Deutsche Bank Hauptversammlung - 46,4 Prozent für Sonderprüfungsantrag
Eine gewisse Aufregung war AR-Chef Paul Achleitner schon bei seiner Eröffnungsrede anzumerken mit der er die rund 5.400 in der Frankfurter Festhalle versammelten HV-Besucher begrüßte. Wie genau diese Worte einzuordnen sind - ist auch unter Teilnehmern noch etwas unklar - die Bewertungen reichen dabei von einer Rechtfertigungsrede, einer verfrühten Bewerbung für eine erneute Kandidatur zum ARV im kommenden Jahr bis hin zu einer Abschiedsrede. Achleitner verteidigte die Entscheidung den Vorstand erst im vergangenen Jahr mit der Berufung von John Cryan zum neuen CEO umgebaut zu haben, ebenso wie das Ausscheiden von Georg Thoma aus dem AR und kritisierte die teilweise heftige anonyme Kritik gegenüber dem Aufsichtsrat.

Dass die Rede offenkundig bei weitem nicht die Erwartungshaltung des Auditoriums getroffen hat, bringt die Feststellung des bekannten kritischen Aktionärs Karl-Walter Freitag aus Köln pointiert auf den Punkt, der in Richtung Achleitner feststellte - "Sie sollen hier nicht rumjammern, sondern das Unternehmen nach vorne bringen".

Das ein Neuanfang dringend nötig ist - und die Aktionäre offenkundig die Geduld insbesondere auch mit dem Aufsichtsrat verlieren - zeigen die Abstimmungsergebnisse. So kassierten Achleitner & Co. nicht nur bei dem von Kontrollgremium vorgelegten Vergütungssystem der Vorstandsmitglieder eine Abfuhr der Aktionäre, sondern sind bei einem der von der Aktionärin Lampatz gestellten Sonderprüfungsanträge nur haarscharf an einer weiteren peinlichen Schlappe vorbeigeschrammt.

Es dürfte wohl einmalig bei einer Publikumsgesellschaft aus dem DAX sein, dass 46,4 Prozent des Aktionariats für eine unabhängige Sonderprüfung zur Ermittlung und möglichen Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen aktuelle und frühere Organmitglieder stimmen. Ein solches Ergebnis - auch wenn es knapp die Mehrheit verfehlt hat - wird sich auf Dauer nicht ignorieren lassen und zeigt wie tief das Mißtrauen der Investoren gegenüber den Verlautbarungen der Deutschen Bank inzwischen geworden ist.

Zur Erinnerung - im vergangenen Jahr erhielten Fitschen und Jain bei der Vorstandsentlastung nur Quoten um die 60 Prozent und waren nach wenigen Wochen nicht mehr an der Spitze des Unternehmens zu halten. Alles andere als ein Vertrauensbeweis sind auch die Ergebnisse bei der Entlastung. Hier liegen die Werte der meisten Aufsichtsräte und der ausgeschiedenen Vorstände bei lediglich etwas über 86 Prozent - und damit in den meisten Fällen nochmals gut 4 Prozentpunkte unter den schon schwachen Vorjahreswerten - ein weiteres Zeichen dafür, dass die Anteilseigner ein einfaches "weiter so" nicht mehr akzeptieren wollen und werden.

Mit guten "Haltungsnoten" und einer in sehr gutem Deutsch vorgetragenen Rede überzeugte indes der neue Deutsche Bank Chef John Cryan, der nach dem Ausscheiden von Jürgen Fitschen mit Ablauf der Hauptversammlung nun den Branchenprimus alleine führen wird. Trotz der Vielzahl noch bestehender Baustellen stellte Cryan fest - der nach eigenen Angaben nicht zur Euphorie neigt - "Wir sind besser als unser Ruf. Viel besser sogar!". Zudem will er Kunden, Kapitalmärkte und Öffentlichkeit mit einer Rückbesinnung auf die Tugenden "Fleiß, Ehrlichkeit, Gründlichkeit und Vertrauen" setzen, die einst für die Deutsche Bank gestanden haben.

An diesem Punkt liegt Cryan gar nicht so weit auseinander mit Rechtsanwalt Dr. Oliver Krauß aus München, der die Sonderprüfungsanträge der Aktionärin Lampatz erläuterte und diese als notwendige Voraussetzung für einen "ehrlichen und erstgemeinten Neuanfang" bezeichnete. Anhaltenden Applaus bekam er auch für die Erinnerung an den früheren Vorstandssprecher Alfred Herrhausen und dessen Credo "Wir müssen das, was wir denken, auch sagen. Wir müssen das, was wir sagen, auch tun. Und wir müssen das, was wir tun, dann auch sein."

Vielleicht erinnern sich die aktuellen Aufsichtsräte und insbesondere auch deren Chef Achleitner auch noch eines anderen Herrhausen-Zitates, der einst treffend feststellte -"man kann auf Dauer Produkte nur verkaufen, wenn man einen guten Ruf hat" - und ziehen daraus die entsprechenden - auch persönlichen Konsequenzen um eine wirkliche Chance auf einen Neuanfang zu ermöglichen.

Alexander Langhorst

Veröffentlichungsdatum: 27.05.2016 - 15:13
Redakteur: abu
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