorstandssprecher mit Blick auf die vielfältigen Unsicherheiten für völlig unmöglich. Er ist aber fest überzeugt, dass sich mwb fairtrade weiterhin behaupten wird. Zugute kommt gerade im aktuell schwierigen Umfeld die jahrzehntelange Erfahrung mit schwankenden Märkten und die nach wie vor äußerst komfortable Eigenkapitalsituation. Unverändert ist es der Anspruch, zu den führenden Wertpapierhandelsbanken in Deutschland zu gehören.

Abschließend informierte Herr Kalischer, dass der langjährige Aufsichtsratsvorsitzende Michael Wilhelm sein Mandat mit Wirkung zum Ende der Hauptversammlung aus persönlichen Gründen niederlegen wird. Er bedauerte dies sehr. Herr Wilhelm war fast 20 Jahren bei mwb fairtrade gewesen. Als Nachfolger war unter TOP 6 Dr. Erik Lüders vorgeschlagen, der sich im Anschluss persönlich vorstellte.

Weiter teilte er mit, dass auch er selbst entschieden habe, nach 27 Jahren Vorstandstätigkeit bei mwb fairtrade bzw. vor 2008 der Fairtrade Finance AG und insgesamt 40 Jahren Beschäftigung an Börse und Finanzmarkt entschieden habe, seine berufliche Tätigkeit zum 30. Juni 2023 zu beenden. Beim Blick zurück auf ein immer herausforderndes und intensives, aber auch erfüllendes Berufsleben, zeigte er sich dankbar.


Allgemeine Aussprache

In der folgenden Aussprache meldeten sich Domenik Wurmseher als Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sowie die Privataktionäre Volker Graf und Ekkehard Stauffenberg zu Wort.

Alle dankten zunächst dafür, dass sich Vorstand und Aufsichtsrat für das Abhalten einer Präsenzversammlung entschieden haben. Glückwünsche gab es außerdem zu dem außergewöhnlich guten Ergebnis im Geschäftsjahr 2021, an dem die Aktionäre mit einer üppigen Dividende beteiligt werden.

Das wesentliche Thema der Aussprache war allerdings die aktuelle, deutlich herausforderndere Situation. Insbesondere Herr Stauffenberg zeigte sich unzufrieden mit dem schwachen Abschneiden im ersten Halbjahr 2022. Im zweiten Quartal konnte nach seiner Rechnung lediglich ein nur knapp positives Ergebnis erzielt werden, was er als dramatisch empfand. Er äußerte die Befürchtung, dass das Ergebnis in der zweiten Jahreshälfte vielleicht sogar in die Verlustzone rutschen könnte.

Herr Wurmseher bat unter diesen Umständen trotz der vom Vorstand geäußerten Bedenken um eine Abschätzung der Erwartungen für das Gesamtjahr. Im Geschäftsbericht hatte er noch die Formulierung gefunden, dass das Erreichen eines Ergebnisses auf Vorjahresniveau sehr ambitioniert erscheint. Nach dem schwachen Abschneiden im ersten Halbjahr dürfte dies seiner Auffassung nach wohl gar nicht mehr möglich sein.

In seiner Antwort bat Herr Kalischer erneut um Verständnis, dass eine Prognose derzeit völlig unmöglich ist. Schon morgen kann ein Ereignis eintreten, das alles verändert. Grundsätzlich bleibt er aber optimistisch, dass auch im zweiten Halbjahr Geld verdient werden kann. Mwb fairtrade verfügt über ein gutes Risikomanagement und ein sehr gut aufgestelltes Handelsteam. Insofern bleibt er weiterhin zuversichtlich.

Herrn Stauffenberg war aufgefallen, dass der Verwaltungsaufwand im ersten Halbjahr nur um 8 Prozent zurückgegangen ist, also weit weniger als die Einnahmen. Er wollte wissen, wie hoch der Anteil der Fixkosten an den Gesamtaufwendungen ist, um abschätzen zu können, wie flexibel das Geschäft wirklich aufgestellt ist.

Nach Aussage von Herrn Kalischer liegt der Anteil der Fixkosten am Gesamtaufwand bei etwa 38 bis 40 Prozent. Allerdings gab es im ersten Halbjahr einen Sondereffekt, der dazu führte, dass die Verwaltungskosten relativ hoch ausfielen. Bekanntlich ist mwb fairtrade AG keine Vollbank, sondern benötigt für die Abwicklung der Wertpapiergeschäfte eine Abwicklungsbank. Und die Zahl der Anbieter in diesem Bereich hat sich in den letzten Jahren drastisch reduziert. Letztlich gibt es nur noch drei Player.

Mwb fairtrade arbeitet derzeit mit Flatex zusammen, ist bei diesem Anbieter aber inzwischen noch der einzige B2B-Kunde. Zum Jahreswechsel kam jetzt die Ankündigung, dass die bislang recht günstigen Konditionen auf Marktniveau angehoben werden sollen, was einen Kostenanstieg von 50 Prozent bedeutete. Dennoch musste man akzeptieren, da so schnell keine Alternative gefunden werden konnte. Dies ist der Hauptgrund für den deutlichen Anstieg der Verwaltungskosten. Aktuell führt der Vorstand nun Gespräche mit anderen Abwicklungsbanken.

