Mein Leben als (Börsen-)"Kneipier"
Dass die Kurse von Bank- und Finanzaktien wie z.B. MPC und Lloyd Fonds abgestürzt sind, ist für alle Anleger nachvollziehbar. Aber es trifft auch Aktien mit einem auf den ersten Blick robusten Geschäftsmodell, so dass auch ein Aktienanalyst mit seinen privaten Investments mal falsch liegen kann.

Das mag Sie je nach Sichtweise jetzt beruhigen und auch beunruhigen. Da ich gemäß den Richtlinien des Analystenverbandes keine Investments in Aktien tätigen soll, die ich selbst analysiere, schaue ich mich natürlich wie Sie in der Wirtschafts- und Finanzpresse nach aussichtsreichen Investments um. Mitte Mai 2007 sah ich dann in einer Wirtschaftszeitung einen interessanten Aktientipp: Punch Taverns.


Ich schaute mir die Aktie näher an: Bei Punch Taverns handelt es sich um die nach einigen Übernahmen größte Pub- bzw. Kneipen-Kette Großbritanniens. Ein ähnliches Modell gibt es in Deutschland mit der in einigen Städten vertretenen Bistro-Kette "Alex" hingegen erst in Ansätzen. Vergleichbar ist das Geschäftsmodell im Prinzip mit den großen Ketten der Systemgastronomie wie z.B. McDonald´s, die ein aus eigenen Filialen sowie von Franchise-Nehmern betriebenen Outlets bestehendes Portfolio steuern.

Die üblichen Kennzahlen waren in Ordnung und auch die Kursphantasie aus Immobilienverkäufen klang plausibel. Doch dann verließ den Autor das Investmentglück. Zunächst qualifizierte sich England nicht für die Fußball-Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz, was für eine national agierende Kneipenkette eine wirtschaftliche Katastrophe darstellt. England-Urlauber werden wissen, dass in Großbritannien das gemeinsame Fußball-Gucken in der Kneipe wegen der starken Marktstellung des Pay-TV-Senders Sky wesentlich verbreiteter ist als in Deutschland. Zu dieser Hiobsbotschaft kam noch die Immobilien- und Finanzkrise und eine ausstehende Wandelanleihe.

Die Geschäftsentwicklung ist zwar auch von der Wirtschaftskrise in Mitleidenschaft gezogen, gestaltet sich aber weiterhin stabil, so dass ich den 90-prozentigen Kursverfall meines Investments immer noch nicht nachvollziehen kann. Zudem hat die Gesellschaft auch im letzten Jahr Dividende gezahlt. Das KGV ist mit 3,6 (Branche 10,1, Großbritannien insgesamt 12,8) auch nicht als übermäßig hoch zu betrachten.

Immerhin kann ich beim nächsten Großbritannienurlaub im Oktober meinen Frust über das Investment in der eigenen Kneipe herunterspülen und so selbst etwas für den Kursaufschwung meiner Aktie tun!

Klaus Kränzle



Veröffentlichungsdatum: 05.08.2009 - 11:04
Redakteur: abu
© 1998-2024 by GSC Research GmbH Impressum Datenschutz