"Survival of the fittest" bei deutschen Immo-Aktien
Ein lesenswerter Beitrag - in dem ich ebenfalls mit einigen Zitaten erwähnt bin - für alle Interessenten an Immobilien-Aktien findet sich aktuell bei Bloomberg.

Das Problem von Immobilienfirmen in Zeiten der Finanzkrise ist ganz einfach, dass man dieses Geschäft ohne Kredite nicht sinnvoll betreiben kann. Weshalb die Kreditklemme fast jede Immobilienfirma betrifft. Kurz gesagt, steht daher hier möglicherweise eine Auslese à la Darwin bevor: Wer hat seine Finanzierung im Griff und wer bricht womöglich unter der Schuldenlast zusammen?

Das übliche Mittel in solchen Situationen wäre eine Kapitalerhöhung. Das wäre für die betroffenen Firmen allerdings in diesem Fall kaum mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein: Bei der Patrizia Immobilien AG betrugen die Bankschulden laut Zwischenbericht (siehe S. 17) per 30.09.2008 stattliche 1,2 Milliarden Euro, davon allein 530 Mio. Euro mit einer Laufzeit bis 31.3.; der Börsenwert liegt aktuell nur bei 73 Mio. Euro. Vor diesem Hintergrund steht Patrizia schon einige Zeit als unseres Erachtens akut gefährdet auf unserer "Finger-weg-Liste".

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Bei Vivacon betrugen die Nettofinanzschulden zuletzt rund 600 Mio. Euro - der Börsenwert aktuell 39 Mio. Euro. Apropos Vivacon - dieses Zitat eines Kollegen von SES Research hier fand ich im oben genannten Artikel hochinteressant: "Vivacon [...] may have to write down about 140 million euros in asset value in the fourth quarter of 2008, according to SES Research’s Klingner." Wenn die Kölner tatsächlich diese 140 Mio. Euro abschreiben müssten, würde sich das Eigenkapital von zuletzt 268 Mio. Euro mehr als halbieren - und die Eigenkapitalquote auf bedrohlich niedrige 12% sinken.

Die Aussage, man sei "in vielversprechenden Gesprächen" zur Verlängerung der kurzfristigen Schulden, hat für Vivacon damit meines Erachtens durchaus existenzielle Bedeutung. Gar keine Aussage trifft laut Bloomberg zu diesem Thema die IVG. Immerhin lässt hier der Einstieg von Clemens J. Vedder und Klaus-Peter Schneidewind hoffen, dass die balden Alt-Kenner des Unternehmens das richtige Händchen haben.

Gestern nachmittag traf ich übrigens den Vorstand einer Immobilienfirma, der einen äußerst entspannten Eindruck machte - speziell im Hinblick auf die Refinanzierungsseite. Denn bei der Rücker Immobilien AG hat man offenbar überhaupt keine Probleme in dieser Hinsicht; einzig die etwas gestiegenen Zuschläge auf den Euribor als Zins-Referenz empfindet er als unschön. Wobei 10 bis 20 Basispunkte bei einem absolut gesehen um 2 Prozent niedrigeren Zinsniveau im Vergleich zur Situation anderer Immobilienfirmen fast schon ein Luxusproblem sind.

Warum die Banken das Unternehmen auch jetzt noch schätzen? Ganz einfach: Im Gegensatz zu vielen Wettbewerbern hat Rücker immer schon eher vorsichtig agiert - und nicht selbst noch zu Hype-Preisen weiter eingekauft. Um die rund 50 Mio. Euro Kredite in der Gruppe brauchen sich die Banken daher kaum sorgen; in der AG betrug die Eigenkapitalquote zudem zuletzt komfortable 37,5%. Wobei Sonderabschreibungen für Rücker kein Thema sind, so dass auch ohne Bilanztricks in 2008 ein ordentlicher Gewinn angefallen sein dürfte.

Kurzum, die Finanzierung ist so solide - und der Börsenkurs leider trotzdem so niedrig - dass das Unternehmen für die kommende Woche zu einer außerordentlichen Hauptversammlung eingeladen hat - um ein Aktienrückkaufprogramm zu beschließen.

Ich habe dem Vorstand geraten, dieses Programm dann auch konsequent umzusetzen. Immerhin notiert die Aktie mit aktuell 1,19 Euro bei weniger als der Hälfte des (sehr konservativ ermittelten) Buchwertes - da bedeutet jede gekaufte Aktie eine sofortige Wertsteigerung für die Aktionäre. Und ein paar hunderttausend Euro würden das operative Geschäft schließlich kaum beeinträchtigen.

Bin gespannt, ob meine Anregung umgesetzt wird. Als Aktionär der von uns beratenen GSC Portfolio AG, die ebenfalls einige Rücker-Aktien hält (siehe S. 7), würde ich es mir jedenfalls wünschen.

Veröffentlichungsdatum: 03.03.2009 - 11:16
Redakteur: abu
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