In einer weiteren Frage griff Herr Wurmseher die zunehmende Herausforderung durch die Neobroker auf. In diesem Zusammenhang kam er auf das möglicherweise anstehende Verbot von „Payment for Order Flow“ zu sprechen, was sich nach seiner Einschätzung positiv auf das Geschäft von mwb fairtrade auswirken müsste. Er bat um eine Einschätzung.

Zu diesem Thema äußerte sich Vorstandsmitglied Kai Jordan. Er bestätigte, dass der Markt für Neobroker in den letzten Jahren massiv gewachsen ist. Allerdings können sich die neuen Anbieter der aktuellen Marktentwicklung auch nicht entziehen. Derzeit hört man von deutlichen Rückgängen. Die weitere Entwicklung wird natürlich eng beobachtet.

Wie eine potenzielle Regulierung beim Thema Payment for Orderflow am Ende aussehen könnte, wagte Herr Jordan nicht abzuschätzen. Selbst wenn diese Vergütungspraxis verboten wird, ist seiner Auffassung nach aber nicht davon auszugehen, dass es wieder komplett zurückgeht in die alten Börsenstrukturen. Er hält es für möglich, dass die tradierten Plattformen partizipieren könnten. Eher ist aber davon auszugehen, dass sich der Markt weiterentwickeln und weiter verändern wird.

Herr Stauffenberg hinterfragte die Dividendenpolitik. Grundsätzlich freute er sich über die attraktive Ausschüttung. Der Betrag von 1,40 Euro erschien ihm aber letztlich zu hoch, vor allem mit Blick darauf, dass nächstes Jahr wohl Magerkost angesagt sein wird. Herr Graf wollte wissen, ob im kommenden Jahr überhaupt mit einer Dividendenzahlung gerechnet werden kann.

In seiner Antwort bekräftigte Herr Kalischer, dass die bewährte Dividendenpolitik grundsätzlich beibehalten werden soll. Wie gewohnt soll weiterhin etwa die Hälfte des Ergebnisses der normalen Geschäftstätigkeit vor Zuführung zum Fonds für allgemeine Bankrisiken ausgeschüttet werden. Die nächstjährige Dividende wird sich also aus heutiger Sicht wie gewohnt am erwirtschafteten Ergebnis orientieren.

Mit der Kandidatur von Dr. Lüders für den Aufsichtsrat zeigte sich der SdK-Vertreter einverstanden. Seine Frage, ob Dr. Lüders vergleichbare Mandate in anderen Unternehmen hat, beantwortete Herr Kalischer mit Nein. Weiter informierte er, dass voraussichtlich Aufsichtsratsmitglied Thomas Mühlbauer den Vorsitz im Gremium übernehmen wird. Die Entscheidung obliegt jedoch der konstituierenden Aufsichtsratssitzung.

Einen großen Dank richtete der Aktionärsschützer an Herrn Kalischer, der im kommenden Jahr nach langjähriger Vorstandstätigkeit ausscheidet. Auf seine Nachfrage informierte Herr Kalischer, dass derzeit nicht geplant ist, ein weiteres Vorstandsmitglied als seinen Nachfolger zu bestellen. Es würde auch schwerfallen, in der Branche einen geeigneten Kandidaten zu finden. Carsten Bokelmann und Kai Jordan werden sich nach seinem Ausscheiden die Aufgaben teilen. Die Übergangsphase wurde bewusst recht lang gewählt.

Herr Graf hatte dem Geschäftsbericht entnommen, dass sich die mwb fairtrade AG mit 1 Prozent an der nextmarkets AG beteiligt hat. Befragt nach den Hintergründen informierte Herr Jordan, dass es sich um einen Neobroker mit Sitz in Köln handelt, der ursprünglich schwerpunktmäßig im Bereich CFDs aktiv war, dann aber auch das Aktiengeschäft ausgerollt hat. Mwb fairtrade hat sich aus strategischen Gründen im Rahmen einer Kapitalerhöhung beteiligt. In Zukunft sind eine Zusammenarbeit und die Erbringung von Dienstleistungen geplant.

Des Weiteren interessierte den Aktionär, welches aus Sicht von mwb fairtrade die größten der insgesamt 47 Designated-Sponsoring-Mandate sind. Hier nannte Herr Jordan unter anderem Firmen wie Formycon, Aurelius, Jost Werke, Preos, Abo Wind, Northern Data und Publity. Zur Vergütungsstruktur konnte er aus Gründen der Vertraulichkeit nicht sagen. Im Übrigen wird die Bezahlung jeweils individuell mit dem jeweiligen Emittenten vereinbart.

Befragt nach ergänzenden Erläuterungen zu den vom Vorstand erwähnten Umtauschanleihen informierte Herr Jordan, dass es sich nicht um Produkte handelt, die öffentlich vertrieben werden. Umtauschanleihen werden für interessierte Investoren individuell strukturiert. Bis heute hat mwb fairtrade zwei dieser Instrumente mit einem Volumen von 6 Mio. Euro bzw. 10 Mio. Euro aufgelegt und bei institutionellen Investoren platziert. Aus Sicht von mwb fairtrade findet er diese Produkte, die einen guten Ertrag bringen und praktisch kein Risiko aufweisen, sehr interessant.

In der Präsentation des Vorstands hatte Herr Graf den Begriff „IOM“ gefunden. Auf seine Nachfrage erläuterte Herr Jordan, dass diese Abkürzung für „Integrated Orderflow Management“ steht. Es handelt sich um ein neues Geschäftsfeld im Bereich Corporates & Markets, in dem Dienstleistungen für Orderflow Provider, also Kreditinstitute, angeboten werden. Aktuell werden die ersten Kunden angebunden und es gibt weitere Gespräche.

Interesse hatte der Aktionär ferner, wer nach Einschätzung des Vorstands derzeit die größten Wertpapierhandelsbanken sind und welche Position mwb fairtrade einnimmt. Nach Aussage von Herrn Jordan stehen die Baader Bank und Tradegate im Ranking sicherlich ganz vorne. Danach folgen ICF, Oddo Seydler und mwb fairtrade. Wie genau die Positionierung aussieht, konnte er nicht sagen.


Abstimmungen

Herr Wilhelm verkündete die Präsenz mit 5.456.493 Aktien. Bezogen auf das gesamte Grundkapital von 7.473.700 Euro, eingeteilt in ebenso viele Aktien, entsprach dies einer Quote von 73,01 Prozent.

Alle Beschlüsse wurden mit Zustimmungsquoten weit über 99 Prozent gefasst.

Im Einzelnen waren dies die Dividende von 1,40 Euro (TOP 2), die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), die Bestellung der BDO AG zum Abschlussprüfer (TOP 5), die Wahl von Dr. Erik Lüders in den Aufsichtsrat für den ausscheidenden Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Wilhelm (TOP 6) sowie die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien zum Zwecke des Wertpapierhandels (TOP 7) und zu anderen Zwecken (TOP 8).

Nach knapp drei Stunden schloss der Vorsitzende die Versammlung.


Fazit

Nach dem Rekordergebnis der Vorperiode hat die mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG auch das Geschäftsjahr 2021 mit einem hohen Gewinn und letztlich über den Erwartungen abgeschlossen. Die Aktionäre erhalten mit 1,40 Euro erneut eine üppige Dividende. Sehr erfreulich entwickelte sich vor allem das noch junge Geschäftsfeld Corporates & Markets, das sich mittlerweile wie geplant zu einem zweiten wichtigen Standbein neben der Skontroführung entwickelt hat.

Die goldenen Zeiten sind nun aber erst einmal vorbei. In den letzten Monaten hat sich das Kapitalmarktumfeld erheblich eingetrübt, was sich deutlich in den aktuellen Ergebniszahlen niederschlägt. Im ersten Halbjahr 2022 entwickelte sich der Gewinn spürbar rückläufig. Und aus heutiger Sicht ist nicht absehbar, dass sich die Situation in naher Zukunft wieder durchgreifend verbessert. Gewinne wie in den Jahren 2020 und 2021 dürften erst einmal der Vergangenheit angehören.

Schwarzmalen ist aber nicht angebracht. Zum einen hat die Wertpapierhandelsbank in den letzten Jahren ein sehr komfortables Finanzpolster von über 40 Mio. Euro aufgebaut, was ihr in dem herausfordernden Umfeld zugutekommt. Vorteilhaft ist außerdem die zunehmend breitere Diversifizierung des Geschäfts. Nicht zuletzt befindet sich nach wie vor viel Liquidität im Markt, was sich grundsätzlich positiv auf das Handelsgeschehen an den Börsen auswirken sollte.

Aktienkurse von über 20 Euro, wie es sie vor einem Jahr in der Spitze gegeben hat, wird man wohl so schnell nicht wiedersehen. Auf dem deutlich gedrückten Niveau von aktuell nur noch 9 Euro könnte ein Investment mit einem längerfristigen Anlagehorizont jedoch wieder interessant sein. Eine Prognose über die weitere Geschäftsentwicklung ist in dem sich ständig wandelnden Markt tatsächlich unmöglich. In den letzten Jahren hat sich aber immer wieder gezeigt, wie schnell sich die Situation ändern und es auch zu positiven Überraschungen kommen kann.


Kontaktadresse

mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG
Rottenbucher Straße 28
D-82166 Gräfelfing

Tel.: +49 (0)89 / 858 52-0
Fax: +49 (0)89 / 858 52-505

Internet: www.mwbfairtrade.com
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Hinweis: Der Verfasser ist Aktionär der beschriebenen Gesellschaft.



Veröffentlichungsdatum: 25.07.2022 - 16:00
Redakteur: mwa
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